Der Investmentexperte Terry Coxon im Gespräch mit Jeff Clark

Casey Research, 24.09.2012

Jeff Clark: Ich war erstaunt, dass bei der jüngsten Investmentkonferenz von Casey Research so viele Redner im Grunde zu derselben Schlussfolgerung gelangten, die auch wir teilen –dass es aus dem US-Schuldensumpf in Wirklichkeit überhaupt keinen Ausweg gibt. Diese Erkenntnis geht mit einer Vielzahl an Implikationen einher, doch zunächst würde ich von Ihnen gerne wissen, wie schlecht die Lage wirklich ist?

Terry Coxon: Also es ist nicht das Ende der Welt, aber es haben sich jede Menge Probleme angehäuft, und ich glaube, dass man die Lage mit „keinen Ausweg mehr“ in der Tat richtig beschreibt. Die meisten unserer wirtschaftlichen Probleme sind durch Regierungsmaßnahmen entstanden, mit denen versucht wurde, vorangegangene Probleme zu lösen. Sie haben sich Zeit gekauft und die Schmerzstiller bereitgestellt, aber dadurch haben sie die Probleme nur noch schlimmer gemacht.

Clark: Und warum ist die Lage so aussichtslos?

Coxon: Ja fangen wir zunächst einmal mit der Federal Reserve und der Geldversorgung an. In Reaktion auf den Zusammenbruch des Eigenheimmarkts und der meisten Finanzmärkte in 2008 und 2009 fing die Federal Reserve damit an, wie verrückt Geld zu drucken. Die US-Geldbasis verdoppelte sich, und die Geldmenge M1 ist seit diesem Zeitpunkt um über 60% gestiegen.

Der Grund, warum wir bisher noch keine heftige Preisinflation gesehen haben, ist, dass die Menschen ihre Dollars immer noch wegpacken, weil sie sich immer noch Sorgen über die künftige Wirtschaftsentwicklung machen. Aber das ist ja nicht das Ende vom Lied. Die US-Notenbank wird einfach weiterdrucken, und wie mittlerweile jeder mitbekommen hat, hat Bernanke gegenüber der Druckerpresse ein Treuegelöbnis abgelegt und den Märkten versichert, dass die Gelddruckerei nicht vorbei ist und solange anhalten wird, bis sich die Wirtschaft wieder erholt hat.

Früher oder später wird die Federal Reserve so viel Geld geschaffen haben, dass viele Menschen – ja vielleicht sogar der überwiegende Teil von ihnen – in Dollars schwimmen und alles kaufen werden, was im Vergleich zum Halten von noch mehr Dollars attraktiv erscheint. An diesem Punkt wird der Drang zu Kaufen – seien es nun Kapitalgüter, Konsumgüter oder Rohstoffe – die Wirtschaft wiederbeleben und die Rezession wird ihr Ende finden.

Dies wird dazu führen, dass die Vorsicht der Menschen wieder auf normalere Niveaus absinken wird. Das Ergebnis des Ganzen wird dann sein, dass all die seit 2008 geschaffenen überschüssigen Gelder auf einmal auf den Markt drängen werden. Für eine Weile wird es dann so aussehen, als wären die guten alten Zeiten wieder zurückgekehrt; die Wirtschaft wird dann den Eindruck erwecken, als würde sie boomen. Aber dann wird das überschüssige Geld eine atemberaubende Preisinflation entfachen. Und das ist nur der geldpolitische Aspekt dieses Problems.

So, und jetzt blicken wir einfach mal auf den Haushalt der US-Bundesregierung. Sie haben nach der alten keynesianischen Formel gehandelt, eine stagnierende Wirtschaft mit Haushaltsdefiziten zu beleben. Woran Lord Keynes aber vielleicht niemals gedacht hat, war, dass, selbst wenn dieses Rezept funktioniert – und es gibt kaum Beweise dafür, dass es funktioniert –, diesen Maßnahmen langfristig Schranken gesetzt sind. Und dieser begrenzende Faktor ist die Fähigkeit der Regierung, ihre Schulden zu bedienen – Schulden, die immer größer und größer werden.

Die US-Bilanz befindet sich bereits am Rande der Gefahrenzone. Wenn die angehäuften Schulden das Bruttosozialprodukt, also das Jahreseinkommen eines Landes, übersteigen, dann ist der Punkt erreicht, wo die Länder damit anfangen, an den Kapitalmärkten Probleme zu bekommen.

Die Haushaltssituation – oder die Schuldenfinanzierungssituation des US-Finanzministeriums –war bisher aufgrund der außerordentlich niedrigen Zinssätze, die durch ein außerordentlich starkes Geldmengenwachstum herbeigeführt worden sind, überhaupt kein Problem gewesen. Wenn die Wirtschaft wieder damit anfängt, sich zu erholen, werden die Zinssätze steigen, und dann werden die Kosten des US-Finanzministeriums für die Prolongierung von zurzeit USD 16 Billionen an Schulden auf einmal zu einem bedeutenden Element des Gesamthaushalts.

Das wird dazu führen, dass die Regierung immer näher an die Schuldenspirale heranrückt, wo die Anstiege bei den Zinssätzen den Schuldendienst immer teurer werden lassen. Und das bedeutet, dass das Schuldenwachstum noch schneller vonstatten gehen wird. Die Lage verwandelt sich dann in einen hässlichen, sich selbst verstärkenden Teufelskreis, der mit den aktuellen Entwicklungen in Griechenland und Spanien vergleichbar ist. Das ist ein Ausgang, um den sich die US-Regierung bisher nicht im Geringsten geschert hat. Sie haben die Risiken einfach ausgeblendet.

Bei den wirtschaftlichen Problemen, die mit der Entstehung des Inflationsdrucks – der kräftig zulegen wird, wenn sich die Wirtschaft erholt – und der zunehmend steigenden Staatsverschuldung der USA in Zusammenhang stehen, gibt es also keine Lösung, die politisch akzeptabel wäre.

Clark: Einige Ökonomen sind der Meinung, dass sich die USA mithilfe von Wirtschaftswachstum aus den Problemen befreien können. Die USA sind immer noch eine Supermacht und erwirtschaften immer noch ein ordentliches BSP – lassen sich mit Wachstum am Ende nicht vielleicht doch all die Schulden zurückzahlen?

Coxon: Theoretisch ist so etwas möglich, aber dies würde politischer Maßnahmen bedürfen, die völlig undenkbar sind. Die Regierung müsste den größten Teil der Wirtschaftsverordnungen über Bord werfen, ein Imperium nutzloser Immobilien veräußern, damit aufhören, Soldaten, Schiffe und Flugzeuge in einer Art „Schachspiel der Strippenzieher“ zu nutzen, und damit beginnen, vielen Menschen – reichen wie armen –, die zurzeit von der Regierung leben, „nein“ zu sagen.

Clark: Warum gibt es nicht mehr Ökonomen, die ihre Sorgen oder gar ihre Wut bezüglich der Lage, in der sich die USA zurzeit befinden, zum Ausdruck bringen? Es scheint doch ziemlich offenkundig.

Coxon: Wenn man Ökonomie studiert hat, dann war die Wirtschaftsabteilung vielleicht nur wenige Meter von dem Wissenschaftsgebäude entfernt, in dem die Physik und die Chemie beheimatet waren. Das hinterlässt bei den Leuten den falschen Eindruck, dass es sich bei der Ökonomie um eine harte Wissenschaft wie Physik oder Chemie handeln würde, wo es eindeutige, bewiesene Prinzipien gibt, die jeder nachprüfen und auf die sich jeder einigen kann.

In Wirklichkeit ist die Wirtschaftswissenschaft heutzutage aber eher mit der Medizin des 17. Jahrhunderts zu vergleichen, wo die Menschen darüber diskutierten, ob das Blut im Körper zirkuliert oder nicht. Das war zu jener Zeit der Wissensstand der größten Geister, und es ist derselbe Wissensstand der heutigen Ökonomen. Man sollte sich also nicht allzu sehr darüber wundern, dass sich die meisten Ökonomen sicher sind, dass die meisten anderen Ökonomen falsch liegen.

Clark: Und was passiert nun – kommt es zu einer hohen Inflation? Es gibt in der Wirtschaft zurzeit ja einige bedeutende deflationäre Hinweise.

Coxon: Selbst wenn es deflationäre Phasen gibt, wird das die Gelddruckerei nur noch mehr befeuern. Im Wettstreit zwischen der Inflation und der Deflation setzt die Inflation immer noch eins drauf, bis sie gewinnt.

Clark: Steht die Inflation unmittelbar bevor? Der Verbraucherpreisindex ist ziemlich niedrig.

Coxon: Es ist nicht so, dass die Inflation heute nicht zum tragen kommt, dafür dann aber nächste Woche einsetzt. Sie ist eher mit dem steigenden Wasserspiegel eines Flusses zu vergleichen. Wenn sich die Wirtschaft wieder erholt, wird auch die Preisinflation innerhalb der darauffolgenden zwölf bis 18 Monate bedeutend anziehen.

Clark: Das geht doch mit offensichtlichen Investmentimplikationen einher.

Coxon: Ja, Sie und Ihre Familie sollten darüber nachdenken, wie Sie sich davor schützen können – und die Formel dafür ist sehr einfach: Erstens braucht man im Portfolio etwas Gold und zweitens braucht man im Portfolio keinerlei Anleihen.

Clark: Ja, und was noch?

Coxon: Nun ja, das ist das Offensichtlichste – Gold ja, Anleihen nein. Man sollte im Investmentportfolio auch einen ordentlichen Anteil an Bargeld halten, denn wir werden wahrscheinlich noch eine oder mehrere Wiederholungen der Ereignisse der Jahre 2008 und 2009 erleben. Und vielleicht freut man sich dann darüber, dass man über Bargeld verfügt, um bei den Schnäppchen zuschlagen zu können.

Die konventionellen Aktien befinden sich ein wenig in der Zwickmühle. Einerseits freut sich der Aktienmarkt natürlich darüber, dass die Druckerpresse wieder angefahren wird, andererseits koppeln sich die Aktienmärkte, umso stärker sie steigen, immer weiter von der wirtschaftlichen Realität ab.

Ich würde daher vorschlagen, dass man ein Portfolio mit konventionellen Aktien eher als eine Maschine erachtet, die im Büro rumsteht und Zehndollarscheine ausspuckt, aber an irgendeinem Punkt einfach in die Luft fliegen wird. Wer dieses Risiko eingehen will und weiß, wann er auszusteigen hat – also wenn man richtig liegt und rechtzeitig aussteigt, ja sicher, dann wird man sich letztlich auch darüber freuen, in konventionelle Aktien investiert zu haben. Wenn man aber über ein Portfolio nachdenkt, das man einfach zur Seite legen und vergessen kann, dann sollten sich darin keine konventionellen Aktientitel befinden.

Clark: Bernanke sagte, dass die monatlichen Anleihekäufe in Höhe von USD 40 Milliarden unbefristet sind, und legte damit nahe, dass sie eine Weile anhalten werden. Haben Sie irgendeine Prognose, wie lange es noch dauern könnte, bis sich die Wirtschaft wieder erholt?

Coxon: Dass die Maßnahmen unbefristeter Natur sind, ist ein außerordentliches Statement. Die Tatsache an sich ist wenig überraschend, aber was mich überrascht hat, ist, dass sie es so offen eingestehen.

Das Bild, das ich hier vor Augen habe, ist, dass jemand neben einem Berg aus feuchtem Feuerholz sitzt und einen Streichholz nach dem anderen anzündet und einfach drauf wirft. Am Ende werden die Streichhölzer das Holz auch trocknen, und dann wird man auf einmal ein richtig wildes Feuer haben – und genau das ist es auch, was die Federal Reserve gerade treibt. Wenn man für das Drucken all dieser neuen Dollars verantwortlich ist, besteht die Schwierigkeit darin, dass man erst weiß, dass man genug gedruckt hat, wenn man bereits viel zu viel gedruckt hat.

Clark: Das legt nahe, dass der Goldpreis und der Silberpreis noch einen weiten Weg vor sich haben.

Coxon: Ja, davon würde ich mit Sicherheit ausgehen.

Clark: Mit welchen Preisniveaus rechnen Sie?

Coxon: Das einzig Vernünftige, was ich dazu sagen kann, ist, dass Gold und Silber noch wesentlich stärker steigen werden. Es ist nicht sonderlich sinnvoll, hier Zahlen zu nennen, da wir ja nicht wissen, wie lange die hochinflationäre Phase anhalten wird.

Clark: Und was ist mit Goldminenaktien? Sie sind bezüglich des Aktienmarkts ja nicht sonderlich optimistisch, aber werden sich Goldminenaktien trotzdem gut entwickeln können?

Coxon: Die grundlegende Antwort ist: Wer aktuell Aktien halten will, sollte konventionelle Aktien meiden und stattdessen Goldminenaktien halten.

Clark: Silber wird auch als Geldmetall erachtet, aber gibt es ein Szenario, wo sich Gold gut entwickelt, während Silber schlecht läuft?

Coxon: Ja, das ist eine galoppierende Inflation in Verbindung mit einer sehr kranken Wirtschaft, wo nur wenig Silber verbraucht wird. Das könnte dafür sorgen, dass Silber an Boden verliert, aber es müsste schon eine außerordentlich hässliche Wirtschaftslage sein.

Clark: Aber würde die Fed nicht einfach mehr Geld drucken, wodurch Silber dann genauso attraktiv würde wie Gold?

Coxon: Das muss nicht unbedingt so sein. Die Goldnachfrage ist eine Investmentnachfrage, Punkt. Bei Silber ist das eine völlig andere Geschichte. Die Nachfrage ist zum Teil Investmentnachfrage und zum Teil industrielle Nachfrage.

Clark: Und wie stehen die Chancen, dass so etwas passieren wird?

Coxon: Also ich rechne nicht damit. Und selbst wenn es passiert, dann liegt es Jahre in der Zukunft.

Clark: Das Fazit aus alledem ist also, dass man sicherstellen sollte, genug Gold zu besitzen.

Coxon: Exakt.

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