Charles Hugh-Smith, Of Two Minds, 29.10.2013

Das weltweite Finanzsystem wird zwischen 2014 und 2015 einen Neustart durchführen, ungeachtet aller offiziellen Erklärungen und der Propaganda der Finanzmedien, mit denen die „Wirtschaftserholung“ aufgebauscht wird. Trotz eines weiten Spektrums an Prognosen – von rosig bis stürmisch – kann niemand genau vorhersagen, wie die Entwicklung der Jahre 2014 und 2015 aussehen wird, weshalb wir bei allen Prognosen sehr vorsichtig sein müssen – speziell bei unseren eigenen.

Und obwohl wir uns natürlich über die Risiken im Klaren sind, dass eine Prognose auch falsch sein kann – und daher an jede einzelne Analyse auch mit der gebotenen Demut herangehen –, scheint es zunehmend offenkundiger, dass die Finanzsysteme überall auf dem Planten derzeit Extreme erreichen, die im Allgemeinen gewaltsame Neustarts ankündigen – Neustarts, mit denen ein neues Gleichgewicht geschaffen wird. Dieses neue Gleichgewicht pendelt sich in der Regel auf viel niedrigeren Niveaus ein, die durch eine bedeutend geringere Komplexität und einen bedeutend geringeren Energieverbrauch gekennzeichnet sind.

John Michael Greer hat diesen Prozess als einen „katabolischen Zusammenbruch“, also als einen sukzessiven, stufenweise absteigenden Prozess beschrieben. Die Systeme führen einen Neustart durch und pegeln sich auf einem niedrigeren Niveau ein. Dieses neue Gleichgewicht bleibt dann für eine Weile erhalten, bis die nächste Krise, das nächste Systemversagen einen weiteren Neustart auslöst.

Greers Konzept gewährt uns tiefe Einblicke in die Systemanalyse: Systeme ohne interagierende Rückkopplungsmechanismen können plötzlich kollabieren, während komplexere Systeme dazu neigen, in einer stufenweisen Abwärtsserie aus Neustarts auf immer tiefere Konsum- und Komplexitätsniveaus abzusinken. Ein Beispiel dafür ist das Römische Reich, das zahlreiche Neustarts erlebte, bevor es das Niveau erreichte, wo es kurz vor dem Zusammenbruch stand; wo Phantom-Legionen, die in voller Stärke auf dem Papier standen, Phantom-Grenzen verteidigten.

In der heutigen Zeit ist davon auszugehen, dass das viel zu teure, komplexe, ineffiziente und betrugsdurchseuchte US-„Gesundheitssystem“ einen Neustart durchführen wird, da die Versorger (Mediziner usw.) aus Obamacare, Medicare [staatliche Krankenkasse] und Medicaid [Arzneibezuschussungsprogramm] einfach aussteigen werden. Genauso wie die Phantom-Legionen die Phantom-Grenzen eines zusammenbrechenden Imperiums verteidigten, wird auch das riesige, zentralisierte und kranke US-Gesundheitssystem offiziell weiterhin die volle Stärke aufweisen, aber nur die Wenigsten werden noch in der Lage sein, Dienstleister zu finden, die einem innerhalb dieser Systeme helfen.

Und genauso wie weite Teile der Sicherheiten, die die Aktien-, Anleihe- und Eigenheimblasen stützen, ein Phantom sind, werden auch viele andere zentralisierte Systeme auf den Phantom-Status absinken. Während die Steuereinnahmen der Lokalregierungen und der einzelnen Bundesstaaten immer stärker umgelenkt werden, um die Krankenversicherungsleistungen und die Pensionsansprüche der gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter des öffentlichen Diensts zu finanzieren, werden die staatlich bereitgestellten Leistungen für die Bürger immer weiter zurückgehen, da die Zahl der Ruheständler unaufhörlich weiter anschwillt, während die Zahl der Beschäftigten, die tatsächlich Straßen ausbessern usw., sinkt.

Die von den Gemeindeverwaltungen angebotenen Dienstleistungen werden zunehmend zu Phantom-Dienstleistungen verkommen, da mit den stagnierenden Steuereinnahmen zunächst einmal die Zuwendungen der Ruheständler finanziert werden, nicht die Dienstleistungen für den Bürger. Auf dem Papier wird es weiterhin die Aufgabe der Städte sein, Straßen auszubessern, doch in der realen Welt werden die Löcher im Asphalt einfach nicht repariert werden.

Die Reaktion darauf wird sein, dass die Städte die Steuerzahler bitten werden, die Ausgabe von Anleihen zu billigen, die das Dreifache von dem kosten, was man zahlen müsste, wenn man die Straßen instandhalten würde, um so den unvermeidlichen Konflikt zwischen den staatlichen Pensionären und den Steuerzahlern, die unter verfallenden Straßen, Schulen usw. und der steigenden Steuerlast leiden, weiter hinauszuzögern.

Und was die Phantom-Sicherheiten anbelangt, ist es so, dass der reale Wert der Sicherheiten erst dann offenbar wird, wenn die Menschen damit beginnen, diese wirklich ernsthaft abzuverkaufen. Solange alle kaufen, bleibt der Phantom-Charakter dieser Sicherheiten im Dunkeln. Erst wenn alle versuchen, ihr Geld aus den Vermögensblasen herauszuholen, tritt der wahre Wert der zu Grunde liegenden Sicherheiten zutage.

Wenn es für die Vermögenswerte keine Gebote gibt – sich also zu keinem Preis irgendwelche Käufer finden –, kommt der Phantom-Charakter vermeintlich solider Sicherheiten zum Vorschein. Der Preisfindungsmechanismus ist eine Art, um den Systemneustart zu beschreiben; die transparente Bewertung von Risiken ist eine andere Art, genau dasselbe zu sagen.

Kommt es aufgrund von staatlichen Garantien, Betrug, absichtsvoller Verschleierung, komplexen Abschottungen usw. zu einer Fehlbewertung der Risiken, hat eine Neubewertung der Risiken ebenfalls einen Systemneustart zur Folge.

Die Neustarts finden immer dann statt, wenn die Preise von all den Dingen, die gedrückt, manipuliert oder verschleiert worden sind, einer Neubewertung unterzogen werden. Umso größer die Manipulation und die Finanzrepression, desto gewaltsamer der Neustart. Und was wurde gedrückt, manipuliert oder verschleiert? Praktisch alles: Risiko, Kredit, Vermögenswerte, Arbeit, Währung, allesmögliche. Alles, was von den Zentralbanken und Zentralregierungen manipuliert worden ist, wird einer Neubewertung unterzogen.

Mit dem Systemvertrauen verhält es sich anders. Jeder Neustart führt zu einer Reduzierung des Vertrauens in die Fähigkeit des zentralisierten Status Quo, den Bewertungsprozess nach Wunsch zu manipulieren und/oder zu unterdrücken. Hat das System das Vertrauen erst einmal verloren, kann es um kein Geld der Welt zurückgekauft werden.

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