Frank Holmes, U.S. Global Investors, 05.10.2012
Die weltweiten Zentralbanken schlürfen weiter aus der monetären Bowleschüssel, während die Investoren wieder Gold nachladen. Und all der Wirbel rund um die aktuellen Goldkäufe veranlasste neugierige Investoren und die ungläubigen Medien, mit zwei Fragen an mich heranzutreten:
1. Wie kann die Nachfrage nach physischem Gold und Goldminenaktien künftig weiter anhalten?
2. Wie stark kann der Goldpreis noch steigen?
Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir uns zunächst einmal die Intentionen ansehen, die hinter den Entscheidungen der verschiedenen Industrieländer stehen, und die Ursachen, Wirkungen und damit einhergehenden Implikationen analysieren.
Beispielsweise gehört Amerikas anhaltend schlechte Arbeitsmarktsituation zu den zurzeit am meisten diskutierten Themen. Die Arbeitsplatzverluste in den USA haben das Leben und die Finanzen von Millionen Amerikanern beeinflusst und sind mittlerweile zum entscheidenden Thema des diesjährigen US-Wahlkampfs geworden. Alle Blicke sind nun auf Präsident Barack Obama und Mitt Romney gerichtet, und es wird von beiden eine Erklärung erwartet, wie sie Arbeitsplätze zu schaffen gedenken.
In den zwei Jahren, die der Großen Rezession folgten, haben die USA mit derselben Rate Arbeitsplätze verloren wie während der Großen Depression in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts oder in Finnland nach 1991. Doch zwei Jahre nach der Finanzkrise kamen die Arbeitsplatzverluste in den USA zum Halten und die Situation besserte sich wieder.
Im Folgenden vergleichen wir den US-Arbeitsmarkt mit den Entwicklungen in Norwegen, Spanien, Finnland und Schweden – jedes dieser Länder hatte eine lange Phase sehr hoher Arbeitslosigkeit zu verzeichnen.
Nachdem es in Schweden 1987 zu einer Finanzkrise kam, brauchte das Land achteinhalb Jahre, um den vorherigen Beschäftigungshöhepunkt wieder zu erreichen. Spanien brauchte 13 Jahre, um den Beschäftigungshöhepunkt des Jahres 1997 wieder zu erreichen. Und Finnland und Schweden brauchten beide über 17 Jahre, um ihre Beschäftigungshöhepunkte des Jahres 1991 wieder zu erlangen.
Und obschon die Arbeitsplatzverluste in den USA garnicht so düster aussehen, will „Helikopter“-Ben Bernanke die katastrophalen Entwicklungen, die sich zurzeit in Japan und Europa beobachten lassen, unbedingt vermeiden. Für ihn ist die Wirtschaft „in jüngster Zeit nicht schnell genug gewachsen, um bei der Absenkung der Arbeitslosigkeit bedeutende Fortschritte zu erzielen.“
In einer Rede vor dem Economic Club of Indiana erklärte der Fed-Vorsitzende Ben Bernanke am 01.10.2012, dass die US-Notenbank damit beauftragt sei, „eine gesunde Wirtschaft zu fördern“, wozu auch „eine Wirtschaft mit einer niedrigen Arbeitslosigkeit, niedriger und stabiler Inflation und einem Finanzsystem, das den wirtschaftlichen Anforderungen für Kredit und andere Dienstleistungen gerecht wird,“ gehöre.
Im Hinblick auf die geldpolitischen Entscheidungen würden der Fed die Ziele vom US-Kongress vorgegeben werden, und diese Ziele würden überdies auf „maximale Beschäftigung und Preisstabilität“ abzielen. Weiter sagte er: „Wir würden gerne sehen, dass so viele Amerikaner als möglich in Arbeit kommen, und wir zielen darauf ab, die Anstiege bei den Verbraucherpreisen niedrig und stabil zu halten.“
Bereits zehn Jahre zuvor hatte Bernanke die Methode vorgestellt, wie die Notenbank unter seiner Führung derartige Ziele erreichen könnte. In einer Rede zum Thema Deflation stellte er seine Auffassungen über die staatliche Geldschöpfung vor und bezog sich dabei auf die Kommentare des Ökonomen Milton Friedman, der von einem Hubschrauber sprach, der über der Wirtschaft Geld herabregnen lässt. Bernanke sagte damals:
„Die US-Regierung verfügt über eine Technologie, die die Druckerpresse (oder heute ihr elektronisches Äquivalent) genannt wird, die es ihr erlaubt, ohne irgendwelche Kosten so viele US-Dollars zu produzieren, wie sie möchte.“
Seit diesem Kommentar ist er auch unter dem Spitznamen „Helikopter Ben“ bekannt. Und da die hohe Arbeitslosigkeit nach wie vor anhält, wirft der Hubschrauber der US-Notenbank jetzt weitere USD 40 Milliarden pro Monat ab, um damit hypothekarisch besicherte Wertpapiere zu kaufen. Neben diesem Programm werden bis Ende dieses Jahres aber auch noch weitere USD 45 Milliarden pro Monat für den Aufkauf von US-Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten ausgegeben.
Bank of America-Merill Lynch sagt, dass „Geldpolitik ansteckend ist.“ Die Gelddruckmaßnahmen der Fed zur Unterstützung der Arbeitsplatzschaffung seien nur ein Teilaspekt des Ganzen. Neben der Ausdehnung der US-Geldbasis ist die weltweite Geldmenge in den letzten zwölf Jahren jedes einzelne Jahr gestiegen. Und wie aus der nachfolgenden Grafik hervorgeht, gibt es zwischen dem weltweiten Geldmengenwachstum, der Ausdehnung der US-Geldbasis und der Goldpreisentwicklung einen engen Zusammenhang.
Und obschon es durchaus gut gemeint sein kann, gehe ich davon aus, dass diese „unbegrenzten“ Lockerungsprogramme bei den Währungen verheerende Entwertungseffekte zur Folge haben, was Gold die ganze Zeit über dabei half, sich erheblich zu verteuern.
Goldinvestoren sind sich dieses Zusammenhangs natürlich bewusst und daher en masse in den Goldmarkt zurückgekehrt. Im August dieses Jahres stürmten die Investoren in den Goldmarkt; bei den börsennotierten Goldprodukten kam es zu massiven Geldzuflüssen, die über denen der vorangegangenen fünf Monate lagen.
Diese Käufe setzten sich auch im September weiter fort, und die Goldliebhaber schlugen auch bei Goldmünzen kräftig zu. Laut Bloomberg kauften die Menschen von der US-Münzprägeanstalt im September so viele Anlagemünzen wie seit sieben Monaten nicht mehr. Im September wurden fast 70.000 Unzen Gold verkauft – das sind die höchsten Verkaufszahlen seit Januar dieses Jahres, als die US-Münzprägeanstalt 127.000 Unzen verkaufte.
Und auch die Goldminenaktien zogen vermehrt Interesse auf sich. Allein im September konnte der FTSE Gold Mines Index auf einen Zuwachs von 13,25% verweisen, während der NYSE Arca Gold Miners Index 12% zulegen konnte.
Und, wie stark kann Gold nun noch im Preis steigen? Also wenn man nur das Hypotheken- und Anleiheaufkaufprogramm der US-Notenbank berücksichtigt, dann könnte der Goldpreis laut Bank of America-Merill Lynch innerhalb der kommenden neun Monate bis auf USD 2.000 pro Unze und bis Ende 2014 auf USD 2.400 pro Unze steigen.
Bei diesen Preisprognosen wird der goldaffine Handel aber völlig außen vorgelassen. In den vergangenen paar Monaten kamen aus Indien ja nur schlechte Meldungen. Indien ist historisch gesehen der größte Goldkonsument der Welt. Die Goldnachfrage litt jedoch unter einer sehr schwachen Rupie, was zur Folge hatte, dass der Goldpreis in der Landeswährung auf Allzeithochs kletterte.
Die jüngste Stärke der Rupie hat jedoch mit dazu beigetragen, die indische Goldnachfrage wiederzubeleben, und die Goldkäufe kletterten auf ein 5-Monatshoch, so UBS. Hilfreich war in diesem Zusammenhang, dass die Rupie jetzt wieder auf dem Wechselkursniveau von April dieses Jahres notiert.
Und diese Verbesserung kommt genau zur rechten Zeit, da die indische Hochzeitssaison voll im Gang ist. Zwischen Ende September und Ende Januar – also zwischen den Monsunregen und der Sommerhitze – finden in Indien alljährlich rund 10.000 Hochzeiten statt. Und in Indien gehen Gold und Hochzeiten historisch gesehen Hand in Hand, da die Braut das Edelmetall als Schmuck trägt und die Neuvermählten Goldschmuck und Goldmünzen geschenkt bekommen.
Darüber hinaus findet im November das Diwali-Fest statt. Das Lichterfest ist Indiens größte und wichtigste Festlichkeit des Jahres und wird weltweit von fast 1 Milliarde Hindus gefeiert. Am ersten Tag des Diwali-Fests wird die Wohnung sauber gemacht und Gold gekauft, da dies als glücksverheißend gilt.
Aber warum ist Indien für den Goldmarkt so wichtig? Wie aus der nachfolgenden Grafik, die den Zeitraum von 2000 bis 2011 erfasst, hervorgeht, weisen die steigenden Einkommen in China und Indien eine hohe Korrelation zum Goldpreis auf:
Anleger haben also zwei gewichtige Gründe, warum sie in Gold investierten sollten:
- den angstbasierten Handel, der durch die Ausweitung der Geldmenge angeheizt wird; und
- den goldaffinen Handel, der durch die Nachfrage von China und Indien beflügelt wird.
Wer sein Gold bereits verkauft hat, sollte sicherstellen, dass er zumindest moderate 5% bis 10% seines Portfolios in Gold und Goldminenaktien hält. Und für all jene Anleger, die noch nicht in Gold investiert sind: Ja worauf warten Sie eigentlich noch?