Jeff Clark, Casey Research, 22.01.2013

Der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass man sich einen Berater sucht, wenn man Informationen oder Rat bezüglich irgendeiner Sache benötigt, mit der man nicht vertraut ist. Und genau das tun die Leute auch, ganz gleich ob es nun um die Anschlussfinanzierung fürs Haus, die Auswahl eines Versicherungsprodukts oder die Reparatur des Wasserboilers geht. Und obschon Fachleute mit Sicherheit ihre eigene Agenda verfolgen, wissen sie immer noch mehr über ihre Produkte und Dienstleistungen als andere und können wenigstens dabei behilflich sein, dass man fundierte Entscheidungen trifft.

Auch Banken- und Börsenanalysten kennen ihre Produkte. Doch wenn es um die Frage geht, wo die Reise für den Goldmarkt hingeht, versagen sie kläglich.

Jedes Jahr geben die großen Banken und Brokerhäuser ihre vierjährigen Goldpreisprognosen ab. Die nachfolgende Grafik dokumentiert den prognostizierten Durchschnittspreis der 25 Top-Analysten während der letzten sieben Jahre. Viele dieser Analysten sind auf die Rohstoffbranche spezialisiert. Ich schlage vor, Sie schieben Ihren Stuhl zunächst ein wenig nach hinten, so dass ihr Kinn, wenn es herunterfällt, nicht auf dem Keyboard aufschlägt.

Consensus Gold Price Forecast.xlsx
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Wie Sie sehen sind die Analysten der Banken und Brokerhäuser seit 2007 jedes einzelne Jahr davon ausgegangen, dass der Goldpreis in den kommenden vier Jahren (manchmal sogar dramatisch) sinkt. Beispielsweise war es in 2007 Konsens, dass Gold von USD 656 pro Unze bis zum Jahr 2011 auf USD 523 pro Unze fallen würde. Stattdessen verteuerte sich Gold um 140% und kletterte in 2011 auf einen Durchschnittspreis von USD 1.572 pro Unze.

Aktuell sagen sie voraus, dass Gold bis 2017 von USD 1.665 auf USD 1.515 pro Unze fallen wird. Und selbst wenn sie davon ausgehen, dass Gold im ersten Jahr steigt, rechnen sie immer noch damit, dass es letztlich zu einem Preisrückgang kommen wird. Bisher lagen diese Analysten jedes Mal daneben.

Bei diesen Analysten handelt es sich in der Regel um Leute, die nichts anderes tun, als den lieben langen Tag die Rohstoffmärkte zu analysieren. Das ist ihr Job. Sicher, niemand kann die ganze Zeit über richtig lieben, aber ihre Bilanz ist einfach nur erbärmlich.

Die offenkundige Lehre, die Anleger aus all dem ziehen können, ist, die Preisprognosen der Großbanken und Brokerhäuser einfach zu ignorieren – die begreifen’s einfach nicht. Und ich bin mir sicher, dass das die meisten unserer Leser bereits wissen.

Es gibt aber noch eine viel wichtigere Implikation, die mit diesen Daten einhergeht und auf die man nicht auf den ersten Blick stößt:

  • Warum sollte ich als Fondsmanager oder institutioneller Investor eine Goldminenaktie kaufen, wenn mir meine Analysten erklären, dass der Goldpreis fällt?

Antwort: Ich würde es natürlich nicht tun.

Wenn der Preis eines Produkts, das ein Unternehmen verkauft, in den kommenden paar Jahren fallen soll, ja warum soll ich dann Anteile von diesem Unternehmen kaufen? Es stünde ja praktisch fest, dass es zu einem Umsatzrückgang kommt. Und als Verwalter von Millionen oder Milliarden von Dollars kauft man mit Sicherheit kein Investment mit derart trüben Aussichten.

Aber es geht ja noch weiter: Diese Großbanken und Brokerhäuser sind dieselben Firmen, die (fast) jedes Jahr vorhergesagt haben, dass der Ölpreis steigen würde. Und obschon sie mit dieser Einschätzung gelegentlich sogar Recht behielten, bedeutet das, dass die erwarteten Gewinne der Goldproduzenten fallen, da die Treibstoffkosten rund 10% ihrer Betriebskosten ausmachen. Also noch einmal:

  • Warum sollte ich als Fondsmanager oder institutioneller Investor eine Goldminenaktie kaufen, wenn mir meine Analysten erklären, dass die Gewinnmarge bei den Goldproduzenten sinken wird?

Antwort: Ich würde es natürlich nicht tun.

Dabei ist es völlig unerheblich, dass die Analysten fortwährend falsch lagen. Was zählt, ist, dass sich bestimmt niemand aus dem Fenster lehnen und Goldminenaktien kaufen wird, wenn die institutionelle Anlegerwelt davon ausgeht, dass der Goldpreis oder die Gewinne der Produzenten aller Vorausschau nach fallen werden. Sie könnten ihre Boni oder gar ihre Jobs verlieren, wenn sich die Prognosen ihrer Analysten bewahrheiten und sie dagegen gewettet haben.

Das könnte auch die Erklärung dafür sein, warum die Hedge-Fonds, die institutionellen Investoren und andere Großinvestoren diesen Markt noch nicht en masse betreten haben, und es könnte erklären, warum es zurzeit eine Diskrepanz zwischen dem Goldpreis und dem Trend der Goldminenaktien gibt.

Bei den Goldproduzenten sehen wir Potenzial, da wir davon ausgehen, dass der Goldpreis weiter steigen wird, aber die Großinvestoren, die mit Milliarden von Dollars in den Markt kommen könnten, sehen das nicht so. Die meisten von ihnen schauen dem Treiben immer noch von der Seitenlinie aus zu.

Dieses Phänomen veranlasst uns zu der Prognose, dass die institutionellen Investoren den Sektor eines Tages en masse betreten werden. Wenn die Fakten erst einmal durchgesickert sind und die institutionelle Finanzwelt überzeugt davon ist, dass sich der Goldpreis und der Silberpreis in einem nachhaltigen Aufwärtstrend halten können, werden sie von den Aktien der Edelmetallproduzenten bedeutend stärker angezogen werden als heute und dann auch stur daran festhalten.

Ja sicher, es ist durchaus denkbar, dass die Edelmetallpreise zunächst einmal erbarmungslos steigen müssen, bevor diese Anleger in den Edelmetallsektor einsteigen. Sie müssen zu der Auffassung gelangen, dass, wenn Gold erneut auf, sagen wir, USD 1.900 pro Unze steigt, es sich dabei nicht nur um ein vorübergehendes Aufflackern, sondern um einen nachhaltigen Aufwärtstrend handelt.

Ich habe keine Ahnung, auf welchen Preis Gold klettern und wie lange es sich dann auf diesem Preis halten muss, bevor sie auf den Zug aufspringen, aber angesichts des oben aufgeführten Charts, bin ich mir ziemlich sicher, dass sie nicht die Ersten sein werden, die an Bord gehen.

Wann auch immer es soweit sein wird – der Run der institutionellen Investoren auf diese winzige Branche wird urplötzlich und dramatisch ausfallen, da sie zu einer Herdenmentalität neigen. Niemand will hinten anstehen. Und genauso wie sie heute das Risiko scheuen, etwas zu kaufen, das all ihre Kollegen ignorieren, werden sie, wenn die Zeit der Goldminenaktien gekommen ist, auf einmal losstürmen und dieses beliebte und aufregende Investment haben wollen.

In der Folge wird es bei den Minentiteln zu dramatischen Anstiegen kommen. Wie hoch? Nun ja, diese Gruppe liebt ja Preismodelle: Der Fair Value von Newmont Mining (NEM) liegt basierend auf den Goldreserven des Unternehmens zurzeit bei rund USD 200 pro Aktie. Gehandelt wird das Papier aktuell mit rund USD 44 – und das bei einem Goldpreis von USD 1.700 pro Unze. Wenn der Goldpreis steigt, wird der Wert von NEM exponentiell zum Goldpreis zulegen, da der Goldpreis schneller steigen würde als die Betriebskosten, selbst bei anziehender Inflation.

Das ist der Grund, warum ich bezüglich der Goldproduzenten so optimistisch bin. Die Goldproduzenten werden der erste Ort sein, wo sich die institutionelle Finanzwelt hinwenden wird, wenn Gold einen nachhaltigen Aufwärtsschub hinlegt. An dem Tag, wo diese Investoren zu der Auffassung gelangen, dass Gold ein Bestandteil des Geldsystems wird, Anleihen nicht mehr länger sicher sind, die Inflation außer Kontrolle gerät, oder irgendetwas passiert, das ihr Paradigma ändert, werden sie in den winzigen Markt stürmen und die Aktienpreise gleich um mehrere Größenordnungen in die Höhe treiben.

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