Gold ist wie eine Autoversicherung: Niemand wünscht sich einen Autounfall – aber nur weil man bisher noch keinen hatte, bedeutet das nicht, dass man seine Versicherung kündigt

Frank Holmes, U.S. Global Investors, 05.04.2013
[in Auszügen]

Genauso wie jede Münze zwei Seiten hat, hat auch jeder Datenpunkt, der nicht die Erwartungen erfüllt, irgendwo sein Gutes. Beispielsweise hat sich der Goldpreis, obwohl er dank des steigenden US-Dollar gefallen ist, auf Yenbasis verteuert. Und selbst als diese Woche negative Meldungen über die Wirtschaftslage veröffentlicht wurden und das US-Arbeitsministerium meldete, dass im März lediglich 88.000 neue Arbeitsstellen hinzugekommen sind, gab es für Anleger auch ermutigende Hinweise.

Zunächst einmal ist die US-Notenbank weiterhin darauf aus, ihren geldpolitischen Lockerungskurs fortzusetzen und die Zinssätze unten zu halten. Und da die Inflation derzeit über den Zinssätzen liegt, steigert der negative Realzins auch die Attraktivität von Dividende ausschüttenden US-Aktien und Gold. Ich glaube, dass beide Investments auch weiterhin als die sicheren Häfen dieser Welt erachtet werden.

Die Meldung, dass sich die USA nicht so gut erholen, wie erwartet, könnte einen Teil des Schadens der Forschungsgruppe von Societe Generale wieder wettmachen. In ihrem bärischen Bericht behaupteten sie, dass die Bullenmarktphase von Gold aufgrund wahrscheinlich steigender Zinssätze, einer Aufwertung des US-Dollars und einer Erholung am Immobilien- und Arbeitsmarkt enden würde.

Die anhaltende europäische Schulden-Saga dürfte Gold aller Vorausschau nach ebenfalls beflügeln. Viele Menschen, darunter auch Amanda Drury von CNBC, haben mich gefragt, warum Gold auf die Meldungen über die Beschlagnahmung der zypriotischen Bankeinlagen überhaupt nicht reagiert hat. Wenn wir uns die letzten vier Jahrzehnte anschauen, dann sehen wir, dass das gelbe Metall in dieser Zeit des Jahres historisch gesehen immer zurückgegangen ist, Fakt ist aber auch, dass das aktuelle Trading-Verhalten in der Tat nicht dem ängstlichen Marktumfeld entspricht, das für eine Goldrally ideal ist.

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Aufgrund dieser verwirrenden Situation haben einige renommierte Goldexperten die Idee ins Spiel gebracht, dass der Goldpreis vielleicht manipuliert wird. Lawrence Williams von Mineweb.com schreibt, dass Gold und Silber fallen, wenn die europäischen Märkte öffnen, dann aber wieder steigen, wenn die US-Märkte öffnen. Das ist „ein Muster, das direkt im Widerspruch zu den Beobachtungen steht, die wir vor Zypern gemacht haben“, so Williams, der nahelegt, dass das Edelmetall „heute mehr denn je in Zaum gehalten werden muss, da, würden die großen Einlagenhalter in Gold gehen, dies tatsächlich zu einem Banken-Armageddon führen würde.“

Wir haben ja bereits eine Vielzahl von Hinweisen gesehen, die darauf hindeuten, dass die Zentralbanker in den Industrieländern darauf aus sind, ihre Politik des lockeren Geldes weiter aufrecht zu erhalten und ihre Bilanzen auszuweiten. Wenn wir uns das Wachstum der Zentralbankbilanzen als prozentualen Anteil des BIP anschauen, sehen wir, dass die Europäische Zentralbank, deren Bilanz sich der Hälfte des BIP annähert, die Liste anführt.

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Williams geht davon aus, dass die Zentralbanken weiterhin gezwungen sein werden, Geld zu drucken, „um vorzugeben, dass die Lage der Weltwirtschaft unter Kontrolle ist, was mit Sicherheit nicht der Fall ist.“

Diese Meinung wird auch von meinem Freund Ian McAvity geteilt. In seinem Rundbrief „Deliberation on World Markets“ schreibt er, dass durch die „orchestrierte Wiedereröffnung der zypriotischen Banken zwei Euros geschaffen wurden, ungeachtet anderslautender Behauptungen.“ Noch wichtiger:

„Dass Gold angesichts dieser Entwicklungen für die zweitwichtigste Währung, die nun am Rande des Abgrunds wankt, nicht stark im Preis gestiegen ist, verleiht der These heimlicher Zentralbankinterventionen zusätzlich an Gewicht.“

Was McAvity als „heimliche Zentralbankinterventionen“ bezeichnet, nennt Christopher Wood, der Autor von CLSA´s Greed & Fear, ein „grandioses Geldexperiment“, das „in der gesamten bisherigen Finanzgeschichte beispiellos“ sein dürfte.

Wood geht davon aus, dass die Unterschiede zwischen der Geldpolitik und der Fiskalpolitik absichtsvoll vernichtet werden und sich die Zentralbanken – anstatt von der unkonventionellen Lockerungspolitik wieder Abstand zu nehmen – „nun immer stärker von einer Ausstiegsstrategie wegbewegen.“

Aber es gibt noch ein viel wichtigeres Thema, das durch die „verblüffende Ungleichbehandlung“ Zyperns aufgekommen ist, so Russell Napier von CLSA. Napier fragt, ob das Eurosystem im politischen Sinne überhaupt funktionieren kann:

„Wenn … die Menschen, die unter dem [Euro]System leben, glauben, dass es zur Aufrechterhaltung des Euros der Anwendung willkürlicher Gewalt bedarf, die zu einer Ungleichbehandlung führt, dann werden sie auch zu der Schlussfolgerung gelangen, dass es das Eurosystem nicht wert ist. Der Verlust der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wird schwerer wiegen als irgendwelche wirtschaftlichen Vorteile, die eine Euro-Mitgliedschaft mit sich bringen könnte.“

Leidenschaftliche Sportfans würden diesen „Verlust der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ vielleicht mit einem Spiel vergleichen, wo der Schiedsrichter unfaire Entscheidungen trifft und während des Spiels die Regeln und die Seitenauslinien ändert, um den Spielausgang zu kontrollieren.

Amerikaner würden angesichts eines solchen Verlusts davon ausgehen, dass man ihnen gerade Freiheiten wegnimmt – doch der Hauptunterschied zwischen den USA und der Europäischen Union besteht darin, dass die Amerikaner ihre Regierungsvertreter wählen.

Nigel Farage, der britische Politiker und Führer der britischen Unabhängigkeitspartei, warnte bereits vor 18 Monaten vor den Gefahren, die von den nichtgewählten sozialistischen Bürokraten in Brüssel ausgehen. In einem Video, das im Internet rasch Verbreitung fand, sagte er das Scheitern des Euros voraus und wies darauf hin, dass die nichtgewählten EU-Vertreter „ohne irgendeine demokratische Legitimation“ die gewählten Vertreter Griechenlands und Italiens auf eine Art abgesetzt hätten, die eher an Krimis von Agatha Christi erinnert als an alles andere.

Ich traf Farage in 2011, als ich an einer CLSA-Konferenz in Hongkong teilnahm. Ich war angenehm überrascht zu erfahren, dass wir über denselben beruflichen Hintergrund verfügen, da er früher als Edelmetalltrader aktiv war. Ich fand ihn nett, als ich ihn traf, und ich respektiere ihn für seinen Mut, sich gegen die Ungerechtigkeiten auszusprechen.

Goldanleger sollte immer im Hinterkopf behalten, dass Goldmünzen und Goldschmuck keine Mittel sind, „um schnell reich zu werden“, sondern Gold, wie ich auch bei meinem CNBC-Interview erklärte, eher wie eine Autoversicherung ist. Niemand wünscht sich einen Autounfall – aber nur weil man bisher noch keinen hatte, bedeutet das nicht, dass man die Versicherung kündigt …

In dem heutigen Niedrigzinsumfeld werden die cleveren Investoren weiterhin nach sicheren Häfen und besser rentierenden Alternativen Ausschau halten, und die Hauptbegünstigten dürften Gold und Dividende ausschüttende Aktien sein. Also: Immer schön Ruhe bewahren und weiter investieren!

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