Wenn die Bullen zu den Notausgängen stürmen, ist das ein Hinweis darauf, dass wir das Tief erreicht haben. Kluge Anleger sollten dann an ihren Portfolien festhalten, um vom nächsten Anstieg zu profitieren, so David Morgan, der Herausgeber von Silver-Investor.com, in seinem Interview mit The Gold Report. Und obwohl es vielleicht noch ein paar Jahre dauern könnte, bis Gold und Silber wieder auf profitable Niveaus gestiegen sind, lässt sich mit den richtigen Edelmetallminenfirmen den ganzen Weg nach oben Geld machen

JT Long, The Gold Report, 27.01.2014

The Gold Report: Als wir Sie das letzte Mal interviewt haben, erwähnten Sie die Möglichkeit, dass es 2014 „Rohstoffkriege“ geben könnte, so wie sie im Buch von Michael Klare mit demselben Namen beschrieben wurden. Was bedeutet das für den Durchschnittsanleger?

David Morgan: Die Rohstoffkriege haben bereits begonnen. Schauen Sie nur auf Mexiko. Es hat einen Rohstoff, auf den es aus ist, und das ist Energie. Und das ist auch der Grund, warum die mexikanische Regierung eine neue Steuer eingeführt hat, mit der vornehmlich Energie besteuert wird, aber auch bei den Minen kommt zusätzlich noch einmal eine Abgabe von 7,5% oben drauf. Ist das ein Krieg? Per se nicht, aber für die Unternehmen, die heute und künftig in Mexiko operieren, ist es schädlich. Ich glaube, dass wir 2014 noch mehr derartige Entwicklungen sehen werden.

TGR: 2013 war für die Edelmetallpreise ein sehr schwankungsreiches Jahr. Silber sank unter die Marke von USD 20 pro Unze und Gold notierte zu Ende des Jahres bei rund USD 1.200 pro Unze. Sind wir von einem Silberpreis von USD 100 pro Unze immer noch drei Jahre entfernt, wie Sie bei Ihrem letzten Interview sagten? Was wird Silber auf dieses Niveau treiben?

DM: Die Fundamentaldaten werden Silber auf dieses Niveau treiben. Die Gründe, warum Anleger im Jahr 2001 Gold gekauft haben, unterscheiden sich aus fundamentaler Sicht nicht von den Gründen, warum Anleger 2013 oder 2014 Gold kauften. Fakt ist, dass es kein Land auf der Erde gibt, das in der Lage ist, sein Schuldenproblem in den Griff zu bekommen. Und weil dem so ist, werden wir auch erleben, wie immer mehr Menschen aufwachen und begreifen werden, warum sie Edelmetalle brauchen – weil Edelmetalle, das wirkliche Geld außerhalb des aktuellen Systems sind.

Die Korrektur, die wir bei Silber und Gold hatten, ist in einem säkularen Bullenmarkt gar nicht so unnormal. Ich habe während meines Lebens schon einmal einen Bullenmarkt miterlebt. Ich habe miterlebt, wie Gold von dem fixen Preis von USD 42,22 pro Unze auf USD 200 pro Unze stieg und daraufhin der Abverkauf einsetzte und das Metall auf rund USD 100 pro Unze fiel. Später stieg das Metall dann bis Januar 1980 auf USD 850 pro Unze. Ich habe miterlebt, welchen Schaden ein großes Beben in einem säkularen Bullenmarkt anrichten kann. Diese Erfahrung hat mich bezüglich des Sturms, den wir jetzt gerade erlebt haben, abgehärtet.

Ich glaube aber, dass das Schlimmste vorbei ist. Ich denke, dass Silber sein Tief bereits ausgebildet hat. Gold vielleicht auch. 2014 wird ein Wiederaufbaujahr sein. Je nachdem, was sich im Weltwirtschaftssystem abspielt, ist es möglich, dass es für die Metalle ein sehr gutes Jahr werden könnte, wo Silber wieder auf USD 30 pro Unze klettert, während Gold sich auf weit über USD 1.600 pro Unze aufmacht und vielleicht sogar auf das Niveau von USD 1.700 pro Unze oder noch höher steigt, je nachdem, wie sich die Wirtschaft entwickelt.

TGR: Bei den Edelmetallpreisen ist es ja zu Jahresbeginn zu einem kleinen Anstieg gekommen. Welcher Prozentsatz der Unternehmen, die sich derzeit in der Rohstoffbranche befinden, wird denn überleben, um die Trendwende bei den Metallpreisen noch mitzuerleben? Wie viele von ihnen stehen derzeit vor dem Aus?

DM: Das ist eine gute Frage, und ich bin dafür wahrscheinlich nicht der beste Ansprechpartner, weil wir uns vornehmlich auf die großen und mittelgroßen Unternehmen konzentrieren, also auf Unternehmen, die bereits produzieren oder kurz vor der Produktion stehen. Der Junior-Explorationssektor wird von uns ebenfalls intensiv untersucht, aber wir geben hier nur wenige Empfehlungen ab. Ich würde mal tippen, dass von den geringkapitalisierten Firmen – also den Firmen mit einer Marktkapitalisierung von USD 300.000 bis USD 500.000 – vielleicht die Hälfte überleben wird, vielleicht auch weniger.

In der Edelmetallbranche ist es in den letzten paar Jahren sehr schwierig gewesen. Selbst einige der besten Firmen – und ich habe da gerade ein Unternehmen vor Augen, das über eine der größten Goldminen der Welt verfügt – können schlecht verwaltet werden. Das ist auch der Grund dafür, warum ich den Leuten im Hinblick auf diese Unternehmen sage, dass sie nur mit Risikogeld hineingehen sollten, das sie auch verlieren können – denn die Gewinne können zwar großartig ausfallen, aber sie können auch alles verlieren. Und einige meiner Leser haben sich für diesen Ratschlag auch schon bedankt. Das ist erst heute Morgen wieder passiert.

TGR: Sie erwähnten Mexikos neue Steuer. Welche Auswirkungen wird das dort auf die großen wie auch kleinen Edelmetallproduzenten haben? Gibt es einige Firmen, denen es trotz dieser neuen Abgaben gut gehen wird?

DM: Ja, die gibt es. Wir arbeiten aktuell an einem Bericht zu diesem Thema, aber die allgemeinen Punkte kann ich ja schon einmal anreißen. Wenn man ein großer Produzent ist, wird die neue mexikanische Steuer natürlich den Gewinn schmälern, aber die großen Produzenten werden in der Lage sein, Anpassungen vorzunehmen und immer noch Gewinne zu generieren.

Bei den mittelgroßen Firmen könnte es schön stärkere Auswirkungen haben, weil ihre Gewinnmargen kleiner ausfallen. Für die kleinen Unternehmen, die nur über sehr geringe Gewinnmargen verfügen oder erst ein paar Jahre produzieren müssen, um profitabel zu werden, wird es nicht so einfach sein, überhaupt anzufangen, da der Zeitpunkt, wo sie erstmals schwarze Zahlen schreiben werden, immer weiter in die Zukunft verlagert wird. Im Grunde ist es daher so: Produziert ein Unternehmen gegenwärtig mit hohen Gewinnmargen, wird es ihm auch künftig gut gehen. Aber die Unternehmen, die gerade erst mit der Produktion beginnen, oder kleine Produzenten werden eine schwere Zeit haben.

TGR: Glauben Sie, dass diese Minensteuer eine dauerhafte Sache ist oder wird die Regierung ihren Fehler einsehen und davon wieder Abstand nehmen?

DM: Keine Ahnung. Es könnte sein, dass es zu viel politischen Druck gibt, um diese Steuer kurzfristig wieder zurückzunehmen. Vielleicht kommt es zu kleinen Veränderungen, aber ich glaube nicht, dass sie vollumfänglich rückgängig gemacht werden wird.

TGR: Es gab ja unter unseren Experten jede Menge Diskussionen darüber, wie das ideale Gold/Silber-Verhältnis aussehen sollte. Wenn Gold 2014 auf USD 2.000 pro Unze steigt, glauben Sie, dass Silber diesem Preisanstieg dann mit einem fixen Gold/Silber-Verhältnis folgen wird oder gehen Sie davon aus, dass sich Gold und Silber unabhängig voneinander entwickeln werden?

DM: Ich habe dieses Thema eingehender untersucht als alle anderen, ausgenommen Franklin Sanders, den Autor von the „The Moneychanger“. Auf einem rund 14 Meter langen historischen Silber-Chart, der sich über die letzten 4.500 Jahre erstreckt […], liegt das Gold/Silber-Verhältnis lediglich auf dem letzten halben Meter über 1:16! Die 4.400 Jahre zuvor lag das Gold/Silber-Verhältnis sogar noch unter 1:16! Aus langfristiger Perspektive bedeutet das, dass Silber gegenüber Gold unterbewertet ist …

Worauf ich hinaus will, ist, dass einem das Gold/Silber-Verhältnis Auskunft darüber gibt, welches der beiden Metalle sich gerade besser entwickelt. Als der Silberbullenmarkt anfing, lag das Gold/Silber-Verhältnis bei 1:80 und jetzt liegt es bei rund 1:60. Das bedeutet, dass man als Anleger seit Beginn des Bullenmarkts – hätte man den gleichen Dollarbetrag in Gold und Silber investiert – mit Silber besser gefahren wäre, und das obwohl Silber so volatil ist. Aber ich empfehle das nicht. Ich bin der Meinung, dass Anleger Gold und Silber besitzen sollten. Aber alles in allem glaube ich, dass der Trend, das Silber Gold aussticht, weiter anhalten wird.

Eric Sprott glaubt ja an das klassische monetäre Verhältnis von 1:16 und ist der Meinung, dass wir erleben werden, wie das Gold/Silber-Verhältnis letzten Endes wieder auf dieses Niveau absinkt. Ich bin der Meinung, dass das Gold/Silber-Verhältnis zumindest das Niveau testen wird, das wir während dieses Bullenmarkts bereits gesehen haben, und das liegt bei rund 1:35. Wir haben dieses Niveau ja schon für einen sehr, sehr kurzen Augenblick gesehen, als Silber 2011 seinen wundersamen Sprung von USD 19 pro Unze auf USD 48 pro Unze machte. Bis es soweit ist, werden wir es mit einer höheren Volatilität zu tun bekommen.

TGR: Was war Ihre Botschaft für die Zuhörer Cambridge House Investment Conference in Vancouver?

DM: Der Bullenmarkt ist nicht vorbei und in diesen säkularen Bullenmärkten ist es normal, dass einige Bullen abgeschüttelt werden und wir den Zustand erreichen, wo die Stimmung sehr schlecht ist – da befinden wir uns gerade. Es gibt jede Menge Misstrauen und viele Menschen fragen sich, warum man sich überhaupt im Edelmetallsektor aufhalten sollte. Das sind Zeichen dafür, dass der Tiefpunkt erreicht wurde.

Jetzt ist es für all jene, die nicht in dem Sektor sind, an der Zeit, in diesen Sektor zu gehen. Und diejenigen, die bereits im Sektor investiert sind, halten entweder das, was sie bereits haben, oder fügen zu ihren Positionen noch etwas hinzu oder sitzen es aus. In ein paar Jahren werden wir bedeutend höhere Edelmetallpreise sehen. In drei oder vier Jahren könnten Gold und Silber vielleicht schon überbewertet sein, aber das wird sich erst noch zeigen.

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