Die Schlacht um die Anleihezinsen der Euro-Pleiteländer dürfte vorerst gewonnen sein, doch der Krieg zur Verhinderung des Zusammenbruchs des weltweiten Finanzsystems ist nicht zu gewinnen. Die europäische Schuldenkrise hat noch einen weiten Weg vor sich – und die Inflation allein wird bereits sicherstellen, dass der Niedergang der europäischen Wirtschaft weiter anhalten wird.
Bob Chapman, The International Forecaster, 03.03.2012
Es gibt Menschen, die sind der Auffassung, dass die Probleme Griechenlands lediglich das Vorspiel einer Entwicklung sind, die am Ende dem überwiegenden Teil der Welt wiederfahren wird. Wir gehen davon, dass diese Voraussagen richtig sind und ein solcher Ausgang in der Tat unvermeidlich ist. Vielleicht waren die letzten vier Jahre tatsächlich nur die Aufwärmphase.
Griechenland leiht sich, wie viele andere Länder auch, weiterhin Geld, während die Steuereinnahmen nicht mithalten können, um die Zinsen zu bedienen, von einer Tilgung der Verbindlichkeiten mal ganz abgesehen. Die Euroländer verfügen aber nicht über den Luxus der US-Notenbank Federal Reserve, der Bank of Japan der Bank of England oder der Europäischen Zentralbank, ihre Geld- und Kreditmenge nach Belieben einfach ausweiten zu können. Die Euroländer stecken also in der Falle.
Das bedeutet auch, dass Griechenland in der Falle steckt, und der einzige Ausweg, der den Griechen noch bleibt, besteht in der Ausrufung der vollständigen Zahlungsunfähigkeit und dem Ausscheiden aus der Eurozone. Die Halter griechischer Staatsanleihen bekommen kein Geld, was heißt, dass die Derivate-Emittenten den Geldgebern eigentlich ihre Versicherungen ausbezahlen müssten. Ein derartiges Ereignis könnte Chaos zur Folge haben. Entweder wird die US-Notenbank das Problem dann mit Geld bewerfen, oder das System bricht zusammen.
Standard & Poor´s hat das Kreditrating von Griechenland auf „Selective Default“ abgesenkt, da das Land bei der Schuldenrestrukturierung mit massiven Problemen zu kämpfen hat. Sollten sich nicht genügend private Anleihehalter finden, die dem Anleihetausch zustimmen, würde dies die Zahlungsunfähigkeit bedeuten. Unterdessen hat die Europäische Zentralbank bereits erklärt, dass sie griechische Staatsanleihen nicht mehr länger als Kreditsicherheit für ihre Finanzierungsoperationen akzeptieren wird.
Deutschland ist immer noch zurückhaltend, was die Aufstockung des Euro-Rettungsschirms anbelangt. Im Verlauf dieses Monats werden wir ja erfahren, ob sie bei dieser Meinung bleiben.
Überdies sind einige sehr besorgt darüber, dass die Banken durch die langfristige Refinanzierungsoperation der EZB (LTRO) abhängig gemacht werden. Es wird davon ausgegangen, dass die Banken auf immer und ewig auf derartige Liquiditätsspritzen angewiesen sein werden, und die Chancen darauf stehen nicht schlecht.
Für das im Niedergang befindliche System hat man bisher noch keine Lösung gefunden. Sie haben das Spiel wieder einmal ein wenig länger am Leben gehalten, und das können sie genau solange tun, bis die einsetzende Hyperinflation ihnen einen Riegel vorschiebt.
Die europäischen Banken sind am Ende. Keine Bank traut der anderen, weshalb sie sich untereinander immer noch kein Geld leihen. Darüber hinaus bauen die Banken gerade Fremdkapital ab und auch die erhoffte Kreditvergabe durch die Banken nimmt nur sehr langsam an Fahrt auf.
Für die italienische und spanische Regierung sind die Kreditkosten gefallen, aber das könnte durchaus nur eine vorübergehende Verbesserung sein. Wenn die Banken den Unternehmen keine Kredite zur Verfügung stellen, besteht auch keinerlei Aussicht auf eine Wirtschaftserholung – die Abwärtsspirale würde sich also weiter fortsetzen.
Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat diese Woche erklärt, dass das parlamentarische EFSF-Sondergremium, das damit mandatiert wurde, Notfallmaßnahmen im Rahmen der Euro-Rettung freizugeben, in weiten Teilen verfassungswidrig ist. Nur im Falle des Ankaufs von Staatsanleihen durch die EFSF am Sekundärmarkt sei das Gremium zulässig, so die Verfassungsrichter.
Aufgrund ausbleibender Kredite an Unternehmen und andere Finanzinstitutionen stieg die Kreditvergabe in der Eurozone im Jahresvergleich gerade mal um 0,7%. Gegenüber dem Vormonat ging die Kreditvergabe sogar um 1,1% zurück.
Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass die Situation in der Europäischen Union mittlerweile eine enorme Komplexität erreicht hat und völlig verwirrend ist.
Deutschland behauptet zum gegenwärtigen Zeitpunkt immer noch, dass weitere Gelder für den EFSF- bzw. ESM-Rettungsschirm nicht in Frage kämen, während die anderen 16 Euroländer so tun, als hätte Deutschland seine Zustimmung bereits gegeben, was offiziell bisher aber noch nicht der Fall ist.
Es geht hier um zusätzliche Gelder in Höhe von USD 670 Milliarden. Zu Beginn würden der EFSF- und der ESM-Rettungsschirm noch parallel zueinander laufen und mit Geldern in Gesamthöhe von USD 1 Billion arbeiten. Deutschland sagt zu all den Erhöhungen aktuell noch nein, während die anderen 16 Euroländer verlangen, dass der Rettungsfonds weiter aufgestockt wird.
Mario Draghi – der Kreditgeber mit den unbegrenzten Geldmengen – hat die Anleihekrise vorerst stoppen können. Diese Schlacht hat er gewonnen, der Krieg zur Rettung des weltweiten Finanzsystems ist aber nicht zu gewinnen.
Wir erwähnten ja bereits, dass die Zinsen für die kurz- wie auch langlaufenden Staatsanleihen der EU-Sorgenkinder erheblich gefallen sind, doch ist bisher keinerlei neues Vertrauen geschaffen worden. Diese Feststellung wird dadurch untermauert, dass die Händler für Ausfallversicherungen europäischer Staatsanleihen zurzeit 9-mal mehr zahlen müssen als bei US-Staatsanleihen. Die Einschätzung der Anleihekäufer im Hinblick auf die aktuelle und künftige Situation in der Eurozone ist also ungleich pessimistischer als die der Aktienkäufer.
Die zweite Tranche des LTRO-Programms der EZB lockte dieses Mal rund 800 Banken an. Im Dezember waren es noch 523 Banken. Die EZB wird den Banken zu den bereits in der ersten Runde bereitgestellten USD 655 Milliarden nun zusätzlich noch USD 712 Milliarden zukommen lassen. Wir kommen somit auf USD 1,367 Billionen. Dieses Mal nahmen aber auch kleinere Banken an dem LTRO-Programm teil, weshalb die Möglichkeit besteht, dass ein Teil der zweiten Tranche tatsächlich bei den Menschen und Unternehmen ankommen wird.
Im Grunde handelt es sich jedoch um Pleitebanken, die sich einreihten, um einen Dreijahreskredit zu einem Zinssatz von 1% zu bekommen, der von ihnen mit Giftmüllpapieren besichert wird. Ferner sind Kreditkonditionen natürlich zu verlockend, um sie abzulehnen, ganz egal, ob man die Gelder nun braucht oder nicht.
Und als sei das Ganze nicht bereits umfänglich genug, werden die 17 nationalen Zentralbanken der Eurozone künftig auch Kreditforderungen als Sicherheit akzeptieren, wodurch sich der Gesamtpool an Kreditsicherheiten um weitere EUR 200 Milliarden (USD 266 Milliarden) erhöht. Dank dieser Veränderungen ist die Bilanz der EZB bereits um EUR 274 Milliarden auf ein neues Allzeithoch von USD 3,65 Billionen aufgebläht worden …
Die Emittenten der Kreditausfallversicherungen (CDSs) setzen all dem aber noch die Krone auf. Die International Swaps and Derivative Association erklärte, dass die griechischen Kreditausfallversicherungen nicht schlagend werden. Während die EZB von den Verlusten bei den griechischen Staatsanleihen, die man den Privathaltern dieser Schulden aufzwingt, ausgenommen ist, werden USD 3,25 Milliarden an ausstehenden CDS-Derivaten einfach nicht ausgezahlt.
Diese Typen wollen niemanden auch nur irgendetwas auszahlen. Die entsprechende Erklärung erfolgte am Donnerstag und wurde direkt vor den Anleiheverhandlungen der Griechen mit den Hedge Fonds und anderen Parteien veröffentlicht. Das stellt einen weiteren Vertrauensverlust dar, da sich die Käufer von CDS-Derivaten nun absolut sicher sein können, dass auch ihre Versicherungen komplett wertlos sind.
Was die meisten Leute nicht begreifen, ist, dass in Europa zurzeit eine Vielzahl widersprüchlicher Entwicklungen beobachtet werden kann, speziell was die Inflation anbelangt. Die Verwerfungen fallen in den einzelnen Ländern völlig unterschiedlich aus. Beispielswiese ist die Inflation in Deutschland relativ gering, wenn man sie mit Frankreich vergleicht, wo sie ein echtes Problem darstellt. In Deutschland zahlt man in einem Restaurant 25% weniger, bekommt dafür aber bessere Qualität und sogar mehr auf den Teller. Das bedeutet, dass Deutschland entweder inflationieren oder Frankreich deflationieren müsste.
Italien, Spanien und die restlichen Länder der Eurozone haben im großen Ganzen ebenfalls mit der Inflation zu kämpfen. Die europäische Schuldenkrise hat noch einen weiten Weg vor sich – und die Inflation allein wird bereits sicherstellen, dass der Niedergang der europäischen Wirtschaft weiter anhalten wird.
Bei unseren Recherchen zur europäischen Schuldenkrise finden wir besonders interessant, dass nur in den allerseltensten Fällen der Sozialismus als Ursache genannt wird. Griechenland ist das Paradebeispiel dafür, wie der Sozialismus die Ökonomien der Länder untergräbt, indem ein den Bewohnern der Länder überhaupt nicht zustehender Lebensstandard mithilfe von Krediten finanziert wird.
Auf diese Art trägt der Sozialismus dafür Sorge, dass die Länder einen Schuldenberg anhäufen, der nicht zurückgezahlt werden kann, und die Hälfte aller Arbeitnehmer vom Staat bezahlt werden. Diese Politik, die sich in Großbritannien, der Europäischen Union und den USA beobachten lässt, hemmt die Investitionen und die Kreativität, was den Sturz der Wirtschaften nur noch mehr beschleunigt. Das ist die Situation, in der sich Europa heute wiederfindet – und solange sich daran nichts ändert, wird überhaupt nichts besser …
Im April finden die französischen Präsidentschaftswahlen statt, und die Umfrageergebnisse zeigen, dass Francois Hollande, ein extremer Sozialist, seinen Vorsprung gegenüber Sarkozy weiter ausbaut. Und obwohl Sarkozy als Präsident wirklich grauenhaft gewesen ist, dürfte die Regierung unter Hollande noch ein ganzes Stück schlimmer werden.
Ungeachtet der Tatsache, dass der europäische Finanzsektor und die europäischen Regierungen gerade erst durch die US-Notenbank gerettet worden sind, wird es bei den Entscheidungen rund um Frankreich und den Euro auch künftig in erster Linie nur um Politik gehen.
Wenn Hollande die Wahlen gewinnt, dürfte er seine kommunistischen Tendenzen voll ausleben und hunderttausende neuer Stellen im Staatssektor schaffen. Er plant, mithilfe von Steuererhöhungen rund USD 30 Milliarden mehr auszugeben. Überdies verlangt er, dass der EU-Fiskalpakt verändert wird. Vielleicht will er am Ende ja sogar aus dem Euro und der EU. Das würde Deutschland eine Möglichkeit eröffnen, ebenfalls den Euro wie auch die EU hinter sich zu lassen.
So oder so würde Hollande Europa erst einmal zum Stillstand bringen, da er versuchen würde, einen radikalen Richtungswechsel herbeizuführen. Marine Le Pen vom Front National dürfte ihn bezüglich des Euro-Ausstiegs sicherlich unterstützen.
Der EU-Kommission ist es bisher noch nicht gelungen, einen europäischen Griechenland-Kommissar zu implementieren, der sicherstellt, dass Griechenland die durch das Rettungspaket vorgeschriebenen Austeritäts- und Reformmaßnahmen auch umsetzt. Zumindest wurden bereits die Einsparmaßnahmen im griechischen Gesundheitswesen beschlossen, was dazu führen wird, dass zahlreiche Griechen unnötigerweise sterben werden.
Unterdessen hämmert Irland bei der EU an die Tür, aber da scheint niemand zu hören. Irland will seine Verbindlichkeiten in Höhe von USD 41 Milliarden nachverhandeln. Die Schulden sind das Ergebnis der Rettung der Anglo Irish Bank, die sich im Besitz adeliger europäischer Illuministen befindet.
Der EZB-Chef Dragi wirft zur selben Zeit wild mit Geld um sich und lügt, was das Zeug hält. Die Risiken, die die EZB bisher eingegangen ist, sind einfach nur unverschämt und nehmen stetig weiter zu, genauso wie dies auch der US-Notenbank der Fall ist. Was die Europäer verstört, ist, dass er ihnen ins Gesicht lügt, obwohl alle genau wissen, was er für ein Spiel treibt. Draghi erhält seine Befehle von der City of London und Wall Street. Politisch hat sich in Europa also nur wenig geändert – die Herren und Meister haben das Sagen, und jeder reagiert dementsprechend und spielt brav seine Rolle.