The Gold Report, 02.03.2012
Interview mit Marc Faber in Auszügen

The Gold Report: Sie haben ja darüber gesprochen, dass die Investoren aus den europäischen Märkten in Richtung des „sicheren Hafens“ USA gehen würden. Werden US-Staatsanleihen angesichts der europäischen Downgrades auch in Zukunft so niedrig rentieren?

Marc Faber: Für eine gewisse Zeit ja, aber irgendwann werden die Leute aufwachen und begreifen, dass die USA mithilfe einer Währungsentwertung, also durch Gelddrucken, die Zahlungsunfähigkeit erklären. Die USA werden meines Erachtens nicht damit aufhören, Zinsen zu zahlen, aber sie werden immer mehr Geld drucken, was die Währung schwächt und bei den Verbraucher-, Vermögens- und Rohstoffpreisen für eine höhere Inflation sorgt. Die Währungsentwertung wird bei den Investoren, die in US-Staatsanleihen investiert sind, also mit Verlusten einhergehen.

TGR: Sie hatten ja darauf hingewiesen, dass die Menschen aufgrund der Währungsentwertung dazu gezwungen werden, sich Spekulationen hinzugeben, was an den Märkten für Volatilität sorgt. Genau das scheint sich zurzeit abzuspielen, aber offenkundig halten die Investoren immer noch einen bedeutenden Teil ihrer Gelder zurück. Wenn diese Gelder in die Märkte gelangen, würde dies für noch mehr Volatilität sorgen, oder würde Sie sagen, dass das Investmentkapital weiter an der Seitenlinie geparkt wird und die Spekulationsgelder bereits im Markt sind?

MF: Ich glaube, dass zurzeit eine Menge Geld außerhalb der Märkte geparkt wird. Und das wird auch dort bleiben, da es die Leute, die dem System nicht mehr trauen, ganz einfach dort halten werden. Einiges davon wird investiert werden, aber das müssen nun nicht unbedingt Aktien sein. Die Gelder könnten auch in andere Vermögensklassen fließen, vielleicht in Hartwährungen wie Gold und Silber, oder Immobilien, die in den USA zurzeit relativ preiswert sind.

Und was die Volatilität anbelangt, die ist vergangenes Jahr ja massiv angestiegen, ging innerhalb der letzten drei Monate dann aber wieder zurück. Ich gehe davon aus, dass wir es in den nächsten paar Jahren in allen Vermögensklassen mit einer immer höheren Volatilität zu tun haben werden. In einem von negativen Realzinsen geprägten Umfeld kommt es zu Geldverschiebungen. Die Gelder könnten in immer weniger einzelne Aktientitel gehen, oder in immer weniger einzelne Vermögenswerte, die dadurch dann im Preis durch die Decke schießen könnten.

TGR: Bei welchen Vermögenswerten würden Sie mit derartigen spekulativen Aufwärtsschüben rechnen?

MF: Vor zwölf Jahren hatten wir eine NASDAQ-Blase, die Eigenheimblase ist vielleicht fünf Jahre her, und ich würde sagen, dass wir 2007, 2008 auch eine Rohstoffblase hatten, als der Ölpreis auf USD 147 pro Barrel kletterte. Was kommt als nächstes? Da bin ich mir nicht so sicher. Ich könnte mir vorstellen, dass einige Aktientitel und wohlmöglich einige Edelmetalle die Phase der Blasenbildung erreichen werden – aber nicht notwendigerweise der Gesamtmarkt …

TGR: Vor ein paar Wochen erklärte James Turk gegenüber dem Gold Report, dass das Goldpreistief des Jahres 2012 seines Erachtens bereits Anfang Januar erzielt worden sei. Warum gehen Sie davon aus, dass es beim Goldpreis weitere Rücksetzer geben wird?

MF: Die große Rally, die bis zum 06.09.2011 anhielt, sorgte dafür, dass der Goldpreis auf USD 1.922 pro Unze schoss. Danach sank der Preis wieder bis Jahresende und kratzte am 29.12.2011 die Marke von USD 1.522 pro Unze. Der Goldpreis ist daraufhin erneut gestiegen und liegt jetzt wieder bei über USD 1.700 pro Unze – aber ich gehe nicht davon aus, dass die Korrektur bereits komplett vorbei ist. Korrekturen in Höhe von 40% sind in einem Bullenmarkt überhaupt nichts Außergewöhnliches.

Als Berater ist es stets meine Pflicht, die Menschen über Investmentrisiken aufzuklären. Ich sage hier ja nicht, dass ich von einem Zusammenbruch des Goldpreises ausgehe, aber wenn man den Menschen sagt, dass der Goldpreis steigen wird, führt das dazu, dass sie Fremdkapital einsetzen und zu spekulieren beginnen. Und wenn der Goldpreis dann um USD 50 pro Unze fällt, hat es sie bereits aus dem Markt gefegt.

Alles, was ich sage, ist, dass die Goldpreiskorrektur meines Erachtens noch nicht ganz vorbei ist. Bei ungefähr USD 1.500 pro Unze sehe ich eine sehr wichtige Stützungslinie, der Goldpreis könnte aber auch stärker fallen. Das ist von der weltweiten Liquidität und der Gelddruckerei der Zentralbanken abhängig. Sollte es zu einer Verknappung der weltweiten Liquidität kommen oder die Gelddruckmaßnahmen ausgesetzt werden, könnten wir eine große Korrektur sehen.

TGR: An welches Zeitfenster denken Sie im Hinblick auf diese Korrektur?

MF: Es könnte sein, dass der Goldpreis die Marke von USD 1.922 pro Unze, die wir am 06.09.2011 erreicht haben, dieses Jahr nicht übersteigen wird. Vielleicht wird er sie aber doch übersteigen – ich bin kein Prophet. Ich sage den Leuten einfach nur, dass ich Gold kaufe und halte. Ich spekuliere aber nicht mit Gold. Wenn man Gold kauft, sollte man sich besser im Klaren darüber sein, dass der Preis auch fallen kann. Wer das nicht begreift, sollte nicht in Gold investieren, oder überhaupt in irgendwas investieren.

TGR: In den Investment-Sendungen sprechen die Kommentatoren immer wieder davon, dass sich Gold in einer dieser Manie-Blasen befände, da der Goldpreis bereits die letzten zwölf oder dreizehn Jahre gestiegen sei. Stimmen Sie dem zu?

MF: Nein, Gold befindet sich in keiner Blase. Im Jahre 1973 war es auch keine Blase und trotzdem gab es damals eine Goldpreiskorrektur von 40%. Ich glaube nicht, dass sich Gold auch nur im Ansatz in der Nähe einer Blasen-Phase befindet. Eine Blasen-Phase bedeutet, dass die Mehrheit der Marktteilnehmer in einem Marktsegment involviert ist. Zwischen 1979 und 1980, ja da habe ich eine Goldblase gesehen, damals, als die ganze Welt 24 Stunden am Tag mit Gold gehandelt hat.

TGR: Aber seitdem nicht mehr?

MF: Nein, wäre man 1989 auf eine Investmentkonferenz gegangen, hätten einem dort 90% der Leute erklärt, dass sie Aktien japanischer Unternehmen halten. Im Jahre 2000 hätten 90% von ihnen gesagt, dass sie NASDAQ-Aktien besitzen. Aber heutzutage würden gerade einmal 5% aller Teilnehmer einer Investmentkonferenz erklären, dass sie Gold besitzen. Weltweit besitzen nur sehr wenige Leute Gold.

Ich glaube nicht, dass wir uns bei Gold in einer Blase befinden.

TGR: Sollten die Leute, die bisher noch nicht in Gold investiert sind oder planen, ihre Goldposition auszubauen, nicht auf eine weitere Korrektur warten?

MF: Ich habe die letzten zwölf Jahre gesagt, dass die Investoren jeden Monat einen kleinen Teil physisches Gold kaufen und es beiseite legen sollen, ohne dabei Gedanken an irgendwelche Korrekturen zu verschwenden. Wenn ich überhaupt kein Gold besäße, würde ich sofort etwas kaufen, dabei aber immer im Hinterkopf behalten, dass der Goldpreis auch fallen könnte.

In den vergangenen 40 Jahren habe ich während meiner Geschäftstätigkeit fortwährend erlebt, dass die Leute Geld verlieren, wenn sie zu viel Geld in etwas hineinstecken, das dann an Wert verliert. Sie reagieren dann auf einmal völlig panisch und verkaufen, oder sie haben Nachschusspflichten, müssen verkaufen und verlieren Geld. Ich besitze Gold. Es ist die größte Vermögensposition meines Lebens. Die Möglichkeit, dass der Goldpreis auch fallen könnte, stört mich überhaupt nicht. Jeder Bullenmarkt macht Korrekturen durch.

TGR: Wie ist Ihre Meinung dazu, dass man auch Silber als alternatives Edelmetall halten kann?

MF: Gold und Silber bewegen sich in ein und dieselbe Richtung, sie steigen gemeinsam und fallen gemeinsam. Manchmal ist Silber im Vergleich zu Gold stärker, und manchmal ist Gold gegenüber Silber stärker. Mein Freund Eric Sprott geht davon aus, dass Silber im Preis durch die Decke schießen wird. Ich hab keine Ahnung. Ich besitze Gold …

TGR: Auf der der World Money Show, die vom 27. bis 29. März in Vancouver stattfindet, werden Sie einen Vortrag halten. So wie wir es verstanden haben, werden Sie in Ihrem Vortrag mit dem Titel „Die Ursachen und Investmentimplikationen unehrlichen Geldes“ über die unbeabsichtigten Folgen großer fiskalischer Defizite und einer expansiven Geldpolitik sprechen. Könnten Sie bitte ein paar Dinge herausstreichen, über die Sie dort sprechen möchten?

MF: Im Grunde werde ich versuchen darzulegen, dass die Regierungsinterventionen nicht zu einer Abmilderung der Wirtschaftszyklen geführt haben, sondern sie stattdessen noch mehr wirtschaftliche und finanzielle Volatilität schufen und diese Interventionen sehr negative Folgen zeitigten, speziell für die USA. Diese Maßnahmen, also einige der fiskalischen und geldpolitischen Maßnahmen, über die wir eingangs bereits sprachen, basieren auf wirtschaftlichen Trugschlüssen.

TGR: Was glauben Sie, was die Leute von Ihrer Präsentation mitnehmen werden?

MF: Dass in diesem Umfeld der Gelddruckerei Bargeld und Staatsanleihen nicht sehr sicher sind und man sich durch verschiedene Vermögensklassen hindurch navigieren muss. Unter normalen Umständen, sind Bargeld und Staatsanleihen im Grunde ja die sichersten Investments – es sind zwar nicht die Investments mit den höchsten Renditen, aber die sichersten. Heute ist das nicht mehr der Fall.

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