Die Zentralbankmafia und ihre Lakaien haben mit der griechischen Schuldenregelung ein niederträchtiges Schaustück vollbracht, das gewöhnlich revolutionären Tyranneien vorbehalten bleibt. Die Sowjets hätten das auch nicht besser hinbekommen. Das Vertrauen in Staatsanleihen westlicher Industrieländer dürfte still und leise vernichtet worden sein. Die westlichen Regierungen werden künftig wohl massive Finanzierungsprobleme bekommen und die Zentralbanken zu Marktmachern mutieren

John Browne, Euro Pacific Capital, 13.03.2012

Dank der massiven Unterstützung seiner großen Bündnispartner in der Eurozone gelang es Griechenland letzte Woche, 85,8% aller privaten Halter von griechischen Staatsanleihen einen „freiwilligen“ Umtausch griechischer Schulden in Höhe von EUR 206 Milliarden aufzuzwingen. Die alten Staatsanleihen wurden in neue Papiere mit längeren Laufzeiten, niedrigeren Zinssätzen und einem Nominalwert von 53,5% der alten Anleihen eingetauscht.

Das, was euphemistisch „Haircut“ genannt wird, in Wirklichkeit aber eher als „Skalpieren“ bezeichnet werden sollte, ist für all jene Anleihekäufer besonders schmerzlich, die zuvor von ihren eigenen Regierungen zum Kauf dieser Papiere genötigt wurden, in der Hoffnung, in der Region auf diese Art finanzielle Stabilität erreichen zu können.

Es handelt sich um einen monströsen Akt politischen Opportunismus, mit dem man zwar die kurzfristigen Finanzierungsprobleme gelöst – Griechenland muss am 20.03.2012 USD 19 Milliarden an Anleiheschulden tilgen – und auch ein weiteres USD 170 Milliarden schweres Rettungspaket gesichert haben dürfte, aber es ist immer noch viel zu früh, um eine Aussage darüber zu treffen, ob diese Maßnahmen mehr sind als nur ein kurzfristiger Problemaufschub.

Die unmittelbaren Lehren, die sich aus dem Ganzen ziehen lassen, sind hingegen viel leichter zu erfassen. Am deutlichsten sticht dabei heraus, dass nun für alle völlig offenkundig geworden ist, mit welcher Geringschätzung die privaten Halter von Staatsschulden in der neuen Ära der Staatsrettungen behandelt werden.

Ein besonders niederträchtiger Aspekt der griechischen Schuldenregelung ist die Verkündung der Europäischen Zentralbank, dass sie sich selbst gegenüber anderen Geldgebern als „bevorrechtigten“ Gläubiger erachtet – und dann auch noch in der Lage war, eine Beschneidung ihrer Hauptforderungen gegenüber Griechenland zu verhindern.

Diese einseitige Maßnahme dürfte die traditionellen privaten Anleihekäufer auf der ganzen Welt wachrütteln und schockieren. In der Vergangenheit war es stets so, dass derart drakonische und politisch eigennützige Maßnahmen revolutionären Tyranneien vorbehalten blieben, aber ganz bestimmt nicht im Repertoire seriöser kontinentaleuropäischer Banker vermutet werden konnten.

Nicht minder beunruhigend war die hinterlistige Art, wie die griechische Regierung die Zwangsklauseln zum Einsatz brachte, um die Anleihehalter unter Druck zu setzen, den neuen „freiwilligen“ Anleihetausch zu akzeptieren. Durch die Aktivierung dieser Klauseln haben selbst all jene, die sich ausdrücklich gegen einen Anleihetausch aussprachen, rückwirkend ihr Einverständnis erklärt. Auf diese Art bekam man dann auch über 90% aller Anleihehalter an Bord. Die Sowjets hätten das auch nicht besser hinbekommen.

Und in der allerletzten Minute dieses schmutzigen Deals wurde das Ganze von der International Swaps and Derivatives Association (ISDA) dann auch noch als „Kreditereignis“ deklariert, wodurch die sogenannten Kreditausfallversicherungen (CDSs) schlagend wurden. Das Interessante daran ist, dass die Investoren von diesen moderaten Kompensationen erst erfuhren, nachdem die griechische Schuldenregelung bereits abgeschlossen war. Dieses verzögerte Handeln der ISDA könnte den Verdacht anfachen, dass die Entscheidung absichtsvoll so getimt war, um den Druck auf die Anleihehalter zu erhöhen, das Tauschangebot der Griechen zu akzeptieren.

Diese drei offiziellen Maßnahmen dürften das Vertrauen in aller Stille aushöhlen und bei dem Glauben, Staatsanleihen seien eine risikolose Vermögensklasse, einen umfassenden langfristigen Schaden zur Folge haben. In einer durch Rezession und steigende Regierungsausgaben geprägten Zeit könnte dies der Vorbote für künftige Finanzierungsprobleme der weniger kreditwürdigen Länder sein. Und es könnte dazu führen, dass einige Investoren selbst vor den Staatsschulden mit den besten Bonitätsnoten zurückschrecken werden, wodurch die Zentralbanker immer stärker zu den beherrschenden Marktmachern würden.

Da die Lektionen der Ära, die Bretton-Woods folgte, bereits vergessen wurden, sind viele institutionelle Investoren tatsächlich dem Irrglauben aufgesessen, dass Regierungen politisch wichtiger Industrieländer heutzutage überhaupt nicht mehr Pleite gehen können. Diese Auffassung hat es einer Vielzahl von Ländern ermöglicht, massiv Geld aufzunehmen – und das obwohl sie dabei versagten, ihre fiskalischen Ungleichgewichte anzugehen und unter Kontrolle zu bringen. Die griechische Staatspleite dürfte diesen Glauben nun zunichte gemacht haben.

Im Kern zielte die griechische Schuldenreglung einzig darauf ab, den finanziellen Status Quo aufrechtzuhalten. Schaut man sich die größten Verlierer an, bleibt festzuhalten, dass es die griechischen Bürger sogar noch schwerer getroffen hat als die privaten Anleihehalter. Die Griechen sind jetzt dazu gezwungen, die ihnen von außen auferlegte Bürde lähmender Austeritätsmaßnahmen zu ertragen.

Für den Normalbürger in Griechenland wäre es bei Weitem besser gewesen, hätte man der griechischen Regierung erlaubt, die Zahlungsunfähigkeit auf die altmodische Art zu erklären. Bei dieser Methode hätten alle Kreditgeber, ob nun private oder staatliche, die Rechnung für ihre irrsinnigen Kreditvergaben vorgesetzt bekommen und die Verluste vollumfänglich tragen müssen. Hätte man das getan, bestünde in dem neu verarmten Griechenland wenigstens die Aussicht auf einen Neuanfang.

Die Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland liegt aktuell bei rund 51%. Sollte sich die wirtschaftliche Situation in Griechenland nicht rasch und entscheidend ändern, dürfte das Land nicht in der Lage sein, seine Schulden zurückzuzahlen – selbst wenn diese massiv reduziert werden. In der Zwischenzeit wird das griechische Volk einem unausweichlichen Elend anheimgestellt.

Aber das muss überhaupt nicht so sein. Vor einigen Jahren hat Island die Austeritäts-Vorschläge des Internationalen Währungsfonds einem Referendum unterzogen. Das Volk entschied sich stattdessen jedoch für die Staatspleite. Und heute sieht es ganz danach aus, als befände sich Island wieder auf dem Weg der wirtschaftlichen Erholung. Im Februar dieses Jahres hob die Kreditratingagentur Standard & Poor´s die Bonität von Island wieder an und veranschaulichte damit, was in freien Märkten alles möglich ist, wenn sie ihrer Funktionalität nicht beraubt werden. Griechenland dürfte hingegen ein Beispiel für die Gefahren sein, die planwirtschaftlichen Maßnahmen innewohnen.

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