Bob Chapman, The International Forecaster, 14.03.2012

Es ist erst vorbei, wenn es wirklich vorbei ist. Natürlich meinen wir Europa und seine Version von George Orwells Dystopie. Wir finden es schon bemerkenswert, dass die europäischen Banker, Politiker und Bürokraten mit ihren Machenschaften ohne Weiteres durchkommen.

Den Investoren wurde bei der Restrukturierung der griechischen Schulden ein Schuldenschnitt aufgezwungen, während die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds hiervon ausgenommen sind. Ja wie das? Der Grund dafür ist, dass einige gleicher sind als andere. Es steht außer Frage, dass die jüngste Schuldenregelung für das europäische und das weltweite Finanzsystem bedeutende Folgen haben wird.

Zu einem teilweisen Zahlungsausfall Griechenlands kam es nur, weil die Derivate-Emittenten, namentlich das Entscheidungsgremium der International Swaps and Derivatives Association (ISDA), einen solchen Zahlungsausfall verkündet haben, da ihr gesamtes Derivate-Geschäft ansonsten zusammengebrochen wäre. Wer würde schon mit einem Versicherer oder einem Buchmacher Geschäfte machen, der nicht zahlt und fortwährend willkürlich die Regeln ändert? Selbstverständlich spielen sich derlei Machenschaften außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung ab, da 99% der Menschen nicht die geringste Ahnung davon haben, was Derivate überhaupt sind.

Griechenland befindet sich jetzt auf direktem Wege in die die nächste Krise, sei es nun über Austerität, Demonstrationen oder einen Militärputsch. Aller Vorausschau nach kommen als nächstes Irland, Portugal, Belgien, Spanien und Italien an die Reihe.

Überdies dürfte interessant sein, zu beobachten, ob die Griechen ihre Ersparnisse wieder zu den Banken zurückbringen. Das dürfte wahrscheinlich ausblieben und man wird daher massive Schwierigkeiten dabei haben, irgendeine Art von wirtschaftlicher Erholung einzuleiten. Während der ganzen Griechenland-Krise hat man das griechische Volk nicht auf der Rechnung gehabt.

Wir erwähnten bereits in unserer letzten Ausgabe, dass die politischen Führer der Eurozone drei Jahre lang versucht haben, die augenblickliche Situation zu verhindern, sie aber offenkundig die Schwere der Probleme Griechenlands und der anderen Länder unterschätzten.

Wir sind gespannt, wie die ISDA-Mitglieder mit den Derivate-Zahlungen, die sich vorgeblich auf rund USD 3 Milliarden belaufen, umgehen werden, bzw. ob wir diesbezüglich überhaupt eingeweiht werden.

Welche Lösung die Europäer auch immer vor Augen hatten, sie kann mit Sicherheit als Reinfall bezeichnet werden. Es ging fast ausschließlich um Politik und kaum um lösungsorientierte Handlungsansätze.

Ja, die Finanzkernschmelze wurde verhindert, die Bereinigung des Systems wurde damit vielleicht sechs bis zwölf Monate in die Zukunft verlagert. Mit Sicherheit war es ein Phyrrhussieg, da die bereitgestellten Gelder völlig unzureichend sind …

Die solventen Länder haben die Rettungspakete auf Kosten ihrer Steuerzahler bereitgestellt und müssen auch noch offenlegen, mit welchem Risiko der Bürger nun eigentlich an den Rettungen beteiligt ist. Sind diese Typen wirklich so dumm, zu glauben, dass man mit Austerität, niedrigeren Gehältern und höheren Steuern wirtschaftliches Wohlergehen herbeizaubern könnte?

Die ganze Szenerie erscheint einem surreal und unrealistisch. Wir fragen uns, was die europäische Wählerschaft davon hält, dass die EZB und der IWF von den Verlusten Griechenlands und anderweitigen Verlusten verschont bleiben. Der Wähler muss doch glauben, dass er mittlerweile in Lalaland lebt.

Mit der griechischen Schuldenregelung wird Recht und Gesetz mit Füßen getreten und Sie können sich sicher sein, dass jetzt jahrelange Gerichtsprozesse folgen werden. Warum sollten Investoren unter solchen Umständen überhaupt noch investieren? Die Regeln sind offenkundig immer genau die, die von den Herrschenden gerade als opportun erachtet werden.

Sind die anderen Länder auch bereit, denselben Weg einzuschlagen? Jedes Versprechen der Banker, Politiker und Bürokraten wurde gebrochen. Am Ende lagen die Verluste der Halter griechischer Staatsanleihen bei rund 70%. Normalerweise hätten alle Parteien 100% der Verluste realisieren müssen – das Entscheidende ist aber, dass jeder absichtsvoll angelogen wurde.

Griechenland ist kein Einzelfall und die Finanzmärkte sind sich im Klaren darüber. Wir fragen uns, wie die EZB eigentlich ihre USD 290 Milliarden an Giftmüll-Anleihen wieder loswerden will. Wer soll dumm genug sein, diesen Dreck zu kaufen?

Nehmen wir Portugal. Das portugiesische Bruttosozialprodukt könnte in 2012 um über 5% fallen. Das Schulden/BSP-Verhältnis würde dadurch im Fiskaljahr 2013 auf 118% ansteigen. Das wäre schlimmer als bei den Griechen. Wir sollten uns in diesem Zusammenhang auch die wenig bekannte Tatsache vor Augen halten, dass die portugiesische Regierung das Haushaltsdefizit in 2011 frisierte, indem sie sich einfach an den staatlichen Rentenkassen bediente und diese um 3,5% des BSP erleichterte.

Diese Entwicklung sollte von den Bürgern aller Länder aufmerksam mitverfolgt werden. Diese Art von Diebstahl und Plünderei ist der übliche Modus Operandi der Banker und Politiker. Sie werden auch Ihre Rentengelder stehlen, bereiten Sie sich darauf vor! Das ist auch der Grund, warum wir allen US-Bürgern empfohlen haben, ihre Pensionsfonds aufzulösen.

In fünf Monaten wird der Internationale Währungsfonds darüber befinden, ob Portugal weitere Gelder benötigt. Natürlich werden sie weitere Gelder benötigen! Portugal ist überhaupt nicht in der Lage, am freien Markt Kredite zu akzeptablen Zinssätzen aufzunehmen, also muss der IWF in Zusammenarbeit mit dem Euro-Rettungsschirm einspringen.

Und wie passt das Ganze nun mit Spanien und Italien zusammen? Nicht gut. Es bedeutet, dass die Anleihehalter dieser Länder nicht als Käufer sondern als Verkäufer auftreten werden, was dafür sorgen wird, dass sich die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds auf einmal in einer hoffnungslosen Situation wiederfinden werden. Die europäischen Schuldenprobleme werden noch Jahre anhalten.

Die Situation der einzelnen europäischen Zentralbanken ist ebenfalls katastrophal – sie schulden der Europäischen Zentralbank rund USD 650 Milliarden. Sollte Griechenland die Eurozone verlassen, würden die Griechen den solventen Euroländern weitere USD 125 Milliarden Schulden. Dieses Schuldenniveau wird in sechs bis zwölf Monaten noch viel höher ausfallen.

Wir gehen davon aus, dass Deutschland beim nächsten Rettungspaket nein sagen wird … Wir glauben, dass die Deutschen bereits vor einem Jahr vorhatten, die Verluste in Griechenland vollumfänglich abzuschreiben, die Banker aber nein sagten. Die Banker träumen immer noch von ihrer Weltregierung, und die ist wichtiger als das europäische Finanzsystem.

Und dann wird uns erklärt, dass der Mittelmeerraum ein riesiges Erdgaslager sei. Sollte dem tatsächlich so sein, könnte man auch an Griechenland festhalten, um sich so Zugang zu dem Gas zu verschaffen und die Abhängigkeit gegenüber Russland zu reduzieren. Wie dem auch sei, seit Anfang der 90er Jahre haben wir ein ums andere Mal darauf hingewiesen, dass die EU und die Eurozone zum Scheitern verdammt sind.

Angesichts der mickrigen Zuwendungen, die Griechenland bereit gestellt wurden, hat das Land keinerlei Chance, eine wirtschaftliche Erholung einzuleiten. Und dann steht ja noch die vorgebliche Auszahlung von rund USD 3 Milliarden an Kreditausfallversicherungen an, was die Schuldenkrise für die anderen Euroländer, die in derselben Misere stecken wie Griechenland, noch schwieriger macht.

Die Rekapitalisierung der griechischen Banken ist Angriff auf den gesunden Menschenverstand. Die griechischen Banken bräuchten das Doppelte der ihnen zugedachten Gelder, um ihre Eigenkapitalquote auch nur auf 9% zu hieven.

Die griechischen Pensionskassen werden ausgeweidet werden. Am Ende dürften sie noch 25% ihres ursprünglichen Werts besitzen. Wir rechnen damit, dass es Anfang Mai in Griechenland eine neue Koalitionsregierung geben wird, wodurch die Vereinbarungen zur Griechenlandrettung, auf die man sich ja gerade erst geeinigt hat, erneut in Frage gestellt werden.

Darüber hinaus werden den Griechen zu den bisherigen Austeritätsmaßnahmen noch weitere Haushaltseinsparungen in Höhe von 20% auferlegt. Diese Vereinbarung wurde von den Bankern ausgeheckt. Für die Griechen ist das die schlimmste aller Welten. Das Ganze wird der Europäischen Union die nächsten Jahre noch massive Probleme bescheren.

Vor ein paar Monaten wiesen wir darauf hin, dass sich die Kreditausfallversicherungen für griechische Staatsanleihen insgesamt auf rund USD 70 Milliarden brutto belaufen. Wenn wir diesen Betrag durch zwei Teilen, könnten sich die Verluste auf USD 30 Milliarden bis USD 35 Milliarden belaufen, und nicht auf die USD 3 Milliarden, die immer wieder aus Branchenkreisen zu hören sind. Das wirft die Frage auf, ob die Gegenparteien in der Lage sein werden, die Forderungen zu begleichen. Wir werden es früh genug herausfinden. Am Ende wird es ein paar Gewinner geben, doch welche Folgen wird es zeitigen?

Die Schuldenrestrukturierung der Griechen war für die Investoren auf keinen Fall freiwillig, sondern erfolgte vielmehr im Stile der spanischen Inquisition. So macht man jedenfalls keine Geschäfte. Auch sollte man die gesellschaftlichen Probleme und die Möglichkeit eines griechischen Militärputsches im Auge behalten. Bei der Eurokrise kommen überdies noch nationalistische Aspekte hinzu, die den Hass aufkochen lassen. Die nördlichen Euroländer mögen die Mittelmeerländer nicht.

Wir erwähnten ja bereits, dass Portugal bereits denselben Weg wie Griechenland eingeschlagen hat. In Portugal wird es weder zu Wirtschaftswachstum noch zu irgendwelchen Veränderungen kommen. Und genauso wie die anderen Europleiteländer werden auch Italien und Spanien gerettet werden müssen. Und dann haben wir ja noch das dunkle, schmutzige Geheimnis namens Frankreich, das den anderen Wackelkandidaten dicht auf den Fersen ist. Diese Probleme werden nicht einfach so verschwinden, sondern sehr, sehr lange Zeit anhalten.

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