Die weltweiten Finanzmärkte agieren heutzutage ebenso irrational, wie es auch im Rahmen früherer wahnhafter Spekulationsblasen der Fall war, nur mit dem Unterschied, dass es heute Computeralgorithmen sind, mit denen der Wahnsinn vollautomatisiert auf die Spitze getrieben wird. Anleger sollten ihre Portfolien vor diesem Irrsinn in Sicherheit bringen, solange die Computer die Gleichung „sinkender Euro = steigender Dollar = fallender Goldpreis“ noch für wahr halten

Michael J. Kosares, USAGold.com, 09.05.2012

Aktuell sind im Goldmarkt Kräfte am Werk, die der Intuition zuwiderlaufen. Europa bewegt sich immer mehr in Richtung seiner Auflösung – unstet, aber nichtsdestotrotz unvermeidlich. Die Intuition sagt uns ganz klar, dass Gold unter diesen Umständen eigentlich steigen müsste, schließlich geht es hier um die Anfangsphase des Zusammenbruchs einer der wichtigsten Währungen, wenn nicht gar der Wirtschaft.

Aber Gold steigt nicht, sondern fällt stattdessen. Da stellt sich schon die Frage, welcher Merkwürdigkeit wir diese Tatsache zu verdanken haben.

Der tobende Konflikt zwischen rationalen und irrationalen Kräften ist unstreitig zu einem Zeichen der Zeit geworden. Gegenwärtig delegieren wir unsere Denkprozesse im Investmentmarkt zunehmend an externe Computer und automatisierte Handelsprogramme, die über unbegrenzte Kapitalreserven verfügen, welche sie in jede Richtung werfen können, die ihnen von der algorithmischen Software gerade vorgegeben wird.

Wenn der Algorithmus sagt, dass Gold fällt, da der US-Dollar steigt, und der US-Dollar steigt, wenn der Euro fällt, so handelt es sich dabei um eine Realität, unter der wir alle zu leben haben, ganz egal, was uns unsere Intuition oder Intellekt auch sagen mögen.

Früher hieß es: „Gegen den Finanzticker kämpft man nicht an!“ Heute heißt es: „Gegen Algorithmen kämpft man nicht an!“ Die Markttransaktionen – in Papierform, nicht in physischer Form wohlgemerkt – erfolgen oftmals völlig ohne irgendwelche menschlichen Eingriffe, weshalb sich der Markt dann auch in genau die Richtung bewegt, die zuvor festgelegt wurde.

Das ist ein Zeichen unserer Zeit, und ein außerordentlich kurioses obendrein. Meines Erachtens werden wir gegenwärtig Zeugen der Tatsache, dass die heutige Zeit von einer wahnhaften Spekulationsblasen-Psychologie beherrscht wird. Sieht man von einigen unbedeutenden Aspekten ab, unterscheidet sich das heutige Denken kein bisschen vom Spekulationsblasen-Denken, das Holland während seiner Tulpen-Manie oder Frankreich während seines Südsee-Investment-Rauschs fest im Griff hatte. Hier kommt noch eine lange Liste weiterer Beispiele des Herdenwahnsinns hinzu, die von Charles MacKay in seinem berühmten Wälzer des Jahres 1841 aufgelistet wurden.

Der einzige Unterschied besteht darin, dass dieser Wahnsinn heute von Maschinen gesteuert wird. Es ist eine Art von programmiertem, Amok laufendem Wahnsinn, wobei der Eindruck entsteht, als würde der Prozess von niemandem verstanden werden, von der Möglichkeit, ihn zu stoppen, ganz zu schweigen.

Und während ich für den Euro und das europäische Experiment zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur wenig Hoffnung habe, sehe ich für Gold eine außerordentlich positive Zukunft – und zwar in Form des Auseinanderbrechens dieser schrägen, softwaregesteuerten Verbindung zwischen Gold und dem Euro.

Wenn dieser Zusammenbruch einsetzt, wird das für den Goldpreis einen Katapult-Effekt haben, während sich zur selben Zeit die Erkenntnis breit machen wird, dass der beste Schutz gegen den Euro nicht der US-Dollar, sondern Gold ist.

Warum Sie Ihr Portfolio vor den epidemischen Wahnvorstellungen schützen sollten

MacKay liefert mit seinem 1841 verfassten Werk „Extraordinary Popular Delusions and Madness of Crowds“ wahrscheinlich unabsichtlich eins der besseren Bücher zum Thema modernes Marktverhalten. Wie der Originalausgabe zu entnehmen ist, war es MacKay´s Anliegen:

„die bemerkenswertesten Vorfälle jener moralischen Epidemien zusammenzutragen, die die Menschen aus dem ein oder anderen Grund erregten, und zu zeigen, wie leicht sich die Massen in die Irre führen ließen und wie epigonenhaft und herdenartig die Menschen selbst bei ihren Vernarrtheiten und Verbrechen sind.“

Wie sich gezeigt hat, sind Wahnvorstellungen epidemisch und können sich innerhalb einer Bevölkerung genau so heimtückisch und unbeabsichtigt verbreiten wie die Asiatische Grippe. Daher müssen wir uns natürlich vor derartigen Seuchen schützen, wir müssen unsere Portfolien gegen den Wahnsinn der Masse (oder der Maschinen) impfen.

Ich bezweifele, dass sich MacKay hätte träumen lassen, dass sein Buch von Lesern des 21. Jahrhunderts als Blaupause herangezogen werden würde. Aber wahrscheinlich hätte es ihn auch nicht gewundert, dass der Sog derselben schwarzen Anziehungskraft, die dafür sorgte, dass die Menschen ihr Vermögen Tulpen in Holland oder Land in der Neuen Welt, das sie nie zu Gesicht bekommen würden, hinterherwarfen, auch im Zeitalter der Computer, Massenkommunikation und des praktisch unbegrenzten Zugangs zu Marktanalysen allgegenwärtig ist.

Heute, rund 170 Jahre nach seiner Buchveröffentlichung, haben wir es immer noch mit denselben dunklen und unerklärlichen Kräften, denselben Wahnvorstellungen und irrationalen Verhaltensweisen zu tun.

Bernard Baruch, ein extrem erfolgreicher Spekulant und Goldinvestor des 20. Jahrhunderts, feierte das Buch von MacKay als eines seiner Erfolgsgeheimnisse an Wall Street. Baruch sagte:

„Haben Sie schon einmal in einem Wald an einem windstillen sonnigen Tag einen Mückenschwarm beobachtet – tausende von ihnen – wie er anscheinend völlig emotionslos in den Sonnenstrahlen schwebt? … Ja? … Nun, haben Sie schon einmal gesehen, wie sich der ganze Schwarm – wobei jede Mücke anscheinend ihren Abstand zu all den anderen einhält – mit einem Male, na sagen wir um einen Meter, von der einen Seite zur anderen bewegt? Ja was könnte sie dazu getrieben haben? Ein Windstoß? Ich sagte ein windstiller Tag. Aber versuchen Sie sich einmal zu erinnern: Haben Sie gesehen, wie sich ein Mückenschwarm dann genauso einmütig direkt wieder zurückbewegt hat? Also, was könnte sie dazu getrieben haben? Große menschliche Massenbewegungen sind zu Beginn langsamer, aber dafür auch wesentlich effektiver.“

Das ist übrigens derselben Bernard Baruch, der kurz vor dem Aktienmarktcrash des Jahres 1929 einen erheblichen Teil seines Vermögens in Gold umwandelte. Als ihn der US-Finanzminister fragte, warum er das getan hatte, erklärte Baruch, dass er „anfing, an der Währung zu zweifeln.“

Während sich andere in den 20er Jahren noch voll auf die Aktienblase verließen, wies Baruchs Intuition ihn darauf hin, dass etwas nicht stimmen würde. Er widerstand den Verlockungen der Masse.

Doch was heißt das für uns? Für uns heißt das, dass, sollten wir damit beginnen, an diesem komischen Tango, der von Gold und dem Euro getanzt wird, zu zweifeln, es eine weise Entscheidung sein dürfte, sich von der Masse abzusetzen.

Der Wahnsinn der Maschinen und der sogenannte China-Put

„Extraordinary Popular Delusions“ ist komplex, gleichzeitig aber auch zeitlos im Hinblick auf die Lehren, die sich daraus ziehen lassen. Es ist eine Chronologie des Herdenverhaltens, des Wahns, des Rauschs, der List und Tücke und finanzieller Gewinne und Verluste. Man kann es wirklich nur empfehlen, speziell im Hinblick auf den aktuellen Goldmarkt.

Salomon lehrte uns, dass es nichts gibt, was nicht schon einmal da war. MacKay lehrte uns, dass eine wahnsinnig gewordene Menschenmasse eine Macht darstellt, mit der praktisch in fast allen Bereichen, auch dem unsrigen, gerechnet werden muss, und wie man sich der entsprechenden Anzeichen dafür gewahr werden kann. Und Baruch lehrte uns mit seinen persönlichen Investmententscheidungen, dass es bezüglich des Irrsinns und des unerklärlichen Verhaltens der Massen das Beste ist, in die genau entgegengesetzte Richtung zu stürmen.

Wenn der Wahnsinn der Massen oder in diesem Fall der Maschinen uns eine Kaufmöglichkeit einräumt, dann sollten wir sie vielleicht auch ergreifen. Fakt ist, dass es an diesem Morgen Meldungen über einen „halb-staatlichen [Gold-]Käufer in Asien“ gab. Da fällt einem natürlich umgehend der sogenannte China-Put ein, der dem Goldmarkt durch Goldkäufe der Chinesen bei Kursrücksetzern eine Preisdecke einzieht.

Gold schützt vor den gelegentlich auftretenden Wellen gesellschaftlichen Wahnsinns, und Gold in physischer Form zu kaufen (also Goldmünzen oder Goldbarren) ist dabei das wirksamste Mittel. Es gibt sogar ein historisches Beispiel, das von MacKay angeführt wurde, wo dieser Punkt herausgestrichen wird.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts trieb der französische Finanzminister John Law – der wahrscheinlich die berüchtigtste von MacKay beschriebene Manie (die Mississippi-Spekulation) vom Zaum riss – die französische Währung mitsamt der Wirtschaft in den Ruin. Logischerweise versuchten die französischen Bürger verzweifelt, ihre rasch entwertende Papierwährung gegen Gold einzutauschen.

Eine von John Laws letzten Aktionen, bevor er des Landes floh, war ein Gesetz, das Gold- und Silbermünzen als Tauschmedium für illegal erklärte, die Goldeigentümerschaft verbot. Man versuchte die Grenzen zu schließen, um zu verhindern, dass die Bürger mit harten Vermögenswerten außer Landes flüchteten. John Law und die französische Öffentlichkeit waren sich also absolut im Klaren darüber, über welchen Wert Gold unter solchen Umständen verfügt.

Pi bis auf die letzte Stelle ausrechnen

Bezüglich der immer stärker werdenden Vorherrschaft der Maschinen an Wall Street fiel mir eine alte Folge von Star Trek ein, wo man einen Planeten besuchte, dessen Bewohner in einen Zustand perfekter Glückseligkeit zu leben schienen. Captain Kirk merkte schnell, dass da etwas nicht stimmen konnte. Wie sich herausstellte, wurde der Planet von einem Energiewesen beherrscht, das die Gedanken der Menschen kontrollierte und am Ende sogar in den Computer des Raumschiffs Enterprise flüchtete.

Spock wartete schließlich mit der Lösung auf, indem er den Computer anwies, Pi bis auf die letzte Stelle auszurechnen – was natürlich ein Ding der Unmöglichkeit ist, da die Kreiszahl Pi ja bekanntlich unendlich ist. Der Computer verwendete seine gesamte Speicherkapazität und Zeit darauf, das Unmöglich zu versuchen, wodurch die Gefahr für die Bewohner des Planeten und die Besatzung der Enterprise gebannt wurde – ein Trick, den wir uns für den Tag merken sollten, an dem die Computer die vollständige Herrschaft über Wall Street übernommen haben.

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