Angesichts des Schuldendebakels in Europa dürften sich die Investoren recht bald wieder mit Gold anfreunden, nachdem sie zurzeit ja den US-Dollar als rettenden Anker entdeckt haben

Frank Holmes, U.S. Global Investors, 18.05.2012

Der sehnsüchtig erwartete Börsengang von Facebook bescherte der Firma USD 16 Milliarden an Einnahmen – für den Börsengang eines Internetunternehmens stellt das einen neuen Rekord dar. Es ist schön zu sehen, mit welcher Begeisterung sich Investoren auf eine Aktie stürzen können, da die USA in der Tat innovative Unternehmen brauchen, um zu prosperieren und Kapital anzuziehen. Die Finanz-Verhaltensforschung warnt bezüglich der Herdenmentalität jedoch zur Vorsicht.

Im November 2011 war Groupon der angesagte Börsengang. Am ersten Handelstag stiegen die Aktien von Groupon vom Ausgabepreis von USD 20 auf USD 31. Bis Ende desselben Monats war der Aktienpreis schon wieder unter den Ausgabepreis abgesunken, und nur wenige Monate später tauchten Unsicherheiten bezüglich der Buchhaltungsmethoden und Finanzkontrolle des Unternehmens auf, woraufhin der Aktienpreis weiter absank und der Markt den Wert des Unternehmens in weniger als sechs Monaten um 50% nach unten korrigiert hatte. So viel zum Thema Herden-Kauf!

Interessant ist noch, dass der Wert von Groupon seit dem Preishöhepunkt am ersten Handelstag bis zum 30.04.2012 um über USD 13 Milliarden zurückging. Wenn wir uns im Vergleich dazu die von Lipper erfassten Edelmetallfonds anschauen, so fiel ihr Wert im selben Zeitraum um USD 8,3 Milliarden. Die Investoren haben also mit einer einzigen Internet-Aktie USD 5 Milliarden mehr verloren, als alle Edelmetallfonds zusammengenommen.

Gold: Ein kleiner Realitäts-Check

Die Investoren haben in jüngster Zeit mit Gold gefremdelt und sich stattdessen lieber dem US-Dollar zugewandt, während die griechische und französische Wählerschaft die Austeritätsmaßnahmen ihrer Regierungen ablehnten.

Die Griechen reagieren ja bereits seit geraumer Zeit auf ihre eskalierenden Schuldenprobleme, indem sie permanent Geld abziehen, was man an den einbrechenden Übernachteinlagen sehen kann. Ich sage ja immer, dass das Geld genau dort hingeht, wo es am besten behandelt wird, und diese Einlagen sind ganz eindeutig auf der Suche nach sicheren Häfen.

Aber es ist ja nicht nur Griechenland, das den Märkten Sorgen bereitet, so BCA Research. In einem Spezialbericht mit dem passenden Titel „Im Falle eines Griechenland-Austritts“ heißt es, dass der Druck auf Spanien und Italien steigen würde, „die umgehend ein große Rettung ihres Bankensystems brauchen“. Die Renditen für zehnjährige italienische und spanische Anleihen sind am Freitag auf die 6%-Marke geklettert. Laut BCA gäbe es wohl genügend Gelder, um die spanischen Banken zu retten, aber sollte dann auch noch Italien hinzukommen, würden sie nicht mehr ausreichen.

Würde die Europäische Union die Bereitstellung von Rettungsgeldern aussetzen, wäre Griechenland laut BCA nicht mehr länger in der Lage, Gehälter zu zahlen, und es würde zu sozialen Unruhen kommen.

Noch wichtiger: Ohne die EU-Rettungsgelder müsste Griechenland auf seine Staatsanleihen die Zahlungsunfähigkeit erklären. Alleine dieses Jahr muss Griechenland jeden Monat zwischen USD 1 Milliarde und USD 7,6 Milliarden an endfälligen Anleihen bezahlen.

Bei einer Zahlungsunfähigkeit Griechenlands würde die Europäische Zentralbank die Finanzierung der griechischen Banken aller Vorausschau nach einstellen, was nur noch mehr Menschen dazu veranlassen würde, Geld abzuziehen. „Die Banken wären bei einer Einlagenflucht ohne Injektionen der EZB pleite und Griechenland würde monetär ausbluten“, so BCA.

Auch sollte man die Investoren, die griechische Schulden halten, nicht aus dem Auge verlieren. Der London Evening Standard meldete vor einiger Zeit, dass die französischen Banken die größten Halter griechischer Staatsanleihen und Privatschulden in der Eurozone sind und in Griechenland Gesamtrisiken von USD 47,9 Milliarden halten.

Letztlich gehe ich davon aus, dass die Regierungen in Europa nicht den Mut haben werden, sich fiskalisch einzuschränken. Vor wenigen Tagen erklärte ich im Gespräch mit Aaron Task und Henry Blodget vom The Daily Ticker, dass Europa, sollte es hart auf hart kommen, wahrscheinlich weiter Geld drucken wird, was für Gold durchaus positiv sein könnte.

Greg Weldon verglich die Gelddrucksituation diese Woche auf der Hard Assets Investment Conference mit einem Waschbecken und führte im Interview mit The Gold Report dazu aus:

„Es ist sehr schwierig sich vorzustellen, wie die Wirtschaften in Europa, den USA und Japan auf eigenen Füßen stehen sollen, ohne dass die Zentralbanken die Währung durch Schuldenmonetisierung entwerten.

Ich vergleiche es gerne mit Wasser, das aus dem Waschbecken läuft, außer man dreht den Wasserhahn auf und es fließt noch mehr Wasser hinein. Die Wasserhöhe entspricht dabei den Preisen für die Vermögenswerte, das Wasser aus dem Hahn ist die von den Zentralbanken bereitgestellte Liquidität und der Abfluss ist die reale Makrowirtschaft, die bisher nicht repariert wurde.

Am Ende der zweiten Runde der quantitativen Lockerung, als die Fed den Hahn zudrehte, ging das Wasserniveau (also die Vermögenspreise) zurück. Das Wasser läuft aber bereits wieder – speziell wenn wir uns einige der von der Europäischen Zentralbank eingeleiteten Maßnahmen anschauen: Ihr Dreijahreskredit-Programm, die Liquiditäts-Swaps und die Art und Weise, wie es ihr gelang, den Internationalen Währungsfonds mit ins Boot zu holen.

Das Problem bei alldem ist, dass nichts davon das zu Grunde liegende Problem löst, nämlich die viel zu starke Verschuldung. Das ist nicht tragfähig. Die Zentralbanken drehen den Hahn auf und das ist gut für die Vermögenspreise. Die wirkliche Lösung ist aber fiskalische Austerität, was den meisten Politikern in Europa wahrscheinlich nicht schmecken dürfte. Das ist der wirkliche Kampf, der sich abspielen wird. Das Problem wird nicht verschwinden.“

In Zeiten wie dieser, wo der Dollar dem gelben Metall vorgezogen wird, beschäftige ich mich gerne mit Mathe. Die unten stehende Grafik weist die prozentuale 60-Tages-Veränderung des Goldpreises und des US-Dollars aus.

Die jüngste Schwächephase bei Gold hat dazu geführt, dass das gelbe Metall aktuell eine Standardabweichung von -2,2 Sigma aufweist. In den vergangenen 10 Jahren ist dies gerade einmal in 2% des Handels der Fall gewesen. Historisch gesehen hat Gold jedes Mal, wenn die Marke von -2 touchiert wurde, eine Preisrally hingelegt. Diesen Kurssprung konnten wir am Donnerstag und Freitag beobachten.

Und während ich nicht glaube, dass Gold von hier aus vertikal in die Höhe schießt – den regelmäßigen Lesern ist ja bekannt, dass das gelbe Metall im historischen Schnitt im Juni und Juli Preisrückgänge verzeichnet – gehe ich aufgrund der außerordentlichen Ereignisse in Europa davon aus, dass sich die Investoren schon bald wieder mit Gold anfreunden werden.

Und während wir darauf warten, dass die weltweiten Zentralbanken weitere Maßnahmen ergreifen, kann ich den Investoren nur ans Herz legen, die Vorteile eines festen Sparplans zu überdenken, wo man in regelmäßigen Zeitabständen einen fixen Geldbetrag in Edelmetalle investiert. Auf diese Art bleibt man investiert und, wichtiger noch, vermeidet emotionale Investmententscheidungen.

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