Die Eurobonds sorgen in Deutschland für wahre Begeisterungsstürme. Wer wäre nicht begeistert, seine Schulden mit einem Haufen Schuldensüchtiger zusammenzulegen, die nicht die geringste Absicht hegen, ihr Ausgabeverhalten einzuschränken! Letztlich könnte sich die Frage der Eurobonds für die Zukunft des Euros als entscheidend herausstellen. Sollten die Deutschen einknicken und sich dazu entschließen, ihre verschwenderischen Nachbarn auf immer und ewig massiv zu subventionieren, könnte der Euro wohlmöglich gerettet werden

Michael Snyder, The Economic Collapse, 24.05.2012

Würden Sie Ihre Schulden mit einem Haufen Schuldensüchtiger zusammenwerfen, die überhaupt nicht die Absicht hegen, ihre wildes Ausgabeverhalten zu ändern? Natürlich nicht! Aber genau das wird von den Deutschen zurzeit gefordert.

Die „Eurobonds“ werden in zunehmendem Maße als die beste langfristige Lösung für die Finanzkrise in der Eurozone gefeiert. Durch diese Eurobonds könnten alle 17 Euroländer gemeinschaftlich Schuldscheine ausgeben – Schulden, die alle 17 Euroländer gemeinsam garantieren würden.

Dadurch wäre es allen Ländern der Eurozone möglich, in den Genuss derselben Bonitätsnote wie Deutschland zu kommen, was natürlich dazu führen würde, dass die Kreditkosten für Länder wie Griechenland, Portugal, Italien und Spanien einbrechen würden. Für Deutschland würden die Kreditkosten aber beträchtlich steigen. Fakt ist, dass Deutschland durch die Eurobonds Gefahr liefe, jährlich bis zu EUR 50 Milliarden an zusätzlichen Zinszahlungen leisten zu müssen.

Über einen Zeitraum von zehn Jahren könnten sich die zusätzlichen Kreditkosten für Deutschland also auf rund USD 500 Milliarden Euro belaufen. Logisch, dass Deutschland bezüglich dieses Konzepts nicht sonderlich begeistert ist.

Im Gegensatz dazu werden die Eurobonds vom neuen französischen Präsidenten François Hollande jedoch massiv gepusht – und das mit der Rückendeckung der OECD, des Internationalen Währungsfonds und italienischer Spitzenpolitiker. Letztlich könnte sich die Frage der Eurobonds für die Zukunft des Euros als entscheidend herausstellen.

Sollten die Deutschen einknicken und sich dazu entschließen, ihre verschwenderischen Nachbarn auf immer und ewig massiv zu subventionieren, könnte der Euro wohlmöglich gerettet werden. Sollte sich Deutschland dagegen aussprechen, könnte dieses Thema Europa letztlich zu Fall bringen.

Natürlich ist es ein Leichtes, die Deutschen hier als die „bösen Buben“ darzustellen, doch versuchen wir einmal, uns in ihre Lage zu versetzen.

Stellen Sie sich vor, sie hätten ein paar Verwandte, die wild mit Geld um sich schmeißen und bereits USD 100.000 an Kreditkartenschulden angehäuft haben. Würden Sie etwa bei ihrem nächsten Kreditkartenvertrag als Bürge mitunterzeichnen? Natürlich nicht!

Die jüngsten Wahlen in Frankreich und Griechenland haben unmissverständlich klargemacht, dass die Bevölkerungen dieser beiden Länder Austeritätsmaßnahmen ablehnen. Stattdessen wollen sie zu der schuldenbefeuerten Prosperität zurückkehren, die sie bereits in der Vergangenheit genossen haben. Bedauerlicherweise brauchen sie dafür aber Deutschland.

Das ist auch der Grund, warum der neue französische Präsident François Hollande so unnachgiebig die Einführung der Eurobonds fordert. Er will, dass der Rest der Eurozone in der Lage ist, beim astreinen Kreditrating der Deutschen hinten aufzuspringen, damit alle wieder zu der wilden Kreditaufnahme und den wilden Ausgaben zurückkehren können.

Die Deutschen haben aber große Ängste bezüglich einer Vermischung der Schulden der Eurozone. Die Sorge ist nicht nur, dass die Kreditkosten dramatisch steigen könnten, sondern auch, dass der Rest der Eurozone Deutschland letztlich mit in den Abgrund reißt.

Österreich, Finnland und die Niederlande sind ebenfalls gegen Eurobonds – das entscheidende Land ist jedoch Deutschland. Bisher werden die Eurobonds von Deutschland noch vollumfänglich abgelehnt. Kanzlerin Angela Merkel erklärte jüngst in einer Rede in Berlin: „Es geht lediglich darum, nicht mehr auszugeben, als man einnimmt. Es ist erstaunlich, dass diese einfache Tatsache, zu solchen Debatten führt.

Ja, da hat sie Recht. Aber warum ist es so umstritten, darauf zu beharren, dass die Menschen nicht mehr Geld ausgeben, als sie einnehmen?

Das ist genau das Problem, das geschaffen wird, wenn man sich über Jahrzehnte hinweg mithilfe von Schulden einen falschen Lebensstil anmaßt. Die Menschen gewöhnen sich an diesen falschen Lebensstandard und werden auf einmal aggressiv, wenn dieser falsche Lebensstandard anfängt, sich in Luft aufzulösen.

Die Deutschen haben keine Lust, große Opfer zu erbringen, nur damit die Griechen, Franzosen und Italiener wieder wild Kredite aufnehmen und Geld ausgeben können. Und warum sollten das die Deutschen auch wollen?

In einem CNN-Artikel vom 23.05.2012 wird angemerkt, dass die deutschen Politiker die Eurobonds unter den bestehenden EU-Verträgen für illegal halten:

„´Es gibt keine Möglichkeit, sie unter den aktuellen [EU-]Verträgen einzuführen, sie werden ausdrücklich verboten`, so ein leitender deutscher Vertreter, der hinzufügte, dass Berlin seinen Widerstand auf absehbarer Zeit nicht aufgeben würde. ´Das ist eine feste Überzeugung, die sich auch im Juni nicht ändern wird.`“

Doch Politiker wie Hollande beschweren sich darüber, dass die Austerität den Lebensstandard in Europa nachhaltig schaden könnte. Damit hat Hollande natürlich recht.

Wenn man seinen Lebensstandard mit geliehenem Geld über viele Jahre hinweg aufbläht, kommt am Ende natürlich auch der Zeitpunkt, wo man dafür einen sehr hohen Preis zu entrichten hat. Jeder, der schon einmal Probleme mit seinen Kreditkartenschulden gehabt hat, weiß, wie schmerzlich das sein kann.

Für den Rest Europas ist es einfach nur beschämend, bei Deutschland um Hilfe zu betteln. Sie sollten sich stattdessen um sich selbst kümmern.

Ich habe ja erst kürzlich darüber berichtet, dass es Griechenland langfristig bedeutend besser gehen würde, wenn es die Eurozone einfach verlässt und ein neues, auf soliden Finanzprinzipien basierendes Finanzsystem aufbaut.

Stattdessen kommt seitens der weltweiten Finanzpresse nur die Forderung, dass jetzt irgendwer mit einem „Plan“ zur „Rettung“ Europas aufwarten müsse. Im Wall Street Journal fand sich am 23.05.2012 beispielsweise folgendes:

„Auf die Krise gab es zwei Hauptantworten; Austerität und die Verschleppung der Probleme. Austerität, falls Sie es noch nicht mitbekommen haben sollten, ist altbacken. Das ist out. Das bedeutet, dass, sofern nichts Anderweitiges gefunden wird – irgendein anderer umfassender Plan – der zweiten Hauptantwort, der Verschleppung, die Luft ausgehen wird.

Praktisch alle sprachen sich für das Konzept der Eurobonds aus, bis auf die Deutschen. Und da sie es sind, die all das Geld haben, sind sie ohnehin die einzigen, deren Stimme zählt. Es ist also Zeit für Plan B. Nur gibt es keinen Plan B, und Zeit hat man auch keine mehr.“

 Sollte Deutschland sich weigern, den Rest der Eurozone zu subventionieren, heißt das dann, dass die Eurozone letztlich auseinanderbrechen wird? Wohlmöglich.

Und das würde kurz- und mittelfristig natürlich zu jeder Menge Leid führen.

Aber der Euro war von Anfang an eine Schnappsidee. Es war einfach nur irre davon auszugehen, dass eine Währungsunion ohne eine fiskalische und politische Union reibungslos funktionieren würde. Und ehrlich gesagt wäre die Welt auch besser dran, wenn es weniger europäische Integration gäbe.

Die Europäische Union hat sich in einen entsetzlichen bürokratischen Albtraum verwandelt, und es wäre einfach nur wundervoll, wenn die ganze Veranstaltung in sich zusammenbräche. Doch gegenwärtig ist es erst einmal nur der Euro, der in Gefahr ist, und es sieht immer mehr danach aus, als wäre Griechenland das erste Land, das den Euro verlässt.

Diese Woche räumte der frühere griechische Ministerpräsident Lucas Papademos ein, dass die griechische Regierung gegenwärtig erwägt, Vorbereitungen für den Austritt aus der Eurozone zu treffen.

Reuters meldete, dass Spitzenvertreter der Eurozone gegenwärtig an „Notfallplänen“ arbeiten würden, um sich auf einen Euro-Austritt Griechenlands vorzubereiten. „Jedes Eurozonenland muss für die Eventualität, dass Griechenland die Eurozone verlässt, einen Notfallplan vorbereiten“, so Reuters am 23.05.2012 unter Verweis auf anonyme Quellen. Reuters behauptet, Unterlagen gesehen zu haben, aus denen einige Kriterien hervorgehen, die im Rahmen eines solchen Notfallplans berücksichtigt werden müssten.

Es ist also völlig offenkundig, dass der Austritt der Griechen aus der Eurozone mittlerweile zu einer sehr realen Möglichkeit geworden ist.

Bloomberg meldete am 23.05.2012, dass die Griechen für den Euro-Ausstieg wahrscheinlich nur 46 Stunden Zeit hätten:

„So viel Zeit hätten die Führer des Landes wahrscheinlich, um einen Austritt aus der Einheitswährung zu beschließen, während die weltweiten Märkte größtenteils geschlossen sind – vom Handelsschluss am Freitag in New York bis zum Handelsbeginn am Montag im neuseeländischen Wellington – so eine Zusammenfassung von Euro-Ausstiegszenarien von 21 Ökonomen, Analysten und Akademikern.“

 Während dieser zwei Tage müssten die Politiker versuchen, Chaos und Aufstände zu verhindern und zahlreiche mit der Währungsreform in Zusammenhang stehende Probleme zu lösen. Die Analysten halten es für möglich, dass die griechischen Politiker dieser Aufgabe nicht gewachsen sind.

Aktuell ist sich jedenfalls niemand so richtig sicher, was als nächstes passieren wird, weshalb sich im gesamten europäischen Finanzsystem zurzeit auch Panik breit macht.

Jeder hat Angst davor, was passieren könnte, sollte Griechenland sich gezwungen sehen, wieder Drachmen auszugeben. CNBC meldete am 23.05.2012, dass einige große europäische Konzerne zurzeit ihre eigenen „Notfallpläne“ in Kraft setzen:

„Große Tourismusveranstalter wie TUI aus Deutschland und Kuoni in England verlangen, dass in die Verträge mit griechischen Hoteliers eine sogenannte Drachme-Klausel eingefügt wird, sollte der Euro dort nicht mehr verwendet werden …  Große multinationale Konzerne wie Vodafone Group, Reckitt Benckiser und Diageo räumen ihre Eurokonten jetzt täglich und bringen das Geld nach England, um das Risiko zu minimieren.“

 Es ist traurig, aber das dürfte wahrscheinlich erst der Vorgeschmack auf das bevorstehende Finanz-Chaos sein.

Frankreich drängt mit aller Macht auf die Einführung von Eurobonds. Deutschland wird wahrscheinlich erbitterten Widerstand leisten.

Irgendwann wird ein Krisenmoment kommen, wo man sich wird entscheiden müssen. Wird Deutschland einknicken oder werden die politischen Verwerfungen Europa zu Fall bringen? Es dürfte interessant sein, mitzuverfolgen, wie das Ganze ausgehen wird.

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