Bei der Geldentwertung handelt es sich um eine langsame und hocheffektive Form der Enteignung der Bevölkerung zu Gunsten einer kleinen Gruppe, die das frisch gedruckte Geld als erstes in den Händen hält. Der Rest wird langsam aber sicher ins Elend getrieben

Patrick Barron, Mises.org, 28.05.2012

Der Euro steckt in Schwierigkeiten. Das ist nichts Neues. Neu ist, dass Menschen mit enormen Vermögen bereit sind, Ökonomen dafür zu bezahlen, dass sie eine Lösung anbieten. Lord Wolfson hat für die beste Methode, wie ein Land die europäische Währungsunion verlassen kann, ein Preisgeld von GBP 250.000 ausgelobt. Im März dieses Jahres wurden fünf Finalisten bekanntgegeben. Der Gewinner des Preisgelds wird im Juni bekanntgegeben.

Keiner der fünf Finalisten – Neil Record, Jens Nordvig, Jonathan Tepper, Catherine Dobbs und Roger Bootle – spricht sich für eine Rückkehr zu solidem Geld aus, und alle gehen davon aus, dass neue nationale Währungen in Umlauf kommen werden. Überdies sind alle der Auffassung, dass die unproduktiven Länder durch die Abwertung ihrer Währungen profitieren werden. Die Theorie ist, dass eine entwertete Währung zu einem exportgetriebenen Wirtschaftswachstum führt.

Des Weiteren haben alle Finalisten nur wenig Vertrauen darauf, dass die Wirtschaftsreformen – die sie übrigens alle empfehlen – kurzfristig durchsetzbar sind, weshalb sie die Abwertung für die schnellere Alternative halten. Doch wird das überhaupt funktionieren? Schauen wir zunächst einmal auf das Thema der Abwertung.

Abwertung gegenüber Gold

Historisch gesehen bezieht sich die Währungsentwertung auf das Verhältnis der Währung gegenüber Gold. Die Goldmenge lässt sich nicht einfach so in gewünschter Menge ausweiten. Das Gold muss erst gefördert, dann geprägt und in Umlauf gebracht werden, was Kosten mit sich bringt und seine Zeit braucht.

Die Gewichtsreduzierung von Goldmünzen und die Beimischung eines bestimmten Prozentsatzes unedler Metalle waren die frühsten Methoden der Geldentwertung. Später konnten die Papierwährungen dann bedeutend schneller und wesentlich billiger ausgeweitet werden, da die Prägeanstalt dafür lediglich die Druckerpresse anwerfen musste – aber selbst diese Maßnahmen werden vom heutigen elektronischen Zeitalter, wo Geld per Mausklick um jede gewünschte Summe ausgeweitet werden kann, noch in den Schatten gestellt.

Und natürlich kam es auch zur Geldentwertung, als die Regierung noch einräumte, dass Gold Geld ist. Berühmte Beispiele sind die Geldentwertung 1936 in der Schweiz, die von Mises in seinem Buch „Human Action“ detailliert beschrieb, und die schockierende 69%ige Abwertung, die 1934 in den USA stattfand.

Diese beiden Abwertungen – und viele andere – wurden als schändlich und eigennützig erachtet. Die Geldentwertung wurde als Betrugseingeständnis gewertet. Die Zentralbanken der Länder hatten mehr Währungseinheiten gedruckt und in Umlauf gebracht, als sie zu dem ihren Handelspartnern versprochenen Währungs/Gold-Verhältnis einlösen konnten. Das hatte für all jene, die diese vertraglichen Versprechen der Goldauszahlung hielten, natürlich verheerende Konsequenzen.

Die Abwertung gegenüber anderen Fiatwährungen

Die Abwertung, die heutzutage von zahlreichen Ökonomen befürwortet wird, ist aber eine völlig andere. Es gibt keine Rohstoffreserve – wie Gold oder Silber beispielsweise – gegen die die Währung eines Landes abgewertet werden könnte. Die modernen Verfechter der Geldentwertung beziehen sich daher auf den Wert einer Währung, also ihren Wechselkurs, im Verhältnis zu allen anderen Fiatwährungen.

Der Wechselkurs der Währungen ergibt sich aus der Kaufkraftparität, bei der es sich schlicht um einen Vergleich der Preisniveaus zweier Länder handelt. Nichtsdestotrotz ist der Entwertungsmechanismus immer noch derselbe wie bei Gold: Die Ausweitung der Fiatgeldmenge.

Eine Zentralbank kann ausländischen Käufern beispielswiese mehr Währung zur Verfügung stellen, um inländische Waren zu kaufen. Diese erhöhte Versorgung mit inländischer Währung findet dann sukzessive ihren Weg in die heimische Wirtschaft, wodurch letztlich alle Preise angehoben werden. Die Ökonomen bezeichnen diesen Prozess als „importierte Inflation“.

Die Abwertungsbefürworter versuchen ihre Mitbürger davon zu überzeugen, dass das, was einst als niederträchtiger Akt erachtet wurde, heutzutage eine ganz wunderbare Sache ist. Beispielsweise versucht die Schweiz gerade, den Schweizer Franken gegenüber allen anderen Währungen abzuwerten.

Doch welche Aspekte sind es nun eigentlich, die ein Land wettbewerbsfähiger machen, wenn seine Währung gegenüber allen anderen Währungen abgewertet wird? Was haben andere zu diesem Thema gesagt?

Erkenntnisse von Immanuel Kant, Frederic Bastiat und Henry Hazlitt

Die Politik der Währungsentwertung kann danach beurteilt werden, ob sie Immanuel Kants „kategorischen Imperativ“ gerecht wird, wo danach gefragt wird, ob eine Maßnahme an allen Orten zu allen Zeiten zum Wohl aller Menschen ist.

Von einer Abwertung werden mit Sicherheit die Exporteure profitieren, da sie davon ausgehen können, dass sich ihre Verkäufe erhöhen. Ihre ausländischen Kunden erhalten für ihre eigene Währung mehr Fremdwährung. Die Exporte steigen.

Die Situation des Exporteurs ist eine, die sich am besten untersuchen lässt, wenn man Frederic Bastiat´s brillantes Essay mit dem Titel „Was man sieht und was man nicht sieht“ sowie das Kapitel „The Lesson“ von Henry Hazlitt´s „Economics in One Lesson“ zu Hilfe nimmt.

Wenn der ausländische Käufer für sein eigenes Geld mehr Währung des anderen Landes erhält, wird er in der Tat dazu neigen, mehr Waren des Landes zu kaufen, das seine Währung abgewertet hat. Das ist sichtbar und wird von den meisten Experten als positive Entwicklung erachtet. Die erhöhten Verkäufe des Exporteurs können gemessen werden. Das ist ebenfalls sichtbar.

Doch was ist mit den Verkäufen, die dem Importeur verloren gehen? Die Importeure können ja von der gegenteiligen Entwicklung ausgehen. Mit der einheimischen Währung kann weniger gekauft werden. Sie können daher davon ausgehen, dass die Umsätze aufgrund der Notwendigkeit, die Preise anzuheben, um die reduzierte Kaufkraft ihrer inländischen Währung widerzuspiegeln, zurückgehen werden. Doch wie kann man Verkäufe messen, die überhaupt nicht stattgefunden haben? Das wurde von Bastiat als das, was man nicht sieht, bezeichnet.

Und das ist ja erst der Anfang.

Hazlitt würde hier nämlich noch die langfristigen Auswirkungen von Bastiat´s Erkenntnissen hinzufügen. Was man sieht, ist die Tatsache, dass die Exporteure das neu geschaffene Geld als erstes in die Hände bekommen und sich damit zum gegenwärtigen Preisniveau neue Produktionsfaktoren kaufen.

Die Exporteure bereichern sich durch die erhöhten Profite, die sich durch die gestiegenen Verkäufe ergeben, da es sich bei ihnen um die frühen Empfänger des neuen Gelds handelt. Doch was ist mit jenen, die das Geld viel später bekommen, die Großhändler beispielsweise, oder denjenigen, die es garnicht bekommen, wie die Rentner?

Im Laufe der Zeit sorgt das neue Geld dafür, dass alle Preise steigen – selbst die Preise der Produktionsfaktoren des Exporteurs. Der Vorteil des Exporteurs, der sich aus der geldpolitischen Intervention ergab, hat sich langsam in Luft aufgelöst. Die Kosten seiner Produktionsfaktoren sind gestiegen. Seine Verkäufe fallen wieder auf das Niveau, das vor der Geldmarktintervention zu verzeichnen war.

Was bleibt dem Exporteur jetzt noch, außer bei der Regierung Lobbyarbeit zu betreiben, um darauf hinzuwirken, dass sie eine weitere Welle der Geldausweitung einleitet, um seinen Kunden noch mehr einheimische Währung zu geben, mit der sie dann wieder seine Produkte kaufen können?

Die Ausweitung der Geldmenge sorgt für das Entstehen und das Platzen von Blasen

Doch selbst die allgemeinen landesweiten Preissteigerungen und ihre Umverteilungseffekte sind nur die halbe Wahrheit. Der Anstieg der inländischen Geldversorgung wird zusätzlich noch einen sogenannten Boom-Bust-Zyklus zur Folge haben.

Die Boomphase wurde von den Wolfson-Preis-Finalisten dann auch fehlinterpretiert, da sie davon ausgehen, dass es historische Beweise dafür gibt, dass die Währungsentwertung positive Folgen zeitigt. So schreibt Jonathan Tepper:

„… im August 1998 erklärte Russland die Zahlungsunfähigkeit auf seine Staatsschulden und wertete seine Währung ab. Die erwartete Katastrophe trat nicht ein … Argentinien sah sich zwischen Ende 2001 und Anfang 2002 dazu gezwungen, die Zahlungsunfähigkeit zu erklären und abzuwerten. Trotz düsterer Prognosen, entwickelte sich die Wirtschaft außerordentlich gut.“

Hierbei handelt es sich aber lediglich um die zu erwartenden und vorübergehenden Erscheinungen der durch die Ausweitung der Geldmenge verursachten Boomphase. Nicht nur, dass das bankrotte Land sich von seinen Schulden befreit und die unrechtmäßig erworbenen Gewinne einbehält; durch seine expansive Geldpolitik wird zusätzlich noch ein spekulativer Boom entfacht. Weder Russland noch Argentinien konnten nachhaltige kapitalistische Wirtschaften aufbauen.

Der Exporteur als Werkzeug der Vermögensumverteilung

Es müsste eigentlich klar sein, dass ein Land keinen Nettonutzen davon hat, wenn es die Kaufkraft seiner Währung mithilfe der Geldmengenausweitung nach unten treibt. Der einzige Grund, warum der Exporteur erhöhte Verkäufe verzeichnet, ist die Tatsache, dass die Waren des Exporteurs zu einem niedrigeren Preis zu haben sind.

Dieser niedrigere Preis ist aber nicht etwa das Ergebnis einer erhöhten Fertigungseffizienz, sondern eine Subvention – also ein Vermögenstransfer – für die ausländischen Warenkäufer auf Kosten der Menschen im Inland.

Mit jeder weiteren Geldmengenausweitung wird Vermögen in Richtung des Exporteurs, seiner Beschäftigten und anderer geschleust, die das Geld zu Beginn der Expansionsphase erhalten. Alle anderen werden geschädigt. Im Grunde sind die Verkäufe des Exporteurs durch seine Landsleute, bei denen es sich um die späten Empfänger des neuen Geldes handelt, subventioniert worden.

Der Exporteur ist das unsichtbare Werkzeug, durch das der Transfer wirksam wird. Das Land ist insgesamt schlechter dran; es ist nicht wettbewerbsfähiger.

Das Aufschieben echter Reformen durch einen sinnlosen „Abwärtswettlauf“

Die Politiker und ihre Wirtschaftswissenschaftler begehen an ihren Landsleuten Unrecht, wenn sie eine Politik der Geldentwertung als einfaches Mittel der Verbesserung der nationalen Wettbewerbsfähigkeit verfolgen.

Ein realer Wettbewerbsvorteil entsteht durch liberale Wirtschaftsreformen, die den Fleiß der Menschen belohnen, ihr Eigentum, ja sogar das Eigentum der Ausländer vor einer konfiszierenden Besteuerung schützen und zu Ersparnissen ermutigen. Im Laufe der Zeit wird die Kapitalbasis im Verhältnis zur Bevölkerung zunehmen. Es kommt zu einem Anstieg des Pro-Kopf-Kapitalbestands, wie es die Ökonomen nennen, wo durch eine erhöhte Produktivität reale Prosperität entsteht.

Doch anstatt unumwunden wirtschaftliche Reformen zu verfolgen – die, wie man hier einräumen muss, schwierig sein werden – reißen die Politiker und ihre sie deckenden Wirtschaftswissenschaftler stattdessen ein „Abwärtswettlauf“ vom Zaum, bei dem jedes einzelne Land durch die Abwertung der eigenen Währung gegenüber den anderen Währungen versucht, die Exporte anzuheizen. Das hat zur Folge, dass die Kapitalbasis des Landes dank der versteckten Exportsubvention, die durch die Geldentwertung ermöglicht wird, langsam abnimmt.

Fehlanreize im Wohlfahrtsstaat

Nichts hindert irgendein Land der Eurozone daran, wettbewerbsfähiger zu werden. Alles, was es dazu braucht, ist die Bereitschaft, die Preise zu senken. Als gemeinsames Tauschmedium lässt der Euro die nicht wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstrukturen offen zutage treten.

Also, warum senken die Länder, die darauf aus sind, wettbewerbsfähiger zu werden, nicht einfach die Preise? Die Antwort ist der Wohlfahrtsstaat. In einer ungehinderten freien Marktwirtschaft gibt es keine strukturelle Arbeitslosigkeit. Alle, die arbeiten wollen, können dies tun, weil nie ein Mangel an noch ausstehender Arbeit besteht.

Der Wohlfahrtsstaat sorgt jedoch dafür, dass die Kosten für das zu teure anbieten von Arbeit oder Waren und Dienstleistungen einfach wegfallen. Man könnte auch sagen, dass die strukturelle Starre des Wohlfahrtsstaats (Arbeitsrecht, staatliche Genehmigungen usw.) dadurch zementiert wird, dass die Kosten der Marktinterventionen einfach abgeschafft werden.

Durch die Geldentwertung wird dieses grundlegende Problem aber nicht angegangen, weshalb ein Mangel an Wettbewerbsfähigkeit durch eine Geldentwertung nicht behoben werden kann.

Schlussfolgerung

Geldentwertung bedeutet Geldmengenausweitung. Das neue Geld muss irgendwo in die Wirtschaft eintreten – bei Zahlungen an Exporteure beispielsweise. Die dadurch entstehende Blase wird dann als Zeichen einer erfolgreichen Währungsabwertung fehlinterpretiert. Die Blase geht jedoch mit weithin bekannten schädlichen Folgen wie einem steigenden Preisniveau, der Einkommensumverteilung und Fehlinvestitionen einher.

Und wenn die Preise für die Produktionsfaktoren des Exporteurs steigen und die Vorteile der Währungsentwertung verfliegen, wird gefordert werden, die Geldmenge stärker auszuweiten. Gibt es mehr als ein Land, das eine solche Politik verfolgt, kommt es zu einem verheerenden Abwärtswettlauf.

Die Lösung ist solides Geld. Solides Geld stellt eine schlechte Wirtschaftspolitik bloß und zwingt jedes Land dazu, nicht über seine Verhältnisse zu leben. Die Regierungen geraten unter Druck, ihre Wirtschaften zu liberalisieren und sich von den parasitären Vermögenszerstörern zu befreien. Die Geldentwertung behindert diesen Prozess.

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