Scott Silva, The Gold Speculator, 05.06.2012
Wir hatten unsere Leser bereits im Januar gewarnt, dass wir mit einem Finanz-Chaos in der Eurozone rechnen, das aufgrund der anhaltenden defizitären Staatsausgaben, der riesigen Berge an Staatsschulden und des Anwachsens der staatlichen Zuwendungsprogramme auf untragbare Niveaus zum Ausbruch kommen wird.
Am 05.06.2012 hielten die G7-Länder eine Notfall-Telefonkonferenz ab, um sich mit dem unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch der spanischen Staatsanleihen auseinanderzusetzen, während Deutschland bereits ein Rettungspaket für Spanien in Erwägung zieht und sich wohlmöglich gar für die Euro-Bond-Lösung entscheiden könnte.
Hemingway ist ja bereits zu der Erkenntnis gelangt, dass sich ein Bankrott „allmählich, und dann ganz plötzlich“ abspielt. Am 05.06.2012 erklärte der spanische Finanzminister Cristobal Montoro, dass Spanien angesichts der aktuellen Kreditkosten der Zugang zu den Finanzmärkten verwehrt bliebe.
Würde den Spaniern der Anleihemarkt im Kampf um ihre Schuldenrefinanzierung nicht mehr länger zur Verfügung stehen, würde das spanische Finanzsystem ohne eine Restrukturierung der Verbindlichkeiten kollabieren und die ohnehin bereits angeschlagene Wirtschaft noch weiter in die Rezession, ja wahrscheinlich sogar in die Depression abrutschen. Schon heute ist jeder vierte Spanier arbeitslos, und trotzdem ist die Regierung immer noch nicht bereit, die Bedingungen eines EU-Rettungsplans zu akzeptieren.
In Griechenland sieht es auch nicht besser aus. Die Kreditratingagentur Standard & Poor´s gab am 05.06.2012 bekannt, dass die Chancen auf einen Eurozonen-Austritt Griechenlands nach den Wahlen am 17.06.2012 bei 30% stünden. Die Ratingagentur führte aus, dass ein Euro-Austritt Griechenlands „der griechischen Wirtschaft und der fiskalischen Lage mittelfristig erheblich schaden und wahrscheinlich zu einem weiteren Zahlungsausfalls Griechenlands führen“ würde.
Ein weiterer Zahlungsausfall Griechenlands würde auch die anderen Wirtschaften in der Eurozone in Mitleidenschaft ziehen, die dann ebenfalls mit der Aussicht auf weitere Herabstufungen durch die Kreditratingagenturen konfrontiert wären. Es handelt sich hierbei also um einen Teufelskreis.
Bei der Notfall-Telefonkonferenz der G7-Länder dürfte nichts Weltbewegendes herausgekommen sein. Das nächste G20-Treffen findet vom 18.06. bis 19.06.2012 statt, folgt also unmittelbar auf die Wahlen in Griechenland. Eines der Hauptthemen wird sein, welcher Weg beschritten werden soll, um die Finanzstabilität Europas wieder herzustellen. Alle G20-Länder sind an einem positiven Ausgang des Treffens interessiert.
Spanien hat aber immer noch Zugang zum Anleihemarkt. Zumindest lässt sich bisher nichts anderes feststellen. Die Rendite für die 10-jährige spanische Staatsanleihe ist am 05.06.2012 sogar gesunken. Offensichtlich hatten die Bond-Jäger noch nichts vom Montoro-Memo gehört. Und obwohl die Rendite für das Papier die vergangenen Tage fortwährend gestiegen ist und sich der gefährlichen Marke von 7% näherte, sank sie am 05.06.2012 um 1,3 Basispunkte auf 6,4%.
Der Markt hat weitere konzertierte Maßnahmen der Europäischen Zentralbank, der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds zur Stabilisierung der Eurozone also bereits mit eingepreist.
Die EU hat Spanien vergangene Woche angeboten, die Frist, das spanische Haushaltsdefizit auf das EU-Limit von 3% des BSP abzusenken, bis 2014 zu verlängern. Die EU-Kommission legte nahe, dass der Euro-Rettungsfonds ESM zur Direktfinanzierung Spaniens genutzt werden könnte, obwohl diese Maßnahme noch weiterer Veränderungen der bestehenden Verträge und einer Ratifikation aller 27 EU-Mitgliedsländer bedarf. Aber selbst wenn diese lebensrettenden Maßnahmen implementiert würden, dürfte sich dies nur als ein Aufschub der unvermeidlichen Pleite herausstellen.
Ja sicher könnten jetzt seitens der Europäischen Zentralbank weitere Stützungsmaßnahmen eingeleitet werden. Viele Analysten gehen davon aus, dass die EZB ihre Refinanzierungsrate in den kommenden Wochen auf unter 1% absenken wird. Eine solche Nullzinspolitik würde den Druck bei den Ländern abmildern, die der billigen Refinanzierung am dringendsten bedürfen. Die EZB könnte sich auch für eine weitere Liquiditätsspritze für die gesamte Eurozone entscheiden, was mithilfe ihrer langfristigen Refinanzierungsoperationen (LTROs) oder ganz altmodisch durch Staatsanleihekäufe erreicht würde.
Diese Maßnahmen würden das europäische Bankensystem aber nur noch stärker in die Liquiditätsfalle treiben. Das Bankensystem zieht dann am Ende überhaupt keinen Vorteil mehr aus den Geldern, ganz egal, welche Geldmengen seitens der EZB auch bereitgestellt werden.
Das ist das Problem mit der Sucht der Keynesianer nach immer mehr Geld. Es ist schlicht nicht möglich, wirtschaftliches Wohlergehen mit immer größeren Mengen an Fiatgeld herbeizudrucken. Aber genau das ist es, wozu die progressiven Zentralbanker neigen, wenn sie mit einem Wirtschaftsabschwung konfrontiert werden. Offensichtlich ist der Drang zur Lockerungspolitik überwältigend.
Die Zentralbankinterventionen sind natürlich zum Scheitern verdammt. Sie sind immer gescheitert und werden auch immer scheitern. In den 30er Jahren scheiterte die US-Notenbank mit ihren Interventionen, die darauf abzielten, den wirtschaftlichen Absturz aufzuhalten und eine Trendwende herbeizuführen. Laut Friedman und Schwarz haben die Maßnahmen der US-Notenbank in Wirklichkeit sogar zu einer Verschärfung und Verlängerung der Großen Depression geführt.
Und auch heute scheitert die Federal Reserve mit ihrer Nullzinspolitik und ihren quantitativen Lockerungsmaßnahmen dabei, das Abgleiten in die Große Rezession zu verhindern. Und auch die Europäische Zentralbank ist dabei gescheitert, eine wirtschaftliche Erholung der Eurozone zu entfachen.
Nehmen wir beispielsweise die führenden Wirtschaften der Eurozone. Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien stellen 77% des BSP der Eurozone. Deutschland konnte aber in den letzten vier Quartalen lediglich ein Quartalswachstum von 0,3%, also ein Jahreswachstum von 1,2% erzielen, während der überwiegende Teil Europas in der Rezession verharrt. Frankreich kam bis April dieses Jahres auf ein Quartalswachstum von 0,1%, was gerade einmal einer jährlichen Zuwachsrate von 0,4% entspricht. Im ersten Quartal 2012 war in Frankreich überhaupt kein Wirtschaftswachstum zu verzeichnen.
In Spanien und Italien sieht es noch schlimmer aus. Spanien befindet sich bereits offiziell in einer Rezession und weist seit dem zweiten Quartal 2011 eine vierteljährliche Wachstumsrate von durchschnittlich -0,1% aus. Italien hat bereits das dritte Quartal in Folge mit einem negativen Wirtschaftswachstum zu kämpfen, das einschließlich März 2012 bei durchschnittlich -0,35% pro Quartal liegt. Diese Zahlen sind einfach nur entsetzlich.
Und was bedeutet die nicht enden wollende Eurozonen-Schuldenkrise nun für die Investoren? Eins ist sicher: Die Märkte werden noch eine ganze Weile volatil bleiben. Es wird weiterhin viel Zähneknirschen geben, da sich die europäischen Wohlfahrtsstaaten beharrlich gegen die wirtschaftlichen Realitäten nicht tragfähiger Haushaltsdefizite und einer repressiven Besteuerungspolitik zur Wehr setzen. Die Möglichkeiten der Länder mit einem Schulden/BSP-Verhältnis von 150% schwinden und werden zusehends schlechter.
Die Zentralplaner werden sich auf eine immer stärkere Währungsentwertung auf Kosten der Kaufkraft und der Nachfrage der Bürger zurückziehen. Die schwächere europäische Nachfrage wird überdies dazu führen, dass die US-amerikanischen Exporte und die schwache (arbeitsplatzlose) US-Wirtschaftserholung weitere Dämpfer erhalten.
Die Gelder werden aus dem Euro abfließen und in Aktien sowie in die „sichereren“ Vermögenswerte wie Währungen (US-Dollar, Schweizer Franken usw.) und Gold gehen.
Die Sorgen bezüglich der Eurokrise und der jüngsten Verschlechterung der US-Arbeitslosenrate spiegeln sich bereits im „Angst-Index“ des Aktienmarkts wider. Der „Angst-Index“ – CBOE Market Volatility Index (VIX) – wird in Prozentpunkten ausgewiesen. Er bildet die erwarteten annualisierten Veränderungen beim weit gefassten US-amerikanischen Aktienindex S&P 500 innerhalb der kommenden 30 Tage ab.
Wenn der VIX steigt, neigen die Aktien zu Rückgängen. Und umso stärker der Index steigt, desto stärker können die Preisrückgänge ausfallen. Der VIX deutet darauf hin, dass es am Aktienmarkt zu einer erhöhten Volatilität kommen wird.
Ein Blick auf den Goldpreis zeigt, dass das gelbe Metall den S&P 500 ausgestochen hat und geringere Kursschwankungen aufweist. Die jüngsten Kursschwankungen haben die vorangegangenen Zugewinne des S&P 500 wieder zunichte gemacht.
Der Angst-Index deutet also auf stürmische Zeiten am Aktienmarkt hin, während Gold wieder leicht an Fahrt gewinnt. Sollte sich die Europäische Zentralbank wieder zu Staatsanleihekäufen entschließen, wird Gold erneut nach oben klettern.
Und wo wird das Smart Money hingehen, während sich die Eurokrise vor unser aller Augen abspielt? Die Investitionsgelder werden in Gold fließen. Gold ist ein Wertaufbewahrungsmittel und profitiert von staatlichen Interventionen in den Kreditmärkten. Umso mehr Fiatgeld gedruckt wird, desto stärker steigt Gold. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten wertet Gold auf. Auf dem heutigen Preisniveau stellt Gold ein Schnäppchen dar. Verantwortungsvolle Bürger und besonnene Investoren schützen sich und ihr Vermögen vor den Ambitionen übereifriger Regierungsbehörden und der Währungsentwertung, indem sie ehrliches Geld halten.