Peter Schiff, Europac.net, 08.06.2012

Während eines vergangene Woche durchgeführten CBS-Interviews offenbarte Mark Zandi, Chefökonom der Ratingagentur Moody´s, unbeabsichtigt den zentralen Denkfehler des weltweiten Ökonomie-Establishments. Zandi hat es sich zur Aufgabe gemacht, stets die Gemeinsamkeiten von Demokraten und Republikanern herauszustreichen. Dank dieses Talents hat er bei den Mediennetzwerken, die überparteilich erscheinen wollen, Unmengen an Sendezeit bekommen, und das ungeachtet der Tatsache, dass es genau diese vermeintlich neutrale Art der Analyse ist, die die Zuschauerschaft einfach nur frustriert zurücklässt.

Als er zur jüngsten Abschwächung der Weltwirtschaft befragt wurde, sagte Zandi, dass ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone gegenwärtig „das schlimmstmögliche Szenario“ sei. Er behauptete, dass die wirtschaftlichen Verwerfungen und die Liquidierung fauler Kredite, die mit dem Euro-Austritt einhergingen, ausreichend seien, um einen Teufelskreis auszulösen, der die gesamte Weltwirtschaft wieder in die Rezession stürzt. Zandi forderte die politischen Entscheidungsträger auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Integrität der 17 Euroländer aufrecht zu erhalten.

Angesichts der Fakten, die den meisten Ökonomen heute bekannt sind, würden nur noch sehr wenige von ihnen behaupten, dass Griechenlands Betritt in die Eurozone in 2001 eine gute Idee gewesen ist. Fakt ist, dass die meisten von ihnen mittlerweile einräumen, dass der Beitritt Griechenlands eine ganz entsetzliche Idee war, die im Grunde auf miesen Prognosen und krassem Betrug beruhte.

Die Ökonomen sind sich mehr oder weniger einig darüber, dass Griechenland seine finanzielle Situation massiv verfälscht hat, um in die europäische Währungsunion zu gelangen. Darüber hinaus ist man sich weitgehend einig darüber, dass Griechenland seine durch den Euro hinzugewonnenen monetären Vorteile massiv ausschlachtete, indem es unverantwortlich Kredite aufnahm.

Es wurde ja bereits sehr viel darüber geschrieben, dass das fundamentale Missverhältnis zwischen der griechischen Wirtschaft und der europäischen Einheitswährung ein unglaublich fehlerhaftes System hervorbrachte, das von Anfang an zum Scheitern verdammt war. Überdies sind die meisten der Auffassung, dass Länder wie Deutschland und Griechenland wirtschaftlich wie auch kulturell viel zu verschieden sind, als dass man ihnen eine gemeinsame Währung überstülpen könnte.

Doch ungeachtet all dieser Tatsachen, will Zandi weiter am Status Quo festhalten. Seiner Auffassung nach ist die Verhinderung der deflationären Folgen einer wirtschaftlichen Restrukturierung von so hoher Wichtigkeit, dass es vorzuziehen ist, ein gescheitertes System (wohlmöglich auf immer und ewig) aufrecht zu halten, anstatt zuzulassen, dass ein neueres, gesunderes System an seine Stelle tritt.

Die im Rahmen dieses Prozesses heraufbeschworenen moralischen Fehlanreize haben aber nicht nur zur Folge, dass Griechenland für Europa zu einer immer größeren Last wird, sondern auch die politischen Führer anderer Länder in ihrer Verschwendungssucht weiter bestärkt werden, da sie davon ausgehen, dass auch sie mit ähnlichen Hilfen wie die Griechen rechnen können.

Aus der Perspektive Zandi’s – und das ist mit Sicherheit die Mehrheitsmeinung unter den Ökonomen – besteht das Ziel der Wirtschaftspolitik darin, dass das Bruttosozialprodukt weiter zulegt. Daraus folgt dann auch, dass er sich gegen umfassende Schuldenliquidierungen aussprechen wird, da sie das BSP natürlich kurzfristig in die Tiefe ziehen. Doch manchmal müssen Schulden liquidiert werden. Schlechte Konzepte müssen abgeschrieben werden.

Wenn die Wirtschaften damit aufhören, gutes Geld schlechtem Geld hinterherzuwerfen, wird Kapital frei, um in wirtschaftlich sinnvollere Bereiche zu fließen. Doch Ökonomen und Politiker haben sich noch nie für langfristige Entwicklungen interessiert. Es scheint so, als besteht ihre Aufgabe darin, die Wirtschaft bis zum nächsten Wahltermin zu managen.

Und dieselbe Nach-mir-die-Sintflut-Mentalität beherrscht auch das ökonomische Denken im Hinblick auf die USA. All die Jahre künstlich niedriger Zinssätze und staatlicher Subventionen, die das Kapital in bestimmte Branchen lenkten und aus anderen Branchen heraus trieben, brachten eine Wirtschaft mit viel zu geringer Sparquote und Produktion und viel zu viel Kredit und Konsum hervor.

Die seitens der US-Notenbank Federal Reserve bereitgestellten ultraniedrigen Zinssätze dienen dazu, diese nicht tragfähige künstliche Wirtschaft am Leben zu halten. Höhere Zinssätze hätten zur Folge, dass das Kapital rasch in produktivere Wirtschaftsbereiche umgelenkt wird. Aber höhere Zinssätze könnten natürlich auch Deflation und Liquidation mit sich bringen – was nur die wenigsten Ökonomen riskieren wollen.

In den USA gibt es zu viele Einkaufscenter, die irgendwelches Zeug verkaufen, aber nicht genug Fabriken, die dieses Zeug herstellen. An den Hochschulen gibt es zu viele junge Menschen, die die freien Künste studieren, aber es gibt in der Arbeiterschaft nicht genügend Jugendliche, die sich Kenntnisse aneignen, die dann tatsächlich auch zu einer Zunahme ihrer Produktivität führen. Die Banken geben den Privatbürgern viel zu viele Kredite, damit sie sich Eigenheime kaufen können, während die Unternehmer nicht genug Geld erhalten, um ihre Ausstattung zu finanzieren. Wir haben zu viele Steuer-Absahner, die auf dem Karren sitzen, und nicht genügend Steuerzahler, die den Karren ziehen. Die Liste der Probleme ist lang, die Liste der Lösungen hingegen kurz und bündig.

Man muss die Zinssätze auf Marktniveaus steigen lassen und es der Wirtschaft erlauben, sich ganz ohne staatliche Einmischung zu restrukturieren. Wir müssen aufhören, auf einen toten Gaul einzuschlagen und stattdessen ein Tier vor den Karren spannen, das tatsächlich auch über Zugkraft verfügt. Ja, für viele wird dieser Prozess sehr schmerzhaft sein – aber genauso, wie wenn man ein Pflaster abreißt, werden die Schmerzen auch schnell wieder verflogen sein.

Da eine schmerzliche Restrukturierung der Wirtschaft aber Rezession bedeutet, sträuben sich die Politiker dagegen – weshalb wir dann auch eine fingierte und sinnlose Erholung bekommen anstatt eine echte Erholung, bei der produktive Arbeitsplätze entstehen und die den Lebensstandard erhöht.

Indem man ein kaputtes System aufrecht erhält, um den notwendigen Schmerzen aus dem Weg zu gehen, macht man die Situation nur noch schlimmer. Indem man Wirtschaftssektoren stützt, die eigentlich schrumpfen sollten, verhindert man, dass die entsprechenden Ressourcen in Wirtschaftsbereiche fließen können, die eigentlich wachsen müssten. Dadurch, dass die Arbeiter weiterhin in unproduktiven Anstellungen gehalten werden, bewahrt man sie davor, in anderen Beschäftigungsverhältnissen produktiver zu sein. Indem man im Markt zu Aktivitäten und Verhaltensweisen ermutigt, die ansonsten abgestraft würden, entmutigt man Aktivitäten, die ansonsten belohnt würden.

Bedauerlicherweise ist Politik für die Entscheidungsträger auf beiden Seiten des Atlantiks ein höheres Gut als die Wirtschaft – und Ökonomen wie Mark Zandi versorgen sie auch noch mit den entsprechenden Rechtfertigungen, um damit ungeschoren davon zu kommen.

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