Doug Casey, Casey Research, 18.06.2012
Ich bin der Meinung, dass es in Wirklichkeit nur zwei Gründe gibt, warum man über einen signifikanten Geldbetrag verfügen sollte: Um einen hohen Lebensstandard beibehalten zu können und seine persönliche Freiheit zu gewährleisten. Natürlich gibt es noch weitere, aber weniger wichtige Gründe. Hierzu gehören: Um es sich selbst zu beweisen, um das Versagen in anderen Gebieten zu kompensieren, um andere zu beeindrucken, um ein Vermächtnis zu hinterlassen, um dabei zu helfen, dass die eigenen Gene weitergetragen werden oder vielleicht, weil man glaubt, dass man mit seiner Zeit nichts Besseres anzufangen weiß.
Doch abgesehen von den zwei Hauptgründen erachte ich all die anderen Gründe eigentlich eher als psychologische Schwächen. Im Grunde gibt einem Geld die Freiheit, das zu tun, was man möchte, und zwar wann, wie und mit wem man will. Geld erlaubt es einem, Dinge zu besitzen und Sachen zu tun, und es kann einem sogar dabei helfen, etwas zu sein, das man gerne sein möchte. Bedauerlicherweise ist Geld in der heutigen Welt aber eher wie eine Fata Morgana, und Milliarden werden sich in den kommenden Jahren einfach in Luft auflösen.
Wie Ihnen bekannt ist, gehe ich davon aus, dass wir uns seit mindestens vier Jahren in einer Phase befinden, die ich als „Größere Depression“ bezeichne. Es gibt viele Menschen, die glauben, dass wir gerade eine Wirtschaftserholung erleben. Aus langfristiger Perspektive halte ich diese Auffassung jedoch für totalen Schwachsinn. Wir befinden uns schlicht im Auge des Sturms, und die andere Seite des Sturms wird bald auftauchen. Dieses Mal wird es aber bedeutend schlimmer werden als das, was wir in 2008 und 2009 sahen, und es wird eine ganze Weile anhalten – vielleicht sogar viele Jahre, das hängt davon ab, wie idiotisch die Regierungen reagieren werden.
Die wirklichen Gründe, optimistisch zu sein
Natürlich gibt es Gründe, warum man optimistisch sein sollte, und wenigstens zwei dieser Gründe machen auch Sinn.
1. Jeder Mensch möchte seinen wirtschaftlichen Status verbessern. Viele (aber mit Sicherheit nicht alle) Menschen erahnen intuitiv, dass die sicherste Methode, seinen wirtschaftlichen Status aufzuwerten, darin besteht, dass man mehr produziert als man konsumiert und die Differenz spart. Dadurch wird Kapital gebildet, das wiederum investiert bzw. an produktive Unternehmen verliehen werden kann. Aber was ist, wenn die Marktkräfte ein solches Verhalten unmöglich oder zumindest bedeutend schwerer machen, als es eigentlich sein sollte?
2. Der technologische Fortschritt – also die Fähigkeit, die Ressourcen der Welt so zu manipulieren, dass sie unseren Wünschen entsprechen. Forscher und Ingenieure entwickeln Technologien, die dann zur Kapitalversorgung mit hinzukommen. Umso komplexer die Technologie wird, desto mehr Kapital muss von außen zugeführt werden. Aber was ist, wenn von den Menschen und Unternehmen nicht genügend Kapital generiert wird, um die technologischen Fortschritte weiter zu finanzieren?
Im Leben gibt es für nichts eine Garantie. Während der ersten paar hunderttausend Jahre der Menschheitsgeschichte wurde nur sehr wenig Kapital gebildet – vielleicht wurden an die nächste Generation ein paar Felle oder Speerspitzen weitergereicht. Und es gab auch nur sehr kleine technologische Fortschritte. Zwischen der Zähmung des Feuers und der Erfindung, na sagen wir, eines Bogens lagen Jahrtausende. Die Dinge verbesserten und beschleunigten sich eher stufenweise: Der Antike folgte das Mittelalter und dem folgte dann die Neuzeit.
Vor 200 Jahren setzte dann schließlich die Industrierevolution ein, und es sah ganz danach aus, als hätten wir uns auf den Weg gemacht, zu den Sternen zu fliegen. Mit einem Mal war das Leben nicht mehr zwingend einsiedlerisch, arm, gemein, brutal oder kurz.
Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass sich die Dinge auch weiterhin verbessern werden, wohlmöglich sogar mit einer sich beschleunigenden Rate. Das wird aber nur passieren, wenn die Menschen mehr Kapital schaffen, als sie konsumieren, und von diesem Kapital dann auch genug in produktive Technologie fließt.
Die wirklichen Gründe, pessimistisch zu sein
Die zwei Hauptquellen menschlichen Fortschritts besprachen wir gerade: Kapitalbildung und Technologie. Bedauerlicherweise ist diese Wahrheit, dieses Grundlagenverständnis jedoch in dem Morast einer Unzahl falscher und zerstörerischer Theorien untergangen – ein Umstand, der noch dadurch begünstigt wird, dass die Welt mittlerweile derart komplex geworden ist, dass es sich für die meisten Menschen viel zu schwierig gestaltet, Ursache und Wirkung auseinanderzuhalten.
Ferner haben sich die meisten Menschen der OECD-Länder seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs so stark an die guten Zeiten gewöhnt, dass sie allen Ernstes glauben, wirtschaftliches Wohlergehen sei ein automatisch entstehender und permanenter Bestandteil des Kosmos. Kurzum: Obwohl ich sehr optimistisch bin, ist der Fortschritt – zumindest wenn wir auf einen kürzeren Zeitraum blicken – keineswegs garantiert.
Es gibt zwei Hauptgründe dafür, warum der Lebensstandard in den Industrieländern künstlich hoch gewesen ist – das darf man aber auf keinen Fall mit den zwei oben genannten Hauptgründen, die langfristig zum Wohlergehen beitragen, durcheinanderbringen:
1. Schulden. Schulden an sich sind nichts Schlimmes. Die Kreditvergabe ist eine der Methoden, wie Kapitalbesitzer Kapital zum Einsatz bringen können. Will sich eine Gesellschaft weiterentwickeln und voranschreiten, müssen die Schulden jedoch vornehmlich auf produktive Zwecke beschränkt bleiben, so dass sich die Schulden am Ende selbst liquidieren. Der überwiegende Teil dieser produktiven Kredite ist logischerweise kurzlaufend.
Fakt ist aber, dass der Großteil der Billionen an Schulden, die es gegenwärtig in der Welt gibt, nicht für die Produktion bestimmte Verbraucherkredite sind. Und diese Schulden liquidieren sich nicht von selbst, sondern türmen sich immer weiter auf. Bei dem überwiegenden Teil dieser Schulden handelt es sich dann auch noch um langfristige Verbindlichkeiten, die in keinerlei Zusammenhang zu irgendeinem speziellen Vermögenswert stehen.
Ein Kreditgeber ist in der Lage, den Wert eines kurzlaufenden Kredits realistisch einzuschätzen. Im Gegensatz dazu ist es jedoch unmöglich, eine realistische Werteinschätzung bei Schulden vorzunehmen, die erst in 30 Jahren beglichen werden müssen. Bei all den Staatsschulden, Hypothekenschulden, Verbraucherschulden und fast allen Studentenkrediten wird dem Kreditnehmer im Grunde erlaubt, von dem Kapital anderer zu leben. Der Kreditnehmer wird zum Schuldensklaven einer unsicheren Zukunft. Dieser Aspekt ist im Grunde von der gesamten Welt übersehen worden, genauso wie man die meisten anderen Grundsätze soliden Wirtschaftens einfach in den Wind schrieb.
2. Die Inflation. Genauso wie Schulden verführt auch die Inflation die Menschen dazu, über ihre Verhältnisse zu leben, nur das die Folgen der Inflation noch schlimmer sind, weil sie indirekt und zeitverzögert zum Tragen kommen.
Wenn die Zentralbank nächsten Montag auf jedes Konto USD 10.000 überweist, glaubt auf einmal jeder, mehr Geld zu besitzen, und fängt damit an, mehr zu konsumieren. Dadurch würde ein Wirtschaftszyklus gestartet. Der Wirtschaftszyklus ist immer das Resultat einer Inflation – ganz egal, wie subtil oder moderat die Inflation auch ausfallen mag. Und ein Wirtschaftszyklus hat bisher noch immer zu einer Depression geführt.
3. Der Export von US-Dollars. Das ist ein Punkt, der speziell für die USA gilt und der Grund dafür sein wird, dass die Wirtschaftsdepression in den USA in vielerlei Hinsicht schlimmer sein wird als in den meisten anderen Regionen. Seit den frühen 70er Jahren wird der US-Dollar so genutzt, wie dies zuvor nur Gold vorbehalten war – nämlich als Weltreservewährung. Das Problem ist, dass die USA bereits rund USD 7 Billionen ins Ausland exportiert haben und dafür im Gegenzug Waren und Dienstleistungen importierten. Für einen gewissen Zeitraum ist das natürlich ein ganz großartiges Geschäft: Die Ausländer erhalten kostenlos produziertes Papiergeld, während sich die Amerikaner in Waren und Dienstleistungen suhlen, die sie mit diesen Dollars kaufen können.
Es wird aber schon bald der Punkt kommen, wo Dollars nicht mehr so selbstverständlich akzeptiert werden wie heute. Am Anfang werden die cleversten Investoren damit beginnen, den Schwarzen Peter weiterzureichen, und letztendlich werden die meisten Dollars wieder in die USA zurückkehren, um dort Eigentumstitel und Unternehmen zu erwerben. Die Amerikaner werden dann feststellen, dass sie ihr Leben in die Schuldknechtschaft verkauft haben, nur um ein paar Fernseher und irgendwelchen anderen Nippes zu bekommen. Viele Ausländer werden auf ihren Dollars aber einfach sitzen bleiben und gigantische Verluste einfahren. In Wirklichkeit ist es ein Spiel, bei dem es keine Gewinner gibt.
Was kommt als nächstes?
Die letztgenannten drei Aspekte haben es der Welt im Grunde ermöglicht, über Jahrzehnte hinweg über ihre Verhältnisse zu leben. Dieser Prozess wurde von den weltweiten Regierungen noch massiv begünstigt. Die Menschen lieben es, über ihre Verhältnisse zu leben, und die Regierungen ziehen es vor, die Massen ruhig zu stellen.
Mit den Schulden und der Inflation wurde das fortwährende Anwachsen des Wohlfahrtsstaats finanziert, der einen großen Prozentsatz der Bevölkerung in Abhängige verwandelte und in den vergangenen 60 Jahre dafür sorgte, dass der Umfang und die Macht des Staats massiv ausgeweitet wurde.
Die Massen sind mittlerweile zu der Auffassung gelangt, dass es sich beim Staat um irgendeine zauberhafte Einrichtung handeln muss, die praktisch über unbegrenzte Fähigkeiten verfügt – zum Beispiel die Fähigkeit, der Wirtschaft Gutes zu tun und ihr beizustehen, wenn es rauer wird. Die Sorte von Menschen, auf die der Staat eine Anziehungskraft ausübt, ist darauf aus, den Staat in ein Allheilmittel zu verwandeln – und es sind genau diese Menschen, die ihre Anstrengungen in den oben beschriebenen fiskalischen und monetären Bereichen künftig sogar noch verdoppeln werden, nur dass das Ganze zunehmend verheerendere Ergebnisse zeitigen wird.
Der Staat wird mit seinen Verordnungen (was man tun und sagen darf, was man mit seinem Geld machen darf) und Steuern (massive Steuererhöhungen sowie eine Vielzahl neuer Steuern wie Mehrwert- und Vermögenssteuer) richtiggehend aggressiv werden. Und da niemand darauf aus ist, die Verantwortung für die Probleme übernehmen zu müssen, werden sie alles aufs Ausland schieben. Die USA glauben sogar, dass sie noch Glück haben, da sie über ein riesiges Militär verfügen, das sie dann unkoordiniert zum Einsatz bringen werden. Die bereits völlig bankrotten NATO-Länder werden sich also ein noch tieferes Loch schaufeln, da es zu einigen ernsten neuen (Ablenkungs-)Kriegen kommen wird.
Es ist wirklich tragisch, aber die USA und ihre Verbündeten werden sich in autoritäre Polizeistaaten verwandeln, noch stärker, als dies heute bereits der Fall ist. All diese Länder werden sich dann perfekt mit dem Wort „faschistisch“ beschreiben lassen: Der Privatbesitz von Konsum- und Kapitalgütern wird staatlicherseits überwacht werden. Der Faschismus operiert völlig losgelöst von irgendwelchen Grundprinzipien oder irgendeiner Philosophie. Es bedeutet schlicht, dass man der Willkür der Menschen, die in Kontrolle sind, ausgeliefert ist – und diese Menschen werden sich als zunehmend skrupelloser erweisen.
Und was bedeutet das für diejenigen, die mehr Vermögen anhäufen wollen als der Durchschnittsbürger? Es bedeutet schlicht, dass man sich aufgrund dieser Entwicklung in einer eher problematischen Situation wiederfindet. Der allgemeine Lebensstandard und die persönliche Freiheit werden in sich zusammenbrechen. Und wer zur oberen Mittelklasse gehört – ich vermute einmal, dass die meisten, die das gerade lesen, dazugehören – wird ganz plötzlich als Reicher angesehen werden, der irgendwie für die schlechte Lage verantwortlich ist (ein in der Tat komplexes Thema, über das es sich zu diskutieren lohnt) und daher fertig gemacht werden muss. Das Entscheidende ist, dass man Maßnahmen ergreifen sollte, wenn man auf sein Vermögen und seine persönliche Freiheit Wert legt.
Zu diesem Thema ließe sich in der Tat noch viel mehr sagen, und ich habe die vergangenen Jahre diesbezüglich bereits weitreichende Ausführungen gemacht. Ich denke daher, dass es das Beste ist, wenn ich mich hier kurz halte und nur die wichtigsten Dinge herausstreiche. Im Grunde ist es von entscheidender Bedeutung, dass man jetzt handelt, da sich die Welt zurzeit noch in einer wirtschaftlich, finanziell, politisch, gesellschaftlich und militärisch sehr guten Situation befindet – eine Situation, die bedeutend besser ist, als es eigentlich gerechtfertigt wäre.
Was ist zu tun?
Unsere langjährigen Leser werden hier nichts Neues finden. Ich gehe jedoch davon aus, dass nur sehr wenige unserer Leser tatsächlich auch gehandelt haben, selbst wenn sie wissen, dass sie eigentlich handeln müssten. Gruppenzwang (Ich nehme einmal an, dass sie nur wenige oder gar keine Freunde, Familienmitglieder oder Geschäftspartner haben, die eine solche Auffassung vertreten.) und die Trägheit des Menschen sind sehr mächtige Wirkkräfte.
Dies vorausgeschickt sollten Sie folgendes tun:
1. Sie sollten über Bankkonten und Aktiendepots außerhalb des Heimatlands verfügen. Man kann auch über einen Vermögensschutztrust nachdenken. Das ist heute alles nicht mehr so einfach wie früher, aber derartige Maßnahmen dürften sich in Zukunft wahrscheinlich noch viel schwieriger gestalten.
2. Stellen Sie sicher, dass ein bedeutender Teil ihres Vermögens in Edelmetalle investiert ist. Ein großer Teil Ihrer Edelmetalle sollte im Ausland gelagert werden.
3. Kaufen Sie sich eine nette Immobilie im Ausland, idealerweise dort, wo Sie sich auch gerne für eine Weile aufhalten würden.
4. Versuchen Sie, die Aufenthaltsgenehmigung eines anderen Landes und eine zweite Staatsbürgerschaft, einen zweiten Reisepass zu bekommen. Das hat nur Vorteile und keinerlei Nachteile, was übrigens auch für die anderen drei Punkte gilt.
Eine Sache noch: Machen Sie sich nicht allzu viele Sorgen. Alle Länder scheinen hässliche Phasen durchzumachen. Während der letzten paar Jahrzehnte haben wir das sogar in großen Ländern wie Russland, Deutschland und China beobachten können. Unzählige kleine Länder waren davon betroffen – die Liste wäre viel zu lang, um sie hier alle aufzuführen. Die gute Nachricht ist, dass die Situation, letztlich zumindest, meist besser wird.