Jeff Nichols, Nicholsongold.com, 27.06.2012

Nachdem die US-Notenbank Federal Reserve am 20.06.2012 bekanntgegeben hatte, dass sie – zumindest bis auf Weiteres – keine neue Runde quantitativer Lockerungsmaßnahmen einleiten würde und sich stattdessen dazu entschlossen hat, einen moderateres geldpolitisches Belebungsprogramm namens „Operation Twist“ bis Ende dies Jahres fortzuführen, ging der Goldpreis innerhalb weniger Augenblicke um über USD 50 pro Unze zurück.

Bei Operation Twist verkauft die US-Notenbank kurzlaufende Schulden des US-Finanzministeriums, um mit den Verkaufserlösen dann langlaufende US-Staatsschulden zu erwerben. Das Programm zielt darauf ab, die Wirtschaft anzukurbeln, indem die mittel- und langfristigen Zinssätze gesenkt werden, ohne dabei das Geldmengenwachstum zu erhöhen.

Im Gegensatz dazu werden bei der quantitativen Lockerung (QE) die von der US-Notenbank gehaltenen Bestände von US-Staatsanleihen weiter ausgebaut – was von einigen auch als Ausweitung der Fed-Bilanz bezeichnet wird – wodurch neues Geld geschaffen und eine Beschleunigung des Geldmengenwachstums … und somit letztlich auch der Inflation ausgelöst wird.

Goldpreis auf Dollarbasis. Zum Vergrößern anklicken.

Die jüngsten Korrekturen am Gold- und Silbermarkt haben dafür gesorgt, dass einige Edelmetallexperten nun bereits Nachrufe auf die Metalle verfassen. Vergangene Woche war der Goldpreis in New York um über 3% zurückgegangen und von seinem jüngsten Hoch von USD 1.627 pro Unze auf USD 1.570 pro Unze abgesunken. Dadurch wurden alle dieses Jahr erzielten Zugewinne wieder abgegeben. Noch schlimmer: Seit dem Allzeithoch im September 2011 hat der Goldpreis rund 18% eingebüßt.

Silberpreis auf Dollarbasis. Zum Vergrößern anklicken.

Unterdessen fiel der Silberpreis um über 6% und sank von USD 28,75 pro Unze auf USD 26,90 pro Unze. Das weiße Metall notierte zu Handelsschluss am Freitag 3,4% schwächer als zu Beginn dieses Jahres und hat seit seinem Höchststand von April 2011 bereits über 45% eingebüßt.

Diese Rücksetzer bei Gold und Silber sind jedoch kein Signal dafür, dass bei den Edelmetallen nun ein Bärenmarkt einsetzt. Schlimmstenfalls verlangen diese Rücksetzer den Investoren und Sparern, die diese Metalle halten, mehr Geduld ab, da sie in einem immer noch sehr stark intakten Bullenmarkt bis zum nächsten Aufwärtsschub warten müssen.

Noch wichtiger: Durch die aktuelle Preisschwäche bei Gold und Silber wird dem gewieften Investor wie auch dem ängstlichen Sparer noch mehr Zeit eingeräumt, um sich den Schutz und die Finanzversicherung zu kaufen, die diese Metalle bieten.

Wann mit einem weiteren geldpolitischen Belebungsprogramm der US-Notenbank und dem nächsten bedeutenden Aufwärtsschub bei Gold und Silber zu rechnen ist, hängt zum einen von den Wirtschaftsmeldungen in Amerika ab – schlechte US-amerikanische Wirtschaftsmeldungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass weitere quantitative Lockerungsmaßnahmen eher früher als später einsetzen – und zum anderen von der sich abzeichnenden europäischen Finanzkatastrophe.

Ich gehe davon aus, dass die anhaltende Schwäche der US-Wirtschaft, speziell die unakzeptable Rate neu geschaffener Arbeitsplätze, dazu führen wird, dass die Fed im weiteren Jahresverlauf (vielleicht bereits beim nächsten Strategietreffen der Fed im August) oder Anfang 2013 eine neue Runde quantitativer Lockerungsmaßnahmen (QE3) einleiten wird – aber nur, wenn die Ereignisse in Europa nicht zuvor bereits konzertierte geldpolitische Konjunkturprogramme der Zentralbanken auf beiden Seiten des Atlantiks und des Rests der Welt notwendig machen.

Ungeachtet der Tatsache, dass es jetzt eine weitere Geldspritze für Europas kranke Wirtschaften und Banken geben wird, und ungeachtet der Entscheidungen, die auf dem kommenden EU-Gipfel Ende dieser Woche gefällt werden – die Eurozone wird weiter zu Boden gehen. Es besteht schlicht keinerlei Aussicht darauf, dass sich die Bürger in der Peripherie der Eurozone die Austerität, den Zusammenbruch ihrer Wirtschaften, die steigende Arbeitslosigkeit und den Verfall des Lebensstandards in den kommenden Jahren gefallen lassen werden.

Ich gehe davon aus, dass eine drohende, wenn nicht gar tatsächliche Pleite irgendeines Staats oder das Scheitern einer der großen europäischen Banken – was einige in Anspielung auf die US-Bankenkrise in 2008 auch „Lehman-Moment“ nennen – dazu führen wird, dass die US-Notenbank, die Europäische Zentralbank und die anderen Zentralbanken in Europa und Asien die Wirtschaften mit einer beispiellosen Menge an Geld fluten werden, was natürlich sicherstellt, dass Gold und Silber wieder einmal glänzen werden.

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