Die politischen Führer Europas spielen mit dem Feuer. Die einzige Antwort, die sie kennen, ist, immer mehr frisch gedrucktes Geld an die Frontlinien zu pumpen
John Browne, Europac.net, 28.06.2012
Die Weltwirtschaft befindet sich an der Schwelle eines bedeutenden Wandels. In Europa braut sich gerade eine Krise zusammen, die den Kontinent in zwei miteinander konkurrierende Blöcke spaltet. Und während die politischen Führer in diesem Angsthasenspiel untereinander auf Konfrontationskurs gehen, kann der Rest der Welt den Zeitlupen-Crash nur machtlos mitverfolgen.
Die politischen Führer auf beiden Seiten des Atlantiks begreifen weder, wie fragil die heutige Weltordnung ist, noch welche Kräfte sie hier eigentlich vom Zaum lassen. Das ist durchaus vergleichbar mit der politischen Situation, wie sie vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs zu beobachten war.
Zu jener Zeit war der überwiegende Teil der politischen Führer Europas nicht auf Tod und Zerstörung aus. Trotzdem waren diese gewöhnlichen Männer Gefangene ihrer nationalistischen Wahnvorstellungen und eines komplexen Vertrags- und Bündnissystems, das sie nicht logisch durchdacht hatten. Im Ergebnis führte das zu einer Situation, wo ein einziger Mordanschlag ausreichte, um ein Blutbad auszulösen, das sich über den gesamten Kontinent erstreckte.
Und obschon wir uns heute nicht am Rande eines neuen Weltkriegs befinden, sind die jetzigen politischen Führer nichtsdestotrotz mit wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen ähnlichen Ausmaßes konfrontiert. Konfrontiert mit wirtschaftlichen Problemen, die sie schlicht nicht verstehen, und politischen Problemen, die sie nicht angehen wollen, hoffen sie darauf, die bestehenden Probleme dadurch lösen zu können, dass sie immer größere Mengen frisch gedruckten Geldes in die Wirtschaften pumpen.
Und genauso wie die politischen Führer vor dem Ersten Weltkrieg nicht in der Lage gewesen sind, die gigantischen Verluste zu antizipieren, die ihre Maßnahmen mit sich brachten, scheinen auch die jetzigen Führer gegenüber den Folgen einer ungehemmten Geldschaffung und des Ausbleibens wirtschaftlicher Reformen völlig blind zu sein.
Das letzte G20-Treffen war ein perfektes Beispiel dafür. Obwohl man auf der Konferenz hochtrabende Reden schwang, wurden praktisch keinerlei wirksame Maßnahmen beschlossen. Unterdessen bewegt sich die Weltwirtschaft aber unvermeidlich weiter in Richtung einer Rezession, während die Angloamerikaner auf neue quantitative Lockerungsmaßnahmen drängen.
Wir hatten ja bereits darauf hingewiesen, dass der US-Dollar zurzeit eine vorübergehende Stärkephase durchläuft, während sich die Kräfte der Rezession immer stärker herausbilden und Gold vor sich hindümpelt und auf Dollarbasis sogar Kursverluste zu verzeichnen hat.
Doch zum Ärger der Politiker führten alle vorangegangenen politischen Fehler und die bisherige Geldschaffung schlicht nicht zu den gewünschten Ergebnissen. Stattdessen verharrt die Arbeitslosigkeit nach wie vor auf hohem Niveau, während die Immobilienpreise in den meisten Regionen der Erde stagnieren, was die Moral der Verbraucher immer weiter aushöhlt. Die Unternehmen, die mit einer einbrechenden Verbrauchernachfrage, anhaltend hohen Steuern und gesetzgeberischen Unsicherheiten zu kämpfen haben, stellen kaum noch Arbeiter ein, so dass die Zahl der Langzeitarbeitslosen weiter anwächst.
Die keynesianischen Weltführer schauen voller Entsetzen auf das Scheitern ihrer Politik des billigen und leichten Geldes, mit der keine maßgeblichen Veränderungen erreicht worden sind. Die quantitativen Lockerungsmaßnahmen haben bei der Öffentlichkeit an Glaubwürdigkeit eingebüßt und sich mittlerweile sogar in eine politische Gefahr verwandelt.
Ungeachtet dessen erwägen die keynesianischen Zentralbanken weitere geldpolitische Lockerungsmaßnahmen. Beispielsweise denkt die Bank of England, die ihre USD 510 Milliarden schwere Lockerung im Mai beendete, bereits über eine erneute Flutung des britischen Bankensystems mit noch mehr Papiergeld nach, um die Kreditaufnahme der Unternehmen und Verbraucher wieder anzukurbeln.
In seiner alljährlichen Rede vor Londoner Finanziers erklärte der Gouverneur der Bank of England, Mervyn King, am 14.06.2012: „Angesichts der Hinweise auf eine Verschlechterung des Ausblicks, besonders bei den Weltmärkten, spricht immer mehr für weitere geldpolitische Lockerung.“
Andere Zentralbanken wie die US-Notenbank und die Europäische Zentralbank haben sich unterdessen darauf zurückgezogen, die quantitativen Lockerungsmaßnahmen mithilfe von Programmen wie „Operation Twist“ zu verschleiern und die Qualitätskriterien für die Wertpapiere, die sie als Sicherheiten akzeptieren, weiter abzusenken.
Doch ungeachtet all dieser alten wie auch neuen Tricks macht sich zusehends die Rezession breit. Und sie sind immer noch der Auffassung, dass das Drucken von noch mehr Geld die Antwort sei. Fast so wie die Generäle des Ersten Weltkriegs, die fortwährend neue Frontaloffensiven starteten, obwohl sich jeder zuvor erfolgte Angriff bereits als sinnlos erwiesen hatte, pumpen auch die heutigen Politiker immer mehr Fiatgeld an die Frontlinien.
Und, was sollten Investoren in einem solchen Umfeld tun?
Viele kaufen Edelmetalle. Sie tun das, um sich vor der Inflation abzusichern und dem Währungsverfall zu schützen. Doch da der Liquiditätsbedarf in Zeiten einer Rezession steigt, werden Gold und Silber oftmals abverkauft, um an Bargeld zu kommen. Und da sich nun gerade genau solch eine Rezession zusammenbraut, scheint es wahrscheinlich, dass diejenigen, die sich mit Edelmetallen vor der Inflation schützten, ihre Bestände verkaufen.
Im Ergebnis bleibt der kurzfristige Ausblick für Gold und Silber nach wie vor volatil und spiegelt im Grunde die chronische politische Unsicherheit wider. Langfristig dürften die Edelmetallpreise aber steigen – und zwar dann, wenn sich die versprochene Wirtschaftserholung als Reinfall herausstellt und in eine Depression verwandelt. Die dann einsetzende politische Panik und die Ängste vor einem Kollaps des Fiatgeldsystems dürften die Nachfrage nach diesen Vermögenswerten, die als sichere Häfen erachtet werden, weiter anheizen.
In einer Rezession ist Bargeld das wichtigste Gut, aber bei einem Währungsverfall zählt nur noch Gold. Die weltweiten politischen Führer drohen aufgrund ihrer Unwissenheit bezüglich wirtschaftlicher Funktionsmechanismen eine Welt gelähmter und völlig funktionsgestörter Währungen zu schaffen. Investoren sollten hier vorausschauend agieren und ihren Blick verstärkt auf Edelmetalle als sicherem Hafen richten.