Die jüngsten globalen Wirtschaftsdaten liefern uns erste Hinweise, welche verheerenden Auswirkungen die Gelddruck- und Schuldenorgien der Zentralbanken und Regierungen auf die Weltwirtschaft gehabt haben und welch entsetzliche Entwicklung uns in den nächsten Monaten noch bevorstehen dürfte

Wolf Richter, Testosteronepit.com, 02.07.2012

Es lässt sich nicht einmal mit dem Wort „übel“ beschreiben. Nein, ich meine nicht den US-Herstellerindex ISM, der ziemlich übel war und auf das schlechteste Niveau seit 2009 einbrach. Und hier ist auch nicht vom wichtigen Unterindex zu den US-Auftragseingängen die Rede, der mehr als übel war und mit einem Einbruch von 12,3% auf den tiefsten Stand seit Bestehen dieses Index eingebrochen ist. Ich meine auch nicht den JPMorgan Global Manufacturing Einkaufsmanagerindex, der echt übel war und auf das niedrigste Niveau seit Juni 2009 gesunken ist.

Das sind alles nur volatile Indizes, die sich im Handumdrehen auch wieder umkehren können – obwohl das wohl eher Wunschdenken sein dürfte.

Nein, das, was das Wort „übel“ nicht beschreiben kann, ist vielmehr der direkte Zusammenhang zwischen all diesen Indizes und der weltweiten Explosion der Haushaltsdefizite der Regierungen und den Gelddruckmaßnahmen der Zentralbanken, die nun bereits seit Jahren mit ohrenbetäubender Intensität als wirksames Mittel zur Belebung der Wirtschaft angepriesen werden.

Ja sicher, mit den Staatsschulden und den Gelddruckmaßnahmen konnten tatsächlich einige der weltweiten Märkte angekurbelt werden – wenn auch nicht alle. Bei den Aktienmärkten bestimmter europäischer Länder oder dem Aktienmarkt Chinas war das aber durchaus der Fall.

Und auch die weltweiten Wirtschaften konnten gestützt werden – wenn auch nur kurz und ungleichmäßig: Während die Staatsschuldenexplosion und die Gelddruckmaßnahmen in Griechenland zu einer vierjährigen Rezession führten, waren die Ergebnisse in USA nur mittelmäßig. In Deutschland und China führten die konjunkturbelebenden Maßnahmen unterdessen zu atemberaubenden Entwicklungen.

Die Renditen für hochwertige Schulden wie US-Staatsanleihen werden von den Zentralbanken seit Ausbruch der Finanzkrise praktisch auf null gehalten. Viele Renditen liegen mittlerweile sogar unter der Inflationsrate.

Und sie haben gigantische Mengen an Geld gedruckt, um damit Vermögenswerte zu kaufen, die nun in ihren Bilanzen verrotten: USD 18 Billionen „und weiter steigend“ oder „ungefähr 30% des weltweiten BSP“ befinden sich nun in den Bilanzen der Zentralbanken, so die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Das ist in der Tat ein riesiges geldpolitisches Konjunkturpaket.

Das weltweite fiskalische Konjunkturpaket – also defizitäre Staatsausgaben – nahm ebenfalls atemberaubende Ausmaße an. Japan führt die Liste unangefochten an. Das japanische Finanz-Chaos ist einzigartig: Bis März 2013, dem Ende des aktuellen Fiskaljahrs, wird sich die Bruttostaatsverschuldung auf über USD 14 Billionen oder 240% des BSP belaufen. 56% aller im aktuellen Fiskaljahr getätigten Staatsausgaben müssen über Schulden finanziert werden.

Und auch in den USA hat sich das Haushaltsdefizit die letzten zehn Jahre immer weiter in die Höhe geschraubt, was dafür sorgte, dass die Bruttostaatsverschuldung von USD 5,75 Billionen im Januar 2000 bis Dezember 2006 auf USD 8,68 Billionen anschwoll.

Und dann tauchte die Finanzkrise an der Oberfläche auf und im US-Kongress brach die Hölle los: Es wurden alle Schleusen geöffnet, so dass sich die Bruttostaatsverschuldung bis Dezember 2012 mit weit über USD 16 Billionen fast verdoppelt haben wird. Das Schulden/BSP-Verhältnis der USA liegt jetzt bereits über 100%.

Und auch China hat seine Wirtschaft mit Konjunkturpaketen vollgepumpt. Europa tat dasselbe – was die Krise aber nicht davon abhält, in der Peripherie zu wüten, während die Austeritätsmaßnahmen zu heftigen Haushaltsdefiziten führen.

Es scheint so, als sei die Party jetzt vorbei. All die Billionen sind in der Wirtschaft verbrannt und fehlverteilt oder schlicht aus dem Fenster geworfen worden – und alles, worauf man jetzt zurückblicken kann, sind Berge an Staatsschulden, eine Schuldenkrise in der Eurozone und Zentralbanken mit Bilanzen voll stinkender Giftmüll-Vermögenswerte, die mit frisch gedruckten Geldern aufgekauft worden sind.

Ich hatte bereits in einem früheren Artikel darüber berichtet, welche Auswirkungen die Geldpolitik der US-Notenbank auf den Eigenheim- und Arbeitsmarkt hat, doch jetzt zeigt der JPMorgan Global Manufacturing Einkaufsmangerindex den wirtschaftlichen Gesamtschaden, der durch die Zentralbankoperationen und Rekorddefizitausgaben der Staaten in weiten Teilen der Realwirtschaft angerichtet wurde:

Während der weltweite Einkaufsmangerindex mit 48,9 Punkten (alles unter der Marke von 50 Punkten deutet auf eine Wirtschaftsschrumpfung) auf den niedrigsten Stand seit Juni 2009 gefallen ist und die Produktion auf 49,3 Punkte sank, ist es der Unterindex der Auftragseingänge, der die schwersten Verluste einstecken musste und von 51,5 Punkten auf 47,8 Punkte einbrach. Dieser Rückgang korrespondiert mit dem historischen Einbruch bei den Auftragseingängen der US-Fertigungsbranche. Es handelt sich hier um einen schrecklichen Vorboten der Dinge, die uns in den nächsten Monaten noch bevorstehen.

Der aktuelle Rückgang ist in weiten Teilen auf die Entwicklung in der Eurozone zurückzuführen. Selbst das unerschütterliche Deutschland hat jetzt eine Talfahrt eingeleitet. Bisher hatte die europäische Schuldenkrise mit all ihren Aufs und Abs, ihren unerwarteten Wendungen und glücklichen Ausgängen, die sich dann stets als Vorspiel für das nächste Kapitel herausstellten, von den weltweiten Wirtschaftsdaten, die nur sukzessive Land für Land veröffentlicht werden, abgelenkt.

Mit dem weltweiten Einkaufsmangerindex liegt uns nun jedoch erstmals die Bestätigung dieses unablässigen Stroms verschiedener Daten vor: Die größten Wirtschaften der Welt haben sich abgeschwächt. Hierzu gehören auch die USA, China und Japan …

Und das trotz der schwindelerregenden Summen, die von den Regierungen wie auch den Zentralbanken als „Konjunkturpakete“ bereitgestellt worden sind!

Da durch diese konjunkturbelebenden Maßnahmen lediglich kurzfristig ein derart geringes Wachstum geschaffen werden konnte (und das auch nur ungleichmäßig) und die jüngsten Konjunkturmaßnahmen nicht einmal mehr kurzfristig wirken, stellt sich in der Tat die Frage, was passieren wird, wenn jetzt die nächste Wirtschaftsabschwächung über die Welt hereinbricht.

Die aus den Konjunkturmaßnahmen resultierenden Schulden werden zusehends größer, während aus den Bilanzen der Zentralbanken bereits die Jauche herausquillt. Jede weitere Belebungsmaßnahme wird die Situation nur noch schlimmer machen.

Ja sicher, vielleicht lassen sich die Märkte kurzzeitig wieder ankurbeln – aber die langfristigen Auswirkungen auf die Realwirtschaft sind ganz offenkundig negativ, was bedeutet, dass eine Fortführung dieser Strategie überhaupt nichts bringt, außer dass man auf einen gigantischen Trümmerhaufen gescheiterter fiskal- und geldpolitischer Maßnahmen zurückblicken kann.

Einige Zentralbanker haben sich bereits aus der Deckung gewagt und eingeräumt, dass ihre Lieblingstricks – die Nullzinspolitik und die quantitativen Lockerungsmaßnahmen – zur Lösung der Probleme rein Garnichts beitragen. Was die Zentralbanker bisher jedoch noch nicht einräumen (obwohl die ersten nun damit beginnen, entsprechende Andeutungen zu machen), ist, welches enorme Chaos durch diese Maßnahmen eigentlich angerichtet wird.

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