Jeff Nichols, Nichols on Gold, 27.07.2012
Enttäuschende Meldungen über den Zustand der US-Wirtschaft sind gute Meldungen für Gold-Investoren. Die jüngsten Wirtschaftsdaten zeigen, dass die US-Wirtschaft „im Dreck stecken geblieben ist“, um hier mal den Vorsitzenden der US-Notenbank Ben Bernanke zu zitieren. Und angesichts der Hinweise auf eine sich abschwächende Wirtschaft wird die US-Notenbank früher oder später eine weitere Runde an quantitativen Lockerungsmaßnahmen einleiten.
Fakt ist, dass die jüngste Goldpreisrally, die das gelbe Metall erneut über die psychologisch wichtige Marke von USD 1.600 pro Unze getrieben hat, die Markterwartung widerspiegelt, dass die Fed beim nächsten Treffen des Offenmarktausschusses vom 31.07. bis 01.08, wo die Geldpolitik beraten wird, erneute Wirtschaftsbelebungsmaßnahmen verkündet.
Aggressive Maßnahmen der US-Notenbank – beispielsweise in Form einer weiteren Runde an quantitativen Lockerungsmaßnahmen (QE3) oder einer Reduzierung des Einlagesatzes, also des Zinses, den die Zentralbank den Banken für die bei ihr geparkten überschüssigen Einlagen zahlt – könnten Gold einen schnellen Aufwärtsschub bescheren und dafür sorgen, dass das gelbe Metall seine Preisanstiege im Rahmen seines anhaltenden Bullenmarkts wieder fortsetzt.
Andererseits könnte Gold auch rasch wieder unter die Marke von USD 1.600 pro Unze absinken, sollte die Fed beim kommenden Treffen des Offenmarktausschusses keine aggressiven geldpolitischen Maßnahmen verkünden. Das ist zwar ein wenig wahrscheinlicher Ausgang … aber durch eine solche Entwicklung würde den Investoren eine weitere Möglichkeit eingeräumt werden, das gelbe Metall zu günstigen Preisen zu kaufen, bevor der nächste bedeutende Aufwärtsschub einsetzt.
Was auch immer geschehen wird, es ist ziemlich wahrscheinlich, dass die US-Wirtschaft noch eine ganze Weile auf der Stelle treten wird oder, noch schlimmer, direkt in die Rezession abtaucht. Und da der US-Kongress praktisch handlungsunfähig ist, während sich die US-Wirtschaft immer stärker dem sogenannten „finanzpolitischem Kliff“ annähert – also Steuererhöhungen bei gleichzeitigen Haushaltseinschnitten –, stellt die US-Notenbank in der Tat die letzte Verteidigungslinie dar, um einen katastrophalen Wirtschaftskollaps zu vermeiden.
Egal ob die US-Notenbank in den kommenden Tagen weitere Wirtschaftsbelebungsmaßnahmen verkünden wird oder nicht, die US-Wirtschaft ist auf alle Fälle mit einer Phase der Stagnation und einem rezessionsähnlichem Umfeld konfrontiert … und letztlich einer anhaltenden Periode immer stärker ausfallender geldpolitischer Maßnahmen ausgesetzt, die den Goldpreis bedeutend in die Höhe treiben werden.
Höhere Goldpreise sind aber nicht allein ein geldpolitisches Phänomen oder ausschließlich auf die wirtschaftlichen Aussichten der US-Wirtschaft zurückzuführen. Es gibt noch eine Reihe weiterer Faktoren und Einflusskräfte, die in den kommenden Jahren ihren Beitrag zu einem höheren Goldpreis leisten werden. Wir haben uns dieser einzelnen Aspekte in der Vergangenheit bereits im Detail angenommen und werden dazu auch künftig noch einiges zu sagen haben. Kurz gesagt gehören hierzu:
- Das langfristige Wachstum der Schmuck- und Investmentnachfrage in China, Indien und weiteren goldfreundlichen asiatischen Ländern – selbst wenn das Wirtschaftswachstum in diesen Wirtschaften zurückgehen sollte … und ungeachtet der kurzfristigen Widerstände gegenüber einem höheren Goldpreis, wie sie jüngst in Indien beobachtet werden konnten.
- Die zunehmende Marktpartizipation und Goldeigentümerschaft von US-amerikanischen und europäischen Privatinvestoren und institutionellen Investoren, da sich immer mehr Sparer und Investoren der Vorteile von Gold gewahr werden.
- Die anhaltenden weltweiten Käufe des Staatssektors – also die Goldkäufe von Zentralbanken, die in Gold unterinvestiert sind (hier vor allem China und Russland), enorme US-Dollarüberschüsse halten und nicht mehr länger gewillt sind, in Euro denominierte Wertpapiere anzuhäufen.
- Weitere geldpolitische Belebungsmaßnahmen durch die Europäischen Zentralbank, da sich die Rezession in Europa weiter verschlimmert und wahrscheinlich ein oder mehrere Länder der Eurozonen-Peripherie, die nicht in der Lage sind, die gesellschaftlichen und politischen Konsequenzen harter Austeritätsmaßnahmen durchzustehen, aus der europäischen Einheitswährung aussteigen werden.