Ron Hera, Hera Research, 20.08.2012

Die Gold-, Silber- und Rohölpreise stehen eng mit den Kursbewegungen des US-Dollars in Zusammenhang. Nach einer gesunden Konsolidierung begann der Goldpreis im August 2012 wieder anzuziehen. Zur selben Zeit trübten sich die Erwartungen bezüglich der Ernteerträge im Mittleren Westen der USA ein, weshalb Mais und Sojabohnen auf neue Hochs kletterten.

Höhere Nahrungsmittelpreise Ende 2012 oder in 2013 könnten weitreichende destabilisierende geopolitische Folgen haben, die auf den Aktien lasten und Edelmetalle wieder glänzen lassen könnten. Und während die Milliardäre George Soros und John Paulson gegenwärtig Gold kaufen, befindet sich Silber seit geraumer Zeit in Backwardation. Die Silberstände der börsennotierten Rohstofffonds stiegen laut Bloomberg auf USD 16,2 Milliarden.

Und obwohl die zunehmenden geopolitischen Unsicherheiten – wozu auch Ängste bezüglich eines US-amerikanischen oder israelischen Kriegs mit dem Iran gehören – für einen Anstieg des Rohölpreises und ein erneutes Interesse an den Edelmetallen sorgten, ist das offenkundige Hauptproblem nach wie vor der US-Dollar bzw. der Euro.

Die Edelmetallminenaktien erreichten Mitte Mai dieses Jahres ein Tief, als der US-Dollar-Index (USDX) von 78,71 Punkten am 27.04.2012 um 5,5% (4,33 Punkte) auf 83,04 Punkte am 31.05.2012 in die Höhe schnellte. Bis zum 24.07.2012 war der USDX auf ein Zweijahreshoch von 84,10 Punkten geklettert, während die Renditen für spanische Staatsanleihen aufgrund anhaltender Sorgen über die europäische Schuldenkrise stark stiegen.

Am 02.08.2012 rutschte der US-Dollar um 2,25% (1,89 Punkte) auf 82,21 Punkte ab, kletterte dann jedoch wieder bis zum 17.08.2012 auf 82,60 Punkte … während Gold, Silber und die Edelmetallminenaktien Preisanstiege zu verzeichnen hatten.

Speziell die Goldminenaktien hatten aufgrund steigender Kosten, die mit höheren Energiepreisen und qualitativ minderwertigeren Goldadern in Zusammenhang stehen, zu leiden, was dazu führte, dass ihre Bargeldreserven wie auch die Renditen ihrer Kapitalanleger sanken. Die Goldnachfrage hält unterdessen jedoch unvermindert an, und die höheren Produktionskosten haben unter dem Goldpreis praktisch eine Preisdecke eingezogen.

Der entscheidende internationale Gradmesser für den Wert des US-Dollars ist der Ölpreis. Rezessionen, Depressionen und wirtschaftliche Abschwächungen in den USA, Großbritannien, Europa, China und Japan haben beim Öl zu einem Nachfragerückgang geführt, was den Ölpreisanstieg sogar noch abmilderte und den US-Dollar stärker machte, als er eigentlich ist.

Der schwächere Benzinverbrauch in den USA ist durch eine anhaltende weltweite Nachfrage und Ängste bezüglich eines Nahostkriegs – der die Öllieferungen durch die Straße von Hormus im Persischen Golf unterbrechen könnte – ausgeglichen worden. Obschon der Rohölpreis mittelfristig durchaus auf moderaten Niveaus verharren könnte, sollten die Spannungen im Nahen Osten gelöst werden können, scheint es nun jedoch zunehmend wahrscheinlicher, dass es in dieser Region aufgrund der steigenden Nahrungsmittelpreise Ende 2012 oder Anfang 2013 immer chaotischer werden wird.

Darüber hinaus ist es bedeutend wahrscheinlicher, dass der Konflikt zwischen den USA oder Israel und dem Iran eskalieren wird. Langfristig gesehen wird der Ölpreis aufgrund der wachsenden weltweiten Nachfrage und höherer Produktionskosten (zum Beispiel für schweres schwefelreiches Erdöl, Schieferöl usw.) steigen.

Schwache Fundamentaldaten des US-Dollars

Der US-Dollar ist aus fundamentaler Sicht schwächer, als aus dem US-Dollar-Index hervorgeht. Das Wirtschaftswachstum in den USA ist extrem schwach, und das trotz massiver defizitärer Staatsausgaben. Die US-Staatsverschuldung von rund USD 16 Billionen, das chronische Haushaltsdefizit von über USD 1 Billion pro Jahr und die nichtfinanzierten Verbindlichkeiten von über USD 62,3 Billionen sind – stellt man sie dem US-Bruttosozialprodukt von USD 15,29 Billionen (Schätzung 2011) gegenüber – nicht tragfähig.

Nach den „Allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen der Vereinigten Staaten“ (GAAP), bei denen auch nichtfinanzierte Verbindlichkeiten mit berücksichtigt werden, würde sich das Haushaltsdefizit der US-Regierung auf rund USD 5 Billionen belaufen.

Das Schulden/BSP-Verhältnis der USA liegt bei rund 100% und ist somit bedeutend schlechter als das von Spanien. Ferner sind die USA nach wie vor in Auslandskriege verstrickt und setzen ihren globalen „Kampf gegen den Terror“ fort – Aktivitäten, die bis zum jetzigen Zeitpunkt bereits mehrere Billionen Dollars gekostet haben.

Seit 2008 hat die US-Notenbank Federal Reserve einen bedeutenden Teil der US-Staatsanleihen gekauft. Dadurch wurde die Nachfrage nach US-Schulden künstlich erhöht, während man die Zinssätze unten hielt. Die Aufkäufe von Vermögenswerten durch die Federal Reserve – also der Aufkauf von hypothekarisch besicherten Giftmüllpapieren, die erste und zweite Runde der quantitativen Lockerung, „Operation Twist“ usw. – sind im Grunde „Gelddruckmaßnahmen“.

Das Gelddrucken führt zu einer Schwächung der Währung und Preissteigerungen, wodurch Sparer, Arbeitnehmer und praktisch alle Konsumenten abgestraft werden. Der Verbraucherpreisindex der US-Behörde für Arbeitsmarktstatistik zeigt kaum Veränderungen, doch ermittelt man die Inflation mit der offiziellen Berechnungsmethodik der 80er Jahre, liegt sie zurzeit bei 9%.

Die US-amerikanische Inlandsinflation ist für die Verbraucher bei den Nahrungsmittel- und Energiepreisen völlig offenkundig, auch wenn sich die Daten nicht im VPI widerspiegeln. Zu den steigenden Lebenshaltungskosten in den USA kommen auch noch sinkende Realeinkommen und die hohe Arbeitslosenrate hinzu.

Die US-Arbeitslosenrate deutet darauf hin, dass sich der US-Arbeitsmarkt in einem langfristigen und strukturellen Niedergang befindet. Speziell der Beschäftigungsanteil der Gesamtbevölkerung geht bereits seit über einem Jahrzehnt zurück.

Der US-Dollar müsste jedenfalls bedeutend schwächer sein, aber, um Sir Winston Churchill zu zitieren: „Der Dollar ist die schlimmste Währung – abgesehen von all den anderen Alternativen.“

Der US-Dollar-Index ist der geometrisch gewichtete Durchschnitt des US-Dollars im Vergleich zu dem Euro (57,6%ige Gewichtung), dem japanischen Yen (13,6%ige Gewichtung), dem britischen Pfund (11,9%ige Gewichtung), dem kanadischen Dollar (9,1%ige Gewichtung), der schwedischen Krone (4,2%ige Gewichtung) und dem Schweizer Franken (3,6%ige Gewichtung).

  • Der Euro (EUR) – Die Saga der europäischen Staatsschuldenkrise, die drohende Gefahr der Zahlungsunfähigkeit, Austerität gegen Wirtschaftswachstum, die Herabstufungen der Kreditwürdigkeit, die Last-Minute-Rettungen und die Bürgerunruhen halten unvermindert an. Der Euro ist in Wirklichkeit extrem schwach, weshalb der US-Dollar unnatürlich stark erscheint. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat kaum eine andere Wahl, als noch mehr Euros zu drucken, um das System zu retten.
  • Der japanische Yen (JPY) – Japans Rezession, die nach einer tragischen Serie wirtschaftlicher Schocks einsetzte – also dem Tsunami und der Atomkatastrophe in Fukushima in 2011 –, hatte zur Folge, dass die japanische Währung ins Land zurückströmte, wodurch die Nachfrage nach dem Yen an den Devisenmärkten stieg. Die Aufwertung des Yen machte massive Interventionen der Zentralbanken notwendig, Interventionen, die darauf abzielten, die Währung zu schwächen, um so den Handel zu stabilisieren.
  • Das britische Pfund (GBP) – Großbritannien steckt in einer schweren Rezession, und die Bank von England hat bereits eine ganze Reihe von Geldinjektionen durchgeführt, die das Pfund geschwächt haben. Ein Ende der Krise ist gegenwärtig nicht in Sicht.
  • Der kanadische Dollar (CAD) – Da die kanadische Wirtschaft eng mit der US-amerikanischen Wirtschaft verwoben ist, hat der kanadische Dollar seine Parität zum US-Dollar mehr oder weniger aufrecht erhalten, obwohl der kanadische Dollar historisch gesehen die schwächere der beiden Währungen ist.
  • Die schwedische Krone (SEK) – Die schwedische Wirtschaft ist auf Exporte angewiesen, und Schwedens größte Handelspartner sind in der europäischen Währungsunion beheimatet (Deutschland, Finnland, Frankreich, die Niederlande, Belgien usw.). Wenn die Krone aufwertet, gehen die schwedischen Exporte zurück.
  • Der Schweizer Franken – Die Schweizer Nationalbank hat den Schweizer Franken an den Euro gekoppelt und Investoren so eines traditionellen sicheren Hafens beraubt.

China

Aufgrund einer Wirtschaftsabschwächung hat China zurzeit damit zu kämpfen, seine Exporte und das BSP-Wachstum aufrecht zu halten. Zur selben Zeit wird es auch noch von der Inflation und den negativen Folgen regionaler Immobilienblasen geplagt. Der Renminbi (RMB) ist an den US-Dollar gekoppelt und wird von der chinesischen Zentralbank (PBoC) nach unten manipuliert, um die chinesischen Exporte zu stützen.

Aufgrund der relativen Schwäche der anderen Währungen (hauptsächlich des Euros, des britischen Pfundes und des Renminbis), verfügt der US-Dollar über eine trügerische Stärke. Und obwohl ein schwächerer US-Dollar hilfreich wäre, um US-Exporte zu stützen und das Außenhandelsdefizit zu senken, würden Sparer, Arbeitnehmer und ganz generell die Verbraucher durch die hohe Inflation abgestraft.

Eine Lösung der europäischen Staatsschuldenkrise, ein größerer und langfristigerer Refinanzierungsplan der EZB oder Hinweise auf eine wirtschaftliche Erholung in der Eurozone würden zu einem drastischen Einbruch des US-Dollars führen. Darüber hinaus würde Wirtschaftswachstum in den BRIC-Ländern (Brasilien, Russland, Indien und China) oder eine wirtschaftliche Erholung in China den Aufwärtsdruck auf die weltweiten Rohstoffpreise bedeutend erhöhen.

Im Gegensatz dazu wird eine anhaltende Abschwächung in China – was die wahrscheinlichere Entwicklung ist – zu einem Rückgang bei der Nachfrage nach unedlen Metallen führen, was für Silber bullisch ist, da der größte Teil des produzierten Silbers ein Nebenprodukt ist, das beim Abbau von unedlen Metalle anfällt.

Die Metalle der Platingruppe könnten aufgrund einer zurückgehenden Automobilnachfrage im Preis fallen, sollte sich die chinesische Wirtschaft weiter abschwächen. In den letzten zwölf Monaten sind die Autoverkäufe in China jedoch um 22,6% gestiegen.

Überdies könnte eine schwächere Fahrzeugnachfrage durch eine erhöhte Nachfrage nach Platin als sicherem Hafen kompensiert werden, und aktuell verzeichnen die Metalle der Platingruppe aufgrund der anhaltenden Probleme mit den Minenarbeitern in Südafrika auch steile Preisanstiege.

China bereitet sich gegenwärtig gemeinsam mit den anderen BRIC-Ländern, Südafrika und dem Iran auf eine systematische Abkehr vom US-Dollar vor. An irgendeinem Punkt wird diese zurzeit noch schrittweise erfolgende Abkehr des Welthandels vom US-Dollar eine kritische Masse erreichen und sich beschleunigen.

Der Verlust seines Status als Weltreservewährung stellt für den US-Dollar eine existentielle Bedrohung dar. Auf absehbarer Zeit hat jedoch keiner der bedeutenden weltweiten Marktakteure, sprich China, ein Interesse daran, den US-Dollar über Bord zu werfen. Trotz der schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den USA sind die US-Verbraucher heutzutage süchtiger denn je nach billigen China-Importen.

China ist ein bedeutender Goldproduzent und Goldimporteur, und die chinesischen Firmen kaufen auf der ganzen Welt aggressiv Rohöl und andere Bodenschätze auf. Nichtsdestotrotz konnte China seine Devisenreserven laut der PBoC im Juni dieses Jahres um weitere 1,9% auf USD 3,24 Billionen aufstocken.

Die PBoC und andere Zentralbanken haben von April 2011 bis März 2012 400 Tonnen Gold gekauft, während es von April 2010 bis März 2011 gerade einmal 156 Tonnen gewesen sind, so das World Gold Council.

Gold, Silber & Rohöl

Angesichts der schwachen Fundamentaldaten des US-Dollars und der Tatsache, dass seine Schwäche von einer Vielzahl an Faktoren überlagert wird, könnte es sein, dass die Preise plötzlich viel zu schnell in die Höhe schnellen werden, als dass die politischen Entscheidungsträger wie der Vorsitzende der Federal Reserve Ben Beranke noch darauf reagieren könnten.

Der US-Dollar ist anfällig gegenüber einer potenziellen Stabilisierung der Eurozone, einer über den Erwartungen liegenden Nachfrage der BRIC-Länder oder geopolitischen Verwerfungen, die mit höheren Nahrungsmittelpreisen in Zusammenhang stehen. Darüber hinaus könnten weitere Interventionen der US-Notenbank dafür sorgen, dass der US-Dollar steil im Wert fällt und es bei den Rohstoffpreisen zu drastischen Anstiegen kommt.

Der Druck auf die Federal Reserve, weitere geldpolitische Lockerungsmaßnahmen wie die dritte Runde quantitativer Lockerung oder ein ähnliches Programm einzuleiten, steigt. Gold, Silber und mit diesen Metallen in Zusammenhang stehende Minenaktien werden bis Ende 2012 im Preis anziehen und dürften dramatisch ausbrechen, sollten sich die aktuellen Trends weiter verschärfen.

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