Bisher konnte der Status Quo aufrecht erhalten werden, doch die Finanzrepression und die Marktmanipulationen lassen sich nur bis zu einem gewissen Punkt treiben, danach übernehmen die Märkte. Anleger und Sparer sollten sich auf diesen Tag vorbereiten
Robert Fitzwilson, King World News, 11.09.2012
Der Finanzmarktanalyst Jim Grant machte die scharfsinnig Beobachtung, dass die Welt, in der wir heute leben, eher der Welt ähnelt, wie sie in dem Film „Die Truman Show“ dargestellt wurde. In dem Film hat der Hauptdarsteller keine Ahnung davon, dass er ein künstliches Leben in einer Fernsehserie führt, um die Zuschauerschaft zu unterhalten. Es war alles nur Theater.
Und während wir gegenwärtig auf die zwei großen Ereignisse dieser Woche warten – die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Rechtmäßigkeit des Europäischen Stabilitätsmechanismus und die Ankündigung weiterer geldpolitischer Belebungsmaßnahmen durch die Federal Reserve am Donnerstag –, fühlt es sich in der Tat ein wenig wie in diesem Film an. Der Hauptunterschied besteht darin, dass die Zuschauerschaft in der echten Welt an dem Theater beteiligt ist.
Aller Vorausschau nach wird alles so weiterlaufen wie bisher. Im Grunde hat man auch keine andere Wahl, und das ist bereits seit geraumer Zeit so. Während die wirtschaftlichen Aktivitäten in den großen Wirtschaften der Welt immer weiter zurückgehen, muss man sich schon ordentlich anstrengen, um zu übersehen, was sich hier gegenwärtig abzeichnet.
Die Erklärung Japans, dass dem Land in nächster Zeit wahrscheinlich das Geld ausgehen wird, hat kaum Reaktionen hervorgerufen. Wir sind bezüglich der Ernsthaftigkeit unserer Situation und unseres wahrscheinlichen Schicksals mittlerweile völlig desensibilisiert.
Früher gab es noch wirtschaftliche Gegner. Heute haben wir es mit Wirtschaften zu tun, die kurz vor ihrem gemeinsamen Zusammenbruch stehen. Den Meldungen über die Arbeitslosenraten, Wachstumsraten und Inflation wurde früher noch eine gewisse Bedeutung beigemessen. Mittlerweile sind sie einfach nur noch Teil der Show.
Man bekommt das Gefühl, dass sich die einstigen Gegner jetzt zusammentun, um gemeinsam politische Strategien auszuarbeiten – und ihre Bürger hoffen einfach nur noch darauf, dass der Status Quo irgendwie aufrecht erhalten werden kann, obwohl jeder vernünftig denkende Erwachsene es eigentlich besser wissen müsste. Die konzertierten politischen Reaktionen sind vorgezeichnet.
Wo die Reise hingehen würde, war bereits Anfang 2009 klar. Die Bilanzen der weltweiten Zentralbanken waren relativ moderat, und es gab keine anderen Organisationen, die in der Lage gewesen wären, die USD 20 Billionen zur Verfügung zu stellen, die gebraucht wurden, um die Weltwirtschaft wieder aus ihrem Koma herauszuholen. Mit den Konjunkturpaketen wurde genau das bewerkstelligt.
Leider hat man aber die für unser Finanzsystem und unsere Wirtschaft notwendigen strukturellen Veränderungen nicht durchgeführt. Man hat nach dem Status Quo verlangt, und genau das wurde dann auch erreicht. Die Menschen diskutieren auf allen gesellschaftlichen Ebenen darüber, dass auch sie ihr Stück vom Kuchen abhaben wollen, während die Grundpfeiler unserer Wirtschaften verrotten.
Wir sollten nicht überrascht sein, wenn diese Woche überhaupt nichts Dramatisches passieren wird. Aller Vorausschau nach werden politische Erwägungen die deutsche Gerichtsentscheidung wie auch die Ankündigung der US-Notenbank bestimmen. Beide Ereignisse sind Teil der Show. Es kann keinen anderen Ausgang geben als noch mehr Vernebelungstaktik und noch mehr Gelddrucken.
Kurzfristig wird die Tatsache, dass alles beim Alten bleibt, natürlich positiv aufgenommen werden. Die Aktienmärkte dürften weiter nach oben kraxeln, und Gold, Silber und die Rohstoffe werden wohl dasselbe tun.
Die Zinssätze müssten normalerweise steigen – aber das wird nicht passieren. Die Finanzrepression ist voll im Gang und ein Anstieg der Zinssätze ist überhaupt nicht mehr möglich. Man kann sich nicht vorstellen, was geschehen würde, sollten die Zinssätze steigen. Nein, die Show wird einfach weitergehen bis der Vorhang fällt.
In unserem letzten Artikel über die späten 70er Jahre hatten wir ja versucht, einen Ausblick zu geben, wie die Show enden könnte. Festverzinsliche Einkommen werden vernichtet werden – aber zum Glück ist die Null eine effektive Begrenzung nach unten. Und obwohl sie die Marke Null nicht durchbrechen können, wird die Geschwindigkeit der Finanzvernichtung dieses Mal viel höher sein. Die Zinsen werden vor sich hindümpeln und dann urplötzlich explodieren.
Die Aktien werden solange steigen, bis das gesamte System damit beginnt, den Geist aufzugeben. In den 70er Jahren – als es zu einer Phase steigender Inflationsraten und steigender Zinssätze kam – fiel die Kursentwicklung von Gold dramatisch aus. Und während die Null für festverzinsliche Einkommen nach unten hin eine effektive Begrenzung darstellt, gibt es für den Aufwärtsschwung bei Gold keinerlei Begrenzungen. Wir gehen davon aus, dass die Preissteigerungen bei Gold um ein Vielfaches stärker ausfallen werden als in den 70er Jahren.
Einige Autoren haben die aktuelle Situation mit einem Wasserball verglichen, der von starken Kräften – der Finanzrepression – unter Wasser gehalten wird. Sollten diese Kräfte erst einmal nachlassen, schießt der Ball aus dem Wasser heraus.
All jene, die sich fleißig an den finanziellen Repressionsmaßnahmen beteiligen, hoffen natürlich darauf, dass der Druck nur in bestimmte Bereiche entlassen wird, so dass nur Aktien und Immobilienwerte steigen, während harte Vermögenswerte wie Gold, Silber oder andere Rohstoffe davon unberührt bleiben.
Die Zentralplaner glauben, dass die Zinssätze, der Gold- und Silberpreis und die Inflation ganz generell von unbeständiger Natur sind; Variablen, die mithilfe komplexer Strategien und Vernebelungstaktiken kontrolliert werden können. Diese Auffassungen sind aber einfach nur wahnhaft. Wenn dem Druck nicht mehr standgehalten werden kann, wird alles gleichzeitig aus dem Wasser schießen.
Und es gibt noch einen weiteren Aspekt, der zu beachten ist, wenn man den Wasserball unter Wasser drückt. Drückt man den Ball zu stark in die Tiefe, wird der Wasserdruck dafür sorgen, dass der Ball platzt. Das gibt große Rätsel auf und stellt eine Gefahr dar. Fallen die Repressionen nämlich zu stark aus, wird die Weltwirtschaft in Schutt und Asche gelegt. Fällt der Druck hingegen zu gering aus, könnten die Zinsanstiege und die Inflation Chaos anrichten.
Am Ende werden sich die Märkte durchsetzen, und auf diesen Tag kann man sich vorbereiten, indem man Realwerte wie Energie, Gold und Silber erwirbt.