Was den Bürgern als Lösung verkauft wird, ist nur ein Aufschieben der Probleme

Hans Heckel, Preußische Allgemeine Zeitung, 14.11.12

Griechenland erhält Ziele, die es so aber nie erreichen kann. Das wissen auch alle Beteiligten, doch die Bürger sollen es nicht erfahren.

Die offizielle Debatte zum Thema Griechenland verschiebt sich zunehmend ins Geisterhafte. Nach dem Beschluss, Athen „mehr Zeit“, also vor allem: mehr Geld zu geben, streiten sich Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker und die Präsidentin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, darüber, ob die Hellenen ihr Staatsdefizit bis 2020 oder 2022 auf 120 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung drücken sollen.

Beiden ist natürlich klar, dass ihre Ziele unrealistisch sind. Griechenlands Schulden werden stattdessen weiter steigen, ins Uferlose. Die Steuerverwaltung bleibt ein tragischer Witz, „Reformen“ stehen im Wesentlichen nur auf dem Papier. Was als „Rettung“ verkauft wird, ist nichts als das Aufschieben einer Lösung, wodurch die Probleme nur verschlimmert werden. Es geht nur darum, die uneinbringbaren Schulden von den Schultern privater Investoren auf die der europäischen, hauptsächlich deutschen Steuerzahler zu verlagern. Solange, wie das dauert, wird Rettungstheater gespielt.

Die „Fortschritte“, die Griechenland gemacht habe, bezeichnet Ifo-Chef Hans-Werner Sinn als „statistische Artefakte“. So wird behauptet, die Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft verbessere sich bereits. In Wahrheit sind bloß die unproduktivsten Betriebe pleite, weshalb der Durchschnitt der Übriggebliebenen nun ein wenig besser aussieht. Im Kern hat sich nichts getan. Doch auf derlei „Artefakte“ baut die Troika den „positiven Grundton“ ihres lange erwarteten Berichts – wie von den Regierungen bestellt.

Griechenland hat den anderen Krisenstaaten bewiesen, dass es keiner unangenehmen Reformen bedarf, um endlos weiter an die Milliarden zu kommen. So ist auch weiter nicht zu erwarten, dass Athens superreiche Reeder und andere Einkommensmillionäre an der „Rettung“ ihres Landes per Steuerzahlung beteiligt werden. Die Rechnungen landen im Norden der Euro-Zone. Das werden sich die Mächtigen in Spanien, Portugal oder Zypern gut merken.

Doch wenn es „nur“ ums Geld ginge: Die Aufmärsche bei Merkels Portugal-Besuch und die Randale zur Italien-Visite von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen zeigen wie die brennenden Deutschlandfahnen von Athen, wohin das „Friedensprojekt Euro“ die Völker geführt hat. Hier werden Wunden geschlagen, die in Jahren und Jahrzehnten nicht verheilen.

Und wir stehen erst am Anfang des Dramas: In Spanien steht der ganz große Schulden-Knall erst noch bevor, Frankreich wankt bedenklich. Zu allem Überfluss steht die Weltwirtschaft am Rande einer schweren Krise, die nicht mehr mit Gelddrucken und Schuldenverschieben zu übertünchen sein dürfte. Europa geht vom Euro schwer geschwächt in diese Krise, die auch Deutschland vom kommenden Jahr an mit voller Wucht treffen wird.

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