Der Silber-Analyst Ted Butler prognostiziert, dass es bei physischem Silber zu einer Angebotsverknappung kommen wird, da die Investmentnachfrage auch künftig weiter anhalten wird, und er rechnet damit, dass das weiße Metall bedeutend stärkere Zugewinne verbuchen wird als Gold

Lawrence Williams, Mineweb.com, 13.11.2012

Der Langzeit-Silber-Enthusiast Ted Butler – der vielleicht ein wenig zu stark auf die riesigen Silber-Shortpositionen fixiert ist, die von JPMorgan und anderen an der COMEX gehalten werden, und glaubt, dass der Silbermarkt gegenüber kriminellen Manipulationen dieser Organisationen extrem anfällig ist – ist auch als extrem genauer Analyst der der zugrunde liegenden Trends bekannt.

Und nun, wo sich die Edelmetalle nach den US-Wahlen ziemlich gut geschlagen haben, ist er der Auffassung, dass sich Gold zurzeit auf erneute und starke Anstiege vorbereitet … und diese Preisanstiege bei Silber sogar noch stärker ausfallen werden.

Das Gold/Silber-Verhältnis (GSV) liegt zurzeit bei rund 1:53 und ist in den letzten paar Tagen um 1% gefallen. Da Silber jedoch dazu neigt, Gold bei Preisanstiegen auszustechen und bei Preisrückgängen noch stärker zu fallen als das gelbe Metall, dürfte es nach Butlers Auffassung vor allem die Silberpreisentwicklung sein, die den künftigen Trend des GSV bestimmen wird.

Butler ist der Meinung, dass es für Goldinvestoren Sinn macht, in Silber umzuschichten, wenn sie davon ausgehen, dass die Edelmetalle in nächster Zeit Preissteigerungen verzeichnen werden – und das ist bei den meisten Goldanlegern ja der Fall, sonst wären sie ja nicht in das gelbe Metall investiert. Ob man das Metall nun hält, um Zugewinne zu erzielen oder sich vor den potenziell verheerenden Auswirkungen der Inflation zu schützen, hängt im Einzelnen von der jeweiligen Investmentphilosophie ab.

Butler glaubt aber, dass sich die Lage am physischen Silbermarkt weiter intensivieren dürfte, und rechnet mit Anspannungen bei der Silberversorgung. An der Rohstoffbörse COMEX scheint es in den vergangenen paar Wochen besonders hohe Handelsvolumen gegeben zu haben, und das deutet auf Anspannungen im Silbermarkt hin, da ein bedeutender Teil der sichtbaren und erfassten physischen Silberbestände augenscheinlich fortwährend hin- und herbewegt wird.

Und er ist der Meinung, dass die Silberbestände des großen börsennotierten Silberfonds SLV auch ein Hinweis auf die aktuell hohe Silbernachfrage der Anleger seien. Innerhalb von nicht mal einer Woche, so Butler, hätte der Fonds, der die weltweit größten Silberbestände hält, seine Bestände um knapp 4 Millionen Unzen ausgeweitet.

Die Silberbestände des SLV waren in den vergangenen 18 Monaten stärkeren Schwankungen unterworfen und lagen im April 2011 in der Spitze bei 370 Millionen Unzen. Butler ist der Meinung, dass das Besondere an den SLV-Beständen ihre Stabilität sei, auch und gerade während einiger ziemlich heftiger nach unten wie nach oben verlaufender Silberpreisbewegungen. Und er sagt, dass die Fundamentaldaten von Silber vor diesem Hintergrund außerordentlich stark seien und die Investmentnachfrage nun wieder an Fahrt aufgenommen hat.

Butler merkt an, dass die Silberbestände des SLV in den vergangenen 16 bis 17 Monaten eine außerordentlich hohe Stabilität aufgewiesen haben und von einer viel stärker diversifizierten Anlegergruppe gehalten werden als beispielsweise die Goldbestände des börsennotierten Goldfonds GLD, wo einige Mega-Investoren riesige Goldpositionen halten. Butler sagt, dass die von institutionellen Anlegern gehaltenen SLV-Anteile lediglich bei rund 16% liegen dürften, während es beim GLD 41% sind.

Und obschon in Panik geratene SLV-Investoren bei dem großen Preiseinbruch im Mai 2011 zwischen 50 und 60 Millionen Unzen Silber auf den Markt warfen, hielt die Mehrheit der Anleger an ihren Positionen fest, was darauf hindeutet, dass diese Anleger ihre Silberinvestments als langfristige Investments erachten.

Ein Argument, das von Gold- und Silberpessimisten vorgebracht wird, ist, dass die riesigen Gold- und Silberbestände der börsennotierten Fonds das Risiko von Massenabverkäufen und somit von Preisrückgängen erhöhen würden – im Allgemeinen lässt sich jedoch sagen, dass sich diese Befürchtungen nicht bewahrheitet haben, und dies ist laut Butler auch unwahrscheinlich. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall; jetzt würden nämlich neue Investmentgelder in den Markt strömen.

Doch die wirklich große Meldung von letzter Woche im Hinblick auf den physischen Silbermarkt kam nach Butlers Dafürhalten aus Kanada: Die kanadische Münzprägeanstalt, die Royal Canadian Mint, hat jetzt ihr eigenes ETF-Silberinvestmentprodukt, den PSLV, aufgelegt. Die Royal Canadian Mint kaufte vergangene Woche 3 Millionen Unzen Silber, und es scheint, als hätte auch Sprott rund 7,5 Millionen Unzen Silber gekauft.

Wenn zwei Organisationen plötzlich Silberbestände kaufen würden, die normalerweise der Menge aller monatlich verfügbaren 1.000-Unzen-Silberbarren entsprechen, müsste das, so Butler, eigentlich zu Preissteigerungen führen. Der Silberpreis ist gestiegen, aber Butler fragt sich, ob diese Anstiege ausreichend hoch sind, um dem Umfang der Transaktionen Rechnung zu tragen.

Er ist nicht dieser Auffassung, und die einzige Erklärung, warum diese zwei Großkäufe, mit denen buchstäblich die gesamte neue Silberproduktion aufgekauft wurde, den Preis nicht in die Höhe treiben, sei, dass der Silbermarkt massiv manipuliert würde (was er ja bereits all die Jahre behauptet). Die relativ moderaten Silberpreisbewegungen könnten nur durch die künstlichen und vorübergehenden Preismanipulationen erklärt werden, so Butler.

Butler weist auch auf die Verkäufe der U.S. Silver Eagles, der Silber-Anlagemünzen der US-Prägeanstalt, hin, die Anfang November sehr stark ausfielen, was auf potenzielle Versorgungsengpässe im Silbermarkt hindeuten könnte, da die US-Prägeanstalt im Vergleich zu ihren Goldverkäufen aktuell so viel Anlagesilber verkauft wie noch nie.

Butler glaubt, dass es für eine Silberverknappung nicht viel brauchen würde und die großen Halter von Shortpositionen sofort überrannt werden würden, sollte der Markt zu der Auffassung gelangen, dass eine Silberverknappung unmittelbar bevorsteht.

Er glaubt, dass Ereignisse wie die Aufkäufe der großen Royal Canadian Mint und von Sprott in Verbindung mit starken Anstiegen bei der Investmentnachfrage letztlich dazu führen könnten, dass die Marktstimmung kippt. Die Aussicht auf eine physische Angebotsverknappung würde dann alle Manipulationsversuche zunichtemachen. Butler sieht angesichts der Ereignisse von letzter Woche keine Möglichkeit mehr, wie eine Angebotsverknappung im physischen Silbermarkt noch verhindert werden könnte.

Butler kommt zu dem Schluss, dass es letztlich die industriellen Silberverbraucher sein werden, die den Preis des weißen Metalls in die Höhe treiben – und zwar dann, wenn sie im Rahmen einer Angebotsverknappung alle gleichzeitig versuchen, ihre Silberbestände auszubauen. Das ist für die industriellen Silbernutzer laut Butler ohnehin das Beste: Heute, solange das physische Silber noch erhältlich ist, so viel davon zu kaufen als möglich, anstatt später Schlangestehen zu müssen.

Natürlich hat Butler seit sehr langer Zeit extrem deutliche und extrem positive Auffassungen bezüglich des Werts von Silber als Investment, und man sollte diese Auffassungen auch als solche erachten – aber nichtsdestotrotz haben auch diese Einschätzungen ihre Berechtigung. Nur die allerwenigsten Analysten, wenn überhaupt, verfolgen den Silber-Machenschaften an der COMEX so intensiv, wie er es tut, und die Ereignisse, die sich dort abspielen, scheinen zurzeit in der Tat den stärksten Einfluss auf den Silbermarkt zu haben.

Und natürlich gibt es den grundlegenden Trend, dass Silber den Auf- und Abstiegen von Gold folgt – doch sollte Gold seinen Aufwärtstrend weiter fortsetzen und es bei Silber tatsächlich zu einer Angebotsverknappung kommen, so wie es von Butler in seiner Analyse nahegelegt wird, könnte der Preissprung bei Silber ziemlich dramatisch (oder „atemberaubend“ wie Butler sagt) ausfallen. In der Zwischenzeit – also bis die Märkte tatsächlich von einer Verknappung ausgehen – dürfte es aller Vorausschau nach jedoch so sein, dass Silber das gelbe Metall bei Preisanstiegen überflügelt und bei Preisrückgängen stärker fällt als Gold.

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