Michael Pento, King World News, 08.12.2012
Die vorherrschende Meinung an Wall Street ist, dass Gold und die Rohstofftitel in 2013 auf der Stelle treten werden, da die Realzinsen demnächst wieder steigen würden. Beispielsweise senkte Goldman Sachs seine 12-Monats-Goldpreisprognose um 7,2%.
Das Edelmetall stünde „kurz vor einem Wendepunkt“, so das Unternehmen. Und obwohl das Metall laut den Analysten von Goldman Sachs in 2013 leichte Anstiege verzeichnen könnte, dürften eine wachsende US-Wirtschaft und der sukzessive Anstieg der Realzinsen dafür sorgen, dass die Investoren in andere Anlageklassen gehen.
Im Hinblick auf die Eurozone erklärte der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, diese Woche, dass man intern darüber diskutiert habe, einen negativen Einlagesatz zu erheben. Mit anderen Worten: Es wurde darüber diskutiert, den Banken Kosten in Rechnung zu stellen, wenn sie ihre Gelder bei der EZB parken.
Bei dem jüngsten EZB-Treffen wurde auch ausführlich darüber diskutiert, den Leitzins noch stärker abzusenken. Überdies hat die Zentralbank ihre Wachstumsprognose für die Eurozone abgesenkt. Die EZB geht jetzt davon aus, dass die Wirtschaft im nächsten Jahr um 0,3% schrumpfen wird. Aber warum malt der EZB-Präsident ein derart düsteres Bild?
Vielleicht liegt es daran, dass die Güterproduktion in der Eurozone bereits den zehnten Monat in Folge rückläufig ist, in Spanien mit 4,9 Millionen Arbeitslosen und einer Jugendarbeitslosigkeit von 50% neue Rekorde aufgestellt werden, die Arbeitslosigkeit in Griechenland im September auf 26% gestiegen ist, während sie im Vorjahr noch bei 18,9% lag, und die Arbeitslosigkeit in der Eurozone im Oktober auf ein Allzeithoch von 11,7% kletterte. Also das hört sich nicht nach einem wirtschaftlichen Umfeld an, wo die Europäische Zentralbank kurz davor steht, den Leitzins über die Inflationsrate zu heben.
Bezüglich der US-Notenbank ist zu sagen, dass Operation Twist demnächst ausläuft und der Fed-Vorsitzende Ben Bernanke danach jeden Monat rund USD 85 Milliarden an hypothekarisch besicherten Wertpapieren und US-Staatsanleihen aufkaufen wird.
Doch warum ist der Fed-Vorsitzende überhaupt gewillt, den US-Dollar noch stärker zu sabotieren, als er es in 2012 bereits tat? Ganz einfach: Weil der US-Arbeitsmarkt immer noch vor sich hindümpelt. Die jüngsten Arbeitsmarktzahlen veranschaulichen, dass der US-Arbeitsmarkt – der wichtigste Aspekt, um herauszufinden, wie es um die Gesundheit der Verbraucher bestellt ist – immer noch nicht auf eigenen Beinen stehen kann.
Ungeachtet der positiven Meldung, dass 146.000 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden, zeigt ein detaillierter Blick auf den Arbeitsmarktbericht, dass die Zinspolitik des billigen Geldes noch mehrere Jahre aufrecht erhalten werden muss und neue Maßnahmen ergriffen werden müssen, um das Geldmengenwachstum weiter anzuheizen.
Zunächst einmal ist es so, dass in der US-Fertigungsbranche weitere 22.000 Arbeitsplätze abgebaut wurden. Daraus wird ersichtlich, dass – ganz egal, was für Arbeitsplätze letzten Monat auch immer geschaffen wurden – hier lediglich Wirtschaftsbranchen gefördert werden, die die Sucht der Verbraucher nach Schulden und Ausgaben weiter anheizen. Das Arbeitsplatzwachstum findet also nicht in Wirtschaftsbranchen statt, die die Produktivität oder das reale Vermögenswachstum erhöhen …
Der Anteil der Arbeitnehmer an der Gesamtbevölkerung fiel von 62,7% im Dezember 2007 auf heute 58,7%, nachdem diese Rate ein Jahr lang unverändert blieb. Natürlich werden einige jetzt behaupten, dass der Rückgang der Zahl an Menschen, die arbeiten oder nach Arbeit suchen, auf die demographische Entwicklung zurückzuführen ist, da die Menschen in den USA immer älter werden.
Fakt ist aber, dass der Arbeitnehmeranteil der 25- bis 54-Jährigen an der Gesamtbevölkerung ebenfalls rückläufig ist. In 2007 lag dieser Anteil noch bei 82,9%, während er heute bereits bei 81,1% liegt. Das Entscheidende ist, dass diese Menschen den Arbeitsmarkt verlassen, weil sie keine entsprechenden Anstellungen finden und nicht etwa, weil sie sich auf einmal dazu entschlossen haben, in den Ruhestand zu gehen.
In den Novemberzahlen fanden sich auch 2,5 Millionen Menschen, die der US-Arbeitnehmerschaft nicht direkt zugerechnet werden, weil sie in den vier Wochen, die der jüngsten Erhebung vorangingen, nicht nach Arbeit gesucht haben. Darüber hinaus gibt es zurzeit 4,78 Millionen Menschen, die seit mindestens 27 Wochen keine Arbeit haben.
Das ist Bernankes größte Angst und es wird sicherstellen, dass die US-Notenbank bei dem kommenden Treffen des Offenmarktausschusses nächste Woche die vierte Runde quantitativer Lockerung (QE4) einleiten wird.
Sollten die Zinsen im nächsten Jahr steigen, dann nur weil der freie Markt die nominellen Zinsen in die Höhe treibt, um zu versuchen, mit der Inflation Schritt zu halten. Ein solcher Zinsanstieg wird aber keinesfalls daher herrühren, dass die Zentralbanken versuchen, den Leitzins über die Geldinflation anzuheben. Und das ist auch der Hauptgrund, warum der bereits seit zwölf Jahren anhaltende Rohstoffboom weiterhin intakt bleiben wird.
Negative Realzinsen haben den Goldpreis von USD 250 pro Unze in 2001 auf heute USD 1.700 pro Unze getrieben. Ich rechne damit, dass die Realzinsen im nächsten Jahr weiter sinken werden. Dieser Rückgang dürfte jedoch langsamer vonstattengehen als in den letzten zehn Jahren, weshalb man auch nicht von so massiven Goldpreisanstiegen ausgehen sollte, wie sie im letzten Jahrzehnt beobachtet werden konnten. Die steigenden Preise, eine steigende Geldmenge und fallende Nominal- wie auch Realzinsen dürften jedoch bereits ausreichen, um den Goldpreis in 2013 auf neue nominelle Allzeithochs zu jagen, was auch der Grund dafür ist, warum Goldman Sachs mit seiner Goldpreisprognose falsch liegt.