Rom wird einen neuen Papst haben, noch bevor Italien eine neue Regierung bekommt. Zum Glück besteht kein Grund zur Eile

Allessandra Pilloni, Bullionvault.com, 12.03.2013

Seit Mitte Dezember ist Rom ohne Regierung. Die italienischen Politiker werden sich erst im Verlauf dieser Woche zusammensetzen und darüber beraten, was sie bezüglich der gescheiterten Wahl im letzten Monat tun werden. Nicht einmal einen Monat nach dem Rücktritt von Benedikt XVI. wird die katholische Welt einen neuen Papst haben – noch bevor Italien einen neuen Premierminister bekommt. Zum Glück besteht kein Grund zur Eile …

Am Freitag stufte die Kreditratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit Italiens herunter. Die Zinssätze für italienische Staatsanleihen sind seitdem bereits wieder gestiegen. Rom geht diesen Mittwoch erneut an den Anleihemarkt, um sich frisches Geld zu beschaffen. Am Montag wurden die BIP-Zahlen Italiens für Ende 2012 um 0,9% nach unten korrigiert.

Kann sich Italien aus eigener Kraft aus diesem Schlamassel befreien? An beiden Rändern des politischen Spektrums stehen sich Beppe Grillo und Silvio Berlusconi gegenüber, die beide die Unzufriedenheit der italienischen Bevölkerung über die europäische Politik katalysiert haben und dem Euro die Hauptschuld an der Krise geben.

Doch was würde geschehen, wenn das politische Programm von Grillo’s 5 Sterne Bewegung Wirklichkeit würde und Italien sich dazu entschließen würde, ein Referendum über den Euro abzuhalten?

Was wäre, wenn Italien eine Schuldenrestrukturierung durchführt? Und sollte sich diese Hypothese nicht bewahrheiten, welche Szenarien wären dann wahrscheinlich?

Szenario 1: Italien beschließt, aus dem Euro auszusteigen

Eine Rückkehr zur Lira würde bedeuten, dass die privaten Ersparnisse der Italiener dann in der alten Währung ausgewiesen – also in einer neuen Währung mit altem Namen – und abgewertet würden. Die Sparer würden real also ärmer und über Nacht an Kaufkraft verlieren. Schließlich bestünde der Sinn und Zweck einer Rückkehr zur Lira ja darin, Italien seine geldpolitische Souveränität zurückzugeben – und welche Tradition könnte italienischer sein, als eine Abwertung der Lira!

Doch damit wären wir auch schon bei der nächsten Frage: Würden die „alten“ Staatsschulden dann ebenfalls auf Lira lauten? Es ist unwahrscheinlich, dass die Kreditgeber einen solchen Realverlust akzeptieren würden. Und welche Folgen es hätte, wenn die italienischen Staatschulden weiter auf Euros lauten, während die Lira abgewertet wird, kann sich jeder leicht selber ausmalen.

Szenario 2: Die Restrukturierung der italienischen Staatsschulden

Die Schuldenrestrukturierung ist gewöhnlich die Folge einer Pleite. Würde man es zulassen, dass Italien diesen Zustand erreicht, wäre dies ganz eindeutig eine Gefahr für alle anderen Euroländer. Würden bei bestehenden Anleiheverträgen bereits vereinbarte Zinssätze beschnitten, würde den italienischen Banken und den Haushalten ein herber Schlag versetzt, da 63% der italienischen Staatsschulden von Italienern gehalten werden.

Ist den Bürgern erst einmal solch ein Schlag versetzt worden, würde Italien bei der Finanzierung neuer Schulden massive Probleme bekommen – speziell wenn es auch noch aus dem Euro austreten muss und von der EZB nicht mehr gestützt wird.

Szenario 3: Italien wurschtelt sich durch

Wenn Italien in der Eurozone verbleibt und es dem Land zur selben Zeit gelingt, die extremen Maßnahmen einer Schuldenrestrukturierung zu vermeiden, dann müssen die Austeritätsmaßnahmen der letzten Monate ganz unvermeidlich weiter fortgesetzt werden.

Italien könnte dann weiterhin seine Schulden bedienen und, wenn nötig, von der EZB ein wenig Unterstützung erhalten. Die Stützungsmaßnahmen durch die EZB erfolgen aber nur dann, wenn die strengen Austeritätsvorgaben eingehalten werden und die Wirtschaft wächst.

Es bleibt Ihrem Urteil überlassen, ob sich die Worte Austerität und Wachstum überhaupt in einem Satz unterbringen lassen. Fakt ist, dass die Last, die den italienischen Wählern durch das „Durchwurschteln“ auferlegt würde, in Italien immer wieder neue Debatten über einen Euroaustritt oder eine Restrukturierung der Staatsschulden entfachen würde.

Und wenn die Schmerzen bei den Italienern weiter zunehmen, könnte es durchaus sein, dass diese Entscheidung nicht mehr „freiwillig“ getroffen wird, sondern der Euro-Austritt und die Verluste bei den Kreditgebern zu einer extremen, aber unvermeidlichen Folge der ungelösten und tiefgreifenden italienischen Finanzprobleme werden.

Szenario 4: Italien verliert seine Unabhängigkeit

Dieses Szenario sollte in zwei Unterkategorien aufgeteilt werden, und eine dieser Kategorien dürfte zumindest den italienischen Lesern bekannt vorkommen.

Zunächst einmal besteht grundsätzlich die Möglichkeit eines Souveränitätsverlusts, da extreme Situationen extremer Maßnahmen bedürfen. Die Möglichkeit, dass die europäischen Institutionen den Italienern eine Zwangsregierung aufdiktieren, ist nicht von der Hand zu weisen. Fakt ist, dass es sich bei der Ernennung von Mario Monti zum Premierminister im Herbst 2011 zur Rettung Italiens bereits um einen Verlust der nationalstaatlichen Souveränität gehandelt hat.

Das ist die Folge des Lebens in einer Staatengemeinschaft: Man duldet zahlreiche Demütigungen, nur um die Ansteckung abzuwenden. Angesichts der jüngsten Wahlergebnisse in Italien scheint es nicht weit hergeholt, davon auszugehen, dass das wieder passieren könnte und die 16 Eurozonenpartner Italien ihren eigenen Sieger aufzwingen werden.

Es gibt auch noch eine weitere Möglichkeit des Souveränitätsverlusts, auch wenn es sich hierbei eher um ein extremes Szenario handelt. Bei diesem Szenario käme es zu einer Ausweitung der europäischen Währungs- und Wirtschaftsunion, bei der die politische und fiskalische Vereinheitlichung weiter vorangetrieben würde.

Es dürfte nicht sonderlich wahrscheinlich sein, dass es kurzfristig dazu kommen wird, wenn man bedenkt, dass der penible deutsche Steuerzahler von dieser Idee nicht sonderlich angetan ist. Fakt ist aber auch, dass die Führer der Europäischen Union genau dieses Szenario für möglich und das beste halten. Und vorerst sind diese Leute immer noch am Ruder.

Angesichts der Tatsache, dass es zurzeit so viele Politiker gibt, die versuchen, die Kontrolle an sich zu reißen, stellt sich natürlich die Frage, ob der Privatbürger über Möglichkeiten verfügt, seine finanzielle Unabhängigkeit und seine Freiheit zu schützen. Was wir mit Sicherheit sagen können, ist, dass die Telefone in unserem italienischen BullionVault Büro in den letzten paar Wochen öfter klingelten als sonst.

„Ich bin mir sicher, dass ich in der jetzigen Situation nicht der Einzige bin, der Sie anruft, um Gold zu kaufen“, sagte G.F. aus Neapel, der mir erklärte, dass er sich nun dazu entschlossen hat, ein wenig Gold zu kaufen, um seine Ersparnisse zu schützen, falls der Euro kollabiert oder Italien zur Lira zurückkehrt.

Und wenn sich die Schuldenkrise weiter verschlimmert und als unkontrollierbar herausstellt, ja wer wird dann für all das bezahlen? Die Schuldner mit Sicherheit nicht, so viel steht fest: Sie haben überhaupt kein Geld. Es sind immer die Kreditgeber, die zahlen, und als sie die Gelder bereitgestellt haben, haben sie auch das Risiko in Kauf genommen.

Der Besitz von physischem Gold wäre mit Sicherheit ein enormer Vorteil, sollte sich eines der beiden erstgenannten Szenarien bewahrheiten. Gold ist ein internationaler Vermögenswert, der weder Kredit noch von nationaler oder monetärer Politik abhängig ist. Man kann Gold weder reproduzieren noch per Dekret oder Referendum abwerten. Und in den allerschlimmsten Krisen garantiert Gold die individuelle Souveränität und finanzielle Unabhängigkeit; die Handlungs- und Bewegungsfreiheit ist sichergestellt.

Und diese Krisenversicherung ist für italienischen Sparer sogar noch billiger geworden. In den letzten paar Wochen ist der Goldpreis auf Eurobasis auf dasselbe Niveau gesunken wie im November 2011. Aktuell kostet ein Kilo Gold rund EUR 39.000, während es vor einem halben Jahr noch auf einem Rekordhoch von EUR 44.300 notierte.

Die Unsicherheit ist das Einzige, was in Italien gewiss scheint. Jeder, der daran interessiert ist, sich vor einem Euro-Austritt oder einem Schuldenschnitt zu schützen, sollte im Hinterkopf behalten, dass es sich bei physischem Gold nicht um Kredit handelt. Gold kann nicht restrukturiert werden und verfügt über keine Ausfallrisiken.

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