Philippe Herlin, Goldbroker.com, 25.04.2013

Der Euro ist eine wirklich skurrile Währung. Zum allerersten Mal in der Geldgeschichte wird EINE Währung von VIELEN Zentralbanken verwaltet! Denn als die Europäische Zentralbank (EZB) gegründet wurde, hatte dies nicht zur Folge, dass die nationalen Zentralbanken verschwanden oder in regionale Zweigstellen umgewandelt wurden, sondern vielmehr wurde ihnen die neue Bank einfach übergestülpt. Dies nennt sich heute das Europäische System der Zentralbanken (ESZB). Im eigentlichen Sinne sind die nationalen Zentralbanken der Eurozone die Anteilseigner der EZB. Zwar versteht es sich von selbst, dass die EZB für die Geldpolitik verantwortlich ist, doch jede einzelne Zentralbank genießt weiterhin eine gewisse Selbstbestimmtheit.

Die EZB kann sich direkt in die Rettung maroder europäischer Banken einschalten. Das konnte man beispielsweise bei der Vergabe zweier Riesenkredite über jeweils 500 Milliarden Euro (LRGs) im Dezember 2011 und Februar 2012 beobachten. Doch auch die nationalen Zentralbanken können ihre eigenen Banken im eigenen Land und anhand eigener Kriterien stützen… und wenn eine Zentralbank eine Geschäftsbank refinanziert indem es wertlose Aktiva als Sicherheiten akzeptiert, dann kommt dies dem Drucken von Geld doch sehr nahe! Auch wenn dies mit dem Segen der EZB geschieht, macht es das nicht minder besorgniserregend.

Diese vielköpfige Eigengesetzlichkeit der nationalen Zentralbanken bleibt mittlerweile nicht mehr unbemerkt da sie einige Probleme schafft. Seit einigen Wochen schon wird die Banque de France von deutschen Medien bezichtigt, französische Banken über das gesunde Maß hinaus und mit dem stillschweigenden Einvernehmen von Mario Draghi finanziell zu stützen. Die Refinanzierungsinitiative für kurzfristige Wertpapiere mit dem Namen STEP (Short Term European Papers) beläuft sich auf 445 Milliarden Euro für den gesamten europäischen Raum, wobei die Hälfte davon allein schon mit Frankreich zu tun hat. Gemäß Deutsche Wirtschafts Nachrichten „entsteht in Frankreich unterhalb des Radars eine neue, gigantische Finanzblase“. Die französische Zeitung La Tribune schreibt: „Uns ist klar, dass die EZB, ohne jemals Namen zu nennen, angedeutet hat, dass eine große französische Bank aufgrund seiner Risikopositionen kurz vor dem Kollaps stand“.

Wohlgemerkt haben wir hier nur über Frankreich gesprochen. Doch wer weiß denn schon, was sich wirklich in den Hinterzimmern der Zentralbanken in Griechenland, Portugal, Spanien, Italien und anderen Ländern abspielt? Ja selbst in Deutschland, wo auch nicht jedermann die von der EZB geplante Bankenaufsicht willkommen heißt. Ob es nun um Refinanzierung, Risikokontrolle oder um die Einhaltung der Gesetze geht, jede Zentralbank kocht ihr eigenes Süppchen, einschließlich geheimer Absprachen und Vetternwirtschaft. In allen Fällen handelt es sich um Zeitbomben, die mit Fortschreiten der Bankenkrise nur sprengkräftiger werden.

Weil sie trotz der Schaffung einer gemeinsamen Währung die Launen eines jeden Landes respektieren wollten und die Fiktion „nationaler“ Zentralbanken aufrechterhalten wollten, haben die Euro-Designer ein explosives, inneres Systemrisiko geschaffen.

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