Die Silbermärkte sind wie ein Dschungel. Die Anleger versuchen zu überleben, während der Silberpreis auf höhere Hochs und tiefere Tiefs schießt und die Junior-Minentitel am Boden vor sich hindümpeln. In diesem Interview navigiert uns David H. Smith, leitender Analyst des Silver Investor’s Morgan Report, durch den Dschungel und erklärt, wie man bei Abwärtskorrekturen kauft und bei dem unvermeidlichen Anstieg wieder verkauft.

Brian Sylvester, The Gold Report, 19.06.2013

The Gold Report: David, Silver Investor analysiert die langfristigen Makrotrends und spezielle Auslöser bei den Silberminenaktien. Wie ist Ihrer Einschätzung nach das Risiko-Ertrags-Verhältnis für diesen Bereich für die kommenden zwölf bis 36 Monate?

David Smith: Es gibt viele Leute, zu denen ich auch gehöre, die nach einem Tief Ausschau halten. Es könnte sich bereits ausgebildet haben oder auch nicht. Das Geheimnis ist, sich auf das Aufwärtspotenzial zu konzentrieren, das zehn bis 15 Mal höher sein könnte, anstatt sich zu fragen, ob der Preis noch um zwei oder drei Dollar sinkt. Das macht es einem einfacher, bei den jetzigen Preisen zu kaufen.

TGR: Wie lange könnte der Kursrutsch noch anhalten?

DS: Die Minenaktien haben sich von den Metallpreisen nun schon seit fast zwei Jahren abgekoppelt. Wir hatten zwei bedeutende Hochs bei Gold und Silber, aber die Minenaktien sind fast alle – völlig unabhängig von ihrer Qualität – gefallen, gefallen, gefallen. Diese Abkoppelung ist höher als zwei Standardabweichungen. So etwas kann eine Weile anhalten, aber es kommt nicht allzu oft vor. Fakt ist, dass es eine 97%ige Wahrscheinlichkeit gibt, dass es nicht so bleibt, wenn es auftritt.

Ich glaube, dass wir uns dem Ende nähern. Vielleicht erleben wird, dass diese Schwäche während des Sommers und zu Beginn des Herbstes weiter anhält, aber ich glaube, dass wir derzeit eine wichtige Basis ausbilden, selbst wenn wir noch tiefer gehen. Umso stärker und umfassender die Basis wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass es zu einem gewaltsamen Ausbruch nach oben kommen wird. Wer dann keine Positionen aufgebaut hat, die genau darauf warten, wird abgehängt werden.

TGR: Wie überleben Anleger unterdessen die entsetzlichen Kursschwünge?

DS: Volatilität kann eine gute Sache sein, wenn man darauf vorbereitet ist. Das Geheimnis besteht darin, dass man nicht erst darauf wartet, dass es zu solchen Schwüngen kommt, oder versucht, sie vorherzusagen, weil man dann in etwas hineinspringt, das von Jim Sinclair als Rhinozeroshorn bezeichnet wird, das einen aufspießt. Wenn man in der Lage ist, dass Gegenteil von dem zu tun, was die meisten Menschen tun, also während der Schwächephasen zu kaufen und ein klein wenig in stärkeren Phasen zu verkaufen, kann man die großen Schwünge glätten.

Ich glaube, dass wir bei Gold tägliche Preisschwünge von USD 100 bis USD 200 pro Unze sehen werden, wenn die ganze Geschichte am Ende in die Manie-Phase übergeht. Und es würde mich nicht überraschen, wenn es dann bei Silber an einem Handelstag zu Preisschwüngen zwischen USD 5 und USD 10 pro Unze kommt.

Wir hatten das ja bereits während des Bullenmarkts gesehen, der 1980 endete, und ich glaube, dass die Preisanstiege dieses Mal bedeutend größer ausfallen werden. Wenn man seine Positionen dann schon während der Schwächephase aufgebaut hat, seine Minenaktien, seine börsennotierten Fonds (ETFs), seine physischen Metallkäufe, ist man von den Preisschwüngen nicht so stark betroffen, wie der größte Teil der Öffentlichkeit.

TGR: Würden Sie irgendeine Silberpreisprognose für die nächsten zehn Jahre abgeben wollen?

DS: Das ist immer sehr schwierig. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind eine gewichtige Variable, da, wie Ihnen bekannt ist, 70% der weltweiten Silberversorgung ein Nebenprodukt der Kupfer-, Blei- und Zinkproduktion ist. Die Weltwirtschaft wird einen bedeutenden Einfluss darauf haben, wie viel davon aus dem Boden geholt wird. Es gibt nur relativ wenige Silberminen, die den Hauptteil ihrer Einnahmen durch Silber generieren …

TGR: Wir hören oft, Silber sei wie der kleine Bruder von Gold. Abgesehen von der Tatsache, dass Silber von der Industrie nachgefragt wird, wie unterscheiden sich Gold und Silber als Investments?

DS: Fast das gesamte Gold, das jemals produziert worden ist, existiert heute immer noch in der einen oder anderen Form: Bei den Zentralbanken, es wird privat gehalten oder in Form von Schmuck. Eine bestimmte Menge an Gold wird für medizinische oder industrielle Anwendungen genutzt, aber nicht in dem Umfang wie bei Silber. Wenn Silber in RFID-Chips oder in der Elektrotechnik zum Einsatz kommt, ist es fort und muss ersetzt werden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die zunehmende Beliebtheit von börsennotierten Fonds. Genauso wie Gold ist auch Silber für die Menschen über Jahrtausende hinweg echtes Geld gewesen. Silber hat bisher jede Papierwährung in der Geschichte der Menschheit überlebt. Und es wird auch die aktuellen Papierwährungen überleben, weil es die Kaufkraft bewahrt, während die Papierwährungen ihre Kaufkraft verlieren.

TGR: Macht es in diesem Marktumfeld überhaupt Sinn, Silberminenaktien zu halten, speziell von gering kapitalisierten Unternehmen?

DS: Aktien machen mehr Sinn denn je, wegen der Diskrepanz zwischen den Metallpreisen und dem, was die Unternehmen aus dem Boden holen können. Der gesamte Minensektor, ganz gleich, ob es nun große Produzenten oder Explorationsunternehmen sind, ist hochriskant. Aber nachdem man physisches Metall gekauft hat, macht es Sinn, Aktien von Unternehmen aller Entwicklungsphasen zu kaufen.

Man kauft ein paar große, dann ein paar mittelgroße und zum Schluss kauft man die Explorationsunternehmen, die über die größten Risiken verfügen, weil sie vielleicht nie in Produktion gehen. Man investiert dort einen kleinen Teil seines Kapitals und verteilt es ungefähr gleichmäßig, sodass, sollte ein Titel den Bach runter gehen, die anderen noch genug abwerfen, um Gewinn zu machen. Aktien zu besitzen, ist sehr wichtig, aber nur ausgewählte. Und beim jetzigen historischen Rückgang sollte man seine Käufe reduzieren.

TGR: Vor unserem Interview sprachen Sie über das Konzept, etwas Geld für das zurückzuhalten, was sie irrsinnig billige Preise nennen. Können Sie uns mehr darüber verraten?

DS: Ich glaube, Doug Casey hat diesen Begriff zuerst geprägt, um da hatte er mit Sicherheit recht. Die Preise sind jetzt niedriger, als sich die meisten Menschen jemals hätten vorstellen können. Und während der Kernschmelze 2008/2009 habe ich etwas sehr wichtiges gelernt. Am Anfang hatte ich rund 30% an Bargeld. Die Preise gingen während dieser Phase, die fast zur weltweiten Finanzvernichtung wurde, immer weiter nach unten. Ich kaufte qualitativ hochwertige Minenfirmen, während sie fielen und immer weiter fielen. Und dann ging mir vor dem Ende das Geld aus. Ich hatte zwar qualitativ hochwertige Firmen, die ich zu ziemlich niedrigen Preisen gekauft hatte, aber ich hatte kein Geld mehr übrig für das, was Doug Casey irrsinnig billige Preise nennt.

Und da hatte ich begriffen, erst bei größeren Preisdifferenzen zu kaufen. Mit anderen Worten: Anstatt eine Firma immer dann zu kaufen, wenn sie um einen Dollar fällt, könnte ich sie auch kaufen, wenn sie um USD 4 Dollar gefallen ist, und ich würde Geld zurückhalten, nur für den Fall, dass die Preise noch stärker sinken. Es war wahrscheinlich, dass es nur vorübergehender Natur war, da es ähnlich einem Gummiband war, das fast bis zum Zerreißen auseinandergezogen wurde. Wer über den Mut, das Geld und die Voraussicht verfügt, an dem Punkt zu kaufen, wo dieser Gummizug wieder zurückschnippt, kann jede Menge Geld machen, ohne dabei sonderlich viel einzusetzen.

Diese Konzepte sind heute noch genauso wichtig wie in 2008. Wir sind jetzt vielleicht am Tief, vielleicht aber auch nicht. Es gibt Hinweise darauf, dass die Minenaktien derzeit ihr Tief ausbilden. Einige haben das vielleicht bereits, aber sollte es doch noch eine weitere Bereinigung geben, was diesen Sommer möglich ist, und hat man dann zusätzlich noch ein klein wenig Geld übrig, ist man so vielleicht in der Lage, ein Unternehmen, das heute USD 2 pro Aktie kostet, für USD 0,75 oder USD 0,50 pro Aktie zu kaufen. Man hat dann bereits seine Kernposition, kauft dann aber in dieses niedrigere Niveau hinein.

Ein fester Ansparplan ist eines der mächtigsten Werkzeuge, über die ein Investor verfügt. Wenn man den ganzen Weg nach unten in Tranchen kauft, schanzt man sich in den niedrigeren Preisen fast schon richtig ein, weil die Gesamtkosten für die Position sinken. Es gibt ein Sprichwort, das besagt, dass man nie genug Aktien hat, wenn der Preis steigt, und wenn er fällt, kann man nie zu wenig Aktien haben. Die Realität ist, dass man sich eine Anfangsposition aufbaut, Ruhe bewahrt und nach günstigeren Preisen Ausschau hält.

TGR: Was sagen Sie zu der jüngsten Strategie, bei der sich große Unternehmen kleine Stücke von einer Reihe kleinerer Unternehmen schnappen, vielleicht um so Einblick in die Unternehmen zu erhalten und zu sehen, was dort passiert?

DS: Das ist eine sehr sinnvolle Strategie. Und das wird derzeit von einer Reihe von Firmen gemacht. Sich einen 19%igen Anteil an einem Explorationsunternehmen mit einem aufregenden Projekt zu kaufen, kann einem einige große Gewinne bescheren. Wenn etwas getroffen wird, ist es nett, wenn nicht, hat man nicht allzu viel Geld verloren. Und es versorgt diese Explorationsunternehmen mit lebensnotwendigem Geld. Diese Unternehmen würden in diesem unglaublich schwierigen Finanzierungsumfeld andernfalls vielleicht nicht überleben.

Die großen Firmen begreifen gerade, dass sie eine Verantwortung haben, guten Explorationsunternehmen zu helfen und ihnen die Tür offen zu halten. Würden all diese Firmen verschwinden, würde der Nahrungsstrom, der die großen Minenunternehmen versorgt, versiegen. Das ist wie die Nahrungskette. Würden im Atlantik alle kleinen Köderfische verschwinden, würden auch die großen Fische sterben, da sie in der Nahrungskette auf sie angewiesen sind. Letztlich wäre es eine Katastrophe.

TGR: Sie haben kürzlich über ETFs geschrieben. Glauben Sie, dass die börsennotierten Fonds den klassischen Investmentfonds den Garaus gemacht haben?

DS: Ich bin der Meinung, dass ETFs ein wichtiger Teil des Portfolios sein können, je nachdem, was für ein Anleger man ist. Sie können als Management-Werkzeug genutzt werden. Natürlich kann man die Anteile nicht gegen das Metall eintauschen, und einige Anleger mögen diese Fonds deswegen auch nicht. David Morgan weist in seinen Abonnenten-Videos ab und an darauf hin, dass man die ETFs als Mittel zur Absicherung nutzen kann, also als Möglichkeit zum Traden. Die ETFs basieren auf einer Auswahl an Minenfirmen und können das Aktienrisiko minimieren, indem das Portfolio diversifiziert wird.

Aber nicht alle ETFs sind gut geführt. Einige liefern nicht die Performance ab, mit der geworben wird. Aber sie geben dem Anleger mehr Flexibilität als die klassischen Investmentfonds. Man kann einen Investmentfonds immer nur am Ende eines Handelstags kaufen oder verkaufen, aber ein ETF wird wie eine gewöhnliche Aktie zu jeder Zeit gehandelt. Einige ETFs haben kein sonderlich hohes Volumen, bei den meisten ist das aber der Fall. Mich würde es nicht überraschen, sollte die Zeit kommen, wo die Investmentfonds-Branche nur noch ein Schatten ihrer selbst ist, da die ETFs heute für kleine wie auch große Anleger eine unglaubliche Alternative sind.

TGR: Das Motto bei silver-investor.com ist: „Buy Real. Get Real. Be Real.“ Doch wie bleibt man eigentlich auf dem Boden?

DS: Ich liebe dieses Zitat. Man kauft echt, indem man das physische Metall kauft. Damit fängt man als erstes an. Realistisch wird man, indem man in den Spiegel schaut und begreift, dass der Markt einen überhaupt nicht kennt und auch nichts gegen einen hat, sondern man die Regeln kennen muss, wenn man durchhalten und überleben will. Und auf dem Boden bleibt man, wenn man die Dinge in Perspektive setzt. Es geht nicht bloß darum, Geld zu machen. Es geht darum, das Richtige zu tun, die Menschen ordentlich zu behandeln, ehrlich zu sein und ein Leben lang dazuzulernen.

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