Der asiatische Goldrausch nimmt groteske Züge an: Die Chinesen kaufen zurzeit praktisch die gesamte weltweite Goldminenproduktion auf

David Baker & David Franklin, Sprott Asset Management, 19.07.2013

Der physische Goldmarkt entwickelt sich nach wie vor auf widersprüchlichste Art und Weise. Während der Papiergoldpreis immer noch unterhalb von USD 1.300 pro Unze vor sich hindümpelt, erreicht die chinesische Nachfrage nach physischem Gold beispiellose Niveaus. Sollte Ihnen diese Story bereits bekannt sein, bleibt hier nur anzumerken, dass sich der Trend noch weiter verstärkt hat und die nachgefragten Mengen mittlerweile so hoch sind, dass es fast schon komödiantische Züge annimmt.

Laut den von der Shanghaier Goldbörse veröffentlichten Daten belief sich die Menge an Gold-Kontrakten, die an dieser Börse physisch ausgeliefert wurden, im bisherigen Jahresverlauf auf atemberaubende 1.098 Tonnen. Das ist eine erstaunlich große Menge an physischem Gold.

Um das Ganze einmal ins Verhältnis zu setzen: 1.098 Tonnen Gold entsprechen rund 40% der gesamten geschätzten weltweiten Minenproduktion des Jahres 2013. Diese Menge entspricht rund 1/8 der offiziellen Goldreserven der USA und über 100% der offiziellen chinesischen Goldreserven. Sollte sich die Rate der physischen Auslieferungen an der Shanghaier Goldbörse weiterhin auf den jetzigen Niveaus halten können, wird die Börse bis Ende dieses Jahres über 100% der weltweiten Minenproduktion ausliefern – alles über eine einzige Börse.

Vergleichen wir das doch einmal mit der Futures-Börse COMEX in New York, wo der Großteil der US-amerikanischen Gold-Futures gehandelt wird. Dort wurden im selben Zeitraum (Januar bis Juni) gerade einmal kümmerliche 160,7 Tonnen an physischem Gold ausgeliefert. Und obwohl das Volumen an Papiergold-Kontrakten an der COMEX bedeutend höher ist als das an der Shanghaier Goldbörse, liegt die Auslieferungsquote an der Comex im Vergleich zu Shanghai gerade einmal bei 15%.

Sollten die Shanghai-Daten der Wahrheit entsprechen, haben wir in Kombination mit den Goldimporten, die über Honkong aufs chinesische Festland gelangen, aktuell eine Situation vorliegen, wo China auf Monatsbasis die gesamte weltweite Minenproduktion aufkauft. Wie der Goldpreis angesichts dieser Käufe zur selben Zeit um USD 400 pro Unze einbrechen kann, ist uns unerklärlich – es bedeutet aber, dass China jetzt der unumstrittene Hauptumschlagplatz für physisches Gold ist.

Interessant ist, dass die börsennotierten Goldfonds (Gold-ETFs) in China von der chinesischen Nachfrage nach physischem Gold nicht zu profitieren scheinen. Bloomberg meldete jüngst, dass die zwei bedeutendsten börsennotierten goldgedeckten Fonds in China enttäuschende Debüts hatten. Huaan Asset Management Co. konnte angeblich nur USD 195 Millionen einsammeln, obwohl beim Start des Fonds mit USD 400 Millionen gerechnet wurde.

Und obwohl die Presse natürlich wieder zu der Schlussfolgerung gelangt ist, dass diese Meldung ein Hinweis darauf ist, dass die Goldnachfrage in China zurückgeht, gelangen wir hingegen zu der Schlussfolgerung, dass es zeigt, dass sich Chinas Goldinteresse vornehmlich auf den physischen Markt konzentriert und nicht auf die Finanzprodukte, die an den Börsen gehandelt werden. Auf alle Fälle scheint es jetzt extrem wahrscheinlich, dass, sollte es jemals dazu kommen, dass die Preisfindung bei Gold vom physischen Markt dominiert wird, dies in Shanghai seinen Anfang nehmen wird.

Ob es nun einen Zusammenhang zwischen Chinas steigenden Auslieferungen physischen Goldes und dem Einbruch bei den Goldbeständen an der COMEX und beim GLD ETF gibt oder nicht, ist immer noch offen – aber irgendwer muss den chinesischen Goldhunger derzeit in riesigen Größenordnungen befriedigen. Und ungeachtet der schwachen und lustlosen Goldpreisperformance, legt diese Entwicklung stark nahe, dass uns interessante Wochen bevorstehen könnten. Gold ist ein beschränkt verfügbarer Rohstoff – und sollten die chinesischen Käufe mit der jetzigen Rate weiter anhalten, wird das Land schon bald einen sehr großen Teil der globalen Goldreserven besitzen.

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