Interview mit Brien Lundin, dem Herausgeber des Gold Newsletter
Henry Bonner, Sprott Asset Management, 20.08.2013
Brien Lundin ist der Präsident und Geschäftsführer der New Orleans Investment Conference und Herausgeber des Gold Newsletter. Ich sprach kürzlich mit ihm bezüglich des Ausblicks für Gold, nachdem das Metall über zwei Jahre gefallen ist und im Sommer wieder erste Hoffnungsschimmer aufkeimten.
„Jetzt, wo Gold seit Ende Juni steigt, höre ich das Argument, dass steigende Zinssätze gut für Gold sein könnten“, so Lundin. „Das ist genau dasselbe Argument, das noch vor ein paar Monaten als Grund herausposaunt wurde, warum man Gold verkaufen sollte.“
Also, was spielt sich im Hinblick auf Gold tatsächlich ab?
„Nach einem zwei Jahre fallenden Markt glaube ich, dass wir im Goldmarkt nun eine Trendwende erreicht haben, die durch den diesjährigen Blitzeinbruch herbeigeführt wurde, bei dem Gold ab Anfang April von rund USD 1.600 pro Unze bis Juli auf USD 1.200 pro Unze gefallen war.
Es geht hier um diesen Krieg des Westens gegen den Osten; des ´Papier`-Goldes gegen das ´reale` physische Gold – wir sagten, dass es eine riesige Diskrepanz zwischen diesen beiden Märkten gab. Die Händler erwiderten, es sei in Wirklichkeit völlig egal, wer das Gold kaufen oder verkaufen würde. Wenn Gold fällt, sei der Grund dafür unerheblich. Das Einzige, was zähle, sei der Preis.
Doch ich glaube, dass zwischen diesen beiden Märkten nun ein Gleichgewicht hergestellt werden muss – und ich glaube, dass das den Goldpreis auf höhere Niveaus treiben dürfte als die heutigen“, so Lundin.
Und wie verhält es sich mit dieser Konfrontation der westlichen „Papier“-Märkte und der östlichen „realen“ Goldmärkte?
„Die eine Hälfte der Welt hat Gold nach unten gedrückt, indem sie es Hals über Kopf verkauft haben“, sagt Lundin. „Auf der anderen Seite, in Indien und Asien, halten die Goldverkäufe unvermindert an, und sie sind bereit, auch zu bedeutend höheren Preisen zu kaufen. Seit dem Tief vom 27.06. hat sich der Goldpreis weiter nach oben bewegt in Richtung eines Ausgleichs dieser beiden Kräfte.“
Werden die Käufer von physischem Gold die Oberhand gewinnen und für einen Anstieg des Goldpreises sorgen?
„Die westlichen Spekulanten und Edelmetallbanken, die Gold verleast haben, haben einen Goldpreis geschaffen, der meines Erachtens nicht mit der weltweiten Nachfrage in Einklang steht. Ich glaube daher, dass Gold ein höheres Preisniveau erreichen wird als das jetzige.
Deutschland gab jüngst bekannt, dass es seine ausländischen Goldreserven repatriieren wird. Die US-Notenbank hat erklärt, dass es sieben Jahre dauern wird, um diese Transaktion abzuschließen – ein erster Hinweis darauf, dass es einen Mangel an physischem Gold gibt.
Ein weiterer Schlag, den Gold einstecken musste, waren die Meldungen, dass die quantitative Lockerung enden könnte. Aber das Resultat war, dass die weltweite Goldnachfrage substantiell zunahm. Die Abflüsse der börsennotierten Goldfonds wurden seitens der asiatischen Goldkäufer mehr als absorbiert.
David Franklin berichtete bei Sprott Thoughts, dass die Menge des an der Shanghaier Goldbörse im ersten Halbjahr ausgelieferten physischen Goldes bei knapp 1.100 Tonnen lag, was fast der gesamten ausgelieferten Goldmenge des Jahres 2012 entspricht, das an sich bereits ein Rekordjahr gewesen ist. Die asiatischen Märkte saugten mehr als all das Gold auf, das vom Westen abfloss.“
Würde der Appetit auf physisches Gold weiter anhalten, wenn sich die Preisanstiege weiter fortsetzten?
„Mit Sicherheit wurden die Käufer in Asien durch den niedrigen Goldpreis motiviert. In den asiatischen Ländern stellt der Appetit auf Gold eine kulturelle Norm dar. Ihre Bürger leiden unter monetärem Stress und erleben eine reale Preisinflation, die über den offiziellen staatlichen Statistiken liegt. Ich glaube, dass das außerordentliche Nachfrageniveau, das wir in den letzten paar Monaten beobachten konnten, letztlich wieder ein wenig abklingen wird, aber die Bürger im Osten werden weiterhin als fortwährende Goldkonsumenten auftreten. Selbst bei einem höheren Goldpreis wird das Gold weiterhin vom Westen in den Osten gehen.“
Sollten die Anleger zum jetzigen Zeitpunkt physisches Gold oder eher Goldminenaktien bevorzugen?
„Ich empfehle immer, dass man über eine Kernposition an physischem Gold oder zertifiziertem Anlagegold verfügt. Und das Goldpreistief hat diesen Sommer auch bei den Goldminenaktien für außerordentliche Möglichkeiten gesorgt, das reicht von Junior-Explorationsunternehmen bis hin zu großen Minenfirmen.“
Was wird mit diesen westlichen Spekulanten passieren? Werden sie ihre Positionen umkehren?
„Ich glaube, dass wir erleben werden, wie es an den US-amerikanischen Futures-Märkten zu verstärkten Käufen kommen wird, und die Spekulanten werden im Laufe der Zeit von ihren Short-Positionen zu Long-Positionen wechseln. Es besteht hier auch die aufregende Möglichkeit, dass es zu einer Short-Covering-Rally kommt, die den Goldpreis nach oben treiben könnte. Eine weitere, wenngleich unwahrscheinlichere Möglichkeit ist, dass die COMEX nicht mehr in der Lage sein wird, physisches Gold auszuliefern. Das ist zwar weit hergeholt, aber es würde sicherlich zu einem bedeutend höheren Goldpreis führen.“