Robert Fitzwilson, King World News, 02.09.2013
Die Anleger haben derzeit mit Sicherheit mit jeder Menge Sorgen und Ablenkungen zu kämpfen. Die Volatilität in den einzelnen Märkten – den Aktienmärkten, den Märkten für festverzinsliche Papiere, dem Eigenheimmarkt, dem Rohstoffmarkt und dem Edelmetallmarkt – ist extrem gewesen. Und es ist immer schwierig, große Prognosen abzugeben. In der Finanzgeschichte gab es nur in den seltensten Fällen Augenblicke, wo sich alle Märkte gleichzeitig bewegt haben – zum Glück ist das aber nur in sehr schlimmen Situationen zu beobachten.
Und es gibt in der Tat berechtigte Sorgen. Da haben wir die Aussicht auf einen neuen Nahostkrieg, Währungszusammenbrüche in zwei sehr wichtigen Ländern – in Indien und in Brasilien –, und dann sind auch noch die Zinssätze und der Ölpreis gestiegen. Doch was die Meldungen derzeit dominiert, sind die Diskussionen darüber, wer der nächste Chef der Federal Reserve sein wird und wie die Chancen stehen, dass die US-Notenbank eine Straffung ihrer Geldpolitik vornimmt.
Ein Krieg wäre für die Finanzmärkte natürlich unglaublich negativ. Wir sind der Auffassung, dass es nicht zu einem Krieg kommen wird, da Großbritannien aus einer möglichen Koalition bereits ausgestiegen ist und seitens China und Russland eindringliche Warnungen zu vernehmen waren, die nahelegen, dass ein Angriff auf Syrien verheerende Konsequenzen hätte und zu einem bedeutend weitflächigeren Konflikt führen könnte.
Abgesehen von Krieg ist das wichtigste Thema, das unsere Aufmerksamkeit verlangt, die sich nun anbahnende Debatte über die abermalige Erhöhung der US-Schuldenobergrenze. Unser Finanzsystem ist auf die Ausgabe neuer Schulden angewiesen. Das Haushaltsdefizit der US-Bundesregierung ist ohne die Ausgabe neuer Schulden nicht finanzierbar, von den sich auftürmenden, riesigen und völlig außer Kontrolle geratenen außerbilanzlichen Verbindlichkeiten wie der Rentenkasse und der Krankenversicherung ganz zu schweigen.
Und diese Defizite haben natürlich auch Auswirkungen auf die Debatte über eine geldpolitische Straffung. Bei der Straffung der Geldpolitik geht es im Grunde darum, dass die US-Notenbank die Menge ihrer Aufkäufe von hypothekarisch besicherten Wertpapieren und US-Staatsanleihen – die die US-Regierung ausgeben muss, um ihre Aktivitäten zu finanzieren – absenkt.
Derzeit kauft die US-Notenbank diese Wertpapiere mit einer Rate von USD 85 Milliarden pro Monat auf – was bereits eine atemberaubend große Zahl ist. Eine Straffung der Goldpolitik legt nahe, dass es bei den Staatsausgaben zu einer Reduzierung kommt, während die Zinssätze steigen. Letzteres würde dafür sorgen, dass der Aktienmarkt, der Anleihemarkt und der Eigenheimmarkt ins Straucheln geraten.
Die Zinsanstiege der letzten Monate hatten den Eigenheimmarkt überschattet. Und das bedeutet, dass immer weniger hypothekarisch besicherte Vermögenswerte zur Verfügung stehen, die von der Fed aufgekauft werden können. Und sollte die neue Schuldenobergrenze tatsächlich kleiner ausfallen, als von der Regierung geplant, würde das bedeuten, dass für diese Fed-Aufkäufe auch weniger Staatsanleihen zur Verfügung stehen.
Die US-Notenbank hält heute bereits über 30% des gesamten US-Staatsanleihemarkts. Ein reduziertes Angebot bei weiter anhaltenden Fed-Aufkäufen der noch verbliebenen Papiere würde bedeuten, dass die Fed schon bald den gesamten US-Staatsanleihemarkt besitzt, was keine wünschenswerte Entwicklung wäre.
Unterdessen schwächen sich die Wirtschaften außerhalb der USA immer weiter ab. Während die offizielle Inflationsrate in den USA nicht als Problem erachtet wird, ist sie in Orten wie Indien ein Riesenproblem. Indiens größter Importartikel ist Öl. Der steigende Ölpreis richtet bei der indischen Außenhandelsbilanz massive Verheerungen an. Der explodierende Preis für Zwiebeln – die in Indien ein wichtiges Grundnahrungsmittel sind – sorgt für Bürgerunruhen.
Doch ungeachtet all dieser Entwicklungen kann sich die US-Wirtschaft immer noch erstaunlich gut halten. Der Energiesektor und der Technologiesektor gehören zu den wenigen Branchen, die sich sehr gut entwickelt haben. Große multinationale Konzerne haben sich seit 2009 ebenfalls gut entwickelt, da die Unternehmen produktivitätssteigernde Waren und Dienstleistungen angeboten haben. Und der amerikanische Verbraucher hat mit seiner Bereitschaft, Geld auszugeben, ebenfalls für eine Überraschung gesorgt. Auch der US-Eigenheimmarkt konnte wieder stark steigen, bis es jüngst zu einem Anstieg bei den Zinssätzen kam.
Doch all diese Stärken scheinen sich nun wieder abzuschwächen. Ein anhaltender Preisanstieg bei den Rohstoffen und steigende Zinssätze könnten in Kombination mit einer miserablen Arbeitsmarktentwicklung und schlechten Zahlen des Eigenheimmarkts dafür sorgen, dass die Wirtschaft und die Finanzmärkte in den USA in einen Strudel geraten. Ein solcher Abwärtssog würde schnell in die Weltwirtschaft ausstrahlen.
Womit wir auch wieder beim Thema der Schuldenobergrenze wären. Ohne eine erneute Anhebung der US-Schuldenobergrenze, würden die vorgenannten Folgen höchstwahrscheinlich eintreten. Und obwohl wir mit Sicherheit keine Fans von exzessiven Staatsausgaben sind – die uns ja überhaupt erst an diesen Punkt gebracht haben –, ist die Situation nun einmal so. Wenn wir es nicht zulassen, dass weitere Schulden geschaffen werden, werden die Konsequenzen umgehend einsetzen und sehr unangenehm ausfallen.
Wir haben immer wieder betont, dass man sich auf den Energiesektor, Edelmetalle, Edelmetallminen sowie Aktien wachstumsstarker, produktivitätssteigender und technologisch ausgerichteter Unternehmen konzentrieren sollte, während man festverzinsliche Papiere und Aktien, die Stellvertreter für festverzinsliche Papiere sind, meidet.
Und diese Gewichtung hat sich ja auch als richtig erwiesen. Seit dem Ende des zweiten Quartals dieses Jahres haben sich Edelmetalle und der diese Metall produzierende Minensektor herausragend entwickelt. Unternehmen, die an der US-amerikanischen Öl-Renaissance partizipieren, und Unternehmen, die Technologien wie den 3D-Druck entwickeln oder im medizinischen/biotechnologischen Bereich tätig sind, haben vielfach raketenhafte Aufstiege zu verzeichnen gehabt. Festverzinsliche Anlagen und Stellvertreter für solche Anlagen wie Versorgungsunternehmen wurden unterdessen verheert.
Die Lösung des Problems der US-Schuldenobergrenze wird uns Aufschluss darüber geben, wie es weitergehen wird. Ohne eine Anhebung könnte es zu einer Implosion der Finanzmärkte und der mit ihnen verwobenen Weltwirtschaft kommen. Was als nächstes passiert, hängt also davon ab, wie hoch das Limit angehoben wird und welche Überraschungen die Fed für uns noch auf Lager hat.
Bis wir hier eine Entscheidung haben, können wir eines jedoch mit Sicherheit sagen, nämlich dass auf uns eine enorme Volatilität und Unsicherheit zukommen werden.
Für Anleger ist es während dieser chaotischen Phase wichtig, dass sie sich weiterhin auf den Ball konzentrieren und nicht aus dem Blick verlieren, warum sie in den entscheidenden Vermögenswerten, von denen hier im Artikel ja einige genannt wurden, überhaupt investiert sind.