King World News, 20.01.2014
Nachdem China nun bekanntgegeben hat, dass sein BIP im vierten Quartal 2013 um 7,7% gewachsen ist, sprach King World News heute mit dem seit 42 Jahren in den Finanzmärkten aktiven Egon von Greyerz darüber, was sich derzeit auf der ganzen Welt abspielt. Im Folgenden finden Sie, was Greyerz, der Gründer des schweizerischen Unternehmens Matterhorn Asset Management, in diesem außerordentlichen Interview zu sagen hatte:
Greyerz: „2014 wird ein Jahr des Wandels und wohlmöglich auch ein Jahr des Schocks werden. Es ist absolut erstaunlich, dass der US-Aktienmarkt derzeit nahe seiner Allzeithochs notiert, wo die weltweiten Risiken so groß sind wie nie zuvor. Aber wir wussten ja, dass es am Aktienmarkt aufgrund der Billionen von Dollars, die die USA drucken, zu einer Kursexplosion kommen würde.
Zu den Bereichen, die extrem gefährlich sind, gehören unter anderem: Japan, China, die USA, Europa, die Schwellenmärkte, das Finanzsystem mit seinen Bail-ins und Finanzderivaten, die politische Lage in vielen Ländern, die Aktienmärkte in Europa, der US-Dollar und die meisten anderen Währungen und die größte Blase von allen – der Anleihemarkt.
Jeder einzelne dieser Faktoren könnte eine große weltweite Krise auslösen. Und es ist buchstäblich garantiert, dass einer oder viele dieser Risikofaktoren explodieren werden. Das Problem ist natürlich, dass sich die Welt in einem total chaotischen Zustand befindet und bankrott ist. Die Staaten und die Zentralbanken verfügen also über keine kontrollierte Methode, um irgendwo auf dem Planeten eine Krise zu lösen.
Nehmen wir beispielsweise HSBC. In einem Bericht über HSBC heißt es, dass die Bank ihre Vermögenswerte mindestens GBP 50 Milliarden zu hoch veranschlagt hat und zwischen GBP 60 Milliarden und GBP 70 Milliarden an zusätzlichem Kapital benötigt. Und das ist nur das, was in der Bilanz steht. Ich bin mir sicher, dass sie mit ihren Billionen außerhalb der Bilanz noch viel größere Probleme haben werden.
Also das ist nur ein Beispiel, und dasselbe wird für alle weltweiten Banken gelten. Aber es ist nur einer von vielen Gründen, warum wir in 2014 die Anfänge der Hyperinflation sehen werden. Die einzige Möglichkeit, wie die Zentralbanken auf die Krise reagieren können, ist die Öffnung der Geldschleusen und das Drucken unbegrenzter Mengen an Geld – und das wird dieses Jahr beginnen.
Die USA werden ihre geldpolitischen Straffungsmaßnahmen wieder zurücknehmen und die quantitative Lockerung substantiell ausweiten. Die Europäische Zentralbank wird drucken, und die Bank von England wird auch drucken, und das wird in die Billionen gehen – und dann haben wir noch die Bank von Japan, die Billiarden von Yen drucken wird. Das ist es, was passieren wird.
Ja sicher, ich höre die Leute schon sagen: ´Wir befinden uns in einem deflationären Zyklus und Hyperinflation ist unmöglich.` Ja es besteht eine kleine Chance auf eine deflationäre Implosion, sollten die Zentralbanken nicht rechtzeitig Geld drucken. Aber alle Regierungen und Zentralbanken sind sich über die Risiken der Deflation absolut im Klaren. Daher werden sie auch alles in ihrer Macht stehende tun, um die Deflation zu vermeiden, indem sie unbegrenzte Mengen an Geld drucken.
Japan inflationiert so stark wie möglich, und der fallende Yen hilft ihnen auch ein wenig. Aber das geht zu Lasten eines explodierenden Außenhandelsdefizits, das sich heute bereits auf fast JPY 600 Billionen oder rund USD 6 Milliarden beläuft. Das ist das schlimmste japanische Außenhandelsdefizit aller Zeiten. Japan lebt also massiv über seine Verhältnisse.
Ich habe wiederholt erklärt, dass ich mir über China und sein Finanzsystems Sorgen mache, und zwar nicht nur über sein Bankensystem, sondern auch über sein Schattenbankensystem. Die chinesische Zentralbank hat die Banken aufgrund der exzessiven Kreditvergabe gezwungen, ihre Bilanzen zu verkürzen.
Das hatte zur Folge, dass die Banken die Kredite zu neuen Paketen geschnürt und in außerbilanzliche Finanzvehikel gesteckt haben. Diese Kredite werden nun im Einzelhandelsmarkt verkauft. Wir werden jetzt wahrscheinlich den ersten Zusammenbruch eines solchen Vehikels sehen. Die Industrial Commercial Bank of China hat diese Kredite verkauft, und jetzt erklärt die Bank, dass sie die Anleger, die gerade USD 500 Millionen verlieren, nicht retten wird.
Wir werden aber in den kommenden Monaten noch viel mehr derartiger Reinfälle sehen, die auf außerbilanzliche Transaktionen und das Schattenbanksystem zurückgehen. Wir wissen, dass der Shanghaier Leitindex aufgrund dieser Probleme im Bankensystem seit Dezember um 10% gefallen ist.
Wenn wir auf die USA blicken, stellen wir fest, dass die Hoffnungen der USA, die auf dem starken Aktienmarkt ruhen – der nur aufgrund der Gelddruckmaßnahmen so stark ist –, völlig fehl am Platze sind. Die Realwirtschaft entwickelt sich für den Normalbürger sehr schlecht. Die Schulden der US-Bundesregierung sind 2013 um USD 900 Milliarden, also um fast USD 1 Billion, gestiegen.
Aber allein von Oktober bis Dezember 2013 sind die Staatsschulden um über USD 600 Milliarden gestiegen. Aufs Jahr hochgerechnet wären das atemberaubende USD 2,4 Billionen. Natürlich bestand hier aufgrund der Probleme bei der Anhebung der Schuldenobergrenze etwas Nachholbedarf, aber der Druck ist enorm. Die Schulden der USA dürften in 2014 und den darauffolgenden Jahren weiter explodieren.
Hier kommt noch hinzu, dass die Fed eine weitere Billion US-Dollars gedruckt hat und, wie ich bereits sagte, die quantitative Lockerung in 2014 wahrscheinlich explodieren wird. Darüber hinaus gibt es derzeit eine Vielzahl an US-Wirtschaftsdaten, die unter den Erwartungen liegen, ganz gleich, ob es nun die Einzelhandelszahlen oder Bankenprofite sind. Und die reale Arbeitslosigkeit nimmt ebenfalls weiter zu …
Die Zahl der Amerikaner im arbeitsfähigen Alter ohne Job ist unter der aktuellen Administration um 10 Millionen auf 100 Millionen gestiegen. 100 Millionen Amerikaner haben derzeit keine Arbeit. Diese Zahlen sind schockierend. Wenn man den jüngsten Arbeitsmarktbericht nimmt, dann haben im Dezember 347.000 Arbeiter die Erwerbsbevölkerung verlassen, während gerade einmal 74.000 Jobs geschaffen wurden.
Die ganze Beschäftigungssituation in den USA ist also sehr ernst. Und die offizielle US-Arbeitslosenrate von 6,7% ist natürlich lächerlich. Die reale Arbeitslosigkeit liegt bei über 23%.
Ich werde hier nicht in die Details einsteigen, aber wenn wir auf Europa blicken, so ist die Lage dort schlimmer als 2008.
Und wenn wir uns Gold zuwenden, dann wissen wir alle, dass es massiv manipuliert wird. Die leitende Vertreterin der deutschen Regulierungsbehörde hat jetzt erst eingeräumt, dass die Manipulation der Metalle schlimmer ist als beim LIBOR-Zinssatz. Und wenn wir hier noch die Tatsache mit hinzunehmen, dass die westlichen Zentralbanken kein oder nur noch sehr wenig Gold übrig haben und die LBMA-Banken und die COMEX nur über einen Bruchteil des physischen Goldes verfügen, um die Papiergoldkontrakte zu bedienen, wissen wir, dass das für die Halter von Papiergold sehr böse ausgehen wird.
Ich würde davon ausgehen, dass wir 2014 ein Ereignis oder eine Panik am Goldmarkt sehen werden. Diese Panik wird Gold dieses Jahr über die Marke von USD 2.000 pro Unze treiben, und das ist erst der Anfang. Während sich all die vorgenannten Probleme weiter ausbreiten, wird es in den kommenden Jahren zu einem viel höheren Goldpreis kommen.
Ich weiß, dass viele Leute darauf warten, Gold zu einem Preis USD 1.000 pro Unze zu kaufen. Es gibt viele Leute und Organisationen im Internet, die diesen Preisrückgang auf USD 1.000 pro Unze vorhersagen. Meines Erachtens sahen wir das Korrekturtief bei Gold aber bereits am 31.12.2013. Jeder, der darauf wartet, dass es bei Gold zu einem weiteren bedeutenden Preisrückgang kommt, versteht die Rolle von Gold nicht. Man hält Gold zum Zwecke des Vermögenserhalts und aufgrund all der eingangs aufgeführten Risiken, es ist daher von entscheidender Bedeutung, seine Goldkäufe nicht aufzuschieben.
Kurzfristig und technisch gesehen, stieg Gold am Freitag genau zum richtigen Zeitpunkt. Das dürfte der Beginn der diesjährigen Aufwärtsbewegung sein. Dasselbe gilt auch für Silber. Silber hat im Bereich von USD 20,60 pro Unze eine bedeutende Widerstandsmarke, doch sollte Silber diese Marke knacken, werden wir auch bei Silber einen bedeutenden Kurssprung sehen.“