Martin Armstrong, Armstrongeconomics.com, 06.02.2014
Frage: „[…] Sie sagten jüngst, dass steigende Arbeitslosigkeit auch dann stattfinden kann, wenn die Wirtschaft eines Landes wächst. Das scheint derzeit der Fall zu sein. Könnten Sie auf diese Beobachtung bitte ein wenig näher eingehen? […]“
Antwort: In Wirklichkeit handelt es sich hierbei um die Beobachtungen eines Traders – nicht die eines Akademikers. Ich habe mich nie um Theorien geschert, sondern einfach nur versucht herauszufinden, wie die Märkte ticken. Ich weiß, dass all jene, die ein etabliertes Fachgebiet verändern, nie aus diesem Fachgebiet stammen, sondern immer von außen kommen …
Gegenwärtig befinden wir uns in einer Phase, wo zwei Schöpferische Zerstörungen aufeinandertreffen. Die erste Schöpferische Zerstörung ist die Trendumkehr bei den Kapitalströmen, wo das Kapital nun von staatlichen Vermögenswerten in private Vermögenswerte fließt. Die Gemeinderegierungen brechen überall zusammen – auch in Europa.
Ich hatte ja bereits angemerkt, dass die Gemeinden während der Großen Depression sogar gezwungen waren, ihr eigenes Geld auszugeben. Und deshalb werden wir auch erleben, wie es aufgrund des Zusammenbruchs des Staatssektors zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit kommen wird.
Diese Leute haben ihre eigenen kleinen Imperien immer weiter ausgebaut und dabei völlig ignoriert, dass sie zur Finanzierung dieser Imperien von den Bürgern zunehmend mehr frei verfügbares Einkommen abziehen. Und dann haben sie sich selbst außerordentliche Vergünstigungen zugeschanzt. Beispielsweise erhalten Lehrer im US-Bundesstaat New Jersey lebenslang eine zu 100% gedeckte Gesundheitsversicherung. Da hat sich nie irgendjemand die Frage gestellt, wo das Geld dafür überhaupt herkommen soll.
Das ist die Schöpferische Zerstörung – ein Anpassungsprozess der Realität. Die Gemeinden brechen überall in sich zusammen und können nicht einfach Geld drucken – weshalb diese Entwicklung auch deflationär ist und mit dem Hyperinflations-Schwachsinn nichts zu tun hat. So entsteht aus der alten Welt eine neue angepasste Welt – Schöpferische Zerstörung eben.
Die zweite Schöpferische Zerstörung ist das Internet. Das ist dasselbe wie mit der Erfindung des Verbrennungsmotors, der die Masse der Arbeitsplätze in der Landwirtschaft vernichtete, der Ausdehnung der Eisenbahn-Ära ein Ende bereitete und das Wachstum der Vorstädte ermöglicht hat.
Das Internet hat Arbeitsplätze vernichtet – das reicht von kleinen Geschäften bis hin zu Verlagshäusern. Die Buchverleger werden obsolet, da ihre größte Stärke der Vertrieb war. Heute ist Amazon ihr größter Kunde. Die Zeitungen liegen ebenfalls im Sterben, und während die ältere Generation wegstirbt, werden auch die Zeitungen verschwinden. Zeitschriften und Zeitungen werden online ersetzt. Dadurch werden in großem Umfang Arbeitsplätze vernichtet werden.
Die Erfindung der Eisenbahn vernichtete lokale Unternehmen und sorgte dafür, dass der Wettbewerb Einzug hielt. Versandhäuser wurden erfunden und veränderten die Welt. Das Auto machte mit den Eisenbahnen genau dasselbe. Und heute vernichtet das Internet lokale Geschäfte, indem es den Wettbewerb zu ihnen trägt. Das ist schlicht und ergreifend der Zyklus, wie die Wirtschaft wächst.
Am Anfang hat unser Unternehmen die Berichte noch per Fernschreiben versandt. Das kostete für jeden Bericht USD 50. Anfang der 80er Jahre hätten die Versandkosten für unsere Dienstleistungen dadurch bei USD 250.000 pro Jahr gelegen. Dann kam das Faxgerät und reduzierte diese Kosten auf USD 3. Heute hat das Internet die Zustellkosten auf null reduziert und die überwiegende Mehrheit der Menschen kann es lesen, obwohl sich das Anfang der 80er Jahre nur die größten Institutionen leisten konnten. Das ist technologischer Fortschritt mittels der Schöpferischen Zerstörung.
Die Anforderungen ändern sich. Schüler sollten heute besser lernen, wie man programmiert, weil das die Sprache der Zukunft ist. Das ist die Kraft der Schöpferischen Zerstörung, die die Wirtschaft alle 51,6 Jahre in verschieden starken Ausprägungen durchzumachen scheint. Es ist der Grund dafür, warum man steigende Arbeitslosigkeit haben kann, während die Wirtschaftsaktivität zunimmt – und es kann sehr verwirrend sein, wenn man diesbezüglich dem alten linearen Denken verhaftet ist.
Und die Arbeitslosigkeit ist nach Weihnachten immer gestiegen, weil die Einzelhändler im letzten Quartal rund 40% ihrer Geschäfte machen und dafür vorübergehend zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Was sollte an diesem Trend so außergewöhnlich sein?
Der andere Trend, über den niemand spricht, ist, dass die Arbeitgeber den Arbeitgeberleistungen aus dem Weg gehen. Die US-Gesundheitsreform wird das Wachstum bei den Unternehmen einschränken, und die Demokraten sind zu blöd oder zu ignorant, um das Konzept auch nur zu begreifen … Die Post stellt derzeit nur Teilzeitbeschäftigte ein, weil sie keinen Anspruch auf Arbeitgeberleistungen und Pensionen haben. Die US-Regierung trägt also selbst zu den Arbeitsmarktzahlen bei, da Vollzeitjobs in Teilzeitjobs umgewandelt werden.