Wenn Sie bei Gold bullisch sind, werden Sie damit in den nächsten paar Jahren mit fast 100%iger Sicherheit richtig liegen – und zwar ganz unabhängig davon, wie zweifelhaft die Begründungen dafür auch immer sein mögen. Aus den richtigen Gründen bullisch zu sein, ist erst dann von Bedeutung, wenn der langfristige Goldbullenmarkt kurz vor seinem Ende steht

Steve Saville, The Speculative Investor, 25.02.2014

Ein interessanter Aspekt des Goldmarkts ist, dass sich die meisten Analysten auf dem Holzweg befinden. Die Gründe, die die Goldbullen anführen, warum man bullisch sein sollte, sind in der Regel noch schräger, als die Gründe, die die Goldbären anführen, warum man bärisch sein sollte – und das obwohl der langfristige Preistrend wie auch die Fundamentaldaten zugunsten der Goldbullen ausschlagen.

Das Problem ist, dass die meisten Goldbullen den wirklich grundlegenden Preistreibern von Gold kaum Aufmerksamkeit widmen und sich stattdessen auf Sachen konzentrieren, die überhaupt nicht von Belang sind. Ein gutes Beispiel ist, dass sich die Analysten zurzeit auf einen möglichen Rückgang der jährlichen Goldproduktion konzentrieren, der sich durch eine Kombination aus steigenden Produktionskosten und dem Goldpreisrückgang des letzten Jahres begründet.

Mit der Vorstellung, dass ein potenzieller Rückgang der jährlichen Goldproduktion ein wichtiger Grund sei, um bezüglich der Goldpreisentwicklung bullisch zu sein, befindet man sich jedoch völlig auf dem Holzweg – und dieser Irrtum zeigt einfach nur, dass es im Hinblick auf die Preisbildung des Goldmarkts grundlegende Missverständnisse gibt. Jeder Analyst, der diese Vorstellung verbreitet, sollte am besten einfach ignoriert werden.

Wir haben in der Vergangenheit bereits viele Male erklärt, dass die Goldminenbranche der weltweiten Goldversorgung jedes Jahr nur einen winzigen Prozentsatz an Gold hinzufügt – rund 1,5%. Würde die weltweite Goldminenproduktion beispielsweise um 10% sinken, beliefen sich die Auswirkungen auf die Gesamtgoldversorgung im Verlauf eines Jahres – und da sich Angebot und Nachfrage immer ausgleichen, gilt das somit auch für die Gesamtgoldnachfrage im Verlauf eines Jahres – auf rund 0,15%. Das ist völlig unbedeutend.

Hierzu muss man wissen, dass Gold der einzige Rohstoff ist, bei dem aktuelle Veränderungen bei der Produktion niemals bedeutende Auswirkungen auf den Preistrend haben können. Und obwohl wir mit dieser Äußerung etwas zögerlicher sind, sind die jährlichen Produktionsveränderungen bei Silber aus genau denselben Gründen – dem hohen Bestand an Silber im Vergleich zu der jährlichen Silberproduktion – ebenfalls zu gering, als dass sie bei der Analyse der künftigen Silberpreisentwicklung von Bedeutung wären.

Ein weiteres Beispiel für eine schlechte Goldpreisanalyse, die sich durch die Ränge der Goldbullen zieht, ist die Vorstellung, dass man die Goldnachfrage ermitteln könne, indem man die Goldflüsse zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern einfach zusammenrechnet. Zu solchen Goldflüssen gehören der Goldtransfer von Münzhändlern in Richtung Öffentlichkeit, der Goldtransfer vom Ausland in Richtung China, der Goldtransfer börsennotierter Edelmetallfonds in Richtung anderer Goldhalter und der Transfer von Gold von gewerblichen Händlern hin zu Schmuckkäufern in Indien.

Jedem Käufer muss immer ein Verkäufer gegenüberstehen – wenn wir die Menge an Gold zusammenrechnen, die während einer bestimmten Periode gekauft wurde, erfahren wir in der Regel also rein gar nichts darüber, warum sich der Goldpreis in der Vergangenheit so entwickelt hat, wie er sich entwickelt hat, oder wie der Goldpreis aller Vorausschau nach in Zukunft aussehen wird.

Fakt ist, dass die Gesamtgoldnachfrage immer der Gesamtgoldversorgung entsprechen wird, und letztere wird immer mit den weltweiten physischen Goldbeständen übereinstimmen. Die Gesamtgoldnachfrage entsprach den weltweiten physischen Goldbeständen, als das Metall in 2011 sein Preishoch von USD 1.920 pro Unze ausbildete, genauso wie sie den weltweiten physischen Goldbeständen bei dem Preistief von USD 1.180 pro Unze in 2013 entsprach.

Aber was bestimmt dann eigentlich den Goldpreis?

Die Preisfindung bei Gold findet nicht über das Volumen des gekauften oder verkauften Goldes statt; wenn wir das Ganze herunterbrechen, wird der Goldpreis durch das relative Verlangen der Käufer und Verkäufer bestimmt, ihre aktuellen Positionen zu verändern. Wenn die Käufer motivierter sind als die Verkäufer, kommt es zu einem Goldpreisanstieg. Sind die Verkäufer motivierter als die Käufer, fällt der Goldpreis. Ein Goldpreisanstieg oder ein Goldpreisrückgang kann bei steigendem oder fallendem Handelsvolumen stattfinden.

Daher sollten sich die Goldmarktanalysten auch auf die Faktoren konzentrieren, die die Motivation, Gold zu halten, beeinflussen. Und das heißt ganz allgemein, dass man sich auf makroökonomische Faktoren wie Realzinsen, Bonitätsrisiken, die Renditekurve, Inflationserwartungen und den Gesundheitszustand des Bankensektors konzentriert.

Merkwürdigerweise sind die Goldbären darin aber oftmals besser als die Goldbullen. Die Goldbären interpretieren den aktuellen wirtschaftlichen Rückgang zwar falsch – die meisten von ihnen gehen fälschlicherweise davon aus, dass eine Erholung im Gang ist –, aber zumindest suchen sie schon einmal am richtigen Ort nach Hinweisen.

Wenn Sie bei Gold bullisch sind, werden Sie damit in den nächsten paar Jahren mit fast 100%iger Sicherheit richtig liegen – und zwar ganz unabhängig davon, wie zweifelhaft die Begründungen dafür auch immer sein mögen. Aus den richtigen Gründen bullisch zu sein, ist erst dann von Bedeutung, wenn der langfristige Goldbullenmarkt kurz vor seinem Ende steht.

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