Larynas Vegys, Casey Research, 21.04.2014

Heute möchte ich über Krisen sprechen. Zwei der bekanntesten Krisen, auf die die Öffentlichkeit in den letzten sechs bis acht Monaten ihre Aufmerksamkeit richtete, waren offenkundig die Konflikte in der Ukraine und in Syrien. Beide Konflikte sind völlig verschieden und trotzdem scheinen beide Krisen für Goldrallys gesorgt zu haben.

Ich schreibe „scheinen“, weil es an einigen Handelstagen tatsächlich so aussah, als hätten die Meldungen aus Syrien und der Ukraine für Goldpreisanstiege gesorgt, es während dieser Phase aber andererseits auch relevante und alarmierende Meldungen aus Argentinien und anderen Schwellenmarktländern und China gab. Nichtsdestotrotz fragt man sich angesichts der beeindruckenden Zugewinne während dieser Phasen schon, ob es tatsächlich Chaos und Unruhen braucht, damit der Goldpreis in die Höhe schießt.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob Gold abermals auf seine alten Hochs klettern und neue Hochs verzeichnen wird, ohne dass es zu einer bedeutenden politischen Krise oder einem ausgewachsenen Militärkonflikt kommt. Meine Antwort: Wer braucht neue Krisen, wo wir bereits tagein tagaus in einer anhaltenden leben.

Ich werde auf diesen Punkt gleich noch etwas detaillierter eingehen, doch zunächst wollen wir uns kurz anschauen, was in der Ukraine und Syrien geschah und wie sich der Goldpreis während dieser Ereignisse entwickelte. Im Folgenden finden Sie einen kurzen Überblick der bedeutenden Ereignisse der Ukraine-Krise und dasselbe noch einmal für Syrien:

GoldandUkranianCrisisJanuarytoApril2014new_01

GoldandSyrianCivilWarJulytoDecember2013new_02

In beiden Charts scheint es ein ziemlich einheitliches Muster zu geben. Gold scheint in Erwartung eines Konflikts zu steigen; ist der Konflikt dann erst einmal im Gang oder stellt sich als nicht so schlimm heraus, wie eingangs befürchtet, wird Gold aber wieder abverkauft.

Beispielsweise können wir sehen, dass der Goldpreis in dem Moment stieg, als Meldungen die Runde machten, dass in Syrien chemische Waffen zum Einsatz kamen, und US-Präsident Obama damit drohte, zu intervenieren. Als die USA bei diesem Blutbad dann aber doch nicht mit einstiegen und der russische Präsident Vladimir Putin seine diplomatische Lösung vorschlug, kam es bei Gold zu einem sukzessiven Abverkauf und das Metall notierte am Ende schwächer als zuvor.

Es ist nicht möglich, zu sagen, wie stark der Goldpreisanstieg auf die Vorwegnahme der Ukraine/Krim-Krise zurückging, aber es gab mit Sicherheit Handelstage, an denen Gold als Reaktion auf weitere Eskalationen des Konflikts drastisch stieg. Und auch hier ist so, dass der Goldpreis wieder zurückging, nachdem klar geworden war, dass die USA und die EU Russland lediglich mit Worten verurteilen würden.

Während ich diese Zeilen schreibe, ist der Goldpreis ausgehend von seinem jüngsten Hoch vor über einem Monat um rund USD 85 pro Unze zurückgegangen. Wir mögen jetzt vielleicht zu der Auffassung gelangen, dass die Anleger die potentiellen Auswirkungen der Vergeltungs-Sanktionen unterschätzen, aber sie liegen nicht falsch, wenn sie erleichtert darüber sind, dass es zwischen dem Osten und dem Westen bisher keine Kampfhandlungen gegeben hat.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Auswirkungen weltweiter Schlagzeilen auf den Goldpreis kurzfristiger Natur sind. Solange diese Ereignisse keine direkten Konsequenzen mit sich bringen, die langfristig gesehen von Bedeutung sind, mögen die daraus resultierenden Schwankungen zwar durchaus die Aufmerksamkeit von Day-Tradern erregen, sind für den ernsthaften Goldinvestor bei seiner Wette auf die Fundamentaldaten aber lediglich Ablenkungen.

Man darf den Ball nicht aus den Augen verlieren.

Die wirkliche Krise, die gerade vor sich hinköchelt

Die großen Finanz-, Wirtschafts- oder Politiktrends – also die Art von Trends, nach denen wir unsere Spekulationen gerne ausrichten – tauchen gewöhnlich nicht über Nacht als ausgewachsene Katastrophen auf. In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall: Sie neigen dazu, sich langsam aufzubauen und im Verborgenen vor sich hinzuköcheln, bis der Siedepunkt erreicht ist und sie ausbrechen und sich dann (zur Überraschung und dem Entsetzen der Unvorbereiteten) in vollumfängliche Krisen verwandeln.

Zum Glück gibt es aber immer Warnhinweise – also für all jene, die über den Mut und das unabhängige Denken verfügen, um sich mit diesen Dingen auseinanderzusetzen.

Und was sagen uns diese Hinweise heute? Was ist der wirkliche Ball, den wir nicht aus den Augen verlieren sollten, wenn es nicht die zahlreichen Ablenkungen oder die zahlreichen potentiellen schwarzen Schwäne sind?

Die Leser, die uns bereits eine Weile kennen, wissen, dass einer der allergrößten Trends, der dazu verdammt ist, in einer Art von kataklysmischem Endspiel, das jeden betreffen wird, seinen Höhepunkt zu finden, von der staatlichen Fiskalpolitik herrührt: Verschwenderische Staatsausgaben, die zu einer Schuldenkrise führen, die wiederum eine Währungskrise zur Folge hat und am Ende ein neues Währungs-Regime nach sich zieht. Und nein, nicht in Timbuktu – wir sprechen hier über den bevorstehenden Niedergang des US-Dollars.

Der erste Teil dieses Prozesses ist bereits voll im Gang. Bitte sehen Sie sich hierzu die langfristige Entwicklung der Staatsverschuldung der USA an:

TotalUSGovernmentHistoricalDebt1790to2013_03

Wie Sie sehen, gab es während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts praktisch überhaupt keine US-Staatsverschuldung, seitdem ist es jedoch zu einer dramatischen Ausweitung der Ausgaben der US-Bundesregierung gekommen.

Atemberaubend: Der Staat hat unter der Obama-Administration mehr Schulden angehäuft als von George Washingtons Amtsantritt bis zu dem Zeitpunkt, wo Bill Clinton 1992 ins Amt kam. Die Gesamtverschuldung der US-Regierung belief sich Ende 2013 auf über USD 16 Billionen.

Das sollten wir noch einmal in Perspektive setzen, da man heute für einen US-Dollar nicht einmal mehr das bekommt, was man sich vor 100 Jahren mit einem 5-Cent-Stück kaufen konnte:
TotalUSGovernmentDebtasaPercentageofGDP_04

Ausgenommen der Phase des Zweiten Weltkriegs und der unmittelbar darauffolgenden Nachkriegsphase waren die USA noch nie so stark verschuldet wie heute. Und da die US-Verschuldung jüngst die Schwelle von 100% des BIP überschritten hat, ist Amerika nun in unbekannte Gefilde vorgestoßen und gesellt sich jetzt einer illustren Gruppe von Ländern hinzu:

  • Japan, das die Welt mit einem Staatsschulden/BIP-Verhältnis von 242% „anführt“;
  • Griechenland mit einem Staatsschulden/BIP-Verhältnis von 174%;
  • Italien mit einem Staatsschulden/BIP-Verhältnis von 133%;
  • Portugal mit einem Staatsschulden/BIP-Verhältnis von 125% und
  • Irland mit einem Staatsschulden/BIP-Verhältnis von 117%.

Die Projektion im oben aufgeführten Chart basiert auf dem durchschnittlichen jährlichen Schulden/BIP-Wachstum von 9,4%, das seit dem Crash von 2008 verzeichnet worden ist. Sollte diese Verschuldungsrate weiter anhalten, werden die USA bereits im nächsten Jahr stärker verschuldet sein als Irland, 2016 stärker als Portugal, 2017 stärker als Italien, 2019 stärker als Griechenland und in 2023 würden sie sogar Japan überholen – wobei hier anzumerken ist, dass die USA nicht über den Vorteil jahrzehntelanger Handelsüberschüsse verfügen, so wie es bei Japan der Fall ist.

Natürlich! Die Politiker und Bürokraten werden diesen außer Kontrolle geratenen Schuldenzug schon wieder abbremsen – aber wir sprechen hier nicht über irgendwelche geldpolitischen Straffungsmaßnahmen der US-Notenbank. Der Kongress müsste dafür die Qualen in Kauf nehmen, die es mit sich bringt, wenn man nicht über seine Verhältnisse lebt – und das werden wir erst glauben, wenn wir es sehen.

Aber gehen wir einfach mal etwas konservativer heran und nehmen wir die annualisierte 10-Jahresrate des Schuldenwachstums (ein willkürlicher Standard, den viele Analysten verwenden), die bei 5,3% liegt. Mit diesem Schuldenwachstum würden die USA 2017 immer noch stärker verschuldet sein als Irland; Italien würde 2019 überholt, Griechenland 2024 und Japan 2030.

Es wird so oder so zu der Krise unserer Ära werden; alle vorgenannten Länder machen derzeit qualvolle wirtschaftliche wie auch gesellschaftliche Härten durch. Es ist durchaus denkbar, dass die gesellschaftlichen und politischen Unruhen, die aus der europäischen Schuldenkrise resultieren, auch bei der US-amerikanischen Normalbevölkerung aufschlagen werden, sollten die amerikanischen Schulden weiter explodieren.

Darüber hinaus ist es wichtig, zu begreifen, dass die oben aufgeführten Schulden allein die Schulden der US-Bundesregierung sind und die Verbindlichkeiten der einzelnen US-Bundesstaaten und US-Gemeinden sowie die nichtfinanzierten Verbindlichkeiten aus staatlichen Sozialprogrammen wie der Rentenkasse und der Gesundheitsversicherung nicht beinhalten.

Dieser fortwährend größer werdende Berg – Vulkan – an Staatsschulden ist ein langfristiger, systemischer und extrem schwer umzukehrender Trend. Im Gegensatz zur Ukraine-Krise und der Syrien-Krise (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt) wird uns die Staatsschuldenkrise auch auf absehbare Zeit begleiten und nicht einfach so wieder verschwinden. Und obwohl einige Anleger sich mittlerweile an dieses vom Staat geschaffene Phänomen gewöhnt haben und die Staatsverschuldung nicht mehr länger als so gefährlich erachten wie einen offenen militärischen Konflikt, sollten wir uns hier nichts vormachen: Mittel- und langfristig ist die Staatsschuldenkrise für Ihr Vermögen und Ihren Lebensstandard genauso gefährlich.

Es ist einfach, sich vor dieser Krise zu schützen. Dafür muss man lediglich so viele staatliche Währungseinheiten, wie einem möglich ist, in echtes Geld, also in Gold umtauschen.

Edelmetalle sind die einzigen Finanzvermögenswerte, die nicht gleichzeitig die Verbindlichkeit einer Gegenpartei sind. Kein Staat auf dem Planeten kann einfach all das Gold drucken, das er gerne ausgeben würde, und im Gegensatz zu Bitcoins und anderen derartigen Ablenkungen kann Gold nicht übers Internet gestohlen werden. Für unsere Leser ist das nichts Neues, aber es ist für die finanzielle Zukunft der Anleger von so herausragender Bedeutung, dass es Sinn macht, ein ums andere Mal darauf hinzuweisen.

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