Henry Bonner, Sprott Asset Management, 07.05.2014

John Embry sagte letzten Monat, dass die Goldrally zu Beginn dieses Jahres ein sehr ermutigendes Zeichen sei, warnte jedoch davor, dass die Stimmung am Goldmarkt immer noch extrem negativ ist. Embry sagt, dass die jüngsten Aktienmarkthochs auf die Geldinjektionen der US-Notenbank zurückzuführen sind, und da dieses Geld gar keinen anderen Ort hat, wo es hinfließen könnte, werden damit bei den Aktien, Immobilien und Anleihen Spekulationsblasen geschaffen, so seine Warnung.

Henry Bonner: Gold ist im letzten Monat wieder gefallen. Glauben Sie, dass der Optimismus bezüglich einer schnellen Erholung des Goldpreises nun wieder verflogen ist?

John Embry: Ja ich glaube, dass das eine richtige Einschätzung der seitdem eingetretenen Entwicklung ist. Ich glaube, dass der Goldpreisrückgang im letzten Monat dem Vertrauen im Westen geschadet hat, aber ich kann Ihnen versichern, dass sich die interessierten Kreise in Asien zurzeit die Hände reiben und in all das physische Gold stürmen, das sie bekommen können. Und wenn sie erst einmal begreifen, dass für sie nur noch eine begrenzte Menge an Gold übrig ist, in das sie ihre US-Dollars stecken können, wird der Preis meines Erachtens drastisch ansteigen.

Ich bin der Meinung, dass sich die Menschen mehr auf die letztlich einsetzende Aufwärtsbewegung konzentrieren sollten – und diese Aufwärtsbewegung wird riesig ausfallen –, anstatt auf die kurzfristige Abwärtsbewegung, die auf die Papiermärkte zurückgeht.

Bonner: Wie wird sich Gold Ihres Erachtens in den nächsten paar Jahren entwickeln? Was ist, wenn wir weiterhin mit einer niedrigen Inflation oder gar einer Deflation zu tun haben werden? Wie wird sich Gold entwickeln?

Embry: Ich glaube nicht, dass die aktuelle Situation, mit der wir es hier zu tun haben, tragfähig ist. Wir werden einen ausreichend großen Geldbetrag schaffen müssen, um das Schuldenkonstrukt weiter aufrecht zu halten, und wir werden die Zinssätze unten halten müssen. Denn wenn diese grundlegenden Anforderungen nicht erfüllt sind – also eine Unmenge an Liquidität und die Aufrechterhaltung niedriger Zinssätze –, wird es zu einem Systemkollaps kommen.

Das ist meiner Meinung nach auch der Grund, warum man Gold besitzen sollte; weil die Wahrscheinlichkeit eher dafür spricht, dass irgendetwas richtig schiefgehen wird – ein Schwarzer Schwan, wenn Sie so wollen. Und wenn sie weiterhin Liquidität ins System pumpen müssen, wird es bei der Masse der Menschen an irgendeinem Punkt zu der Erkenntnis kommen, dass das Geld nicht gut ist, was zur Folge haben wird, dass die Menschen aussteigen und in reale Dinge wollen. Ich mache mir also keine Sorgen darüber, dass niedrige Zinssätze und eine niedrige Inflation Gold unten halten werden.

Bonner: Niedrige Zinssätze legen nahe, dass es in der Wirtschaft eine geringe Nachfrage nach Kapital gibt. Die großen Geldbestände, die derzeit in den Bilanzen der Konzerne geparkt werden, deuten darauf hin, dass die Unternehmen nicht mehr länger profitable Investitionsmöglichkeiten finden, wo sie dieses Geld zum Einsatz bringen könnten. Brauchen wir eine höhere Kapitalnachfrage, damit es zu einer höheren Inflation und steigenden Zinssätzen kommt?

Embry: Ja richtig, den Unternehmen fällt es schwer, ihr Kapital zum Einsatz zu bringen – und aus gutem Grund. Es gibt einfach nicht genügend kreditwürdige Kreditnehmer oder Investmentmöglichkeiten, bei denen es Sinn macht, einzusteigen. Das passiert, weil die Wirtschaft so schwach ist. Ich glaube nicht eine Sekunde daran, dass die Wirtschaft so stark ist, wie von einigen Menschen nahegelegt wird. Und während sich die Wirtschaft weiter abschwächt, verwandelt sich die Inflation in ein Währungs-Ereignis.

Wir haben es hier nicht mit einer Inflation wie in den 70er Jahren zu tun, wo eine höhere Nachfrage nach Gütern zu steigenden Preisen führte. Dieses Mal ist es die Währung, die massiv entwertet wird, und das ist es auch, was, wie ich glaube, letzten Endes zur Hyperinflation führen wird.

Bonner: In einer schwachen Wirtschaft, wo es weder für die Unternehmen noch für die Banken Möglichkeiten gibt, ihr Kapital zu investieren, könnte es da nicht sein, dass das Geld auch in Zukunft in den Bilanzen der Banken und Unternehmen geparkt wird, wodurch verhindert wird, dass dieses Geld die Inflation anheizt?

Embry: Ja ich denke, dass das möglich wäre, aber die Frage, die hier aufgeworfen wird, ist doch: Warum will man Geld halten, wenn es keine Rendite generiert?

Und ich akzeptiere auch nicht die Behauptung, dass es keine Inflation gibt. Ich bin ja ein großer Fan von John Williams seiner Seite Shadowstats. Ich glaube, dass seine Inflationszahl, die derzeit bei rund 5% liegt, aktuell ein klein wenig zu hoch sein dürfte, aber die wahre Zahl wird wahrscheinlich irgendwo zwischen diesen 5% und dem liegen, was offiziell vermeldet wird. Wenn man sein Geld in Anleihen steckt, speziell in die kurzlaufenden, verliert man also jeden Tag Geld.

Bonner: Also warten wir darauf, dass die Anleger mitbekommen, dass das Halten von Anleihen ein garantiertes Verlustgeschäft für sie ist?

Embry: Ehrlich gesagt bin ich ziemlich erstaunt darüber, dass die Menschen angesichts der aktuellen Entwicklungen immer noch bereit sind, Anleihen zu halten. Meines Erachtens wird man sich mit diesem Zeug am Ende nicht einmal mehr einen Laib Brot kaufen können. Es gibt Billionen dieser Anleihen, die derzeit irgendwo in den Händen der Anleger liegen. Und es ist ja offensichtlich auch so, dass die amerikanischen Anleihen gar nicht so stark nachgefragt werden, was ja auch der Grund dafür ist, dass sich die Fed gezwungen sah, einzuspringen und viele dieser Anleihen aufzukaufen.

Ich glaube, dass der nächste Kracher, der uns bevorsteht, der geopolitische Schlamassel sein wird, der sich derzeit in der Ukraine und in anderen Regionen entwickelt. Und ich glaube, dass es noch andere Probleme geben wird: Die Chinesen haben bereits erklärt, dass sie diversifizieren und vom Dollar weggehen wollen und nun alles in Yuan auspreisen. Ich glaube, dass die Russen auch in diese Richtung gehen. Ich glaube, dass es im Markt gegenwärtig einen Dollarüberschuss gibt, was zu einem rückläufigen Preis des Dollars führen wird.

Es ist aber nicht so, dass der Dollar jetzt speziell gegenüber dem Euro oder irgendwelchen anderen Währungen überbewertet ist, es ist einfach nur, dass die Menschen alle Währungen loswerden wollen und er Dollar dürfte demgegenüber außerordentlich anfällig sein.

Bonner: Was ist für Gold- und Silberanleger Ihrer Meinung nach sonst noch wichtig?

Embry: Ja da gibt es eine Sache, über die ich gerne noch sprechen möchte. Es ist der gesamte Papiergoldmarkt. Ich glaube nicht, dass die Menschen vollständig begriffen haben, was das für ein Schneeballsystem ist. Ich habe die Zahlen gesehen, und diese könnten sogar noch zu konservativ sein, laut denen im westlichen System auf 100 Papiergoldforderungen 1 Unze Gold kommt.

Das geht solange gut, bis es nicht mehr gut geht, aber in der Sekunde, wo es vorbei ist, werden sich die Menschen fragen, was sie mittels ihrer Papiergold-Vehikel tatsächlich besitzen. Ich glaube, das wird einen unglaublich riesigen Einfluss auf den Preis für physisches Gold haben. Ich glaube, dass man Gold entweder physisch besitzen oder mittels eines Finanzinstruments halten sollte, das durch das Metall auch tatsächlich gedeckt wird […], also einem Goldfonds, wo Überprüfungen stattfinden, dass all das Gold auch da ist. Das ist bei 90% der Papiergoldprodukte, die auf dem Markt sind, aber nicht der Fall.

Ich gehe davon aus, dass das schon bald der wirkliche Auslöser für dramatische Goldpreisanstiege sein wird.

Bonner: Besteht Ihrer Meinung nach die Aussicht darauf, dass sich die Goldnachfrage aus Indien oder China abschwächen könnte?

Embry: Nein, überhaupt nicht. Ich glaube, dass die Chinesen den Goldmarkt komplett auf den Kopf gestellt haben. Man kann ja ermitteln, wie viel Gold von China über Hongkong eingeführt worden ist, und sie importieren atemberaubende Mengen. Im Grunde haben sie die gesamte jährliche weltweite Goldminenproduktion aufgekauft. Und jetzt fangen sie auch noch damit an, das Gold noch verschwiegener über Peking einzuführen, und wir wissen nicht, wie viel sie kaufen, aber ich glaube, dass sie so viel kaufen werden, wie sie in die Finger bekommen.

James Turk sagte etwas sehr Interessantes über den Goldmarkt. Er sagte, dass eine Menge der physischen Goldbarren, die in den Markt kommen, alte Goldbarren sind, die wie Barren aus den 1960er Jahren aussehen. Das legt nahe, dass dem Westen gerade das Gold ausgeht.

Bonner: Warum ist es am Aktienmarkt zu Allzeithochs und bei den Konzernen zu Rekordgewinnen gekommen, wo die Wirtschaft so schwach ist?

Embry: Ich glaube, das ist sehr einfach. Sie hatten es ja bereits angerissen, als Sie sagten, dass die Menschen nicht wissen, was sie mit ihrem Geld machen sollen. Und da von der US-Notenbank immer mehr Geld ins System gepumpt wird, muss dieses Geld irgendwo hingehen. Was nun passiert ist, dass dieses Geld in vielen Bereichen Blasen schafft – bei Aktien, Anleihen oder städtischen Immobilien. Sicher, die Gewinnzahlen sehen gut aus, aber hier wird auch viel Phantom-Buchhaltung betrieben, die dazu führt, dass die Gewinne besser aussehen, als sie sind.

Ich schaue mir lieber den Bruttogewinn an, der in den meisten Fällen nicht ansatzweise so gut aussieht, wie der Reingewinn, der sich durch verschiedene Buchhaltungstricks frisieren lässt.

Ich glaube also, dass aktuell dasselbe passiert wie bei der Technologieblase Ende der 90er Jahre, nur dass wir es heute mit einer größeren, weitgefassteren Spekulationsblase im Aktienmarkt zu tun haben.

Bonner: Was sagen Sie zu den geldpolitischen Straffungsmaßnahen der Fed? Die US-Notenbank hat ihre quantitativen Lockerungsmaßnahmen ja bisher bereits von USD 85 Milliarden auf USD 45 Milliarden pro Monat abgesenkt.

Embry: Ehrlich gesagt glaube ich diesen Leuten kein Wort. Warum war denn Belgien in jüngster Zeit der größte Käufer von US-Staatsanleihen? Belgien – die sind auch bankrott! Also mich würde es nicht wundern, wenn die Fed hier irgendwie über die Hintertür agiert. Wenn die Fed Straffungsmaßnahmen durchführt, müssen diese Anleihen trotzdem von irgendwem gekauft werden.

Wie Sie sehen, sind die USA mit zwei Herausforderungen konfrontiert, dich sich gegenseitig ausschließen. Auf der einen Seite versuchen sie, ihre Währung zu schützen, und auf der anderen Seite versuchen sie, ihre Wirtschaft zu schützen. Und ich glaube, dass eine dieser Zielsetzungen mit Sicherheit scheitern wird. Und ich rechne damit, dass es der einfachere Weg sein dürfte, den Dollar fallen zu lassen, als die ganze Wirtschaft abstürzen zu lassen. Wenn sie mit den geldpolitischen Straffungsmaßnahmen weitermachen, wird die Wirtschaft meines Erachtens zusammenbrechen, und das dürfte das Letze sein, was sie wollen.

Die Straffungsmaßnahmen werden solange anhalten, bis die Leiden zu groß werden, und an diesem Punkt werden sie dann eine heftige Kehrtwende einleiten.

Bonner: Wird die US-Notenbank dann über die Fähigkeit verfügen, die quantitativen Lockerungsmaßnahmen wieder hochzufahren, um den Anleihemarkt zu retten?

Embry: Nun, ich denke, dass es irgendwann immer deutlicher werden wird, dass die einstigen großen Anleihekäufer aus verschiedenen Gründen nicht mehr als Käufer auftreten werden – beispielsweise die Chinesen und die Japaner.

Die Japaner haben ihre eigenen Probleme, über die sie sich Sorgen machen müssen. Und die Tatsache, dass Belgien urplötzlich als riesiger Anleihekäufer auftritt, sagt einem ja bereits, dass in diesem Markt irgendetwas nicht stimmen kann.

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