Michael Pento, King World News, 17.05.2014

Seit dem offiziellen Ende der Rezession im Sommer 2009 haben Wall Street und Washington Jahr für Jahr versucht, die Anleger an der Nase herumzuführen und ihnen weiszumachen, dass in der zweiten Jahreshälfte eine Wirtschaftserholung bevorstünde. Aber diese Versprechungen haben sich nicht bewahrheitet, da das jährliche BIP-Wachstum nicht über die seit 2005 anhaltende Trendwachstumsrate von 3% steigen konnte. Und da diese Claqueure darauf hoffen, dass die Anleger unter irgendeiner Art von Gedächtnisverlust leiden, posaunen sie derzeit wieder das Märchen hinaus, dass es beim US-Wirtschaftswachstum zu einem drastischen Anstieg kommen würde.

Das Jahr 2014 ging aber für all jene, die die Anleger verzweifelt davon überzeugen wollen, dass sich die Wirtschaft von der Großen Rezession erholt hat, nicht sonderlich gut los. Nachdem das annualisierte BIP-Wachstum in den USA im vergangenen Jahr gerade einmal bei 1,9% lag – und somit unter den 2,8%, die während des Jahres 2012 verzeichnet wurden –, begann das erste Quartal 2014 mit einer annualisierten Wachstumsrate von 0,1%. Das heißt, dass das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal bei fast 5% liegen müsste, um dieselben 2,5% an Wachstum zu erzielen, die in 2010 beobachtet werden konnten.

Der April-Bericht zu den Einzelhandelszahlen zeigt aber, dass es gegenüber dem Vormonat lediglich zu einem Zuwachs von 0,1% kam – so viel zum Thema ´starke Erholung nach dem harten Winter`. Für diejenigen, die darauf angewiesen sind, dass die Anleger an das Märchen eines robusten Wachstums glauben, um die Aktienpreise auf den jetzigen Niveaus zu stützen, sind das keine sonderlich erfreulichen Nachrichten.

Die traurige Wahrheit ist, dass das diesjährige US-BIP-Wachstum auch nicht besser ausfallen wird als in den Jahren, die auf die Kreditkrise folgten. Der Grund dafür ist, dass die politischen Führer in den USA überhaupt keine Ahnung davon haben, wo das Wirtschaftswachstum eigentlich herkommt und/oder nicht gewillt sind, die schmerzvollen Maßnahmen einzuleiten, um Wirtschaftswachstum herbeizuführen.

Bedauerlicherweise handelt es sich bei den meisten politischen Vertretern in Washington um ökonomische Nullen, und Wall Street ermöglicht es Washington sogar noch bereitwillig, dieses Spiel weiter am Laufen zu halten. Sie begreifen nicht, dass das US-BIP-Wachstum nicht wieder zulegen wird, da eine Wirtschaft niedrige und stabile Steuer- und Zinssätze und eine nicht geringe Inflationsrate braucht, um produktiv zu sein und starkes Wachstum hervorzubringen. Das ist die einzige Basis, von der aus ein nachhaltiges und gesundes Wachstum seinen Anfang nehmen kann.

Und diese Rahmenbedingungen können unmöglich aufrechterhalten werden, da die US-Wirtschaft derzeit unter einem Schulden/BIP-Verhältnis von 330% leidet – also unter genau dem Schuldenniveau, das vor dem Ausbruch der Großen Rezession verzeichnet wurde.

Damit eine Wirtschaft wachsen kann, braucht es Ersparnisse und Investitionen, mit denen die Produktivität erhöht wird. Bevor der Goldstandard 1971 ausgesetzt wurde, lag die US-Sparquote deutlich im zweistelligen Prozentbereich. Mittlerweile ist die US-Sparquote auf 3,8% eingebrochen und liegt damit gerade einmal 1,3 Prozentpunkte über ihrem Allzeittief und somit in der Nähe des Bereichs, der auch in die Kreditkrise führte.

Fakt ist, dass es derzeit zahlreiche Aspekte gibt, die auf erschreckende Art und Weise an die Situation erinnern, die zum Wirtschaftszusammenbruch des Jahres 2008 führte. Die Zins-Spreads zwischen Unternehmensanleihen und Staatsanleihen sind wieder einmal hauchdünn und renditehungrige Investoren sind heutzutage dank der Garantien der weltweiten Zentralbanken sogar bereit, eine 10-jährige griechische Staatsanleihe zu halten, die gerade einmal 6% Zinsen pro Jahr bringt. Und das obwohl 10-jährige griechische Staatsanleihen vor gerade einmal zwei Jahren noch mit 40% rentierten und Griechenland den Haltern dieser Anleihen einen Schuldenschnitt von über 50% aufbrummte.

Aber die Geschichte und die Fundamentaldaten spielen überhaupt keine Rolle, wenn die Anleger (heute so stark wie nie) davon überzeugt sind, dass die weltweiten Gelddruckpressen bereitstehen, um sicherzustellen, dass die Vermögenspreise nicht fallen werden, zumindest nicht bedeutend.

Und natürlich gibt es da noch eine Sache – eine sehr wichtige Sache –, die bedeutend schlimmer ist, als sie es zu Beginn der Großen Rezession war: Überall auf dem Planeten sind die Schuldenniveaus explodiert.

Ein paar Beispiele: China (der Staat, die Unternehmen und die Privathaushalte) ist jetzt mit rund 250% des BIP verschuldet. 2008 lag diese Quote noch bei 145%. Die US-Staatsverschuldung ist seit Beginn der Großen Rezession um USD 7 Billionen in die Höhe geschossen. Was soll man auch anderes erwarten, wenn die Staaten dem Größenwahn erliegen, zu glauben, dass sie Rezessionen durch die endlose Kreditaufnahme bei den Zentralbanken beenden können!

Die Wirtschaft kann einfach nicht produktiver werden, wenn die Spar- und Investitionsdynamik vernichtet worden ist. Und diese Dynamik bricht zusammen, wenn die Anleger mitbekommen, dass die Steuerniveaus drastisch steigen müssen, damit der Staat seinen Schuldendienst leisten kann; dass es bei den Zinsen aufgrund der massiv steigenden Inflationsrisiken einen extremen Aufwärtsdruck gibt; und dass die Kaufkraft in einem Versuch, die Schulden des Landes zu reduzieren, vernichtet werden wird.

In einem solch wirtschaftsfeindlichen Umfeld kommen die Investitionen in Kapitalgüter zum Erliegen, während die Produktivitätsraten fallen. Das ist auch der Grund dafür, warum die annualisierte Produktivitätsrate in den USA im ersten Quartal dieses Jahres auf 1,7% gesunken ist.

Das sind die wirklichen Gründe, warum sich das Wirtschaftswachstum in den letzten sechs Jahren als Phantom herausgestellt hat. Und die Wirtschaft wird solange enttäuschen, bis die Staaten einen gesunden Schuldenabbauprozess im Staatssektor wie auch im Privatsektor zulassen. Die Vermögenspreise müssen fallen, faule Kredite müssen restrukturiert werden und die Zentralbanken müssen es dem Markt erlauben, die Zinsen selbst festzulegen.

Solange das nicht der Fall ist, werden wir es bei der Steuerpolitik, den Zinssätzen und den Währungen mit riesigen Schwankungen zu tun haben. Und es ist auch der Hauptgrund, warum die US-Erwerbsquote bei den 25- bis 29-Jährigen im April auf das niedrigste Niveau seit 1982 gefallen ist – also auf das niedrigste Niveau, seit die US-Behörde für Arbeitsmarktstatistik mit der Ermittlung dieser Daten begann. Die älteren Menschen können es sich nicht mehr länger leisten, in Rente zu gehen, und die Jungen scheiden aus der Erwerbsbevölkerung aus – das ist die traurige Wahrheit, die sich hinter diesem Rückgang der Erwerbsbevölkerung verbirgt.

Eine weitere Phantomerholung in diesem Jahr dürfte aber gerade für US-Aktien besonders problematisch werden. Die Aktienpreise hat es im Grunde nicht geschert, dass das US-BIP schwach ausfiel, solange die US-Notenbank den Kredit jährlich um USD 1 Billion ausweitete. Die quantitative Lockerung der US-Notenbank wird aber hoffentlich in einigen Monaten vorbei sein, und dann könnte es bei den Vermögenspreisen letztlich zu der schmerzlichen, aber notwendigen Korrektur kommen.

Beispielsweise könnte es durchaus sein, dass – lässt man die Kräfte des freien Markts walten – die Eigenheimkäufer wieder in der Lage sein werden, sich ein neues Haus zu leisten, anstatt dass sie fortwährend von Hedge-Fonds überboten werden, so wie es gegenwärtig der Fall ist. Die Immobilienberatungsfirma Trulia hat dazu jüngst eine Untersuchung durchgeführt und herausgefunden, dass die Mittelschicht gerade einmal 25% aller in New York zurzeit zum Verkauf stehenden Eigenheime finanzieren könnte.

Das ist bereits schockierend genug – aber wie reagierte die US-Regierung auf diese zweite Immobilienblase innerhalb der letzten sechs Jahre? Sie zwang die staatlichen Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac dazu, die Kreditvergabe im Eigenheimmarkt auszuweiten! Es scheint, dass wir aus der Wirtschaftskrise von 2008 rein gar nichts gelernt haben und dieselben Fehler nun wieder begehen, nur heute in viel größerem Maßstab.

Ungeachtet dessen müssen die Anleger aus diesem Augenblick der Vernunft bei der Fed Vorteil schlagen, denn er dürfte nicht allzu lange anhalten. Die Reduzierung der Anleihekäufe durch die US-Notenbank dürfte den Investoren eine exzellente Möglichkeit verschaffen, Vermögenswerte zum Schnäppchenpreis zu erhalten. Leider ist die Wirtschaft heutzutage vollständig abhängig von den Nullzinssätzen und der endlosen Ausweitung der Kreditmenge durch die Fed. Wenn die Fed-Vorsitzende Janet Yellen erst einmal begreift, dass der Hauptfeind der Fed (die Deflation) auf die Aussetzung der Lockerungsmaßnahmen zurückzuführen ist, sollten Sie sich auf Inflationsmaßnahmen gefasst machen, wie sie Amerika noch nie zuvor gesehen hat.

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