Brian Sylvester, The Gold Report, 07.07.2014

Die Edelmetallinvestoren haben im Rahmen des jüngsten Bärenmarkts jede Menge ertragen müssen, aber David H. Smith, leitender Analyst bei David Morgans „The Morgan Report“, ist der Meinung, dass der nächste säkulare Edelmetallbullenmarkt bereits im Gang ist. In diesem Interview mit The Gold Report sagt Smith, dass die Platinmetalle das Wiedererstarken des Edelmetallbullenmarkts einleiten werden und darüber hinaus über ein ansprechendes langfristiges Risiko-Ertrags-Verhältnis verfügen.

The Gold Report: Die südafrikanischen Minenunternehmen, die Platinmetalle (PGMs) fördern, hatten mit einem 21-wöchigen Streik zu kämpfen, der diese Firmen schätzungsweise USD 2 Milliarden an Einnahmen gekostet hat. Ist hier ein Ende in Sicht?

David H. Smith: Das ist eher das Ende vom Anfang als der Anfang vom Ende, weil es sich hier um einen systemischen Konflikt zwischen den Minenarbeitern und den Unternehmen handelt. Die Unternehmen versuchen, ihre Kosten irgendwie hereinzuholen, da ihre Produktionskosten zurzeit über den Preisen der PGMs liegen, während die Minenarbeiter für ihren sehr gefährlichen Job nach wie vor sehr wenig Geld erhalten. Während dieses 5-monatigen Streiks haben die Minenunternehmen täglich zwischen 5.000 und 10.000 Unzen an Produktion verloren. Das ist für die Versorgungslage bei den Platinmetallen mit Sicherheit nicht sonderlich hilfreich gewesen.

TGR: Platin ist am Spotmarkt seit Januar dieses Jahres kontinuierlich über USD 1.400 pro Unze gehandelt worden und lag jüngst bei rund USD 1.450 pro Unze. Würde ein Ende des Streiks zu einer Preisschwäche führen?

DHS: Ja, weil wir hier eine Situation haben, die man auch als „Buy the rumor, sell the fact“, bezeichnen kann. An dem Tag, wo es hieß, der Streik sei beigelegt worden, gingen die Preise für die PGMs um rund USD 40 bis USD 50 pro Unze zurück, ganz einfach weil damit gerechnet wurde. Für die Leute, die daran glauben, dass die Platinmetalle über Aufwärtspotenzial verfügen, dürfte das meines Erachtens eine Kaufgelegenheit sein.

Bei Platin und Palladium gibt es ein Angebotsdefizit, und Platin liegt nach wie vor über USD 400 pro Unze unter seinem 5-Jahreshoch, während Palladium sein 5-Jahreshoch vor ein paar Wochen abermals getestet hat. Palladium verfügt über das höhere prozentuale Gewinnpotenzial, das ist zumindest meine Meinung, da Palladium bei zahlreichen Platin-Anwendungsbereichen als Ersatz genutzt werden kann und trotzdem USD 500 bis USD 600 pro Unze billiger ist.

TGR: Sie haben über „Die 4 Edelmetalle“ geschrieben, und Sie gehen davon aus, dass Platin und Palladium die Spitzenreiter sein werden, die die letztlich einsetzende Preiserholung bei den Edelmetallmetallen anführen werden. Bitte erzählen Sie uns mehr darüber.

DHS: Zu den 4 Edelmetallen zählen Gold, Silber, Platin und Palladium. Die Anleger, die an Edelmetallen interessiert sind, sollten sich auf alle vier Metalle konzentrieren, selbst wenn sie nicht alle diese Metalle halten. Das hängt damit zusammen, wie sich diese Metalle zueinander verhalten und auf welche Art ihre Chartmuster in Korrelation stehen.

Meine Prämisse ist, dass es bei Platin und Palladium – und das ist von Sprott Asset Management, Rick Rule und verschiedenen anderen dokumentiert worden – langfristig zu einem Angebotsdefizit kommen wird, da die Hauptproduzenten in Südafrika und Russland nicht in der Lage sein werden, die Produktion in nächster Zeit auszuweiten, während die Nachfrage nach diesen Metallen durch die Produktion von Autokatalysatoren und die Käufe von börsennotierten Edelmetallfonds und Privatanlegern (physisches Metall und Schmuck) weiterhin drastisch steigen wird.

Unterdessen befanden sich Gold und Silber bis vor wenigen Wochen in einem dreijährigen zyklischen Bärenmarkt, und dann haben sie bei hohen Handelsvolumen eine große Trendwende eingeleitet, und es sieht so aus, als könnte es sich hier um den nächsten Aufwärtsschub des säkularen Edelmetallbullenmarkts handeln.

TGR: Aber der Markt für Platinmetalle ist relativ klein, so klein, dass selbst ein einziger Produzent den Markt umgehend verändern könnte.

DHS: Ja, der Markt für Platinmetalle (Platin und Palladium) beläuft sich auf rund 7 Millionen Unzen pro Jahr, während der Goldmarkt bei rund 80 Millionen Unzen pro Jahr liegt. Der Markt für Platinmetalle ist winzig, dennoch kommen diese Metalle bei einer Vielzahl sehr wichtiger Anwendungsbereiche zum Einsatz. Es könnte etwas länger dauern, als ich mir wünschen würde, bis ein bestimmtes Preisziel erreicht wird, aber der Edelmetallbullenmarkt ist heute bereits im Gang und ich glaube, dass er über einen langen Zeitraum hinweg anhalten wird.

TGR: Wie können Anleger von diesem Run profitieren? Geht es hier um den Besitz der physischen Edelmetalle, das Halten von Aktien oder ist es beides?

DHS: Ich arbeite seit über zehn Jahren mit David Morgan beim „The Morgan Report“ zusammen, und er empfiehlt, dass man zunächst einmal das physische Metall halten sollte. Wenn man dann eine komfortable Position an physischen Edelmetallen aufgebaut hat, kann man nach Aktien Ausschau halten. Minenaktien können gegenüber dem jeweiligen Metall prozentual gesehen das Zwei- bis Dreifache an Aufwärtspotenzial bieten, aber einige dieser Unternehmen gehen pleite und andere bringen nicht die erwartete Leistung.

Schauen Sie sich zunächst die Produzenten an, und wenn Sie dann immer noch Geld übrig haben, können Sie eine Reihe von Explorationsaktien kaufen in der Hoffnung, dass sie um das Zehn- oder Zwanzigfache steigen. Hierbei sollten sich allerdings im Klaren darüber sein, dass das Verlustrisiko bei jeder einzelnen dieser Positionen bei 100% liegt.

TGR: Wie ist Ihre kurz- und mittelfristige Prognose für Platin und Palladium?

DHS: Es ist bei allen Rohstoffen immer sehr schwer, ein zeitliches und preisliches Ziel anzugeben. Wichtiger ist, auf das Risiko-Ertrags-Verhältnis zu blicken. Das Risiko für das Halten einer Platin/Palladium-Position dürfte in den kommenden zwei bis drei Jahren meines Erachtens bei 1 liegen, während der Ertrag bei 4 liegt. Ich mag diese Kennzahlen.

Wenn die Menschen nach bestimmten Preiszielen innerhalb eines bestimmten Zeitraums Ausschau halten und sich diese Erwartung dann nicht bewahrheitet, verlieren sie den Glauben daran und gelangen zu der Auffassung, dass die Prämisse falsch ist. Die Prämisse könnte aber nach wie vor richtig sein; es dauert halt eben nur länger, bis das Ziel erreicht wird.

Beispielsweise bin ich eine Zeitlang davon ausgegangen, dass es bei den Preisen für Platinmetalle zu einem Ausbruch kommen würde. Das dauert nun länger, als ich erwartet hatte, aber die Prämisse hat nach wie vor ihre Gültigkeit. Dasselbe wird mit Uran geschehen. Es dauert halt länger, als die meisten Menschen glauben, aber wenn es dann passiert, wird es meines Erachtens ein sehr gewaltiger Ausbruch werden …

TGR: Gibt es andere Entwicklungsprojekte bei den Platinmetallen oder gibt es einige Produzenten, bei denen Platinmetalle als Nebenprodukt anfallen?

DHS: Ja da gibt es einige, vor allem in Südafrika, aber aufgrund des Länderrisikos folge ich ihnen ehrlich gesagt nicht. Wenn wir auf das riesige russische Norlisk-Projekt blicken, dann ist es dort interessanterweise so, dass sich die Hauptförderung auf Nickel und Kupfer konzentriert, während Palladium als Nebenprodukt anfällt.

Mein Hauptinteresse gilt dem Gold- und dem Silbermarkt, aber ich interessiere mich auch für Platinmetalle, da uns ihre Chartmuster darüber Auskunft geben, wie sich Gold und Silber entwickeln werden, wenn sie im Rahmen ihres Bullenmarkts in die Manie-Phase eintreten.

Vor ein paar Jahren stieg Palladium auf USD 1.090 pro Unze, nachdem Ford Motor Co. eine Menge des Palladium-Angebots aufgekauft hatte. Zu jener Zeit hatte David Morgan – der damals im Futures-Markt aktiv war – öffentlich erklärt, dass die Börse von ihm verlangte, das Zweifache des Gesamtwerts eines Palladium-Kontrakts als Sicherheitsleistung zu hinterlegen – das ist eine 200%ige Sicherheitsleistung. Und das könnte letztlich bei allen vier Edelmetallen passieren.

TGR: Wird die derzeitige Edelmetallrally weitergehen?

DHS: In den letzten paar Wochen haben wir einige Male gesehen, dass es bei den physischen Metallen bei Rekord-Handelsvolumina zu Trendwenden kam, und bei den Minenaktien kam es ein oder zwei Wochen vor der Trendwende bei den Metallen zu vermehrten Käufen. Die Tiefs wurden in den letzten zwölf Monaten schon zweimal oder so getestet und jedes Mal haben sie als Stützung gehalten. Alles ist möglich. Es könnte auch zu einer Schwäche kommen und überraschende Ankündigungen geben, die dazu führen, dass es bei Gold und Silber zu neuen Tiefs kommt, aber ich glaube, dass das nur vorübergehend wäre.

Ich bin der Meinung, dass das Risiko-Ertrags-Verhältnis sehr vorteilhaft ist. Wer nach etwas sucht, wo es überhaupt kein Risiko gibt, wird hier nicht aktiv werden. Mit einem großen Ertragspotenzial geht auch immer ein großes Risiko einher. Die Frage ist, wie man dieses Risiko handhabt – das bestimmt, wie gut es für einen läuft.

TGR: Ein weiteres großes Thema ist der wachsende Einfluss Chinas auf den Goldmarkt. Was sagen Sie dazu?

DHS: China arbeitet immer mit einer Langfrist-Strategie. Zu Chinas Goldstrategie gehören mehrere unterschiedliche Aspekte, und es wird davon ausgegangen, dass einer dieser Aspekte ein goldgedeckter Yuan ist. Ein weiterer Aspekt ist, dass China seine Außenhandelsüberschüsse diversifizieren und vom US-Dollar Abstand nehmen will, allein schon um hier eine Währungs-Diversifikation durchzuführen. Sollte es zwischen China und den USA zu einem Zerwürfnis kommen, will China nicht, dass sein Geld in Form von US-Staatsanleihen als Geisel gehalten wird.

Und China wird auch weiterhin Gold und Silber aufkaufen – der überwiegende Teil dieser Käufe findet im Verborgenen statt. Die im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen haben einige große Goldminenfirmen aufgekauft und letzte Woche hat China in Vancouver ein Handelsbüro eröffnet, um seinen Einfluss auf den Minensektor auszuweiten.

Es gibt ein chinesisches Spiel – die Japaner nennen es „Go“ –, ein Brettspiel, das mit schwarzen und weißen Steinen gespielt wird. Ziel des Spiels ist es, seinen Gegner zu umzingeln und davon abzuhalten, sich zu bewegen. Das ist es, was die Chinesen machen – nur dass es für sie kein Spiel ist.

TGR: Einige aktuelle Meldungen legen nahe, dass China plant, Gold-Automaten aufzustellen, so dass die chinesische Bevölkerung leichter Gold kaufen kann.

DHS: Das zeigt, wie weit verbreitet die Idee des Goldbesitzes in China ist. Letztes Jahr war China der weltgrößte Goldkonsument, aber Indien wird die Führungsrolle dieses Jahr wahrscheinlich wieder übernehmen. Die Menschen in Asien kaufen Gold aus anderen Gründen als Sie oder ich. Sie versuchen nicht, das Metall zu verkaufen, wenn es um USD 50 pro Unze steigt. Für sie ist es eine Form, Vermögen anzuhäufen und sich Sicherheit zu kaufen.

TGR: Gehen Sie davon aus, dass die Goldkäufe der chinesischen Bevölkerung so etwas wie erweiterte oder stellvertretende Zentralbankkäufe sind?

DHS: Ja, China ist nach wie vor ein autoritärer Staat, und sollte die Regierung den Goldbesitz morgen für illegal erklären und sagen, dass die chinesischen Bürger ihr Gold abgeben müssen, würden das die meisten Chinesen machen. Ich glaube, dass das eine Art von Plan B der Zentralbank ist, sollte sie tatsächlich darauf aus sein, so viel Gold als möglich anzuhäufen – und alle Hinweise deuten ja genau darauf hin.

TGR: Vor rund zwölf Monaten sagten Sie den Anlegern, dass sie etwas Geld zurückhalten sollten, da noch „wahnsinnig billige“ Preise kommen würden.

DHS: Es ist an der Zeit, die aktuellen Preise dem Preisziel gegenüberzustellen, mit dem Sie in den nächsten paar Jahren rechnen. Vor ein paar Wochen waren die Preise „wahnsinnig billig“.

Und bei der Idee, etwas extra Geld beiseite zu legen, geht es nicht nur um wahnsinnig billige Preise, sondern auch um aus heiterem Himmel einsetzende Entwicklungen – Werte, die gegenüber allen anderen Dingen plötzlich unterbewertet sind. Über das Geld und den Mut zu verfügen, aus diesen Möglichkeiten Vorteil zu schlagen, ist es, was ich als psychologisches Kapital bezeichne. Wenn man das verliert, verliert man im Grunde seine Fähigkeit, effektiv zu traden.

TGR: Was sagen Sie zu Kolumbien?

DHS: Ich glaube nicht, dass sich das Länderrisiko eliminieren lässt. Kolumbien ist ein viel besserer Ort, um Geschäfte zu machen, als es noch vor ein paar Jahren der Fall war. Die Anleger müssen fortwährend darauf achten, wo sie investieren, und sich immer die Frage stellen: Bin ich bereit, das Risiko im Verhältnis zu dem Ertrag zu akzeptieren, den ich mir durch das Halten von Aktien in diesem Land erhoffe?

TGR: Haben Sie irgendwelche abschließenden Gedanken für Edelmetallanleger?

DHS: Die letzten drei Jahre waren unglaublich schwierig gewesen. Niemand dachte, dass es drei Jahre dauern würde, bis wir da wieder rauskommen, ich auch nicht. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das Potenzial in den nächsten paar Jahren so groß ist, dass eine moderate Position bei den besseren Edelmetallminenaktien und das Halten von etwas physischem Metall bei den Leuten, die verstehen, was diesen Markt antreibt, zu enormen Erträgen führen werden.

Wir haben es hier mit einem globalen Bullenmarkt zu tun. Der Bullenmarkt von 1979 bis 1980 war im Grunde zu weiten Teilen auf Nordamerika beschränkt. Asien war überhaupt nicht daran beteiligt. Heute treibt Asien diesen Markt an, und an irgendeinem Punkt wird jeder auf diesen Zug aufspringen, wie David Morgan, Doug Casey und einige andere ja bereits erklärt haben. Die Anleger, die bereit sind, die Volatilität zu akzeptieren, werden über ihre Entscheidung am Ende sehr glücklich sein.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner