David Tablish, Rambus1.com, 21.07.2014

In diesem Artikel würde ich mir Gold gerne im Detail anschauen, da es sein könnte, dass zurzeit einige wichtige Entwicklungen stattfinden, die sich erst durch die wilden Goldpreisschwankungen in der letzten Handelswoche zeigten. Wir sollten hier im Hinterkopf behalten, dass die Chartmuster, die wir uns im Folgenden anschauen werden, vor einer Woche noch gar nicht existierten und es auch keinerlei Hinweise darauf gab, dass es zu der aktuellen Situation kommen könnte.

Wie Sie wissen, kann sich die Lage an den Märkten in Windeseile ändern, speziell wenn die Volatilität in die Höhe schießt, so wie wir es letzte Woche gesehen haben. Man muss sich immer einen offenen Geist bewahren und darauf achten, welche Informationen uns die Märkte liefern.

Zunächst werden wir uns den Linienchart von Gold auf Tagesbasis anschauen. Nach diesen jüngsten wilden Preisschwüngen können wir erkennen, dass sich gegenwärtig unter Umständen die rechte Schulter einer umgekehrten Schulter-Kopf-Schulter-Formation ausbildet. Wichtig ist hierbei, dass dieses mögliche umgekehrte Schulter-Kopf-Schulter-Tief über dem umgekehrten Schulter-Kopf-Schulter-Tief von Dezember liegt, und sollte das aktuelle Schulter-Kopf-Schulter-Tief tatsächlich aktiv werden, bekämen wir dadurch ein höheres Tief und ein höheres Hoch, was einen neuen Aufwärtstrend etablieren würde.

Es gibt eine von mir eingesetzte Technik, die ich Ihnen bereits in der Vergangenheit vorgestellt habe, bei der ich die Nackenlinie weit über den tatsächlichen Ausbruch hinaus verlängere. Es gibt den alten Spruch, dass eine Nackenlinie niemals stirbt, sondern mit der Zeit verschwindet. Es passiert immer wieder, dass eine alte Nackenlinie als Stützung fungiert – und zwar lange nachdem man ihr überhaupt noch irgendeine Bedeutung zuschrieb.

Im Folgenden können Sie sehen, dass die linke Schulter ausgebildet wurde, daraufhin ein drastischer Einbruch folgte, der den Kopf bildet, und der Goldpreis im Anschluss eine Rally hinlegte, die das gelbe Metall über die verlängerte Nackenlinie trug, die letzte Woche auch als Stützung fungierte. Wie Sie auf dem Chart erkennen können, ist es durchaus möglich, dass Gold gerade damit beginnt, die rechte Schulter auszubilden.

Ich würde wirklich gerne sehen, dass der Goldpreis diese rechte Schulter gut ausarbeitet und das Metall nicht unter USD 1.290 pro Unze aus dem Handel geht. Die verlängerte Nackenlinie sollten wir uns in diesem Zusammenhang als Stützungs- und Widerstandslinie vorstellen – ein Kurs darunter ist bärisch und darüber bullisch. Sollte dieses potenzielle Schulter-Kopf-Schulter-Tief tatsächlich aktiv werden, läge das Preisziel bei rund USD 1.450 pro Unze, was uns dann gegenüber dem letzten Hoch vom August 2013 ein höheres Hoch bescheren würde.

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Schauen wir uns denselben Zeitraum noch einmal auf einem Candlestick-Chart an und achten wir hierbei auch auf die nach meinem Dafürhalten wichtigsten gleitenden Durchschnitte von Gold: den gleitenden 50-Tagesschnitt, den gleitenden 150-Tagesschnitt und den gleitenden 300-Tagesschnitt. Während der hohen Volatilität von letzter Woche hielten der 50-Tagesschnitt und der 150-Tagesschnitt, und während des Tiefs vom Freitag vorletzter Woche hielt auch der 300-Tagesschnitt.

Wir haben also drei wichtige gleitende Durchschnitte, die bisher allesamt am Tief der rechten Schulter hielten. Ein großer Verlusttag würde das gesamte Chartbild ändern, doch bisher können wir davon ausgehen, dass sie halten.

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Und neben den gleitenden Durchschnitten gibt es im Bereich des Tiefs der rechten Schulter auch ein 50%iges Fibonacci-Retracement:

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Der nächste Goldpreischart ist ein Langfrist-Goldchart auf Tagesbasis, der den über 1 Jahr alten Handelskanal zeigt, der zum gegenwärtigen Zeitpunkt immer noch nicht genau identifiziert bzw. benannt werden kann. Die meisten Analysten nennen den Handelskanal einfach Dreiecksmuster, was aber immer noch nicht schlüssig ist, da wir bisher noch keine 4 vollständigen Umkehrpunkte haben, die dieses Muster komplettieren würden.

Viele haben den Handelskanal eine Zeitlang auch einfach also Doppeltief bezeichnet, was gegenwärtig aber nicht der Fall ist. Wenn das Tief vom Juni dieses Jahres im Bereich des Dezember-Tiefs gelegen hätte, hätten wir den vierten Umkehrpunkt gehabt, und dann hätten wir den einjährigen Handelskanal tatsächlich ein Dreiecksmuster nennen können.

Wir wissen also immer noch nicht, was für ein Konsolidierungsmuster Gold zurzeit ausbildet. Ob es ein Abwärts-Konsolidierungsmuster oder ein Dreiecks-Umkehrmuster ist, das einen Anstieg einleitet, werden wir erst sehen, wenn der Goldpreis mit der blauen Widerstands- und Stützungslinie interagiert hat.

Hätte der Goldpreis die untere blaue Linie dieses einjährigen Handelskanals durchbrochen, wäre es ein Abwärts-Konsolidierungsmuster gewesen. Würde der Goldpreis an der unteren blauen Linie aufschlagen und daraufhin wieder steigen und die obere blaue Widerstandslinie durchbrechen, hätten wir ein 5-Punkte-Umkehrmuster, das wir Dreiecks-Umkehrmuster nennen könnten.

Und hier wird es interessant. Das umgekehrte Schulter-Kopf-Schulter-Tief vom Dezember und unser aktuelles umgekehrtes Schulter-Kopf-Schulter-Tief haben exakt dieselbe Größe, wenn man von dem Tief des Kopfes bis zur Achsel der rechten Schulter misst. Sollte die aktuelle Schulter-Kopf-Schulter-Formation aktiv werden, käme es bei der oberen blauen Widerstandslinie zu einem Ausbruch.

Ich habe Ihnen ja eingangs bereits gezeigt, dass das Preisziel unseres aktuellen Schulter-Kopf-Schulter-Tiefs im Bereich von rund USD 1.450 pro Unze verläuft und somit leicht über dem vorangegangen Hoch von August 2013 liegen würde. Sollte Gold bis in diesen Preisbereich vorstoßen, hätten wir einen horizontal verlaufenden Handelskanal, was bedeuten würde, dass es eher ein Rechtecks- als ein Dreiecksmuster ist. Der vierte Umkehrpunkt ist immer der Punkt, der sich in Echtzeit am schwersten identifizieren lässt. Im Rückblick ist es natürlich einfach.

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Den nachfolgenden Langzeitchart auf Tagesbasis habe ich Ihnen noch nie gezeigt, da das Chartmuster nicht so sauber ist, wie ich es mir wünschen würde. Ich kann Ihnen versichern, dass die Chartisten echte Schwierigkeiten haben, dem seit über einem Jahr anhaltenden Handelskanal eine Bezeichnung zu geben, da bisher nicht alle Charakteristika für eine klare Benennung des Konsolidierungsmusters vorhanden sind.

Wie Ihnen bekannt ist, gehen wir derzeit davon aus, dass bei einigen Indizes des Edelmetallkomplexes umgekehrte Schulter-Kopf-Schulter-Tiefs etabliert worden sind. Wie ich Ihnen auf dem vorangegangenen Goldchart zeigte, ist es schwer, den aktuellen Handelskanal klar zu identifizieren. Es passiert relativ häufig, dass die Indizes der Edelmetallminenaktien und die Edelmetalle selbst sehr ähnliche Kursmuster ausbilden und auch zur selben Zeit ausbrechen.

Wenn wir hier einmal unsere Fantasie bemühen, können wir uns auch vorstellen, dass sich letztlich ein umgekehrtes Schulter-Kopf-Schulter-Tief mit zwei Köpfen ausbildet.

Es gibt auch eine schöne Symmetrie, die ich mittels einer Symmetrielinie dargestellt habe. Diese erhält man, wenn man eine Parallele zur Nackenlinie zieht und diese auf das Tief der linken Schulter legt. Dadurch wird ein mögliches Tief für die rechte Schulter projiziert, was sich bisher ja auch bewahrheitet hat. Wie Sie sehen, wurde die Symmetrielinie während des Juni-Tiefs exakt getroffen. Aktuell sieht es so aus, als würde der Nackenlinien-Widerstand bei rund USD 1.365 pro Unze ins Spiel kommen. Gold müsste diese Marke überwinden, um den nächsten Satz nach oben zu machen. Immer ein Schritt nach dem anderen.

Zum nachfolgenden Tageschart möchte ich noch eine weitere Sache anmerken: Der Chart zeigt im Bereich der rechten Schulter eine große Divergenz des Relativen Stärke Indexes (RSI). Wie auf dem Chart zu sehen ist, hatte der RSI im Dezember letzten Jahres gemeinsam mit Gold sein Tief ausgebildet. Beide legten daraufhin bis zu den März-Hochs eine Rally hin und beide leiteten gemeinsam ihren Rückgang ein. Der RSI ging aber stärker zurück und fiel sogar unter das Tief vom Dezember, während der Goldpreisrückgang nur sehr moderat ausfiel und ein viel höheres Tief ausgebildet wurde als das Dezembertief. Das ist eine enorme Abweichung. Wir werden bald erfahren, wie das Ganze ausgehen wird, doch sollte sich das gelbe Metall dazu entschließen, eine Rally hinzulegen, hätte es gegenüber dem RSI einen ordentlichen Vorsprung.

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Wir werden uns noch ein paar weitere Goldcharts anschauen, ohne dabei eine bestimmte Reihenfolge einzuhalten. Auf den langfristigen Goldpreischarts sieht man den Goldbullenmarkt und einige der interessanteren Kursmuster und gleitenden Durchschnitte, die während des 14-jährigen Preisanstiegs eine wichtige Rolle gespielt haben.

Der gleitende 150-Tagesschnitt hat seit dem Crash-Tief von 2008 wirklich wahre Wunder vollbracht. Dieser gleitende Durchschnitt hatte dann während des Bärenmarkts seine Funktion geändert und als Widerstand fungiert. Gold notiert jetzt wieder über seinem 150-Tagesschnitt, der zurzeit bei USD 1.287 pro Unze liegt und nun langsam zu steigen beginnt.

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Der nächste Chart ist ein weiter Tageschart, der die wichtigen gleitenden Durchschnitte zeigt und veranschaulicht, wie ein echter Bullenmarkt aussieht. Wenn die Korrektur erst einmal vorbei ist und die Rally-Phase einsetzt, werden sich diese gleitenden Durchschnitte wieder genauso ausrichten wie nach dem Crash-Tief von 2008. Eine solche Ausrichtung ließ sich auch ab 2011 während der Bärenmarktphase beobachten. Aktuell sind diese vier gleitenden Durchschnitte wieder sehr nahe beieinander und Gold notiert über jedem einzelnen von ihnen – das letzte Mal war das Ende 2012 der Fall.

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Der nächste Goldchart ist ein langfristiger Monatschart, bei dem auch der gleitende 10-Monatsschnitt ausgewiesen wird, der während des 14-jährigen Goldpreisanstiegs eine sehr gute Arbeit leistete und als Stützungs- wie auch als Widerstandslinie fungierte. Der Goldpreis-Crash in 2008 und das Hoch von 2011 waren die einzigen zwei Augenblicke, wo dieser Schnitt versagte.

Ab dem zweiten Goldpreishoch kehrte der gleitende 10-Monatsschnitt seine Funktion um und fungierte von da an als Widerstandslinie (oberer roter Pfeil). Es gelang Gold mehrere Male, kurzfristig über diesen Schnitt zu steigen, aber diese Niveaus konnten nicht gehalten werden. Letzten Monat stieg Gold abermals über seinen gleitenden 10-Monatsschnitt und konnte sogar leicht darüber aus dem Handel gehen. Aktuell liegt Gold rund USD 1 darüber, während im Juli immer noch zwei Handelswochen bevorstehen.

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Auf dem nächsten Monatschart sehen wir größere Chartmuster, die sich während des 14-jährigen Bullenmarkts ausgebildet haben. Auf dem Chart sehen Sie eine verlängerte Nackenlinie, die zu dem 2008 ausgebildeten Konsolidierungsmuster gehört. Dieses Konsolidierungsmuster besteht insgesamt aus drei verschiedenen Chartmustern, zu denen auch ein Schulter-Kopf-Schulter-Tief gehört.

Als ich diese Nackenlinie vor einem Jahr das erste Mal verlängerte, fragte ich mich, wie der Preis in diesem Bereich reagieren würde. Bisher hat die verlängerte Nackenlinie ihre Funktion umgekehrt und in den letzten 18 Monaten als Stützungslinie fungiert. Diese Nackenlinie ist extrem wichtig, denn sollte sie nach unten hin durchbrochen werden, dürfte der Goldpreis auf neue Tiefs abstürzen.

Dieser Chart zeigt auch, dass es bei einem Aufwärtsimpuls gleich zu einer ganzen Serie von Gewinnmonaten kommt, während es bei einem Abwärtsimpuls zu einer Serie von Verlustmonaten kommt. Hat man einen Mix aus schwarzen und weißen Balken befindet sich der Preis in einem Handelskanal:

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Der letzte langfristige Goldpreischart auf Monatsbasis, den ich Ihnen heute zeigen möchte, verfügt über alle Chartmuster, die ich die vergangenen Jahre im Auge behalten habe. Der Goldbullenmarkt ist einer der schönsten Bullenmärkte der Geschichte. Ich habe es schon oft gesagt und ich sage es auch noch ein weiteres Mal: Eines Tages wird man auf diesen Goldbullenmarkt zurückblicken und ihn genauso studieren, wie wir heute den Crash von 1929 untersuchen. Aus chartologischer Perspektive geht es nicht besser, da hier jedes Konsolidierungsmuster auf dem Hoch des vorangegangenen Konsolidierungsmusters aufbaut und jedes Hoch über dem letzten Hoch liegt.

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Auf dem Chart sind auch verschiedene bullische aufsteigende Keile zu sehen, die bei einem starken Bullenmarkt relativ häufig anzutreffen sind. Und es gab auch einen bullischen abfallenden Keil (eines der Konsolidierungsmuster von 2008). Wie Sie sehen, ist das letzte Chartmuster mittlerweile schon drei Jahre alt – es ist also der mit Abstand größte und längste Handelskanal dieses Bullenmarkts. Es handelt sich um einen einen fallenden Keil. Wir werden sehen, ob es nur ein weiterer Puzzlestein ist, der Gold auf neue Allzeithochs treibt, oder wir das Ende des Goldbullenmarkts bereits gesehen haben.

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