David Chapman, MGI Securities, 09.10.2014

Für Leute, die an Gold glauben, sind die letzten zwei Jahre mit Sicherheit nicht einfach gewesen. Gold ist seit seinem Hoch von 2011 um 37% gefallen. Der größte Teil des Preisrückgangs fand innerhalb von zwei Tagen im April 2013 statt, wo Gold von USD 1.564 pro Unze um rund USD 200 auf USD 1.360 pro Unze einbrach, als irgendjemand plötzlich zwischen 400 und 500 Tonnen Papiergold (Future-Kontrakte) an der COMEX auf den Markt warf.

Dieser Preisrutsch löste eine Lawine von Stopps aus, was zu dem Einbruch noch erschwerend hinzukam. Aus prozentualer Sicht lag dieser Preiseinbruch bei 13%. Um das mal ins Verhältnis zu setzen: Dieser Preiseinbruch war nicht so groß wie der Kursrutsch von 18% am 22.01.1980, als der Goldpreis von USD 825 auf USD 682 pro Unze einbrach, was dem Goldbullenmarkt von 1976 bis 1980 ein abruptes Ende bereitete.

Seit April 2013 hat Gold die Marke von USD 1.180 pro Unze drei Mal getestet. Am 28.06.2013 fiel Gold auf USD 1.183 pro Unze, am 31.12.2013 bildete Gold dann bei USD 1.182 pro Unze ein Tief aus und in 2014 fiel Gold abermals auf USD 1.183 pro Unze. Ein Dreifachtief?

Dreifachtiefs sind sehr seltene Chartmuster. Gold erreichte am 29.12.2011 ein Tief bei USD 1.525 pro Unze, fiel dann am 16.05.2012 noch einmal auf USD 1.528 pro Unze und notierte am 04.04.2013 bei USD 1.539 pro Unze. Der Markt erholte sich nach dem 04.04.2013 ein paar Tage und brach dann am 12. und 15.04.2013 ein.

Was einige hier als Dreifachtief feiern, könnte sich auch als flüchtiger Augenblick der Ruhe herausstellen. Dreifachtiefs, die zeitlich so weit voneinander entfernt liegen, sind wahrscheinlich keine Dreifachtiefs.

Gold musste sich von diesem Tief erholen, aber das Metall ist immer noch weit davon entfernt, zu bestätigen, dass das finale Tief bereits etabliert ist. Zunächst einmal müssen drei Hochs durchbrochen werden, damit wir eine Bestätigung dafür erhalten, dass Gold sein finales Tief ausgebildet hat: Das erste Hoch ist das vom 10.07.2014 in Höhe von USD 1.339 pro Unze. Das zweite Hoch liegt bei USD 1.382 pro Unze und wurde am 14.03.2014 verzeichnet und das finale Hoch ist das vom 28.08.2013 in Höhe von USD 1.428 pro Unze.

Gewöhnlich ist ein Chartmuster aus absteigenden Hochs und gleichförmigen Tiefs unter dem Namen abfallendes Dreieck bekannt. Das ist bärisch, und sollte die Marke von USD 1.182 pro Unze nicht halten, bestünde die Gefahr, dass Gold auf potenzielle Preisziele von USD 1.025 bzw. sogar USD 935 pro Unze fällt.

Wenn es einen Unterschied zwischen der aktuellen Goldpreisentwicklung und dem Chartmuster gibt, das sich vor dem Preisrutsch von April 2013 ausbildete, dann vielleicht, dass Gold damals ein Dreifach-Hoch zu verzeichnen hatte. Die Hochs waren USD 1.798 pro Unze (08.11.2011), USD 1.789 pro Unze (28.02.2012) und USD 1.795 pro Unze (04.10.2012).

Das Unterschreiten der Marke von USD 1.525 pro Unze legte einen Preisrückgang auf USD 1.250 pro Unze nahe. Das bisherige Preistief von USD 1.182 pro Unze ist von diesem Preisziel auch nicht allzu weit entfernt.

Der bisherige Preisrückgang liegt im Bereich einer 38,2%igen Fibonacci-Korrektur. Eine 50%ige Korrektur würde Gold ungefähr auf das Niveau von USD 950 pro Unze fallen lassen, also in den Bereich des obengenannten Preisziels. Bei einer 61,8%igen Korrektur würde Gold bei USD 775 pro Unze liegen. Kann das überhaupt passieren?

Ja, einige glauben das, zum Beispiel der Finanz-Newsletter-Autor Harry Dent. Ned Davis Research, auch ein sehr renommiertes Analysehaus, behauptet, dass Gold seinem Preismuster von 1980 folgen und unter die Marke von USD 700 pro Unze fallen könnte. Andere wie Goldman Sachs und Robert Prechter von Elliot Wave International legen nahe, dass Gold zumindest bis auf USD 1.050 pro Unze fallen dürfte. Das sind fast schon bullische Prognosen im Vergleich zu denen von Dent und Ned Davis.

Goldbären gibt es derzeit also zur Genüge. Und es gibt auch zahlreiche Goldbullen, aber sie sind gegenwärtig recht still, werden verhöhnt und ignoriert. Die Goldbullen behaupten, dass der aktuelle Preisrückgang dem Rückgang von 1974 bis 1976 ähnelt. Nach dem Ende des Goldstandards im August 1971 stieg das gelbe Metall von seinem Fixpreis von USD 35 pro Unze bis Dezember 1974 auf USD 190 pro Unze. Danach folgte eine fast 50%ige Korrektur, bei der Gold bis August 1976 auf rund USD 101 pro Unze fiel. Und von diesen Tiefen begann Gold dann seinen Anstieg auf USD 875 pro Unze im Januar 1980.

Vor dem Hintergrund einer galoppierenden Inflation, steigender Zinssätze, der russischen Invasion in Afghanistan im Dezember 1979 und der Geiselnahme von Teheran im November 1979 schoss der Ölpreis auf USD 40 pro Barrel. Und das waren auch perfekte Rahmenbedingungen für Gold. Vor den Edelmetallhändlern bildeten sich lange Menschenschlangen, da die Analysten extrem bullisch waren und erklärten, dass Gold auf USD 1.000 und USD 2.000 oder sogar noch stärker steigen würde.

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Das war dann natürlich das Hoch, da der Vorsitzende der US-Notenbank, Paul Volcker, die Zinssätze auf 20% anhob, um den Wertverfall des US-Dollars aufzuhalten. Das trug mit zum Gold-Crash bei. Gold bildete dann im Juni 1982 mit USD 337 pro Unze (einem Rückgang von 61%) sein Tief aus, bevor eine solide Erholung in Gang kam, die das gelbe Metall bis Februar 1983 auf USD 514 pro Unze trug. Zwei Jahre später, im Februar 1985, notierte Gold wieder bei rund USD 281 pro Unze und lag somit rund 68% unter dem Preishoch von 1980. Sein finales Tief bildete Gold jedoch erst im Februar 2001 mit USD 255 pro Unze aus. Und es dauerte dann auch bis zum Jahr 2008, bis das gelbe Metall wieder auf sein nominelles Hoch von 1980 geklettert war.

Dieses Mal bildeten sich aber keine Menschenschlangen auf der Straße, um Gold zu kaufen, als es im August 2011 bei USD 1.900 pro Unze notierte. Im Vergleich zu 1979/1980 war es doch eher ein ziemlich geordneter Preisanstieg, und das obwohl Gold von seinem Tief des Finanzcrashs in 2008 von USD 680 bis auf USD 1.900 pro Unze stieg.

Dank der niedrigen Zinssätze, der ersten und zweiten Runde quantitativer Lockerung der US-Notenbank, der drastisch steigenden Schulden in den USA sowie des einbrechenden US-Dollar-Indexes – der von 121 Punkten im Juli 2001 auf 71 Punkte im März 2008 zurückging – waren die Rahmenbedingungen für Gold nahezu perfekt. Und obschon das Metall bis auf USD 1.900 pro Unze stieg, lag es immer noch unter seinem inflationsbereinigten Preishoch von 1980.

Heute müsste Gold auf USD 2.785 pro Unze klettern, um bis auf sein inflationsbereinigtes Preishoch von 1980 zu steigen. Aktuell scheint das ein weit entfernter Traum zu sein. Aber unter den richtigen Bedingungen ist das natürlich durchaus denkbar.

Für einen weiteren Preisrückgang bei Gold müssten lediglich wieder große Mengen an Gold-Futures auf den Markt geworfen werden, so wie wir es auch im April 2013 sahen. Der jüngste Preisrückgang von Gold war nahezu ein Spiegelbild des steigenden US-Dollars, da Gold seine negative Korrelation zum US-Dollar in letzter Zeit weiter fortgesetzt hat.

Wahrscheinlich werden wieder die üblichen Rufe lautwerden, dass es sich hier um eine Goldpreismanipulation handelt, und vielleicht haben sie sogar Recht damit, aber das dürfte kaum von Bedeutung sein, sollte es entschlossene Verkäufer mit großen Finanzressourcen geben. Aus technischer Sicht deuten die Serie niedrigerer Tiefs, die seit dem Hoch von August 2013 zu verzeichnen gewesen sind, sowie die Seltenheit von Dreifachtiefs darauf hin, dass ein abermaliger Goldpreiseinbruch bevorstehen könnte.

Ein solch drastischer Goldpreisrückgang dürfte jedoch nur vorübergehend sein, und wenn die Wellenzählung ausgehend vom Hoch von September 2011 richtig ist, wäre es dann die fünfte Abwärtswelle, wodurch ein mögliches Elliot-5-Wellen-Abwärtsmuster komplettiert würde.

Schauen wir uns doch einmal das Worst-Case-Szenario an, das von Harry Dent und Ned Davis nahegelegt wird. Obwohl man niemals nie sagen sollte, scheinen die Rahmenbedingungen, die Gold auf USD 700 pro Unze treiben könnten, nicht zu existieren.

Die Produktionskosten von Gold liegen aktuell im Bereich von USD 1.000 bis USD 1.300 pro Unze. Ein anhaltender Preisrückgang auf USD 700 pro Unze (hierfür reicht bereits ein Rückgang auf USD 1.000 pro Unze) würde zahlreiche Firmen in die roten Zahlen treiben, und es ist durchaus möglich, dass die Goldminen dann stillgelegt bzw. Projekte zurückgefahren werden müssten.

Es gibt heute bereits ein Defizit zwischen der Goldnachfrage und der Minenversorgung und ein nachhaltiger Preisrückgang könnte dieses Angebotsdefizit noch weiter verschärfen.

Während der 1980er Jahre, als Gold um 65% im Preis einbrach, war China noch keine globale Wirtschaftsmacht. China hatte praktisch kaum Goldreserven und plante auch nicht – so wie es heute der Fall ist –, seine Goldreserven auf dasselbe Niveau wie das der USA anzuheben. Die USA halten aktuell rund 8.100 Tonnen Gold. China war keine bedeutende Handelsnation, was Gold anbelangt, während es heute eine große Goldbörse in Schanghai aufbaut.

Und es gab auch andere Unterschiede im Vergleich zu heute. Der Leitzins der US-Notenbank wird seit der Finanzkrise von 2008 bei 0% gehalten. Anfang der 1980er Jahre fiel der Leitzins der Fed von 14% im Jahr 1980 auf 6% im Jahr 1985. Die US-Staatsverschuldung lag von 1980 bis 1985 im Schnitt bei USD 1,3 Billionen. Heute liegt die US-Staatsverschuldung bei USD 17,6 Billionen.

Das US-Staatsschulden/BIP-Verhältnis liegt derzeit bei 106%, während es von 1980 bis 1985 bei durchschnittlich 35% lag. Die USA traten als Nettogeldgeber auf, nicht als Schuldennation wie heute. Und komischerweise waren es auch die 1980er Jahre, wo das jährliche US-Haushaltsdefizit immer weiter anwuchs. Bis 1992 war das jährliche Haushaltsdefizit der US-Regierung auf USD 290 Milliarden gestiegen. Aktuell liegt es bei rund USD 600 Milliarden. Das Hoch wurde 2009 mit USD 1,4 Billionen verzeichnet.

Die US-Geldbasis lag 1985 bei rund USD 200 Milliarden – heute liegt sie bei USD 4 Billionen. Die US-Geldbasis ist seit dem Beginn des Finanzcrashs von 2008 um USD 950 Milliarden ausgeweitet worden.

Also: Was müsste passieren, damit der Goldpreis steigt? Um einen steigenden Goldpreis zu sehen, müsste es zu einem Vertrauensverlust gegenüber dem Staat kommen. Das würde höchstwahrscheinlich in Verbindung mit einem fallenden US-Dollar passieren. Aktuell scheint man sich aber lieber für das Halten von US-Dollars als für Gold zu entscheiden – obwohl der US-Dollar die letzten paar Tage wieder etwas nachgab.

Die Europäische Union und Japan scheinen wieder in Rezessionen abzurutschen. Die Lage in der EU macht einen ziemlich trostlosen Eindruck. Die Sanktionen gegen Russland haben ihren Preis. Ich sage ja bereits seit langem, dass Sanktionen ein Form von Handelskrieg sind, und bei einem Handelskrieg gibt es immer nur Verlierer.

Es ist nicht klar, was einen Vertrauensverlust in den Staat auslösen könnte. Zwei potentielle Ereignisse stechen aber heraus: Zunächst einmal könnte es zu einer Eskalation der Kriege im Nahen Osten oder einer negativen Wende im Ukraine-Konflikt kommen. Auch könnten sich die Konflikte rund um die vor China liegenden Gewässer weiter verschärfen. Es könnte auch zu einer großen Pleite kommen, die eine weltweite Schulden-Kernschmelze auslöst. 1998 lösten die Asienkrise und die russische Staatspleite ebenfalls eine Finanzkernschmelze aus (Untergang von Long Term Capital Management), was fast das gesamte Finanzsystem zu Fall gebracht hätte. Wall Street sprang ein und rettete die Lage.

Während der Finanzkrise von 2008, die auf den Zusammenbruch von Lehman Brothers folgte, sprangen die US-Notenbank und die US-Regierung ein, um die Lage zu retten.

Wenn es noch einen weiteren möglichen Auslöser gibt, dann ist es Ebola. Kein weiß, was eine weltweite Pandemie an den Märkten für Auswirkungen hätte.

Seit sich die Welt im August 1971 vom Goldstandard verabschiedet hat, war jede neue Finanzkrise schlimmer als die vorangegangene. Die Finanzkrisen fanden von 1973 bis 1975, 1980 bis 1982, 1990 bis 1991, 1998, von 2000 bis 2002 und 2007 bis 2009 statt. Jede neue Finanzkrise war im Grunde größer als die vorangegangene und es bedurfte zunehmend größerer Schuldenmengen, um die Wirtschaft wieder in Fahrt zu bringen.

Fakt ist auch, dass jede daraufhin einsetzende Erholung schwächer ausfiel als die vorangegangene. Die nächste Schuldenkrise könnte die US-Notenbank völlig überwältigen, wenn man sich die Natur der in ihrer Intensität immer schlimmer werdenden Schuldenkrisen vor Augen hält. Sollte diese Auffassung richtig sein, könnte die nächste Finanzkrise zu einer mehrjährigen Wirtschaftsdepression führen.

Seit dem Goldpreiseinbruch von April 2013 geriet Gold richtig ins Straucheln. Gold notiert seitdem in einem Handelskanal von USD 1.182 bis USD 1.428 pro Unze mit einem Durchschnitt von USD 1.280 pro Unze. Theoretisch könnte Gold von hier aus fallen oder steigen, obwohl das Chartmuster eher auf einen potentiellen weiteren Preiseinbruch hindeutet. Sollte es zu einem abermaligen Preiseinbruch kommen, dürfte dadurch aber einem potentiellen Tief die Bühne bereitet werden – die Saat für den nächsten Goldbullenmarkt. Es könnte also durchaus sein, dass sich die Goldbugs noch ein wenig in Geduld üben müssen.

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