Michael Snyder, The Economic Collapse, 13.05.2015

Derzeit spielen sich in der Finanzwelt einige wirklich verrückte Dinge ab. Wenn man auf das Jahr 2008 zurückblickt, dann gab es damals jede Menge Probleme, die bereits Monate vor dem großen Aktienmarkt-Crash, der dann in der zweiten Jahreshälfte kam, unter der Oberfläche brodelten. Als Lehman Brothers schlussendlich zusammenbrach, war das für die Meisten auf dem Planeten ein totaler Schock, aber später fanden wir heraus, dass die Probleme dieser Bank schon seit langem bestanden und immer größer wurden. Ich glaube, dass wir heute in einer ähnlichen Phase sind, und die zweite Hälfte dieses Jahres verspricht ziemlich chaotisch zu werden.

Und offensichtlich ist es so, dass einige Manager der weltgrößten börsennotierten Fonds (ETFs) meine Einschätzung teilen, da sie sich aktuell still und leise auf eine „Liquiditätskrise“ und einen „Marktzusammenbruch“ vorbereiten. Vor ungefähr einem Monat warnte ich vor einer „Liquiditätskrise“ und jetzt sprechen die Analysten auf der ganzen Welt darüber.

Könnte es sein, dass die nächste große Finanzkrise nun unmittelbar bevorsteht?

Laut Reuters machen sich die Unternehmen, die einige der größten börsennotierten Fonds auf dem Planeten verwalten, aktuell sehr große Sorgen darüber, was ein Mangel an Liquidität im Hinblick auf den nächsten Finanzcrash eigentlich zu bedeuten hat. Sie bauen jetzt im Stillen ihre Kreditlinien bei den Banken aus, sodass sie besser auf eine „Kernschmelze des Markts“ vorbereitet sind.

„Die größten Anbieter von ETFs, durch die Milliarden an Anleger-Dollars in einige wenig gehandelte Ecken des Anleihemarkts geschleust worden sind, weiten gerade ihre Kreditlinien bei den Banken aus, um diese im Falle einer Markt-Kernschmelze anzapfen zu können. Zu den US-Fonds-Unternehmen, die sich um neue Bankgarantien gekümmert haben oder bestehende ausbauten, gehören Vanguard Group, Guggenheim Investments und First Trust, wie aus ihren jüngsten Unternehmensdaten hervorgeht.“

Ferner merkt Reuters an, dass auch die US-Notenbank und die US-Regulierungsbehörden darüber besorgt seien, dass die Fonds zahlungsunfähig werden könnten, sollten all ihre Anleger bei einem Crash plötzlich die Auszahlung ihrer Fonds-Anteile verlangen. Das gelte im Besonderen für Fonds, die sich auf Nischen spezialisiert haben, wo es keine sonderlich hohe Markttiefe gibt wie beispielsweise bei Ramschanleihen.

Warum treffen die Vanguard Group, Guggenheim Investments und First Trust derzeit diese Vorbereitungsmaßnahmen? Wissen Sie etwas, von dem der Rest von uns noch keine Ahnung hat?

In den letzten Monaten hatte ich ja über viele Entwicklungen geschrieben, die exakt dieselben Muster aufweisen wie die Entwicklungen, die wir auch kurz vor Ausbruch der letzten Finanz-Crashs sahen. Es macht den Eindruck, als würde es 2015 zu einer Wiederholung kommen.

Eine Sache, mit der man kurz vor einem bedeutenden Ereignis rechnen würde, wäre, dass das „Smart Money“ aus den langlaufenden Staatsanleihen aussteigt und stattdessen in kurzlaufende und andere liquidere Papiere umschichtet. Und in den letzten Wochen scheint genau diese Entwicklung begonnen zu haben, was im Grunde einer bedeutenden Veränderung an den Finanzmärkten gleichkommt. Ganz plötzlich fangen die langlaufenden Zinssätze nämlich wieder zu steigen an. Das Folgende stammt von Martin Armstrong:

„Die Geldmenge, die sich aktuell bei kurzlaufenden Staatsanleihen versammelt, ist atemberaubend. Die Zinsen für diese Papiere stürzen in den negativen Bereich und es handelt sich hierbei um dieselbe Flucht in Richtung Qualität, die wir auch auf dem Hoch der Krise von 2009 beobachten konnten. Die großen institutionellen Anleger verkaufen gerade 10-jährige oder noch länger laufende Staatsanleihen und gehen stattdessen in kurzlaufende Papiere. Es gibt nicht genug kurzlaufende Staatsanleihen, um ihre Nachfrage zu befriedigen. Das Kapital ist nicht gewillt, längerlaufende Staatsanleihen zu halten, und das gilt selbst für 10-jährige Papiere von Staaten wie Deutschland. Das veranschaulicht die Krise, die sich derzeit entwickelt, und es zeigt, dass die Liquidität kollabiert.“

Armstrong spricht ebenfalls von der „Liquidität“. Es ist schon lustig, wie es derzeit immer wieder auftaucht.

Im Folgenden sehen Sie einen Chart, der zeigt, was mit der Rendite für US-Staatsanleihen mit 30-jähriger Laufzeit in diesem Jahr passiert ist. Wie Sie sehen, ist der Zins für diese Papiere vor kurzem sehr stark angestiegen:

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Was dieser Chart jedoch nicht zeigt, ist die Tatsache, dass der Zinssatz für die 30-jährige US-Staatsanleihe allein am Mittwoch noch einmal auf rund 3,08% geschossen ist.

Und natürlich sind es nicht nur die Zinsen für US-Papiere, die derzeit in die Höhe schießen. Diese Entwicklung ist weltweit zu beobachten und viele Analysten wundern sich nun bereits in aller Öffentlichkeit, ob wir jetzt kurz vor dem Platzen der 76-Billionen-Dollar-Staatsanleiheblase stehen. Beispielsweise erklärte Jim Reid, Stratege bei der Deutschen Bank, gegenüber der britischen Zeitung Telegraph:

„Die Finanzmarktregeln, die seit der letzten Krise implementiert worden sind, schreiben den Banken vor, mehr Anleihen zu halten, während die Zentralbanken aufgrund ihrer quantitativen Lockerungsmaßnahmen nun ebenfalls viele dieser Papiere in ihren Bilanzen halten, wodurch die Zahl der am offenen Markt gehandelten Papiere zurückgeht.

Gleichzeitig haben die Zentralbanken mittels der quantitativen Lockerung und ihrer Nahe-Null-Zinsen versucht, die Geldliquidität zu erhöhen. ´In den letzten paar Jahren wurde immer deutlicher, dass durch die Kombination aus hoher Geldliquidität und geringer Trading-Liquidität Luftblasen geschaffen wurden`, so Reid. ´Sorge bereitet, dass diese Entwicklungen in relativ optimistischen Märkten stattfinden. Für mich liegt es nahe, dass es aufgrund dieses Liquiditätsmangels an verschiedenen Märkten chaotisch werden wird, wenn der nächste Abschwung einsetzt. Diese immer regelmäßiger auftretenden Liquiditätsprobleme, die wir schon heute beobachten, könnten sich dann als ein milder Vorgeschmack erweisen.“

Sehr ernüchternde Worte.

Und zusätzlich befinden wir uns zweifelsohne auch noch inmitten einer riesigen Aktienmarktblase. Das kommende Chaos wird nicht bloß die Staatsanleihen betreffen. Fakt ist, dass ich persönlich mit dem größten Aktienmarktcrash der US-Geschichte rechne. Und wann wird er einsetzen?

Nun ja, Phoenix Capital Research glaubt, dass wir jetzt einen extrem wichtigen Umkehrpunkt erreicht haben:

„Das ist so etwas wie das letzte Aufbäumen der Aktien. Wir sind jetzt im Monat Mai angelangt. Und aus historischer Sicht ist die Phase von Mai bis November saisonal eine der schlimmsten Phasen für Aktien gewesen.

Darüber hinaus haben sich die Fundamentaldaten der Märkte dramatisch verschlechtert. 2014 war das erste Jahr seit 2009 mit rückläufigen Unternehmensumsätzen. Die Umsätze spiegeln die tatsächliche Wirtschaftsaktivität in Wahrheit viel besser wider als die Gewinne: Entweder die Gelder kommen rein oder nicht. Und die Tatsache, dass die Verkaufszahlen rückläufig sind, legt nahe, dass sich die Wirtschaftsentwicklung bereits wieder umkehrt und die ´Erholung` vorbei ist.

Nachdem radikale Kosteneinsparungen durchgeführt und Schulden für Aktienrückkäufe aufgenommen worden sind, dürften die Gewinne nun wohl ebenfalls ein Hoch ausbilden. Bisher haben 90% aller Unternehmen des S&P 500 Indexes ihre Gewinne gemeldet. Und diese Gewinne sind im Jahresvergleich um 11,9% zurückgegangen.

Die Umsätze fallen und die Gewinne fallen – und das zu einer Zeit, wo die Aktien so überbewertet sind, dass selbst die US-Notenbank dies einräumen muss. Hier sind also alle Zutaten für einen bedeutenden Marktzusammenbruch gegeben. Und das Smart Money bereitet sich nun im Vorfeld darauf vor.“

Ich persönlich habe ein richtig schlechtes Gefühl bezüglich der zweiten Jahreshälfte. Alles scheint darauf hinauszulaufen, dass es zu einer Wiederholung von 2008 kommt (oder noch schlimmer). Wollen wir hoffen, dass sich das nicht bewahrheitet, dennoch sollten wir den großen Sturm, der aktuell am Horizont aufzieht, nicht einfach ignorieren.

Und wenn die nächste große Krise zuschlägt, werden die weltweiten Staaten über weit weniger „Munition“ verfügen als beim letzten Mal. Beispielsweise hat sich die US-Staatsverschuldung seit Beginn der letzten Rezession ungefähr verdoppelt, und die US-Notenbank hat die Zinsen bereits so stark als möglich gedrückt. Das ist etwas, worauf der Chefökonom von HSBC, Stephen King, kürzlich in einem 17-seitigen Bericht ebenfalls hinwies. Das Folgende stammt aus diesem Bericht:

„Während es den geld- und finanzpolitischen Entscheidungsträgern im Rahmen früherer Erholungen möglich war, ihre Munition wieder aufzustocken, kennzeichnet sich die aktuelle Erholung – in den USA und in anderen Ländern – aber durch eine anhaltende Munitionsknappheit. Und das ist ein bedeutendes Problem. In allen Rezessionen seit den 1970er Jahren ist der US-Leitzins mindestens um 5 Prozentpunkte gefallen. Diese Art von traditionellem Belebungsprogramm ist nun vollständig ausgeschlossen.“

Seit langer Zeit beende ich meine Artikel ja damit, die Menschen dazu anzuhalten, sich vorzubereiten. Doch die Zeit für Vorbereitungen läuft jetzt immer schneller ab. In der sehr kurzen Zeit, die uns bis zum Crash der Märkte noch bleibt, werden die Vorbereitungsmaßnahmen, die von den Menschen noch ergriffen werden können, ziemlich begrenzt sein.

Und damit spiele ich nicht auf irgendein singuläres Ereignis an. Wenn die Finanzmärkte dieses Mal crashen, wird es meines Erachtens keine derartige „Erholung“ mehr geben, wie wir sie nach 2008 sahen. Ich glaube, dass sich der langfristige Wirtschaftszusammenbruch, dessen Zeugen wir gerade werden, noch massiv beschleunigen wird und es aufgrund dessen für die USA so schlimm werden wird, wie wir es noch nicht erlebt haben.

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