Dan Norcini, Traderdan.com, 30.06.2015

In den letzten 4 Wochen sind zahlreiche Artikel auf uns eingeströmt, in denen eine riesige Preisexplosion bei Silber vorausgesagt wird, da „die eingekreisten Shorts zur Aufgabe gezwungen werden.“

„Der Anstieg des Offenen Interesses auf ein Rekordhoch – noch höher als zu der Zeit, wo Silber nahe der Marke von USD 50 pro Unze notierte – verrät uns, dass ein Teil des Big Moneys in Silber geht und es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Shorts ihr blaues Wunder erleben werden.“

Damit sind wir im Grunde auch gleich bei der Crux der „Analyse“ dieser Permabullen.

Jetzt, wo Silber im Preis eingebrochen ist, gibt es vielleicht eine Lehre, die wir daraus ziehen können. All das Gerede um die Silber-Shorts begann, als das weiße Metall über der Marke von USD 17,00 pro Unze notierte, und es hielt unvermindert weiter an, während sich Silber immer weiter in die Tiefe schraubte.

Wir haben regelmäßig Artikel zum Thema Silber veröffentlicht und uns dabei die einzelnen Marktteilnehmer, die im CoT-Bericht zu finden sind, im Detail angeschaut. Dabei haben wir uns speziell die Positionen der Swap Dealer angeschaut, da ihre Erfolgsbilanz im Hinblick auf den Silbermarkt einzigartig ist. Die Tatsache, dass die Swap Dealer riesige Short-Positionen aufgebaut hatten, war ein Warnhinweis, dass das Metall nicht steigen, sondern fallen würde – und zwar zum Leidwesen verzweifelter Silberbullen, die manchmal sogar noch nerviger sein können als die Goldkult-Gemeinde.

Einer dieser „Analysten“ scheint ein Faible dafür zu haben, fortwährend über diejenigen zu jammern, die den Silbermarkt shorten. Seiner Auffassung nach ist Silber unterbewertet, weshalb alle, die der gegenteiligen Auffassung sind, seines Erachtens etwas ignorieren, das eigentlich vor die Behörden müsste – nämlich die illegale Preismanipulation am Silbermarkt.

Dass der Rest der Industriemetalle ebenfalls fällt, ist dabei völlig egal. Denn laut der Permabullen muss Silber steigen. Dass Silber nicht steigt, ist nur ein weiterer Beweis dafür, dass das Metall illegal manipuliert wird.

Was für ein wunderbarer Gedankengang! Dadurch sind der „Analyst“ und diejenigen, die seiner Meinung folgen, frei von jedem Fehl und Tadel, wenn Preissteigerungen vorausgesagt werden, die sich nie bewahrheiten. Es ist eine Win-Win-Situation – für den Analysten.

Wenn der Silberpreis steigt, kann der Analyst damit prahlen, wie gut er sich mit dem Markt auskennt, und somit noch mehr zahlende Abonnenten für seinen Newsletter gewinnen. Fällt der Silberpreis, kann derselbe Analyst seine gescheiterte Prognose dann einfach mit der „illegalen Preismanipulation“ begründen. Es wird also niemals ein Fehler eingestanden. Dadurch kann der Analyst – der normalerweise nach so vielen falschen Vorhersagen völlig diskreditiert wäre – seine Glaubwürdigkeit aufrechterhalten und seine Leserschaft weiter ausbauen.

Da fragt man sich schon, wie viele Leute in jüngster Zeit Silber kauften, nachdem sie all die Artikel dieser Autoren gelesen haben, in denen auf die Rekordniveaus beim Offenen Interesse verwiesen und behauptet wurde, dass ein riesiger Silberpreisanstieg bevorstünde und die „bösen Silber-Shorter“ nun endlich ihre verdiente Strafe erhalten würden.

Was können wir aus all dem lernen? Dass die Anhänger des Gold- und Silberkults fortwährend steigende Preise vorhersagen? Nein, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Selbst wenn man ihnen Unmengen an Fakten oder technischen Analysen präsentiert, werden sich diese Typen niemals ändern. Gehört man diesem Kult erst einmal an, geht es nicht mehr länger darum, strategische Investments oder Trading-Positionen zu platzieren – es geht dann nur noch darum, „sich der Sache zu verschreiben“, konkret geht es um die „Beendigung der Farce, in die sich unsere Märkte verwandelt haben.“

Hierzu ist anzumerken, dass der Markt deshalb eine „Farce“ ist, weil sich der Preis nicht in die von ihnen erhoffte Richtung bewegt. Steigt der Preis, funktioniert der Markt in den Augen dieser Kultanhänger „korrekt“. Steigt er nicht, ist es eine „Farce“.

Ich finde es beängstigend, wie dieses Phänomen funktioniert. Ansonsten intelligente, rationale Menschen, die das Investieren und das Trading normalerweise mit dem Ziel angehen sollten, Geld zu machen und aus ihrem Kapital Profit zu schlagen, scheinen kollektiv den Verstand zu verlieren, wenn es um Edelmetalle geht. Anstatt sich einfach nur den Preischart anzuschauen und darauf fußend dann eine Investmententscheidung zu treffen, machen sie sich stattdessen eine „Weltuntergangs“-Vision zu Eigen und lassen es dann zu, dass diese Anschauung jede einzelne ihrer Investmententscheidungen bestimmt.

Ich habe es fortwährend wiederholt, so oft, dass ich mich schon gar nicht mehr daran erinnern kann, wie oft: Beim Investieren und beim Trading geht es ums Geld machen. Alles, was nicht auf dieses Ziel hinausläuft, ist nachteilig und sollte vermieden werden. Einige lernen das letztlich auf die harte Tour, nachdem sie große Summen an Geld verloren haben, weil sie auf diese Spinner gehört haben. Einige lernen diese Lektion hingegen nie. Sie diskutieren weiterhin darüber, warum sie „Recht“ haben und der Rest von uns falsch liegt, ganz gleich wie große ihre Verluste unterdessen geworden sind. Aus ihrer Sicht ist das Schließen einer Verlustposition oder die Aufgabe eines verlustträchtigen Investments mit Häresie gleichzusetzen. Das ist traurig und völlig unnötig.

Die Frage, die sich jeder Möchtegern-Investor oder Trader stellen muss, ist doch ganz einfach: „Ist mein Nettovermögen aufgrund meiner Investment-/Tradingentscheidungen heute größer als letztes Jahr um diese Zeit oder nicht?“

Wenn nicht, dann sollte die nächste Frage lauten: „Warum nicht?“ Die Antwort wird dann immer dieselbe sein: „Du hast nicht auf den Preischart gehört und bist stattdessen der Auffassung irgendeines selbsternannten Experten gefolgt.“

Und genau das versuchen wir hier – Ihnen beizubringen, wie man Charts liest und interpretiert, damit Sie ein Gefühl für die Stimmung in diesen Märkten erhalten. Die Charts finden jedwede Stimmungsänderung und wenn man sich auf der richtigen Seite dieses Stimmungsgemenges befindet, macht man Geld. So einfach ist das.

Das ist manchmal leichter gesagt als getan, speziell wenn sich Märkte in sehr volatilen Phasen befinden und es ein ständiges Auf und Ab gibt, oftmals völlig ohne Rhythmus oder Grund. Diese Märkte sollten gemieden werden, außer man ist ein sehr erfahrener Trader oder man hat ein sehr kurzfristiges Trading-Ziel. Dies vorausgeschickt ist es so, dass man nicht dagegen ankämpfen sollte, wenn Stützungslinien durchbrochen werden. Und dasselbe gilt für Widerstandslinien. Stützungs- und Widerstandslinien werden nicht ohne Grund durchbrochen. Kämpfen Sie nicht dagegen an!

Zurück zu Silber. Im Folgenden finden Sie einen aktuellen Preischart:

01

Wenn wir uns die Short-Positionen der Swap-Dealer an den wichtigen charttechnischen Punkten anschauen, stellen wir fest, dass der Markt in beiden Fällen fiel. Im jüngsten Fall versuchte der Markt eine Rally hinzulegen, traf aber im Bereich von USD 16,50 bis USD 16,25 pro Unze auf starke Abverkäufe. Der CoT-Bericht zeigt uns, dass es sich dabei um Verkäufe der Hedge-Fonds handelte, die in ihren Long-Positionen gefangen waren (und damit auf der falschen Seite des Markts standen). Sie fingen damit an, ihre Positionen zu liquidieren, und nutzten die Rally, um auszusteigen und einige neue Short-Positionen aufzubauen. Unterdessen stellten die Swap Dealer in aller Stille ihre Short-Positionen glatt und machten Geld damit. 02Es ist interessant, wenn man sich die direkten Positionen der Hedge-Fonds bei Silber anschaut. Sie hatten zunächst ihre Long-Positionen auf Rekordniveau geschraubt, woraufhin der Markt dann mit einem Crash auf sie einschlug. Und wie zu sehen ist, fangen sie nun damit an, genau diese Long-Positionen zu liquidieren und bei den Shorts einzusteigen. Dabei sollten wir immer im Blick behalten, dass das für die Swap Dealer extrem profitabel ist!

03Wie es mit Silber weitergehen wird, ist unklar. Wir machen hier keine Prognosen. Stattdessen blicken wir auf den Chart, um zu sehen, ob sich Silber über der kurzzeitig durchbrochenen Stützungslinie halten kann – was Silber bisher gelungen ist – oder ob das Metall noch weiter bis auf sein nächstes Stützungsniveau fallen wird, um es zu testen.

Aber noch einmal: Den anderen Industriemetallen ergeht es auch nicht anders. Hier ist beispielsweise der Chart für Kupfer:

04

Will irgendwer behaupten, dass der Kupferchart bullisch ist? Ich glaube nicht. Die Frage bezüglich des Tunnelblicks der „Silber-Experten“ ist simpel: „Warum sollte Silber eine riesige Aufwärtsrally hinlegen, wenn der Preis für Kupfer und Gold nach unten weist?“

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Wie Sie anhand des obenstehenden Charts sehen können, gibt es auch Phasen, wo sich der Silberpreis vom Kupferpreis abkoppelt, aber die Korrelation zwischen beiden ist die meiste Zeit über so stark, dass es närrisch wäre, sie zu ignorieren, wenn wir uns mit dem Silbermarkt beschäftigen.

Der nächste Chart ist der von Platin – eines der Metalle, die Silber ähnlich sind, da auch Platin als Industriemetall und Edelmetall erachtet werden kann. Was verrät Ihnen dieser Chart?

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Hier ein weiterer Chart – der von Palladium, dem Bruder von Platin. Platin und Palladium sind beides Industriemetalle die manchmal auch als Edelmetalle Verwendung finden. Wo weist der Trend hin?

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Was ich damit sagen will, ist, dass Kupfer, Platin, Palladium und Gold allesamt im Preis fallen. Warum sollte man dann ausgerechnet bei Silber davon ausgehen, dass „die Silber-Shorts ihr blaues Wunder erleben werden“?

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass ich nicht „Anti-Silber“ bin, ich habe lediglich darzulegen versucht, dass diejenigen, die fortwährend behaupten, Gold und Silber würden durch die Decke schießen, ihre sinnlosen Prognosen lieber sein lassen und stattdessen mal mit etwas Demut und Objektivität an die Sache herangehen sollten. Das Einzige, was mit diesen ständigen „riesiger Bullenmarkt“-Prognosen bedient wird, ist das Ego derer, die diese Prognosen abgeben. Denn was ist der Sinn dahinter? Dass man dann damit prahlen kann, dass man richtig lag? Wie viele Male sollte es jemanden erlaubt sein, falsch zu liegen, bis er diskreditiert ist?

Der Preischart ist das Einzige, was es braucht. Der Preischart wird Ihnen jede Menge Ärger ersparen, und noch wichtiger, jede Menge Geld! Wenn das Metall seine Stützung halten kann, okay. Wenn nicht, auch okay. Man sollte mit dem Trend gehen.

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