Gerhard Spannbauer, Krisenvorsorge.com, 03.02.2011

Nun ist es also beschlossen: Irland kriecht unter den Euro-Rettungsschirm, Portugal und vielleicht auch bald schon Spanien könnten folgen. Die Politik ist sich einig: Diese Hilfe ist alternativlos – und sie verstößt gegen den Vertrag von Maastricht, wie Max Otte hinzufügt. Der Wirtschaftsprofessor sieht in den finanziellen Hilfen, die überschuldete Länder mit dem Euro-Rettungsschirm erhalten, einen klaren Verstoß gegen das Verbot der Haftungsübernahme für Schulden eines Euro-Mitgliedsstaates. Es scheint so, als haben in rosigeren Zeiten festgelegte Regelungen während der Krise nur eine sehr bedingte Reichweite – das Gesetzeswerk der EU wird nicht nur verbogen, sondern in Zeiten der Krise auch gerne mal gebrochen.

Der aufgespannte und als zeitlich begrenzt ausgewiesene Euro-Schutzschirm für Pleitestaaten stellt für den renommierten Wirtschaftsprofessor den ersten Schritt in eine Transferunion dar. Gleichzeitig begibt sich die EU damit auf rechtlich höchst bedenklichen Boden. Max Otte, einer der wenigen, die meiner Meinung nach als verlässliche Quelle in Bezug auf die Auswirkungen der Krise gelten können, ist sich sicher: „Die Transferunion verstößt aus meiner Sicht klar gegen das Vertragswerk von Maastricht.“
Die Darstellung einer zeitlichen Befristung dieses Schutzschirms hält Otte für Augenwischerei. „Doch diese durchschaubare Taktik wird bald entlarvt werden, wenn weitere Probleme auftreten“, warnte der Ökonom. Erste Anzeichen, dass Otte wieder mal richtig liegen dürfte, lassen sich den Äußerungen des Bundesbank-Chefs Axel Weber entnehmen, der davon ausgeht, dass die bereitgestellte Summe von 750 Milliarden Euro im Bedarfsfall wohl auch problemlos erhöht werden könnte. Max Otte hat „wenig Hoffnung, dass das Bundesverfassungsgericht die Transferunion stoppen wird“, da Verträge „Ausfluss politischen Handelns“ seien.

Wer die Zeche zu großen Anteilen zahlen darf, scheint klar: Deutschland wird, als stärkstes Mitglied der EU, der Hauptbürge für den Euro sein. „Das war von Frankreich politisch so gewollt und Helmut Kohl sowie heute Angela Merkel wehren sich kaum“, so Otte. Seine Begründung geht hart mit der deutschen Politik ins Gericht: Deutschland habe seiner Meinung nach immer „eine naive und passive Strategie“ verfolgt, die sich auf Stabilitätsgarantien und Bürgschaftsausschluss beschränkte. „Frankreich wollte hingegen schon seit Ende der 80er Jahre die Bundesbank vergemeinschaften – was ja nun auch gelungen ist.“

Otte steht mit dieser Meinung nicht alleine da, auch ich bin der Ansicht, dass sich Deutschland im Zuge des Euro-Rettungsschirmes zum Zahlmeister Europas entwickeln wird. Schon im Falle der Unterstützung für das überschuldete Griechenland war der erste Schritt dahin erkennbar.

„Das alles ist nicht gut für die Währungsunion, denn das Vertrauen in ihr Funktionieren muss zwangsläufig Schaden nehmen, wenn so offensichtlich die selbst gesetzten Regeln des No-bailout umgangen werden“,

äußerte sich damals Christoph Schmidt, Mitglied im Sachverständigenrat und Präsident des RWI-Instituts in Essen, kritisch.

Mit der Einführung des Euro wurde der Samen für die aktuellen Probleme gelegt. „Ökonomischen Wahnsinn“ nennt Max Otte die Einführung des Euro – und das trifft es meiner Meinung nach sehr genau. Zu verschieden in ihrer Leistungsfähigkeit sind die unter dem Dach der EU zusammen gezwängten Staaten, als dass dieses Kunstgebilde wirklich funktionieren könnte. Doch die politische Euphorie hat scheinbar alle blind gemacht für die zu erwartenden Probleme. „Der Euro hat Europa nicht näher zusammengebracht, sondern die jetzigen Krisen im Gegenteil erst verursacht“, resümiert Otte.

Einheitliche Währungen sollten nur für relativ homogene Wirtschaftsräume eingeführt werden – und das war die Euro-Zone von Anfang an nicht, und wird es auch nicht werden. Stattdessen scheint es darauf hinaus zu laufen, dass ehemals getroffene Abmachungen in Zeiten der Krise ausgesetzt werden – zu lieb ist den EU-Politikern der Euro als Zeichen der Einheit, als dass sie ihn wieder aufgeben wollen würden. Unser Bundesfinanzminister Schäuble warnte: Gelinge die Rettung nicht, hätte dies unabsehbare wirtschaftliche und soziale Folgen für Deutschland. Alle für einen, und einer für alle: mit diesem Treueschwur folgt Deutschland lieber den anderen Staaten in den Abgrund, als sich selbst zu retten.

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