The Economic Collapse, 22.12.2010

In den Vereinigten Staaten steht die US-Bundesregierung mit ihrem entsetzlichen Schuldenproblem nicht alleine da. Die Regierungen der einzelnen Bundesstaaten und die Gemeindeverwaltungen im ganzen Land stecken so tief in der Schuldenfalle wie nie zuvor. Fakt ist, dass sich die Verschuldung der Bundesstaaten und der Gemeinden gegenwärtig auf 22% des US-Bruttosozialprodukts beläuft, was ein Allzeithoch darstellt.

Gemeindeanleihen, die man zur Finanzierung von Straßen, Abwassersystemen und zum Bau von Regierungsgebäuden verwendete, wurden einst als unglaublich sichere Investments erachtet. Man ging davon aus, dass es sich hierbei praktisch um eine risikofreie Anlageform handeln würde. Diese Auffassung hat sich nun grundlegend gewandelt.

Zahlreiche Analysten sprechen jetzt offen über die Möglichkeit eines Crashs der Gemeindeanleihen in 2011. Die Wahrheit ist, dass unzählige Städte und Gemeindeverwaltungen kurz vor der Pleite stehen. Selbst die Schulden der größten US-Bundesstaaten wie Illinois und Kalifornien werden mittlerweile als „Müll“ erachtet.

Es gibt buchstäblich hunderte von finanziellen Zusammenbrüchen auf Ebene der US-Bundesstaaten und der Gemeinden, die sich überall in Zeitlupe abspielen, und bis zum jetzigen Zeitpunkt von den allerwenigsten Vertretern der Massenmedien überhaupt thematisiert worden sind.

Glücklicherweise ist über diese Probleme vor kurzem in einer Reportage der Fernsehreihe „60 Minutes“ berichtet worden. Wenn Sie die Reportage noch nicht gesehen haben, sollten Sie sich für das Video ein paar Minuten Zeit nehmen, und es sich anschauen. Es ist einfach nur unglaublich.

In dem Bericht wird Meredith Whitney interviewt – eine der angesehensten Finanzanalystinnen in den USA. Laut Whitney droht die uns bevorstehende Gemeindeanleihenkrise zu einer riesigen Gefahr für das gesamte US-amerikanische Finanzsystem zu werden:

„Sie hat Tentakel, die so groß sind, wie sie mir noch nie untergekommen sind. Ich glaube, nach den Eigenheimen ist dies das allerwichtigste Thema in den Vereinigten Staaten und mit Sicherheit die größte Bedrohung für die US-Wirtschaft.“

Die Regierungen der US-Bundesstaaten und die Kommunalverwaltungen stehen einem absoluten finanziellen Albtraum gegenüber. Der 60-Minutes-Bericht beschreibt das Problem recht gut, wobei noch nicht einmal der Versuch unternommen wird, irgendwelche Lösungen aufzuzeigen.

Im Gegensatz zur US-Bundesregierung ist es den Bundesstaaten und den Gemeindeverwaltungen jedoch nicht möglich, einfach an die US-Notenbank heranzutreten, und sie zu bitten, endlose Beträge an Geld zu drucken. Wenn die Bundesstaten oder Lokalregierungen mehr Geld ausgeben wollen, als sie einnehmen, dann müssen sie sich dabei im Rahmen der Kreditaufnahme an die Investoren wenden.

Wenn der Gemeindeanleihenmarkt zusammenbricht, und die Investoren auf der ganzen Welt nicht mehr länger gewillt sind, den Bundesstaaten und Kommunalverwaltungen riesige Geldmengen zukommen zu lassen, ist das Spiel aus. Die Bundesstaaten und Gemeinden müssten dann entweder die Steuern anheben oder damit beginnen, nur noch so viel Geld auszugeben, wie sie sich auch leisten können.

Die meisten Amerikaner haben jedoch nicht die geringste Vorstellung davon, was das bedeutet. Jahrzehntelang haben die Bundesstaaten und die Gemeinden in riesigem Umfang über ihre Verhältnisse gelebt. Wenn dem Schuldenzyklus nun einfach ein Ende bereitet wird, dann bedeutet das für zahlreiche Gemeinden im ganzen Land, dass sie sich praktisch über Nacht in verrottende Drecklöcher verwandeln werden.

Gegenwärtig erleben wir bereits, wie sich dies in Orten wie Detroit, Michigan, Camden und New Jersey abspielt. Bricht der Gemeindeanleihenmarkt jedoch vollständig in sich zusammen, wird es im ganzen Land unzählige dieser Detroits und Camdens geben.

Schauen wir uns doch einfach einmal einige der Bundesstaaten und Gemeinden an, die am stärksten von der Krise betroffen sind:

Kalifornien

Kalifornien hat in 2011 ein Haushaltsdefizit in Höhe von USD 19 Milliarden. Der designierte Gouverneur Jerry Brown versucht gerade händeringend Möglichkeiten zu finden, wie zusätzliche Milliarden im Haushalt eingespart werden können. Die Investoren werden immer skeptischer im Hinblick auf weitere Kreditvergaben an Kalifornien.

Das nachfolgende Zitat von Brown bezüglich des hoffnungslosen Zustands von Kalifornien, dürfte jedenfalls nicht dafür sorgen, dass das weltweite Vertrauen in die Finanzsituation des US-Bundesstaats gestärkt wird: „Wir leben in einer Fantasiewelt. Es ist bei weitem schlimmer, als ich gedacht habe. Ich bin schockiert.“

Bedauerlicherweise verschärft sich die Situation in Kalifornien zusehends. So liegt die Arbeitslosenrate der Bewohner von El Centro beispielsweise bei 24,3%. Fakt ist, die Zahl der Arbeitslosen in Kalifornien entspricht ungefähr der Bevölkerungszahl der US-Bundesstaaten Nevada, New Hampshire und Vermont zusammengenommen.

Der kalifornische Eigenheimmarkt befindet sich aufgrund der wirtschaftlichen Situation ebenfalls in massiven Schwierigkeiten. So brach beispielsweise der Wert der Eigenheime der kalifornischen Gemeinde Merced innerhalb der vergangenen 4 Jahre um 63% ein.

Kalifornien wird von der Schuldenlast derart stark überwältigt, dass es hier buchstäblich keinen Ausweg mehr zu geben scheint.

Arizona

Der Regierung des US-Bundesstaats Arizona stehen so wenig Finanzmittel zur Verfügung, dass sie sogar ihr Kapitol, worin sich die beiden Häuser des Kongresses befinden, und das Oberlandesgericht verkaufen musste, und diese Gebäude nun in einem Lease-Back-Geschäft von Investoren mietet.

Arizona hat kürzlich ebenfalls bekanntgegeben, dass eine ganze Reihe bestimmter Organtransplantationen bei Menschen mit staatlicher Krankenversicherung ausgesetzt wird.

Illinois

Illinois wird weithin als der Bundesstaat angesehen, der sich unter allen US-Bundesstaaten in der schlechtesten finanziellen Verfassung befindet. Aktuell hat Illinois offene Rechnungen in Höhe von USD 5 Milliarden angehäuft.

Laut der Reportage von 60 Minutes liegt Illinois bei Gehaltszahlungen 6 Monate im Rückstand. Der TV-Korrespondent Steve Croft fragte den leitenden Rechnungsprüfer von Illinois, Dan Hynes, wie viele Menschen und Organisationen gerade auf ihr Geld warten. Hynes erklärte: „Man kann durchaus sagen, dass zehntausende, wenn nicht gar hunderttausende Menschen darauf warten, dass der Staat sie bezahlt.“

Alleine der University of Illinois werden USD 400 Millionen geschuldet. Es gibt ungefähr 2.000 gemeinnützige Organisationen, die gemeinsam auf über eine Milliarde US-Dollar seitens der Regierung von Illinois warten.

New Jersey

Der Bundesstaat New Jersey hat seinen Haushalt um 26% gekürzt. Im Bildungsbereich kam es zu Einsparungen in Höhe von USD 1 Milliarde, zigtausende Lehrer wurden entlassen.

Aber selbst mit all diesen Haushaltseinsparungen hat New Jersey in 2011 immer noch ein Haushaltsdefizit in Höhe von USD 10 Milliarden, nicht finanzierte Pensionsansprüche in Höhe von USD 46 Milliarden und ebenfalls nicht finanzierte Verpflichtungen im Bereich der Gesundheitsversorgung in Höhe von USD 65 Milliarden – alles Kosten, die in der Zukunft irgendwie angegangen werden müssen.

Detroit

Dave Bing, der Bürgermeister von Detroit, hat nun eine neue Idee, wie man Geld sparen könnte. Er plant 20% der Stadt einfach von lebensnotwenigen Dienstleistungen wie Straßenreparaturen, Polizeikontrollen, einer funktionierenden Straßenbeleuchtung und der Müllabfuhr abzuschneiden.

Miami

Ein leitender Beamter der Stadt verlautbarte im Mai dieses Jahres, dass die Erklärung der Zahlungsunfähigkeit die einzig verbliebene Hoffnung für die Stadt sei.

Philadelphia, Baltimore und Sacramento

Große Städte wie Philadelphia, Baltimore und Sacramento haben nun damit begonnen, verschiedene Feuerwehren der einzelnen Stadtbezirke im Rotationsprinzip vorübergehend zu schließen, um so Gelder einsparen zu können.

Camden

Camden in New Jersey ist die zweitgefährlichste Stadt in den Vereinigten Staaten, und steht nun kurz davor rund die Hälfte ihrer Polizeikräfte zu entlassen – ein hoffnungsloser Versuch, Geld einzusparen.

Oakland

Anthony Batts, der Polizeichef der kalifornischen Stadt Oakland, gab bekannt, dass eine ganze Reihe von Straftaten aufgrund von substantiellen Haushaltseinschnitten einfach nicht mehr polizeilich verfolgt wird. Zu den Straftaten gehören unter anderem schwerer Diebstahl, Einbrüche, Autounfälle, Identitätsbetrug und Vandalismus.

Nassau im Bundesstaat New York

Die Gemeinde Nassau, eine der reichsten Gemeinden des Bundesstaats New York, hat aktuell ein Haushaltsdefizit in Höhe von USD 350 Millionen.

Amerika wurde immer als Land großen wirtschaftlichen Fortschritts angesehen, aber das ist nun Vergangenheit. Es ist traurig, aber in den Vereinigten Staaten finden sich nun überall Hinweise darauf, dass eine rückschrittliche Entwicklung eingesetzt hat.

Im ganzen Land werden Asphaltstraßen aufgerissen und in Schotterstraßen verwandelt, weil deren Wartung günstiger ist. Der US-Bundesstaat South Dakota hat so innerhalb des vergangenen Jahres bereits rund 200 Kilometer seines Straßennetzes in Schotterstraßen verwandelt. 38 der 83 Gemeinden von Michigan haben zumindest Teile ihre Asphaltstraßen zu Schotterstraßen gemacht.

Das muss man sich einmal vorstellen – wir kehren jetzt wieder zu den Schotterstraßen zurück. Was kommt denn als nächstes?

Fakt ist jedoch auch, dass dies überall in Amerika passieren wird, wenn dutzende Bundesstaaten und Gemeindeverwaltungen ihre Schulden nicht mehr bedienen können und der Gemeindeanleihenmarkt zusammenbricht.

In Wirklichkeit sind sogar schon die ersten Zeichen eines „Blutbads“ im Gemeindeanleihenmarkt erkennbar, so kam es in den Monaten November und Dezember bereits zu substantiellen Abverkäufen.

Die Tage, als die US-Bundesstaaten und die Städte anscheinend endlose Beträge unglaublich billigen Geldes aufnehmen konnten, scheinen nun offiziell gezählt zu sein. Es stellt sich also die Frage, von wem die Lokalregierungen in Zukunft das notwendige Geld bekommen werden.

Natürlich werden sie versuchen, es sich vom US-Steuerzahler zu holen. Innerhalb der vergangenen 2 Jahre wurden in 36 der 50 US-Bundesstaaten die Steuern und Gebühren angehoben. Zahlreiche Gemeindeverwaltungen versuchen alles Erdenkliche, um die notwendigen Gelder aufzutreiben. Beispielsweise zahlt man in Los Angeles jetzt eine Strafe von USD 191, wenn man bei Rot über die Straße geht.

Genau das passiert gerade in den USA. Die Polizeibehörden werden in umsatzgenerierende Sonderoperationen verwandelt. Die Polizei ist so stark mit dem Ausstellen von Bußgeldbescheiden beschäftigt, dass sie kaum noch Zeit hat, tatsächlichen Verbrechen auf den Grund zu gehen.

Aber auch diese Maßnahmen werden nicht ausreichen. Die Finanzlöcher der Bundesstaaten und Kommunalverwaltungen in den USA haben sagenhafte Ausmaße erreicht. In dem oben erwähnten Bericht von 60 Minutes heißt es, dass sich die nicht finanzierten Ansprüche der Pensionäre und die nicht finanzierten Kosten des Gesundheitswesens auf insgesamt über USD 1 Billion belaufen.

Bedauerlicherweise handelt es sich dabei um eine Schätzung, die wohlmöglich noch viel zu konservativ ist. Zwei angesehene Professoren haben errechnet, dass sich die nicht finanzierten Rentenverbindlichkeiten aller 50 US-Bundesstaaten auf rund USD 3,2 Billionen belaufen.

Wird die US-Bundesregierung einspringen und alle retten, wenn der Gemeindeanleihenmarkt zusammenbricht?

Nun ja, zumindest läuft im kommenden Frühjahr erst einmal das „Konjunkturpaket“ in Höhe von USD 160 Milliarden aus. Zu diesem Zeitpunkt dürfte es einen riesigen Aufschrei mit erneuten Forderungen nach noch mehr „Konjunkturgeldern“ geben.

Wie ich gestern schrieb, ist es jedoch bedauerlicherweise so, dass die Bundesregierung ebenfalls stehend k.o. ist und in einem Meer aus roten Zahlen versinkt. Natürlich könnte der US-Kongress einspringen und versuchen all die US-Bundesstaaten und Gemeinden zu retten, am Ende wird es jedoch das amerikanische Volk sein, das mit der Rechnung dasteht.

Wir befinden uns am Rande eines entsetzlichen wirtschaftlichen Zusammenbruchs, der das Leben in den USA so tiefgreifend verändern wird, dass wir es niemals mehr aus unserer Erinnerung werden auslöschen können. Die ganzen Schulden werden uns einfach nur umhauen. Unsere Politiker können ja durchaus versuchen, die Situation solange zu verschleppen, wie ihnen dies möglich ist, am Ende wird uns der von so vielen gefürchtete finanzielle Albtraum jedoch alle überwältigen.

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