Ein ungebrochener Trend: Die Chinesen stürmen in Edelmetalle, da Gold und Silber für sie die einzig akzeptablen Methoden des langfristigen Werterhalts darstellen. Alleine dieser gigantische Nachfragedruck dürfte in 2011 bereits für steigende Preise sorgen

Eric Sprott & David Franklin, Sprott Asset Management, 07.02.2011

Wenn man einmal von Immobilien absieht, dann investieren die meisten Menschen ihr hart erarbeitetes Geld in Papierwerte. Aktien, Anleihen, Annuitäten, Versicherungen – das sind alles Papierwerte, und die ruhen dann hübsch auf unseren Konten und blinken auf unseren Computerbildschirmen auf.

Am anderen Ende der Welt, in China und Indien, ist es jedoch so, dass die Investoren Papierinvestments als Wertspeicher noch nie vertraut haben – sie wandeln ihr hart erarbeitetes Papiergeld in physisches Gold und Silber um. Nicht das dies etwas Neues wäre, ganz und garnicht – aber der Umfang und die Geschwindigkeit, mit der sie gegenwärtig Edelmetalle anhäufen, sind ein Novum. Und diese treibenden Fundamentaldaten werden unserer Meinung nach in 2011 Preissteigerungen mit sich bringen.

Die Edelmetallnachfrage Asiens explodiert gerade, was zu einer weltweiten Verknappung bei physischen Edelmetallen führt. Die Statistiken dazu sind außergewöhnlich. China, der weltgrößte Goldproduzent, benötigt nun so viel Gold, dass die Chinesen neben dem im Inland abgebauten Gold alleine in den ersten 10 Monaten des Jahres 2010 zusätzlich über 209 Tonnen Gold importierten. Während des Jahres 2009 wurden insgesamt rund 45 Tonnen Gold importiert – wie haben hier also eine Verfünffachung der chinesischen Goldimporte vorliegen.

Laut dem World Gold Council stieg die Goldnachfrage chinesischer Einzelhändler während des Zeitraums Oktober 2009 bis September 2010 um 70% – das sind 153 Tonnen aller chinesischen Goldimporte. Während desselben Zeitraums stieg die Goldnachfrage bei Schmuckherstellern jedoch gerade einmal um 8%.

Es entwickelt sich hier also ein ganz deutlicher Trend der Chinesen, in Gold als eine Vermögensanlage zu investieren, wobei China mittlerweile derart viel Gold für Investmentzwecke aufkauft, dass es droht, Indien, den größten Goldverbraucher der Welt, zu überflügeln. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Gesamtgoldnachfrage Chinas in 2010 auf rund 600 Tonnen belief. Indien liegt gegenwärtig mit 800 Tonnen auf Rang 1.

Um hier noch einmal die Relationen aufzuzeigen: Die geschätzte weltweite Minenproduktion des Jahres 2010 belief sich auf 2.652 Tonnen Gold, was bedeutet, dass China und Indien gemeinsam bereits über die Hälfte der jährlichen Goldproduktion aufgebraucht haben.

Noch überraschender ist der chinesische Nachfrageanstieg bei Silber. Die jüngsten Statistiken zeigen, dass die Silberimporte Chinas in 2010 im Vergleich zum Vorjahr um das Vierfache angestiegen sind. Im Jahre 2005 exportierten die Chinesen noch über 100 Millionen Feinunzen Silber. Im Jahre 2010 importierten sie bereits über 120 Millionen Unzen. Das stellt eine Veränderung von + 200 Millionen Unzen dar, und zwar in einem Gesamtmarkt, der sich im Jahre 2009 auf 889 Millionen Unzen Silber belief. Es handelt sich somit in der Tat um einen tiefgreifenden Wandel bei der Nachfrage!

Aktuell sehen wir eine Vielzahl von Hinweisen, die auf eine bedeutende weltweite Verknappung bei physischem Gold und physischem Silber hindeuten. Die Perth Mint erklärte jüngst: „Die Nachfrage nach unseren Münzen und Medaillen ist stark, aber die größte Nachfrage kommt von Banken und Händlern, die auf der Suche nach Kilo-Barren sind.“

Drei Wochen vor dem chinesischen Neujahrsfest berichteten die asiatischen Händler von den Goldbörsen des chinesischen Festlands, dass aktuell Prämien von USD 23 pro Unze zu entrichten sind. Selbst Jim Cramer bestätigte, dass es zurzeit eine Verknappung bei US-Goldmünzen gibt, und erklärte in seiner CNBC-Fernsehshow im Dezember:

„Als jemand, der im Dezember versucht hat, US-Münzen zu kaufen, [kann ich sagen, dass] es da wirklich eine Verknappung gibt. Mein Händler konnte angeblich einfach keine Münzen auftreiben und versuchte mir australische Anlagemünzen zu verkaufen. Er erklärte, es gäbe eine Verknappung. Das ist sehr aufschlussreich.“

Während das chinesische Neujahrsfest die Goldnachfrage im Januar gewöhnlich in die Höhe treibt, sind aktuell aber noch stärkere Kräfte am Werk. Die Chinesen kämpfen gerade gegen das Wiederaufkeimen der Inflation. Um ihr Vermögen zu schützen, wendet sich die Bevölkerung Gold und Silber als Mittel des Werterhalts zu.

Der Besitz von Edelmetallen ist in China ein relativ neues Phänomen, da die Chinesen erst seit 10 Jahren Gold wieder frei erwerben dürfen. Die Beschränkungen für Goldbesitz wurden im Jahre 2001 gelockert, als die chinesische Zentralbank ihr über lange Zeit aufrechterhaltenes Goldmonopol aufgab.

Im Oktober 2002 wurde die Schanghaier Goldbörse ins Leben gerufen, um die Goldkäufe und das Verteilsystem der chinesischen Zentralbank zu ersetzen. Dies führte zu einer neuen Ära der Goldinvestments in China. Seit diesem Zeitpunkt hat sich das Interesse der chinesischen Investoren nach Edelmetallen dramatisch verstärkt, und neue Investmentprodukte machen es nun auch bedeutend einfacher, Gold zu kaufen und zu besitzen.

Ein derartiges Investmentprodukt erregte jüngst unsere Aufmerksamkeit. Es steht für die neue Ära der Goldinvestments in China. Am 01.04.2010 gaben das World Gold Council und die Commercial Bank of China (ICBC) eine gemeinsame Presseerklärung heraus, in der sie eine strategische Partnerschaft verkündeten.

Obwohl dies auf den ersten Blick einen absolut harmlosen Eindruck macht, wurde mit dieser Presseerklärung ein völlig neues Investmentprodukt für chinesische Investoren vorgestellt: Der ICBC Gold Akkumulationsplan („ICBC GAP“). ICBC GAP erlaubt es den Investoren des chinesischen Festlands, mithilfe täglicher Festbeträge Gold zu erwerben.

Das Mindestinvestment beläuft sich entweder auf 200 Renminbi pro Monat oder 1 Gramm Gold (ca. USD 42) pro Tag. Die Kunden können ihre Verträge bei Fälligkeit erneuern, sie in Bargeld umwandeln oder gegen physisches Gold eintauschen. Die Konten sind perfekt für Investoren, die langfristig Gold ansparen möchten. Während derartige Goldansparpläne bereits in Japan, der Schweiz und anderen Ländern existieren, ist dies der erste für Festlandchinesen. Gratulation an das World Gold Council für ihre Anstrengungen, dieses Programm auf die Beine zu stellen und zu bewerben.

Der wichtigste Fakt im Hinblick auf das ICBC GAP Programm ist, wie schnell dieser Ansparplan die Aufmerksamkeit der investierenden Öffentlichkeit in China auf sich zog. Seit Beginn des Programms am 01.04.2010 wurden bereits über 1 Million Konten angelegt, was bisher zu Goldkäufen von über 10 Tonnen führte. Laut der Presseerklärung wurde der ICBC GAP Plan von 20% aller ICBC-Kunden aufgegriffen. ICBC GAP wurde zunächst nur in ausgewählten chinesischen Städten im Rahmen einer Testphase angeboten.

Die ICBC ist die größte Privatkundenbank in China und verwaltet rund 212 Millionen Bankkonten. Wenn uns hier noch einmal die Dimensionen verdeutlichen und eine realistische Berechnungsmethodik zu Grunde legen, dann ist es nicht schwer sich vorzustellen, wie groß dieses Programm wohlmöglich werden könnte.

Nehmen wir beispielsweise an, der ICBC GAP Plan würde erweitert, so dass alle ICBC Kunden und die viere nächstgrößten Banken Chinas daran teilnehmen könnten. Wenn wir darüberhinaus unterstellen, dass die Goldkäufe im Rahmen dieses Programms dann auch dieselbe Wachstumsrate ausweisen würden, wie während der oben erwähnten Testphase, dann kämen wir auf zusätzliche Goldkäufe in Höhe von 300 Tonnen pro Jahr – was 10% der geschätzten Gesamtproduktion des Jahres 2010 entspricht.

Diese weiter anwachsende Goldnachfrage Chinas hat maßgebliche Auswirkungen auf den Goldmarkt. Sollten sich diese Vorhersagen als richtig herausstellen, könnte der ICBC GAP Plan zum weltweit größten Einzelkäufer von physischem Gold werden. Bisher wurde dieser Goldansparplan ja erst in einer chinesischen Bank eingeführt – stellen Sie sich nur vor, was erst passiert, wenn dieses Programm auch durch andere Institutionen übernommen wird oder es in anderen großen Gold verbrauchenden Ländern wie Indien, Russland oder der Türkei eingeführt würde.

Das japanische Büro des World Gold Council kommentierte den Erfolg des ICBC GAP Programms in China jüngst mit den Worten:

„Hier in Japan hat es über 10 Jahre gedauert, bis der Bereich der Goldsparkonten insgesamt auf 700.000 Konten anwuchs. Es ist beeindruckend, dass eine chinesische Bank diese Niveau so leicht innerhalb eines Jahres überflügeln konnte, ohne dass hier Werbemaßnahmen oder eine aktive Branchenvermarktung stattfand.“

Der World Gold Council stellte seine eigenen Rechnungen an, wie viel Gold die Chinesen verbrauchen könnten: „Im Jahre 2009 lag der Goldverbrauch in China pro Kopf bei 0,33 Gramm, im Vergleich dazu waren es 0,17 Gramm in 2002.“ Basierend auf diesen Daten könnte der chinesische Goldverbrauch auf über 1.000 Tonnen oder noch mehr pro Jahr ansteigen. Dies legt nahe, dass die Chinesen fast die Hälfte der weltweiten Jahresgoldproduktion alleine aufbrauchen könnten.

Der ICBC Goldansparplan und andere alternative Methoden, in Gold zu investieren, haben das Potenzial die weltweite Goldversorgung des Goldmarkts völlig zu überwältigen. Sollte ein ähnliches Ansparprogramm für Silber gestartet werden, würde man dadurch bei den aktuellen Silberpreisen mehr als die Hälfte des jährlich abgebauten Silbers aufbrauchen!

In Asien zählen nur physisches Gold und Silber…und im Gegensatz zur Versorgung mit US-Staatsanleihen, Anleihen oder Papierwährungen ist die Versorgung mit physischem Gold und Silber zweifelsohne begrenzt.

Wir glauben, dass die asiatische Nachfrage nach physischem Gold und Silber einem Tsunami gleicht. Während sich die Preise für Gold und Silber an den Papierbörsen korrigierten, sorgt das Wiederaufleben der Inflation in Asien dafür, dass nun im Stillen neue, beispiellose Niveaus der Edelmetallnachfrage erreicht werden. Während die Welt auch weiterhin in einem Meer aus Papierwerten schwimmt, droht diese riesige physische Nachfragewelle in aller Stille über den physischen Gold- und Silbermarkt hereinzubrechen, was die Versorgung mit physischen Edelmetallen wohlmöglich gänzlich zusammenbrechen lassen könnte.

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