Goldproduzenten, Analysten und Marktteilnehmer gehen aufgrund der steigenden Goldnachfrage davon aus, dass sich das gelbe Metall im Verlaufe dieses Jahres weiter verteuern wird
Andrey Dashkov, Casey Research, 05.07.2011
Am 13.06.2011 erklärte Richard O´Brien, der Geschäftsführer von Newmont Mining, dem zweitgrößten Goldproduzenten der Welt, dass er in diesem Jahr mit einem Goldpreis von USD 1.600 pro Unze und in 2012 mit weiteren Preissteigerungen rechnet.
Die Forschungsabteilung von UBS lehnt sich mit ihren Preisprognosen weit aus dem Fenster und senkte die 1-Monats-Prognose von USD 1.500 pro Unze auf USD 1.475 pro Unze, während man die 3-Monats-Prognose jedoch von USD 1.400 pro Unze auf USD 1.600 pro Unze anhob. GFMS rechnet bis Ende dieses Jahres mit einem Goldpreis von USD 1.620 pro Unze.
Standard & Poor´s hält hartnäckig an den tiefen Goldpreisprognosen fest, und das trotz der Tatsache, dass die Firma nun schon seit über 6 Monaten völlig daneben liegt. S&P hat den Preisausblick für Gold für dieses Jahr von USD 1.100 pro Unze auf USD 1.200 pro Unze angehoben.
Alles in allem sind die Analysten und Marktteilnehmer jedoch recht optimistisch bezüglich der Goldpreisentwicklung. Hier sind die Gründe dafür:
Zunächst einmal gibt es in Asien aktuell eine stabile Schmuck- und Investmentnachfrage. Besonders China und Indien treten als starke Käufer auf. Die hohe Inflation und ein Mangel an zuverlässigen Alternativen, wenn man sein Vermögen schützen will, sorgen dafür, dass die Finanzströme einer immer stärker anwachsenden Mittelschicht ins Gold fließen.
In 2010 stellten China und Indien mit rund 1.570 Tonnen Gold (50,5 Millionen Feinunzen) 51% der weltweiten Verbrauchernachfrage. Dieses Jahr wird dieser Prozentsatz bei 58% liegen. Die chinesische Investmentnachfrage nach Goldbarren und -münzen nimmt ebenfalls weiter zu und hat sich im Jahresvergleich mehr als verdoppelt. Im ersten Quartal 2010 lag sie bei 41 Tonnen (1,3 Millionen Feinunzen) und stieg im ersten Quartal 2011 auf 93,5 Tonnen (3 Millionen Unzen).
Was wir in diesem Zusammenhang ebenfalls berücksichtigen sollten: Wenn die Nachfrage weiter in derselben Rate zulegt, wie dies während des ersten Quartals 2011 der Fall gewesen ist, könnte es in diesem Jahr zu einem Anstieg der globalen Gesamtnachfrage von 20,9% kommen, was mit Sicherheit erhebliche Auswirkungen auf den Goldmarkt haben dürfte.
Zweitens erachten die Investoren in den Vereinigten Staaten Gold als sicheren Hafen, dessen Notwendigkeit sich aus der Staatsschuldenkrise und der lockeren Fiskalpolitik der US-Regierung ergibt. Laut dem World Gold Council steigt die US-Nachfrage nach Goldbarren und Goldmünzen zusehends. Seit Ende des ersten Quartals 2010 bis Ende des zweiten Quartals 2011 ist die Nachfrage nach physischem Gold in den USA um 54% (von 469.400 auf 723.400 Unzen) in die Höhe geschossen.
Aktuell ist die Angst der dominierende Faktor am Goldmarkt. Die Risikoaversion wird durch Sorgen bezüglich eines möglichen Staatsbankrotts Griechenlands angeheizt und beherrscht die weltweiten Märkte. Dies hat zur Folge, dass sich die europäischen Banken nun erstmals seit der Einführung des Euros wieder in Nettogoldkäufer verwandeln.
In den USA bleiben die Arbeitslosenneuanmeldungen auf einem hohen Niveau, obwohl sie mittlerweile gegenüber ihrem Hoch vom April dieses Jahres wieder leicht abgesunken sind. In der US-Handelsbilanz klafft eine riesige Lücke, während das Verbrauchervertrauen auf ein Zweijahrestief eingebrochen ist.
In einem solchen Umfeld auf Gold als sicheren Hafen zu setzen, ist daher durchaus verständlich. Die hohe Goldnachfrage Asiens begründet sich durch deren Kultur und die gegenwärtige Wirtschaftslage. So haben alle Schwellenländer aktuell mit Inflation zu kämpfen, während in China noch ein überhitzter chinesischer Immobilienmarkt hinzukommt.
Da die chinesischen Behörden gerade versuchen, die Immobilienblase mithilfe von Preiskontrollen im Eigenheimmarkt unter Kontrolle zu bekommen, wird diese Branche für Investments zunehmend unattraktiver, was die Nachfrage bei anderen Anlageklassen wie Gold anheizt.
Die europäische Wirtschaft und die US-Wirtschaft sind weit davon entfernt, sich zu überhitzen, vielmehr bringen die oben aufgeführten Faktoren ein eher trostloses wirtschaftliches Bild zum Vorschein.
Doch ob sich die Befürchtungen nun durch eine Überhitzung oder eine schwache Wirtschaftsentwicklung begründen, ist im Hinblick auf die Tatsache, dass die Menschen aktuell aufgrund von Angst ins Gold getrieben werden, völlig unerheblich.