Das griechische Parlament hat vergangene Woche eine neue Runde drakonischer Austeritätsmaßnahmen beschlossen, doch scheint die Umsetzung dieser Maßnahmen ausgeschlossen, ohne dass der öffentliche Widerstand explodiert. Am Ende dürften die Griechen ihre Drachme wiederbekommen
John Browne, Euro Pacific Capital, 06.07.2011
Vergangene Woche stimmte das griechische Parlament mit knapper Mehrheit für die Umsetzung eines die Wirtschaft lähmenden Austeritätsplanes in Höhe von rund USD 40 Milliarden, wofür sie im Gegenzug USD 159 Milliarden an neuen Liquiditätsspritzen erhalten. Und obwohl viele dieses Ereignis als ersten notwendigen Schritt auf dem Wege zur Erholung bezeichneten, gehe ich vielmehr davon aus, dass die Situation des Landes durch das Austeritätsprogramm noch bedeutend schlimmer werden wird.
Der ganze Lösungsansatz basiert auf einer fälschlichen Prämisse, nämlich, dass Griechenland weiterhin in der Eurozone bleiben und den Euro als Währung verwenden sollte. Will Griechenland wirtschaftlich wieder überlebensfähig werden, muss das Land den Euro jedoch aufgeben, da sich die europäische Einheitswährung in eine finanzielle Zwangsjacke verwandelt hat.
Ungeachtet dessen ist durchaus denkbar, dass die griechischen Parlamentarier dem Gesetz zwar zustimmten, insgeheim die Durchsetzung des Austeritätsprogramms jedoch überhaupt nicht beabsichtigen, sondern es nur taten, um eine erneute Liquiditätsspritze zu erhalten und Zeit zu kaufen, in der sich die europäische Einheit Europas weiter verfestigen kann. Sollte man in der Lage sein, eine politische Einheit Europas herzustellen, dann dürften aus den nördlichen Ländern wie Deutschland und Großbritannien in Zukunft riesige Finanztransfers in Richtung der südlichen Länder erfolgen.
Doch den Status Quo aufrechtzuerhalten, hat seinen Preis: Die Geldgeber wie der Internationale Währungsfonds und die Europäische Union verlangen nun von der griechischen Regierung, dass sie Staatsvermögen in Höhe von rund USD 72 Milliarden verkauft. Zu den wahrscheinlichen Käufern gehören internationale Unternehmen mit Sitz in der EU, den USA und vielleicht sogar China.
Obwohl die griechische Wirtschaft durch einen solchen Abverkauf nicht wieder aufgebaut werden kann, wird dadurch zumindest der Anschein erweckt, dass die Griechen wenigstens etwas für ihre Kredite zahlen würden. Darüberhinaus dient den europäischen Politikern der geplante Abverkauf des griechischen Staatsvermögens als Feigenblatt, da diese zunehmend den Zorn ihrer Wähler zu spüren bekommen, die es langsam Leid sind, fortwährend die Rechnung für die Verschwendungssucht Südeuropas bezahlen zu müssen.
Im Gegensatz dazu hätte Griechenland einfach den Euro aufgeben und die neue griechische Währung unilateral abwerten können, um seine Schulden zurückzuzahlen. Das ist die typische Herangehensweise für kleine Wirtschaftsräume, die in einem Berg aus Schulden versinken.
Mit Sicherheit würde eine solche Abwertung den Lebensstandard in Griechenland absenken, da diese Maßnahme die Kaufkraft der griechischen Bürger mindert, doch würde im Gegenzug auch ein Boom bei den Exporten einsetzen, während sich die Handelsbilanz Griechenlands verbessert. Die Griechen könnten dann mit harter Arbeit ihre Wirtschaft wiederaufbauen, während die nationalen Vermögensbestände weiterhin in ihrem Besitz bleiben.
Sollte Griechenland den Euro tatsächlich aufgeben, würde der dadurch hervorgerufene Vertrauensverlust jedoch zum Zusammenbruch des Euros führen und den idealistischen Träumen eines vereinten Europas ein Ende bereiten. Die Politiker versuchen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, genau das zu vermeiden, völlig ungeachtet der Kosten, welche die zunehmend unterdrückten Völker dafür zu zahlen haben.
Darüberhinaus würde eine griechische Staatspleite massive Verluste in den Bilanzen der europäischen Banken zur Folge haben, von denen viele seitens ihrer Regierungen „überzeugt“ wurden, in griechische Staatsanleihen zu investieren. Auch haben die großen US-Banken enorm davon profitiert, dass sie Kreditausfallsversicherungen (CDSs) für griechische Schulden verkauften. Alleine bei griechischen Schulden beläuft sich das CDS-Volumen US-amerikanischer Banken auf USD 32,7 Milliarden. Hier kommt noch hinzu, dass die US-Banken auch direkt in europäische Staatsschulden investiert haben.
Mit anderen Worten: Der finanzielle Druck, Griechenland vor dem Staatsbankrott zu bewahren, ist gewaltig.
Der Euro ist die zweitgrößte Reservewährung der Welt. Die Auflösung des Euros würde enorme Schockwellen durch das Währungssystem jagen, dessen jetziger Zustand für einige Investoren bereits Grund genug ist, sich mit Edelmetallen abzusichern. Ein Zusammenbruch des Euros würde die Preise für Gold, Silber und die meisten Grundnahrungsmittel durch die Decke schießen lassen.
Daher sind die Interessen der Politiker und Banker völlig deckungsgleich, was die Rettung Griechenlands vor dem Staatsbankrott und somit auch die Rettung des Euros anbelangt – egal, was das nun für Auswirkungen für das griechische Volk haben sollte.
Das von den griechischen Parlamentariern verabschiedete Austeritätsprogramm muss nun jedoch erst einmal mithilfe spezieller Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen umgesetzt werden. Sollte die griechische Regierung diese Maßnahmen tatsächlich umsetzen, dann können Sie sich sicher sein, dass der öffentliche Widerstand alles bisher Gesehene übertreffen wird.
Ich gehe davon aus, dass Griechenland durchaus zur Drachme zurückkehren könnte, sollte der Druck zu hoch werden. Ich habe bereits in meinen früheren Beiträgen immer wieder darauf hingewiesen, dass sich die Staatsschuldenkrise wohlmöglich in einen Währungszusammenbruch verwandeln würde. Die Anfänge dieser finalen Phase kann man sich heute bereits auf den Straßen Athens anschauen.