Mittlerweile springen selbst die zurückhaltendsten Zentralbanken auf den Goldzug auf. Die ohnehin bereits beträchtlichen offiziellen Zukäufe in jüngster Zeit dürften weit unter den realen Zentralbankkäufen liegen, da sich Länder wie Iran und China – von denen man weiß, dass sie massive Goldkäufe tätigen – nur ungern in die Karten schauen lassen

Doug Hornig, Casey Research, 26.08.2011

„Kaufe billig, verkaufe teuer“, ist eine der Regeln eines smarten Investors, doch scheinen die westlichen Zentralbanken hier einiges an Verständnisschwierigkeiten zu haben.

Die westlichen Zentralbanken haben ihre Goldbestände jahrelang in den Rachen eines über Jahrzehnte hinweg anhaltenden Bärenmarkts geworfen. Das Jahr, bevor die Verkäufe der Zentralbanken einsetzten – also wo die Zentralbanken noch als Nettokäufer am Markt auftraten – war 1988, als der Preis im Jahresverlauf von USD 485 pro Unze auf USD 410 pro Unze absank.

Von 1989 bis 2000 haben die Zentralbanken ihre Goldverkäufe weiter fortgesetzt, während Gold fortwährend im Preis fiel, bis es seinen Tiefststand der jüngeren Geschichte in Höhe von USD 250 pro Unze erreichte. Die Banken hatten es so eilig damit, sich von diesem ungeliebten Relikt – ihrem einzigen handfesten physischen Vermögenswert – zu trennen, dass sie es als notwendig erachteten, eine Regelung zu treffen, wie viel Gold alljährlich abverkauft werden darf.

Aus diesem Grund legten die europäischen Zentralbanken (die damaligen 11 Zentralbanken der Eurozonenländer und die Europäische Zentralbank, die schwedische, schweizerische und britische Zentralbank) im Jahre 1999 ihren ersten Vertrag, das Central Bank Gold Agreement (CBGA1), dazu auf.

In der CBGA1-Vereinbarung wurde festgehalten, dass Gold auch weiter ein wichtiger Bestandteil der globalen Geldreserven bleiben würde, während sie ihre gemeinsamen Verkäufe auf maximal 400 Tonnen pro Jahr beschränkten und die maximal zulässige Verkaufsmenge für die darauffolgenden 5 Jahre auf 2.000 Tonnen festlegten. Darüberhinaus schlossen sich weitere bedeutende Goldhalter – die USA, Japan, Australien, der Internationale Währungsfonds und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich – informell dieser Vereinbarung an.

In 2004 wurde dann ein Folgeabkommen, CBGA2, unterzeichnet, wodurch die zulässigen jährlichen Goldverkäufe auf 500 Tonnen angehoben wurden, während man die maximale Verkaufsmenge für die darauffolgenden Jahre auf 2.500 Tonnen Gold festsetzte. Mit der dritten Vereinbarung, CBGA3, die 2009 in Kraft trat und bis September 2014 gilt, wurden die zulässigen Verkäufe wieder auf das Niveau des ursprünglichen Vertrags abgesenkt.

Ob es sich bei der Tatsache, dass der Goldbullenmarkt genau zum Zeitpunkt der Einführung von CBGA1 begann, um mehr als nur einen Zufall handelt, ist offen.

Um fair zu sein, sei hier angemerkt, dass die Zentralbanken einen Teil ihrer Verluste wettmachen konnten, da sie ihre Verkäufe nun auch während einer Phase steigender Goldpreise fortsetzten. Das letzte Jahr, an dem die Zentralbanken an die durch das CBGA festgelegte Verkaufsgrenze heranreichten, war dann aber 2007, als der Goldpreis von USD 600 pro Unze auf rund USD 850 pro Unze anstieg. Die Zentralbanken verkauften in 2007 rund 500 Tonnen.

Seit 2008 ist es bei den Goldverkäufen durch die Zentralbanken zu dramatischen Einbrüchen gekommen – eine Entwicklung, die dann schließlich im zweiten Quartal 2009 dazu führte, dass sie erstmals wieder als Nettogoldkäufer auftraten…just zu dem Zeitpunkt, als Gold sich daran machte, fast vertikal verlaufende Preiszuwächse zu verzeichnen:

Die Unterzeichner der CBGA-Vereinbarungen repräsentieren natürlich nicht alle weltweiten Zentralbanken. Überall auf dem Planeten – speziell in den Schwellenländern – gibt es jede Menge weiterer Käufer, völlig ungeachtet der Tatsache, wie viel die westlichen Zentralbanken nun verkaufen dürfen.

Nehmen wir beispielsweise China. Das Land scheint sich vorgenommen zu haben, zum weltgrößten Goldhalter zu avancieren, um auf diese Art den Wert seiner überschüssigen Devisenreserven, die in die Billionen gehen, zu schützen.

Von 2000 bis April 2009 – das letzte Mal, als China Informationen über seine Goldbestände veröffentlichte – hatte die chinesische Zentralbank ihre Goldbestände von 395 Tonnen auf 1.054 Tonnen fast verdreifacht. Diese sorgte dafür, dass China auf Rang 6 der Liste der weltgrößten Goldhalter schoss, wobei es sogar sein könnte, dass die veröffentlichten chinesischen Daten massiv nach unten manipuliert worden sind.

China ist zurzeit der weltgrößte Goldproduzent, ein Sachverhalt, der von China sorgfältig unter der Decke gehalten wird, während die eigene Zentralbank praktisch die gesamte inländische Produktion aufkauft. Und da das Land die Informationen zu seinen Goldbeständen nur alle 5 oder 6 Jahre veröffentlicht, dürfte es noch eine ganze Weile dauern, bis wir wissen, wie stark die Goldreserven in jüngster Zeit gestiegen sind.

Saudi-Arabien hat seine Goldbestände während desselben Zeitraums – von 2000 bis 2009 – auf 323 Tonnen verdoppelt. Indien erhöhte seine Goldbestände im Jahre 2009 um 200 Tonnen, als der IWF es zum Verkauf anbot. Russland kauft fortwährend Gold auf und wandelt seine Öleinnahmen in Hartgeld um, was dazu führte, dass sich das Land mittlerweile mit 840 Tonnen auf Rang 7 der Liste der weltgrößten Goldhalter wiederfindet. Diesen russischen Goldbeständen wurden alleine seit Anfang 2009 rund 330 Tonnen hinzugefügt. Mexiko kaufte im ersten Quartal 2011 93 Tonnen Gold, wodurch es seine Goldbestände auf einen Schlag vervierzehnfachte.

Und dann haben wir noch den Iran, ein Land, das noch paranoider agiert als China und noch nicht einmal vom World Gold Council als offizieller Goldhalter gelistet wird. In einem von WikiLeaks veröffentlichten Schreiben der Bank of England heißt es jedoch:

„Marktbeobachter gehen davon aus, dass Teheran nach China, Russland und Indien einer der größten physischen Goldkäufer des letzten Jahrzehnts gewesen ist und mit angeblich 300 Tonnen zu den 20 größten Haltern von Goldreserven zählt…“

Der Punkt ist, dass andere Zentralbanken kauften, während die CBGA-Zentralbanken verkauften. Und mittlerweile ist praktisch jede Zentralbank wieder auf den Goldzug aufgesprungen. Im bisherigen Jahresverlauf haben sich die weltweiten offiziellen Käufe durch Staaten bereits auf über 200 Tonnen summiert, während die tatsächliche Zahl höchstwahrscheinlich ein gutes Stück darüber liegen dürfte.

Historisch gesehen, gibt es eine ganze Reihe komplexer Gründe, die dafür ausschlaggebend sind, warum und wann Zentralbanken Gold kaufen oder verkaufen, doch eins steht fest: Der Wunsch, das gelbe Metall zu halten, ist stark ausgeprägt und selbst die goldfeindlichsten Zentralbanken haben sich nun davon verabschiedet, dem Trend hinterherzurennen, und stürmen stattdessen eifrig voran.

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