Pessimismus macht sich breit: 80% aller US-Bürger gehen davon aus, dass sich die US-Wirtschaft gegenwärtig in einer Rezession befindet, während 60% mit einer weiteren Verschlechterung rechnen
Michael Snyder, The Economic Collapse, 22.09.2011
Laut einer brandneuen Gallup-Umfrage sind 80% der Amerikaner der Meinung, dass sich die US-Wirtschaft gegenwärtig in einer Rezession befindet. Natürlich beharrt die US-Regierung immer noch darauf, dass die Rezession bereits seit einiger Zeit vorbei ist, doch scheint die Botschaft bei den Menschen nicht angekommen zu sein.
Und nicht nur das, die meisten Amerikaner sind darüberhinaus auch noch der Auffassung, dass sich in nächster Zeit nichts zum Besseren ändern wird. Laut der Gallup-Umfrage gehen 61% der Amerikaner davon aus, dass sich die US-Wirtschaft in 12 Monaten in derselben Situation befinden oder sogar noch schlechter dastehen wird. Vor 24 Monaten lag dieser Prozentsatz gerade einmal bei 35%. Pessimismus macht sich breit!
Handelt es sich bei den Amerikanern um ein Volk der Schwarzmaler? Haben zu viele US-Bürger meine Artikel gelesen? Was ist die Erklärung für derart hohe Zahlen?
Ja sicher, es gibt immer noch einige Gegenden in den USA, wo die Wirtschaft relativ gut läuft. Wenn man in Gegenden lebt, die mit der Bundesregierung (Washington D.C.), den Großbanken an Wall Street (New York) oder Konzernamerika (Silicon Valley etc.) verflochten sind, findet man an den Wochenenden immer noch gut besuchte Restaurants und volle Parkplätze vor den Malls. Den Rest des Landes haut es derweil aber um.
Auch diese Nacht werden wieder zig Millionen Amerikaner nicht gut schlafen können, weil sie damit beschäftigt sind, eine Möglichkeit zu finden, wieder auf die Beine zu kommen. Es kann wirklich extrem hart sein, sich über Wasser zu halten, wenn man bereits seit Jahren auf der Suche nach einer Arbeit ist und einen einfach keiner einstellen will.
Hat man dann noch Familie, fühlt man sich ganz leicht als Versager. Tagein tagaus schaut man in die Augen seiner Frau und Kinder und ist sich im Klaren darüber, dass sie auf einen angewiesen sind.
Wenn man sich niemals in einer derartigen Situation befunden hat, sollte man über die Menschen, die niedergeschlagen sind, weil sie keine Arbeit finden können, auch nicht abschätzig urteilen. Seine Arbeit zu verlieren und nicht in der Lage zu sein, eine neue Anstellung zu finden, kann in der Tat eine niederschmetternde seelische Erfahrung sein.
Also, warum glauben nun 80% der Amerikaner, dass sich die US-Wirtschaft zurzeit in einer Rezession befindet? Nun ja, die Antwort ist, weil es sich für den überwiegenden Teil der Bevölkerung genauso anfühlt. Nehmen wir beispielsweise die Leserin „Carol“, die uns jüngst das Folgende mitzuteilen hatte:
„Meine Arbeitslosengeldzahlungen enden im Dezember. Ja, dann werde ich eine der 99er sein, eine, die nicht zu Hause rumgesessen, Chips gefuttert, Softdrinks geschlürft und Fernsehen geschaut hat. Ich habe keine Krankenversicherung. Ich muss selber für die Kosten aufkommen und kann es mir nicht leisten. Vergangenen Herbst diagnostizierten sie bei mir Gelenkrheumatismus, von der Osteoporose ganz zu schweigen. Aber trotz meines Gesundheitszustands habe ich versucht, weiter arbeiten zu gehen und erneut eine Anstellung zu finden. Ich habe keine andere Wahl, als zu kämpfen und zu beten! Was mich erstaunt ist die Dummheit der allgemeinen Bevölkerung, die immer noch den Kopf in den Sand steckt. Die Mehrheit hat keine Ahnung, was sich politisch oder wirtschaftlich in unserem Land zurzeit abspielt.“
Was würden Sie denn tun, wenn Sie krank sind, ohne Arbeit, ohne Krankenversicherung, und das Geld schnell zur Neige geht? Wir sollten für diese Menschen beten. Man kann nie wissen, ob man nicht bald selbst auf Unterstützung angewiesen ist.
Für all jene, die immer noch der Meinung sind, dass die US-Wirtschaft gut läuft, hier einige Fakten:
- In 2010 lebten 46,2 Millionen Amerikaner in Armut.
- Die Zahl der in Armut lebenden Amerikaner stieg alleine im vergangenen Jahr um 2,6 Millionen. Das ist der stärkste Anstieg seit Beginn der Erhebung dieser Daten durch die US-Regierung im Jahre 1959.
- 14 Millionen Amerikaner sind zurzeit offiziell arbeitslos.
- 6 Millionen Amerikaner sind seit mindestens 6 Monaten ohne Arbeit.
- 8,8 Millionen Amerikaner arbeiten in Teilzeitanstellungen, weil sie keine Vollzeitstelle finden können.
- Nur 63,5% aller männlichen US-Bürger gingen im Juli 2011 einer Beschäftigung nach.
- Im August wurde in den USA kein einziger Arbeitsplatz geschaffen.
- Das mittlere Haushaltseinkommen ist das dritte Jahr in Folge gesunken.
- 49,9 Millionen Amerikaner haben keine Krankenversicherung.
- Der Prozentsatz der Amerikaner, die im Rahmen ihres Beschäftigungsverhältnisses krankenversichert sind, ist das elfte Jahr in Folge gesunken.
- Aktuell sind mehr als 45 Millionen Amerikaner auf staatliche Lebensmittelmarken angewiesen, ein neuer Allzeitrekord.
Die US-Bürger, denen es heute noch gut geht, sollten besser dankbar dafür sein. Fakt ist, dass sich die wirtschaftliche Situation in den USA weiter verschlechtert. Immer noch werden Millionen Arbeitsplätze ins Ausland verlagert, und weder die Demokraten noch die Republikaner bringen irgendwelche Vorschläge ein, die an diesem Ausbluten der US-Wirtschaft etwas ändern würden.
Es gibt jede Menge amerikanische Fachkräfte, die aufgrund dieses Outsourcings auf die Straße gesetzt werden. Ein Leser namens „Glenn“ schrieb:
„Ich habe einen technischen Hochschulabschluss und war seit Mitte 2009 in keiner versicherten Vollzeit-Anstellung mehr. Bei der Firma habe ich die letzten zwei Jahre damit verbracht, die komplette Arbeit meines Teams nach Indien auszulagern. Über den Buschfunk habe ich erfahren, dass die Qualität dort komplett eingebrochen ist, die Profite aber in Ordnung sind. Danach hatte ich nur noch sporadische Anstellungen auf Vertragsbasis ohne versichert zu sein, und verfüge nun nur noch über ein paar Dollars.“
Und all die Naturkatastrophen, die dieses Jahr über die USA hereingebrochen sind, waren ebenfalls nicht besonders hilfreich. Ich wies bereits darauf hin, dass 2011 für die USA in vielerlei Hinsicht das Jahr mit den schlimmsten Naturkatastrophen in jüngerer Zeit gewesen ist.
Jennifer Wheary beschrieb kürzlich in einem Newsday-Artikel, welche Folgen diese entsetzlichen Naturkatastrophen für viele Gegenden des Landes hatten – Regionen, die ohnehin bereits schwere wirtschaftliche Zeiten durchzustehen haben:
„Aber nach Jahrzehnten des Arbeitsplatzabbaus, sinkender Gehälter und steigender Ausgaben ist das nicht mehr länger der Fall. Das Ergebnis ist, dass den Menschen in New York, New Jersey, Pennsylvania, Massachusetts, Vermont, Maryland, den Carolinas, Texas und anderen Gegenden die notwendigen Ersparnisse fehlen, um diese unerwarteten wirtschaftlichen Schocks zu meistern. Lange vor der jüngsten Schlechtwetterwelle oder der jüngsten Rezession waren Millionen Familien der Mittel- und Arbeiterklasse bereits pleite.“
Aktuell haben die allermeisten amerikanischen Familien immer noch Arbeit, und trotzdem kommen sie kaum über die Runden. Für die meisten Amerikaner ist „finanzielle Sicherheit“ zu einem unerreichbaren Traum geworden.
Und, was tun die Politiker? Nun ja, der neue Gesetzentwurf von Obama, mit dem neue Arbeitsplätze geschaffen werden sollen, ist ein absoluter Witz. Wenn das sein großer Wurf sein soll, ist das einfach nur traurig. Das Programm bestünde lediglich darin, jede Menge Geld auszugeben – genau wie beim letzten „Konjunkturpaket“ – was im Endeffekt aber kaum neue Arbeitsplätze schaffen würde.
Unterdessen hat sich die US-Notenbank Federal Reserve am 21.09. dazu entschlossen, wieder aktiv zu werden, und verkündete, USD 400 Milliarden an kurzlaufenden US-Staatsanleihen zu verkaufen und mit den Erlösen dann langfristige US-Staatsanleihen zu erwerben. Die FED hofft, auf diese Weise die Zinssätze für Hypotheken absenken und die Wirtschaft ankurbeln zu können.
Doch wird das nun die Wirtschaftsprobleme in den USA lösen? Nein, diese Maßnahmen werden noch weniger Auswirkungen haben, als die zweite Runde der quantitativen Lockerung. Aber wenigstens erweckt die FED so den Anschein, als würde sie versuchen, die Situation zu verbessern.
Darüberhinaus hat die FED zugesichert, im Oktober, November und Dezember „unbegrenzte“ Mengen an Dollars bereitzustellen, um dabei zu helfen, die europäischen Banken vor dem Untergang zu bewahren. Es ist frustrierend, dass sich in den Massenmedien praktisch niemand darüber aufregt, dass die Federal Reserve über den europäischen Banken billige Kredite abregnen lässt. Offensichtlich müssen sie es für eine grandiose Idee halten. Vielleicht sind sie mit ihrem ganzen Tratsch über die angesagtesten Unterhaltungssendungen aber auch einfach nur zu beschäftigt.
Wie dem auch sei, das weltweite Finanzsystem dürfte tatsächlich schon recht bald einiger Stützungsmaßnahmen bedürfen. Gestern listete ich 21 Tatsachen auf, die darauf hindeuten, dass die Finanzwelt kurz vor einem Nervenzusammenbruch steht. Hier noch ein paar weitere dieser Hinweise:
Aktuell verkaufen die Konzerninsider siebenmal mehr Aktien, als sie kaufen. Das ist eine sehr besorgniserregende Entwicklung.
Nicht minder beunruhigend ist, dass die Ratingagentur Moody´s jetzt die Kreditwürdigkeit von Citigroup, Wells Fargo und Bank of America heruntergestuft hat. Das letzte Mal, als wir derart viel Chaos an den Finanzmärkten erlebten, war im Jahre 2008. Und wir wissen ja alle, was dann passierte.
Heute ist die Situation in den USA so schlecht, dass 80% der Amerikaner der Meinung sind, wir befinden uns immer noch in einer Rezession. Wie wird es erst aussehen, wenn es in den kommenden Monaten zum nächsten Finanz-Crash kommt? Werden wir schon bald Millionen weiterer Amerikaner sehen, die im Müll nach Essen suchen? Werden überall im Land neue Zeltstädte aus dem Boden sprießen? Werden noch mehr Ältere in ihren eigenen Häusern erfrieren, weil sie sich die Heizkosten nicht leisten können?
Schon heute leben in den USA über 20% aller Kinder in Armut. Wie schlimm kann es eigentlich noch werden? Bedauerlicherweise kann es noch bedeutend schlimmer werden. Wenn Sie glauben, die Amerikaner seien heute bereits niedergeschlagen, dann warten Sie erst einmal ab, was nach der nächsten Finanzkrise passiert. Die USA wird die Kontrolle verlieren, aber richtig. Dann heißt es, anschnallen und gut festhalten, denn es wird eine ziemlich ungemütliche Fahrt werden.